Wer oder was ist Gott?

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Bedenkenträger

Re: Wer oder was ist Gott?

#121 Beitrag von Bedenkenträger » 03.01.2015, 17:55

Denkste, Schwesterlein, so einfach ist das Leben dann doch leider nicht. Zweifelsohne ist und bleibt selbst ohne Fragen nach Gott und dem Sinn und allem das ganze Leben komplex und schwer und wird somit von vielen oftmals als eine Last empfunden, und selbst wenn man für sich davon ausgeht, dass ER nicht existiert (wobei dies ja so eine besonders kniffelige Sache ist, mit IHM und der Existenz), bleibt letztlich doch sehr, sehr vieles paradox und undurchschaubar für einen. Die Naturwissenschaften können leider nicht alles erklären und eben nicht allem einen Sinn vermitteln. Bedauerlich für viele, aber leider wahr.

Da ist der rechte Gottesglaube doch schon eine Kraftquelle, oder nicht? :wink:

tergram

Re: Wer oder was ist Gott?

#122 Beitrag von tergram » 03.01.2015, 18:58

Das mag für manche Menschen so sein, für andere nicht. Beides darf sein. Nebeneinander.

Was die offenen Fragen angeht: Die Erkenntnis, ein winziges Bausteinchen in der Evolution zu sein, zufällig existierend, den Naturgesetzen unterworfen und ohne einen väterlich-wachenden Gott sein persönliches Glück so gut wie möglich zu schaffen - das ist für mich auch eine Form von Demut. Meinst du nicht auch?

Macht euch aber nichts vor: Ohne Gottesglauben zu leben, ist nicht einfach. Man verzichtet auf den Gedanken, dass "am Ende" Gerechtigkeit geschaffen wird und beugt sich demütig der Tatsache, dass am Ende die ganz grossen und die kleinen Verbrecher ebenso tot sein werden, wie wir eher harmlosen Zeitgenossen. Wir werden nicht belohnt und jene nicht bestraft. Dieser Gedanke ist - zugegeben - nicht immer leicht zu ertragen. "Ein guter Mensch" zu sein unterliegt damit andererseits nur dem eigenen Willen, nicht der Forderung und Strafandrohung eines Gottes. Das hat ethisch-moralisch eine höhere Qualität, wie ich finde.

Glaub an (d)einen Gott, Bruder. Er wird es aushalten, dass ich nicht an ihn glaube. Mag sein, er lacht über uns beide. 8)

Bedenkenträger

Re: Wer oder was ist Gott?

#123 Beitrag von Bedenkenträger » 03.01.2015, 19:26

Nein, Schwesterchen, beides darf nicht nebeneinander sein - es muß ein solches Nebeneinander selbstverständlich geben! 8)

ER selber will es ja wohl auch so, gab er doch seinen Geschöpfen diese Möglichkeit, selber zu denken, selber zu glauben oder nicht zu glauben, selber zu hoffen oder nicht zu hoffen, zu lieben oder zu hassen.

Da möge doch ein jeder selber für sich entscheiden, wie er es für sich hält. Am Ende sind wir - in der Tat - alle tot, nur ist dies, das Erlöschen unserer Existenz, doch weniger eine Frage nach Belohnung oder Strafe/Verdammnis, sondern vielmehr der Punkt, wo wir wirklich so unsere Probleme damit haben, egal wie wir bis dahin zu den Fragen nach Gott und dem Sinn des Lebens usw. stehen.

Ist mit dem letzten Atemzug, den wir tätigen, alles vorbei? War es das dann? Gibt es darüber hinaus noch etwas und wenn ja, was?

Können wir es wissen? Müssen wir hier glauben oder dürfen wir hoffen? Haben wir Antworten oder nur tausende Fragen?

Ich befürchte, hier auf Erden bleiben uns nur viele, unzählige offene Fragen und die Möglichkeit, eine Hoffnung zu haben, das es nach dem Tod noch eine Form der Weiterexistenz für uns gibt - wie immer diese Hoffnung für einen jeden von uns im einzelnen reflektiert oder unreflektiert aussehen mag. :wink:

tergram

Re: Wer oder was ist Gott?

#124 Beitrag von tergram » 03.01.2015, 19:45

Ach, weisst du, der Tod als grosses, drohendes Etwas am Ende des Weges - hmmm... ich hoffe, mich davon einigermassen befreit zu haben...

Es gibt keinen Grund, sich zu fürchten. Der Tod ist doch kein anhaltender Zustand, sondern ein rasch vorübergehendes Ereignis. Unsere Sprache führt uns in die Irre: Wir sagen "er/sie ist tot", was ein Fehler ist. Wir sind dann genausowenig tot, wie wir vor unserer Geburt tot waren. Wir sind einfach nicht. Was auch viel Beruhigendes hat. Mit schöneren Worten:

"Das schauerlichste Übel also, der Tod, geht uns nichts an; denn solange wir existieren, ist der Tod nicht da, und wenn der Tod da ist, existieren wir nicht mehr." (Epikur)

Und bis dahin ist es unsere Aufgabe, gut zu leben: Gut zu uns selbst, zu anderen, zur Welt. Etwa in diesem Sinne:

Ein neues Lied, ein besseres Lied,
O Freunde, will ich euch dichten!
Wir wollen hier auf Erden schon
Das Himmelreich errichten.

Wir wollen auf Erden glücklich sein,
Und wollen nicht mehr darben;
Verschlemmen soll nicht der faule Bauch,
Was fleißige Hände erwarben.

Es wächst hienieden Brot genug
Für alle Menschenkinder,
Auch Rosen und Myrten, Schönheit und Lust,
Und Zuckererbsen nicht minder.

Ja, Zuckererbsen für jedermann,
Sobald die Schoten platzen!
Den Himmel überlassen wir
Den Engeln und den Spatzen.

Und wachsen uns Flügel nach dem Tod,
So wollen wir euch besuchen
Dort oben, und wir, wir essen mit euch
Die seligsten Torten und Kuchen.


Von Epikur zu Heine, von Griechenland nach Caput. :lol: In jedem Fall: Gott los.

Bedenkenträger

Re: Wer oder was ist Gott?

#125 Beitrag von Bedenkenträger » 03.01.2015, 20:44

Nun, im Grunde hast Du ja absolut recht, verehrte Schwester. Den Tod erlebt man nicht, um dazu noch den von mir überaus geschätzten Wittgenstein zu bemühen.

Ich denke auch nicht, daß man den Tod "fürchten" muß, egal ob man persönlich für sich an einen Gott glaubt oder nicht, aber dieses Ereignis wirft für mich - ohne jetzt die große Gretchenfrage nach Gott zu sehr zu bemühen - alleine so viele Fragen auf, die dann doch im Suchen und Ringen nach Erklärungsansätzen zwangsläufig ein etwas mulmiges Gefühl hervorrufen, zumindest bei mir.

Allerdings reichen dazu auch schon einfache Fragen nach der Existenz an sich und/oder dem Sinn des Lebens etc. Wobei man aber, wie ich finde, noch recht verständlich und konkret philosophische und meinetwegen auch theologische Aussagen über die menschliche Existenz treffen und dazu einen entsprechenden Diskurs führen kann, jedoch konkrete Reflexionen über die Nichtexistenz anzustellen, da kommen wir sehr rasch an eine unüberwindliche metaphysisch-intellektuelle Grenze, wie ich meine. Wir können zum Mond fliegen und die DNA entschlüsseln - die Nichtexistenz erklären, nun jaaa...

Umso bewundernswerter finde ich, wenn jemand für sich in Anspruch nehmen kann, daß er es für sich als mehr oder weniger beruhigend empfindet, mit dem Tod wäre es endgültig vorbei, die Existenz und somit das Sein erlischt für immer. Dieser Gedanke beruhigt mich in keiner Weise - im Gegenteil. Vielleicht bin ich aber bei diesem Thema auch noch zu sehr an der Oberfläche, und wie Wittgenstein es mal ganz treffend anmerkte, die Probleme sind an der Oberfläche immer unlösbar, nur in der Tiefe kann man sie lösen.

Guten Abend! :)

Pagan

Re: Wer oder was ist Gott?

#126 Beitrag von Pagan » 05.01.2015, 16:46

Querdenkermicha hat geschrieben:Pagan, es nutzt wenig, immer wieder mit dem Holzhammer auf die Inkonsequenzen vieler Gläubiger hinzuweisen
Ach Micha, ich als Zittergreis schaff's doch schon lange nicht mehr, den schweren Hammer zu schwingen. Heute muss es ein leichter (ärztlicher) Reflexhammer sein. Die Reaktionen sind manchmal ganz erstaunlich, siehe ein paar Seiten weiter vorn.
Querdenkermicha hat geschrieben:Selbst unter den Gläubigen werden zentrale Inhalte der christlichen Botschaft massenhaft abgelehnt.
Ihre Lehrer und Prediger tun das schon lange. Ich erinnere an den grossen evangelischen Theologen Bultmann, der verlauten liess:

"Wie kann meine Schuld durch den Tod eines Schuldlosen (wenn man von einem solchen überhaupt reden darf) gesühnt werden? Welche primitiven Begriffe von Schuld und Gerechtigkeit liegen solcher Vorstellung zugrunde? Welch primitiver Gottesbegriff? Soll die Anschauung vom sündentilgenden Tode Christi aus der Opfervorstellung verstanden werden: welch primitive Mythologie, daß ein Mensch gewordenes Gotteswesen durch sein Blut die Sünden der Menschen sühnt!"

Bultmann stellt damit das wohl zentralste Motiv des christlichen Glaubens in Frage. Andere, v.a. evangelische Theologen tun ihm gleich oder ähnlich, schon Schweitzer hat ja bekanntlich die Historizität Jesus verworfen. Meiner bescheidenen Ansicht nach bedeutet das nicht mehr und nicht weniger als: Wenn es den historischen Jesus nicht gab, dann konnte der auch nicht sterben für die Tilgung der Sünden - und konnte natürlich auch nicht auferstehen.

Hat all das bei den Gläubigen Wesentliches verändert? Ich denke: Nein! Hauptsache, es gibt weiterhin Rituale wie Abendmahl, Trauung, Taufe, Trauerfeier.

Ändert es etwas, wenn der Pfarrer oder die Pfarrerin nicht an Gott glauben? Wohl auch nicht wirklich, siehe :arrow: hier und :arrow: da.
Querdenkermicha hat geschrieben:Gottesdienste werden einfach ohne Gott weitergefeiert
Das glaube ich so nicht, vielmehr meine ich, dass Gott eine Leerformel ist, die beliebig mit Inhalt gefühlt werden kann, heute so, morgen dann wieder anders.

Das sind nicht einmal die katholischen Theologen besser, von denen kommt dann schon mal Geschwurbel wie beispielsweise, Gott sei "die Transzendenz in der Immanenz, die Jenseitigkeit in der Diesseitigkeit, die absolut-relative, diesseitig-jenseitige, transzendent-immanente, allesumgreifend-allesdurchwaltende wirklichste Wirklichkeit im Herzen der Dinge, im Menschen, in der Menschheitsgeschichte, in der Welt." (Küng, zitiert nach Hans Albert, Das Elend der Theologie) oder "Gott ist dreifaltig einer: Er ist nicht ewige Einsamkeit, sondern ewige Liebe, die das Miteinander der drei Personen setzt und der Urgrund allen Seins und Lebens ist. Die Einheit, die die Liebe schafft – die trinitarische Einheit – ist höhere Einheit als die Einheit letzter, unteilbarer materieller Bausteine. Die höchste Einheit ist nichts Starres. Sie ist Liebe." (Joseph Ratzinger, Werte in Zeiten des Umbruchs) so wie auch "in all dem Bedingten, Gemischten, aus Finsternis und Licht Zusammengebrauten eines konkreten Lebens ist eben doch eine letzte Absolutheit gegeben, zu der sich ein Mensch bewußt oder unbewußt bekennt." (Karl Rahner, zitiert nach Bedenkenträger hier im Forum 03.01.2015, 13:08)

Ob man damit einen leeren und somit Sinn-losen Gottesbegriff mit neuem Leben erfüllen kann? Ich meine nein, da "verlaufen" sich dann schon immer mehr der Schäfchen in die Esoterik. Scheinbar gibts dort frischeres Gras, sprich mehr Sinn und Leben zu finden. Wiederum andere finden ihr Glück "back in the future", bei den fundamentalistisch bibelgläubigen Evangelikalen. Das Geld wird ihnen hüben wie drüben aus der Tasche gezogen. :mrgreen:

Pagan

Re: Wer oder was ist Gott?

#127 Beitrag von Pagan » 05.01.2015, 17:04

Bedenkenträger hat geschrieben:Die Naturwissenschaften können leider nicht alles erklären und eben nicht allem einen Sinn vermitteln.
Sobald man die Illusion der "Glaubensgewissheit" durchschaut hat, lernt man schnell damit zu leben, dass man längst nicht alles weiss - und jedes neue Wissen auch nur wieder neue Fragen auslöst, vielleicht sogar mehr als es beantworten konnte.

Der Sinn des Lebens kommt dabei nicht von aussen, ich selbst muss meinem Leben Sinn geben, das im Bewusstsein, dass dieses Leben endlich ist, ja im nächsten Augenblick endgültig zu Ende sein kann. Das Leben mit seinen kleinen und grossen Freuden und Sorgen muss also hier und heute und ganz bewusst gelebt werden und nicht in einem über alle Massen ungewissen und völlig unbekannten "Jenseits". Wer sich dessen bewusst ist, wird sich nicht so schnell (zu) wichtig fühlen. Sonst hilft ein kleiner Besuch auf dem Friedhof.

Die verstorbene Biologin Loki Schmidt nannte es sinngemäss mal tröstlich, dass unsere Atome und Moleküle nicht vergehen, sondern der Erde und dem Leben auf die eine oder andere Weise erhalten bleiben. Ja, so hat es die ungeschöpfte "Schöpfung", die Natur, vorgesehen. So "überleben" wir letzlich alle. Das ist gesichertes Wissen.

Dass es eine andere Art Weiterleben nach dem Tod geben könnte, ist dagegen nie über den Status einer Spekulation hinausgekommen.

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Andreas Ponto
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Re: Wer oder was ist Gott?

#128 Beitrag von Andreas Ponto » 14.03.2015, 10:04

Interessanter Artikel in "Die Welt" von Robert Spaemann (2005): "Der Gottesbeweis"

chorus

Re: Aktuell erfreulich belebte Diskussion im Forum

#129 Beitrag von chorus » 05.11.2017, 19:48

Hier wird ja nun derzeit alles mögliche hin und her diskutiert. Die ganz zentrale Frage lautet doch aber ganz anders.

Ist irgendein Gott überhaupt auch außerhalb der Köpfe der an ihn glaubenden real existent?

Angesichts der unleugbaren Tatsache, dass er sich für absolut nichts im Weltgeschehen zu interessieren scheint, muss die Wahrscheinlichkeit eines real existenten Gottes als gegen Null gehend angenommen werden. Um es an einem Beispiel der NAK zu erklären, er inszenierte die Botschaft nicht und verhinderte sie aber auch nicht. Egal. Er verhindert weder Hunger noch Kriege. Egal. Völlige Teilnahmslosigkeit.

Warum also glaubt man an einen real existenten Gott und schlägt sich deswegen die Köpfe ein?

Magdalena

Re: Aktuell erfreulich belebte Diskussion im Forum

#130 Beitrag von Magdalena » 05.11.2017, 20:03

chorus hat geschrieben:Hier wird ja nun derzeit alles mögliche hin und her diskutiert. Die ganz zentrale Frage lautet doch aber ganz anders.

Ist irgendein Gott überhaupt auch außerhalb der Köpfe der an ihn glaubenden real existent?

Angesichts der unleugbaren Tatsache, dass er sich für absolut nichts im Weltgeschehen zu interessieren scheint, muss die Wahrscheinlichkeit eines real existenten Gottes als gegen Null gehend angenommen werden. Um es an einem Beispiel der NAK zu erklären, er inszenierte die Botschaft nicht und verhinderte sie aber auch nicht. Egal. Er verhindert weder Hunger noch Kriege. Egal. Völlige Teilnahmslosigkeit.

Warum also glaubt man an einen real existenten Gott und schlägt sich deswegen die Köpfe ein?
Lieber chorus,

ich denke, Du bist falsch in diesem Forum. Es handelt sich hier um das Forum für christlichen Dialog und Austausch. Für Deine Probleme und Sehensweise gibt es sicherlich viele andere Foren - diese werden ganz bestimmt Deiner Meinung entsprechen und Dir entgegen kommen.

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