Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

Alles rund um die Sondergemeinschaft Neuapostolische Kirche (NAK), die trotz bedenklicher Sonderlehren (u.a. Versiegelung, Entschlafenenwesen mit Totenmission, Totentaufe, Totenversiegelung und Totenabendmahl, Heilsnotwenigkeit der NAK-Apostel, Erstlingsschaft, ..), weiterhin "einem im Kern doch ... exklusiven Selbstverständnis", fehlendem Geschichtsbewusstsein und Aufarbeitungswillen, speziell für die Zeit des Dritten Reiches, der DDR, der Bischoffs-Botschaft ("... Ich bin der Letzte, nach mir kommt keiner mehr. ..."), sowie ihrer jüngsten Vergangenheit und unter erheblichem Unmut ehemalicher NAK-Mitglieder, auch Aussteiger genannt, die unter den missbräuchlichen Strukturen und des auf allen Ebenen ausgeprägten Laienamtes der NAK gelitten haben, weiterhin leiden und für die die NAK nach wie vor eine Sekte darstellt, im April 2019 als Gastmitglied in die ACK Deutschland aufgenommen wird.
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Johannes

Re: Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

#161 Beitrag von Johannes » 28.07.2017, 11:49

Ich habe jetzt noch einmal versucht, mich und meine Position zu überdenken. Mir wurde wiederholt der Vorwurf gemacht, dass ich intellektuell unredlich bin, dass ich sowohl meine Auftraggeber als auch die Gläubigen hintergehe. Und ich würde mich als selbstkritischer Mensch bezeichnen, deshalb habe ich mir diese Vorwürfe wirklich zu Herzen genommen.
Hintergeh ich meine Auftraggeber? In meinen Augen nein. Ich habe damals mit meinem Apostel ein ausführliches Gespräch über meine Positionen und Ansichten geführt, ohne irgendwelche Skrupel. Er wusste also ganz genau Bescheid, wie meine innere Einstellung zur Kirche, zu den Hierarchien, zu einigen Lehransichten etc. war. Und trotzdem ist es nicht zu einer Amtsenthebung bekommen, sondern zu einer Bestärkung im Amtsauftrag. Sein wörtliches Zitat: „Ich kann Sie nur bitten, mich weiter darin zu unterstützen, Jesus in den Herzen der Gläubigen zu verklären“. Dieser Apostel ist mittlerweile im Ruhestand, ich habe auch mit seinem Nachfolger ein ziemlich ausführliches Gespräch geführt. Und auch hier kam es zu keiner Amtsenthebung. Auch mit einem anderen Apostel habe ich ein äußerst ausführliches Gespräch geführt, auch klar meine Positionen dargelegt, ebenso mit einem Bischof. Es kam zwar Widerspruch, es kam zu ausführlichen Diskussionen, aber am Ende stand das Akzeptieren. Und daher habe ich für mich nicht das Gefühl, dass ich jemand hintergehe, ich lege meine Positionen offen dar, ich verstelle mich nicht ihnen gegenüber, und das wird akzeptiert. Im Gegenteil, wie schon erwähnt, es kam sogar zu einer „Beförderung“.
Hintergehe ich die Gläubigen? Nun, es gibt Geschwister, die mit mir wenig anfangen können. Denen sind meine Predigten zu wenig, weil da nicht vom Apostelamt und von der Verherrlichung des Stammapostels die Rede ist. Die gibt es, keine Frage. Aber ich verstelle mich auch diesen Geschwistern gegenüber nicht, sondern stehe auch da zu meinen Ansichten ein. Manches Mal versuche ich sogar bewusst, diese Geschwister mit provokanten Aussagen aus der Reserve zu locken, ist oft sehr schwer. Aber dann gibt es die Geschwister, für die ich sehr viel bedeute, die jesuszentrierte, evangeliumsnahe Predigten haben möchten. Für diese Geschwister bin ich - und nicht nur ich, weil es mehr Amtsträger gibt die ähnlich denken und ähnliches sagen - ein absoluter Hoffnungsschimmer.
Es gibt ganz einfach eine Meinungsvielfalt innerhalb der Kirche, auch wenn das einige nicht wahrhaben wollen. Ich habe schon genügend offene Diskussionen erlebt, ich habe auch schon oft meine Meinung öffentlich bekundet, und ich bin dabei im Laufe der Zeit immer mutiger geworden. Und nicht nur ich, ich habe eine Wandlung bei einigen Amtskollegen erlebt, die auch von anfänglichen Duckmäusertum zu durchaus kritischen Zeitgenossen gekommen sind und die sich auch von NAK-Betonköpfen zu durchaus kritischen, offenen Gläubigen gewandelt haben. Und für die alle ist Platz in der Kirche. Sehe ich das vielleicht zu optimistisch? Möglich, aber das ist Fakt. Zumindest dort, wo ich lebe. Nochmal, für mich ist die NAK nicht die Kirche ohne Fehler, ich sehe extreme Fehler in der Vergangenheit, mich stört dass diese Fehler noch nicht einmal ansatzweise aufgearbeitet wurden, ich finde sehr problematische Punkte in manchen Dingen der Lehre, die so biblisch kaum haltbar sind. Ich könnte jetzt eine lange Liste von Dingen aufzählen, die mich in und an der Kirche stören. Aber ich habe auch viel Schönes erlebt. Und nur zu einer Bemerkung eines Mitdiskutanten, mir ist sehr wohl bewusst, dass es Gnade Gottes auch ausserhalb der NAK und unabhängig von kirchlichen Institutionen gibt.
Eines hat mich in den letzten Tagen schon etwas befremdet. Ich hatte durchaus das Gefühl, dass ich in meinen Aussagen nicht ernst genommen wurde und dass von einigen versucht wurde, mir ihr Weltbild aufzudrücken. Ich hatte hier den Eindruck, dass viele meinen, dass nicht sein kann was nicht sein darf. Das heisst, dass es ein extremes Schwarzweiss-Bild gibt. Auf der einen Seite das treu glaubende, alles akzeptierende NAK-Schäfchen, auf der anderen Seite der in der Erkenntnis fortgeschrittene Gläubige, der sich weitergebildet hat und aus diesem Grund die NAK verlassen hat. Und viele wollen anscheinend nicht akzeptieren, dass es dazwischen ein breites Spektrum an Meinungen und Entscheidungen gibt, und dass nicht alle angstgesteuert sind, sondern dass manche Entscheidungen ganz bewusst getroffen werden. Und es hat mich nicht nur amüsiert, dass auf der einen Seite psychologische Ferngutachten über mich erstellt wurden. Ich finde das schon ziemlich anmassend, wie man zu solchen Schlüssen kommen kann. Und auf der anderen Seite waren einige der Vorwürfe schon ganz schön unter der Gürtellinie, es wurden mir pseudo-argumentative Rechtfertigungsversuche unterstellt, pseudo-intellektuelle Argumentation, es wurde mir einiges mehr unterstellt. Sicher, ich habe mich aus der Deckung gewagt und muss bereit sein, Kritik einzustecken, wie es ein Mitdiskutant formuliert hat. Aber diese Kritik sollte von gegenseitigem Respekt getragen werden, und nicht von der Arroganz einer subjektiven Meinung, dass der, der den Absprung geschafft hat, eben in einer fortgeschritteneren Position ist als der, der in der Kirche bleibt.
Und noch etwas, mir ist bewusst, dass ich die NAK nicht verändern kann. Aber ich kann etwas bewirken in der Umgebung, in der ich bin. Wie nachhaltig das ist, weiss ich nicht. Aber ich versuche es da mit meinem diesbezüglichen großen Vorbild, Apostel Kainz, zu halten, der einmal gesagt hat: „Und wenn nur eine Seele durch mein Wirken näher zu Jesus gekommen ist, dann hat sich meine Arbeit gelohnt“.

h.e.

Re: Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

#162 Beitrag von h.e. » 28.07.2017, 12:38

Albert,
die Frage, ob Theologie einen Wissenschaft ist, wird spätestens seit der Aufklärung kontrovers diskutiert. Ist Philosophie eine Wissenschaft? In der Philosophie gibt es einen Abteilung "analytische Philosophie", die in den Anfängen des 20. Jahrhunderts es entschieden abgelehnt hat, dass die Metaphysik eine Wissenschaft ist (Wiener Kreis mit bekannten Namen wie Popper). Heute gibt es analytische Philosophen, die Lehrbücher über die Metaphysik in der analytischen Philosophie schreiben. Es gibt eine Wissenschaftstheorie. Ein empirischer Wissenschaftstheoretiker wird es wahrscheinlich ablehnen, die Theologie als Wissenschaft zu bezeichnen. Du hast Gott angesprochen und dass man den nicht beweisen kann. Das stimmt. Über die Jahrhunderte haben sich nach meinem Wissen 3 Gottesbeweise herauskristallisiert: der ontologische, der kosmologische und der hermeneutische Gottesbeweis. Der ontologische Gottesbeweis, im 11. Jahrhundert von Anselm von Canterbury entwickelt, wurde z. B. von Kant durch seine philosophischen Analysen widerlegt. Die Kritik Kants wurde dann aber wieder von neuzeitlichen Theologen in Frage gestellt. Meine Meinung ist, dass diese Auseinandersetzung mit einem Thema mit Quellenangaben und Benutzung von bestimmter Methodik, wie z. B. der Logik, wissenschaftliches Denken ist und damit Theologie und Philosophie Wissenschaften sind. Aber Du darfst von mir als "kleinem H.e." mit vorgeschrittenem Lebensalter und abnehmenden Hirnleistungen auf diesem Gebiet keine brillanten wissenschaftlichen Erkenntnisse erwarten. Ich weiß nur, dass dieser Streit z.B. zwischen Empiristen und Rationalisten schon seit Jahrhunderten geführt wird.

Magdalena

Re: Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

#163 Beitrag von Magdalena » 28.07.2017, 12:56

Lieber Johannes,

ich habe die Diskussionen hier sehr aufmerksam verfolgt. Auf keinen Fall will ich hier irgendeine Aussage werten, das steht mir nicht zu. Aber etwas interessiert mich brennend: Auf welcher Insel der Seligen leben Sie? Diese Insel muss sehr, sehr weit entfernt von den Bundesländern in Deutschland liegen, die mir NAK-mäßig bekannt sind. Ich kann Sie dazu nur beglückwünschen!

Übrigens: Eine Beförderung kann auch eine Unterbindung des ständigen Kontaktes zu Geschwistern bedeuten und damit eine kontinuierliche Beeinflussung derselben durch einen "fremden" Geist abwürgen.

h.e.

Re: Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

#164 Beitrag von h.e. » 28.07.2017, 12:58

Johannes,
Dein Wort in Gottes Ohr. Ich sehe diese Meinungsvielfalt in der neuapostolischen Kirche speziell, was theologische Fragen betrifft, nicht. Das war auch der Grund meiner Erkenntnis, dass es reine Zeitverschwendung ist, weiter Gottesdienste zu besuchen. Dafür ist mir in meinem Leben die Beschäftigung mit Jesus und der Christologie und Alles, was damit zusammenhängt, viel zu wichtig. Ich habe in Kobersteins Bezirk seit meiner Geburt, also zu Onkel Fritz (Bischoff) Zeiten Gottesdienste besucht. Ich erwähne das nur, damit Du einen Eindruck gewinnst, ob ich in einem fortschrittlichen oder konservativen Apostelbezirk "das Handtuch geworfen" habe. Eines haben wir gemeinsam: eine bessere Konfession habe auch ich nicht gefunden und so beschäftige ich mich mit Karl Rahner, Urs von Balthasar, um nur einige Theologen zu nennen. Auch dadurch bekommt man göttliche Erkenntnis. Das ist jedenfalls meine Vorstellung.

Brombär

Re: Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

#165 Beitrag von Brombär » 28.07.2017, 13:38

Lieber Johannes,

ich halte es für wichtig, dass du die in dieser Diskussion aufgeworfenen Aspekte und Möglichkeiten nicht so ausschließlich persönlich nimmst. Du hattest den Mut, dich als kritischer Amtsträger zu outen und dafür sei dir an aller erster Stelle gedankt. Wie man sieht, gibt es nicht besonders viel „ Mutige“.

In so mancher Entgegnung, die deiner Auffassung entgegengebracht wurde, ist ersichtlich, dass sich viele der Diskutanten – nicht zuletzt nach jahrelangen Erfahrungen in der NAK - deinen Mut, deine Entschlossenheit, deine Hoffnung, aber auch deine Unterstützung durch tragende Amtsträger schwerlich vorstellen können und ich bekenne, auch zu diesem Kreis zu gehören.

Um auf dein aufwändiges Ausarbeiten einzugehen, fällt mir auf, dass du manches Unverständnis zu deiner Amtstätigkeit als „Hintergehung“ ausgelegt hast. Dieser Begriff ist aus meiner Sicht aber eindeutig zu krass. Ein Hintergehen setzt i.d.R. eine schädigende Absicht voraus und die sehe ich bei dir überhaupt nicht, eher das Gegenteil. Die Frage aber bleibt (für mich), ist dein gutmeinendes „Amtswalten“ den Absichten der neuapostolischen Lehren förderlich? So ganz kann dir das ja auch nicht egal sein.

Du schreibst sinngemäß am Ende deines Beitrags, dass dir das Seelenheil einer einzigen Seele wert ist, eigenen Mut auch gegen die Lehrmeinung vertreten zu haben. (Ich hoffe, das jetzt nicht falsch interpretiert zu haben). Es bleibt die Frage, ob sich hier nicht seelische Zwiespalte auftun, wenn dann vom Altar wieder die alten, elitären und exklusivistischen Behauptungen kommen.

Du schriebst: Aber dann gibt es die Geschwister, für die ich sehr viel bedeute, die jesuszentrierte, evangeliumsnahe Predigten haben möchten.

Das „Predigen“ in der NAK ist nach meiner Auffassung viel zu überbewertet. Ein Heer von „Gerufenen“ versucht mit mehr oder (besser) wenigen Erkenntnissen das Volk Gottes zu "lehren". Zwar stärkt dieses Ämter-Geflecht zu einem erheblichen Anteil den innerkirchlichen Zusammenhalt, aber nicht selten sprechen die Schäfchen hinter vorgehaltener Hand nach einem Gottesdienst von sogenannten "verbalen Kreismeisterschaften".

Ich bin überzeugt, dass du – nicht zuletzt aufgrund eingehender Vorbereitung und einer erkennbaren Ehrlichkeit, nicht zu diesem Kreis gehörst. Dennoch bleibe ich bei dieser Feststellung: Man kann nicht mehr, als Sachverhalte aus christlicher Sicht bzw. Motivation zu beleuchten und gegebenenfalls zu diskutieren. Wenn solche Betrachtungen gelingen, ist das „jesuszentriert“. Mehr oder weniger Demut, Begabung und Vorbereitung ( Heiligung) sind hier das „A“ + „O“ bzw. das „Aha“ oder „Oh, oh, oh“ :)

Ferner schriebst du:
. . . ich habe eine Wandlung bei einigen Amtskollegen erlebt, die auch von anfänglichen Duckmäusertum zu durchaus kritischen Zeitgenossen gekommen sind und die sich auch von NAK-Betonköpfen zu durchaus kritischen, offenen Gläubigen gewandelt haben. Und für die alle ist Platz in der Kirche. Sehe ich das vielleicht zu optimistisch?

Nach allem was ich durch die KL. erfahre muss ich leider "ja" sagen. Aber das ist nur meine Ansicht und ich werde eine andere nicht streitig machen. Mir geht es lediglich darum, in Aufrichtigkeit Ansichten aufzuzeigen. Wenn andere Ansichten gelebt werden, ist das Sache desjenigen, der sich darin findet und der die damit verbundene Verantwortung tragen will und kann.

Dann schriebst du:
. . . für mich ist die NAK nicht die Kirche ohne Fehler, ich sehe extreme Fehler in der Vergangenheit, mich stört, dass diese Fehler noch nicht einmal ansatzweise aufgearbeitet wurden, ich finde sehr problematische Punkte in manchen Dingen der Lehre, die so biblisch kaum haltbar sind. Aber ich habe auch viel Schönes erlebt.

Mein leiblicher Bruder im Evangelistenamt wurde von mir auf das Botschaft-Desaster unter Stammapostel Bischoff hingewiesen. Seine Erklärung war folgende: "Wenn du durch einen schönen Wald spazieren gehst, kann es passieren, dass du an eine Stelle kommst, an der ein Mensch seine menschliche Notdurft verrichtete. Das kann dich stören, aber ist es das wert, dass man die Schönheit des Waldes missachtet?" :roll:

Lieber Johannes, es ist ein Unterschied und von wesentlicher Bedeutung, welche Störfaktoren unsere Sensibilität beeinträchtigen. Dies wiederum beeinflusst unsere Hoffnung auf eine Veränderung zum Guten oder Positiven. Bei mir war es einfach so, dass ich in einer neuapostolischen Sozialisierung aufgewachsen bin, in der das unmittelbare Kommen des Herrn einziger Inhalt neuapostolischer Lehre war. (Wer das nicht miterlebt hat, kann sich das unmöglich vorstellen) Nachdem dieser alleinige und letzte Wille unseres himmlischen Vaters sich als „fata morgana“ entpuppte, war für mich die Authentizität dieses neuapostolischen wiederaufgerichteten Apostelamtes ein-für-allemal beschädigt. Wenn ein Stammapostel über acht Jahre hinweg die unmittelbare Begegnung mit dem Gottessohn verkündet und das über diese Zeit als unveränderliche Botschaft aus Himmelshöhen ausgibt, dann bricht bei Nichterfüllung eine Welt über dir zusammen. Dass ich dennoch über viele weitere Jahre diese Täuschungsmanöver ertrug hatte mit meiner Abhängigkeit und meinen jugendlichen Interessen zu tun. (Testosteronanflutung) :oops:

So nun bin ich ein wenig in meine neuapostolische Frühgeschichte abgeglitten, aber vielleicht verstehst du, dass zumindest ich, in diesem Apostelamt keinerlei göttliche Beauftragung mehr akzeptieren werde. Vielleicht verstehst du nun auch besser, weswegen ich eine Seelenpflege unter Flagge dieser Organisation als nicht nur bedenklich, sondern elementar unannehmbar betrachte. Wer mir hier ein Schwarz-Weiß-Bild zuerkennt, dem werde ich nicht widersprechen. Grautöne sind nach einer solchen Erfahrung nicht mehr vorhanden. Das breite Spektrum, von dem du schreibst, ist bei mir nicht mehr vorhanden. Es ist einer grenzenlosen Enttäuschung gewichen.

Vielleicht, lieber Johannes, kannst du jetzt einige sehr entschiedene Einwände besser einordnen, so dass ein Schreiber nicht mehr als Gegnerschaft gesehen wird. Vor kurzem las ich einmal den Aphorismus: Manchmal sind schlecht ausfallende Beurteilungen einfach nur die gelebten Erfahrungen des Gegenübers.
Zuletzt geändert von Brombär am 29.07.2017, 07:16, insgesamt 1-mal geändert.

Lulo

Re: Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

#166 Beitrag von Lulo » 28.07.2017, 14:24

Lieber Johannes,

ich habe diesen Thread mit großem Interesse verfolgt, auch wenn ich mich nur spärlich geäußert habe. Es ist toll, dass du dich dieser Diskussion hier im Forum gestellt hast. Vielen Dank dafür. Du hättest ja auch einfach nur mitlesen können ohne aus deiner Deckung hervorzukommen, wie es möglicherweise viele Aktive tun.

Ich wünschte, dass vor meinem Austritt im Jahr 2009 ein Johannes auf dem Altar meiner Gemeinde gestanden hätte. Ob es mir persönlich etwas genützt hätte, weiß ich nicht - möglich wär's, aber das ist reine Spekulation. Doch die Berliner NAK war zumindest damals sehr konservativ. Jesus und das Evangelium standen definitiv nicht im Mittelpunkt, sondern die Hofierung des Amtes, was sich u. a. in Schwarz-Weiß-Kleiderordnung für den Chor bereits beim Besuch des Bischoffs äußerte oder im immer wieder gern geschmetterten "Apostelamt der Kirche Licht, ein heller Stern in dunkler Nacht...".

Paradoxerweise habe ich NACH meinem Austritt mehr und intensiver in der Bibel gelesen als jemals zuvor. Dabei bin ich auf einen Vers gestoßen, der zu meiner damaligen Situation passte und mich bis heute begleitet:

"Nähme ich Flügel der Morgenröte
und bliebe am äußersten Meer,
so würde auch dort deine Hand mich führen
und deine Rechte mich halten."

LG
Lulo

Albert

Re: Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

#167 Beitrag von Albert » 28.07.2017, 14:34

h.e hat geschrieben:Ist Philosophie eine Wissenschaft?
Warum Theologie in meinen Augen keine Wissenschaft sein kann, habe ich dargelegt. Im Gegensatz zur Theologie sind die Erkenntnisse der Philosophie immerhin weder nicht hinterfragbar dogmatisch geprägt noch unveränderbar, beides unabdingbare Forderungen für Wissenschaftlichkeit. Bei der Voraussetzungslosigkeit (also auch der Dogmenfreiheit) ist die Philosophie wohl einzigartig, denn es wird alles und jedes zuerst einmal hinterfragt. Bedeutungsfragen wie "Wer oder was ist Gott überhaupt" sind zentral. Und solange nicht klar ist, was der Begriff "Gott" überhaupt besagt resp. bedeutet, kann weder die Philosophie noch die Theologie vernünftig und sinnvoll (das ist immerhin Voraussetzung für Wissenschaftlichkeit) über Gott reden. Und wer kann schon Gott beschreiben?

Der britische Philosph Ayer meinte meiner Ansicht nach treffend: "Wenn man aber einräumt, daß es unmöglich ist, Gott in Vernunftbegriffen zu definieren, dann räumt man ein, daß ein Satz unmöglich zugleich sinnvoll sein und von Gott handeln kann. Gibt ein Mystiker zu, daß der Gegenstand seiner Vision etwas Unbeschreibliches ist, dann muß er auch zugeben, daß er notwendigerweise Unsinn redet, wenn er ihn beschreibt." Und Wittgenstein: "Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen." Ich erinnere da auch an die Worte Barths, die ich im letzten Beitrag zitierte.

Zur Frage, ob Philosophie eine Wissenschaft sei: Ein Philosoph würde da zuerst wohl fragen "Was ist Philosphie?" Und dann: "Was ist Wissenschaft?" :roll: Zur letzten Frage habe ich immer eine simple Antwort bereit: Wissenschaft ist das, was Wissen schafft. Theologie macht das nicht, wenigstens nicht über ihren Hauptgegenstand und so lange nicht, wie sie nicht hieb- und stichfest nachgewiesen hat, dass Gott existiert ....

Zu den Gottesbeweisen: Es gab schon unzählige Versuche, Gott zu beweisen. Viele scheiterten daran, dass sie voraussetzten, was es doch erst zu beweisen galt, also in einem Zirkelbezug endeten. Das ist auch so bei Anselms angeblichem Gottesbeweis, der übrigens schon von Thomas widerlegt und vom Anselms Zeitgenossen Gaunilo (einem Mönch) trefflich als absurd vorgeführt wurde. Und selbst wenn einer dieser unzähligen "Gottesbeweise" Gott tatsächlich hätte beweisen können, dann wäre das noch lange kein Beweis für den christlichen Gott (ich weiss, so etwas gibt es nicht wirklich).

Falls dich das Thema interessiert, kann ich dir "Das Wunder des Theismus" des bedeutenden australischen Philosophen John Leslie Mackie empfehlen.

fridolin

Re: Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

#168 Beitrag von fridolin » 28.07.2017, 14:50

Mein leiblicher Bruder im Evangelistenamt wurde von mir auf das Botschaft-Desaster unter Stammapostel Bischoff hingewiesen. Seine Erklärung war folgende: "Wenn du durch einen schönen Wald spazieren gehst, kann es passieren, dass du an eine Stelle kommst, an der ein Mensch seine menschliche Notdurft verrichtete. Das kann dich stören, aber ist es das wert, dass man die Schönheit des Waldes missachtet?" :roll:
Ziemlich krass die Denkungsweise um mit sich selbst und dem Botschaftsunsinn ins reine zu kommen.
Meiner Meinung nach ist die NAK nicht zu reformieren, auch wenn es eine Anzahl von Amtsträgern wie Johannes gibt. Das Räderwerk der NAK Erwählung werden sie nicht neu erfinden. Das Systems NAK ist darauf aufgebaut worden, dass ihr vom Throne Gottes ausgehend eine besondere einzigartige Erwählung Gottes zugesprochen wurde. Die Mehrzahl der aktiven Schäfchen baden sich gerne wie eh und jeh im Badewasser dieser Erwählungstheorie. Das ist Systembedingt hervorgerufen und wird in den "Heimatliedern" glorifiziert.
Die wollen in den Predigten und im Gesang hören das sie auf der sicheren Seite stehen, sonst würden sie totunglücklich werden.
Zuletzt geändert von fridolin am 28.07.2017, 17:01, insgesamt 1-mal geändert.

h.e.

Re: Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

#169 Beitrag von h.e. » 28.07.2017, 16:11

Albert,
Du siehst an Deinen Ausführungen, dass die Thematik sehr interessant und kontrovers ist. Wissenschaft ist, was Wissen schafft. Wird in der Theologie kein Wissen geschaffen? Einen kleinen Diskurs über die Theologie im Blickwinkel der Wissenschaftstheorie findest Du hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wissensch ... _Theologie
Beim Zitieren von Wittgenstein sollte man übrigens vorsichtig sein: der frühe Wittgenstein(Wittgenstein1) hat seine Thesen, die er im Tractatus philosophicus entwickelt hat, in seinen "Philosophischen Untersuchungen" (später Wittgenstein oder Wittgenstein 2) teilweise widerrufen.
An Mackie siehst Du auch: er kommt aus der Ecke Empirismus und analytische Philosophie. Diese Richtung ist im angelsächsischen Bereich in der Tradition von Hume und John Locke weit verbreitet. Bei uns findest Du auch vermehrt die kontinentale Philosophie mit Husserls Phänomenologie und Gadamers Hermeneutik. Für mich ist und bleibt die Theologie eine Wissenschaft.

Albert

Re: Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

#170 Beitrag von Albert » 29.07.2017, 08:21

h.e. hat geschrieben:Wird in der Theologie kein Wissen geschaffen?
Nun, du versuchst zu verallgemeinern (verwässern?), was ich leidlich präzise ausdrückte, indem ich schrieb: "Wissenschaft ist das, was Wissen schafft. Theologie macht das nicht, wenigstens nicht über ihren Hauptgegenstand und so lange nicht, wie sie nicht hieb- und stichfest nachgewiesen hat, dass Gott existiert ...." (Hervorhebung nachträglich). Über Gott hat die Theologie mit all ihren jahrtausendelangen Bemühungen kein Wissen zu schaffen vermocht, ja noch nicht einmal festzustellen vermocht, ob er überhaupt existiert. Ich erinnere dazu an deine "Beurteilung" von Depners Schrift vor zwei Tagen, mit gleichen Masstäben gemessen wie du das dort tatest, ist Theologie tatsächlich nur für den Papierkorb.

Aber betrachte die Theologie getrost weiter als Wissenschaft - eine Wissenschaft notabene, die im Gegensatz zu den anderen Wissenschaften wie schon mehrfach gesagt nicht einmal in der Lage ist, festzustellen, ob es ihren zentralen Gegenstand (Gott) überhaupt gibt. Trotzdem schreiben Theologen über ihn in einer Art und Weise, wie wenn sie ihn persönlich kennen würden. Und nicht vergessen: Die Theologie betrachtet Grundlegendes zu und über Gott als Dogma. Somit ist das also unverhandelbar wahr und nicht weiter hinterfragbar, auch wenn es dazu offensichtlich keine (überprüfbaren) Erkenntnisse gibt.

Es versteht sich nach dem Gesagten von selbst, dass die Theologie eine "Wissenschaft" ist, deren Aussagen weder überprüfbar noch revidierbar sind. Die Theologie beschäftigt sich nebst ihrem nicht vorhandenen Hauptgegenstand auch sonst nur mit (Schein-)Problemen, die es ohne sie resp. ohne Religion gar nicht gäbe (Kubitza, Dogmenwahn). Und nicht zu vergessen: Es gibt die ganze "Theologie-Wissenschaft" hier bei uns auch gleich noch in zweifacher Ausführung an den Universitäten, nämlich in einer katholischen und einer evangelischen Version. Ist Wissenschaft daher konfessionell und wird deren wissenschaftliche Ausrichtung von Kirchenmännern wie z.B. dem Papst bestimmt? Definitiv ja - und das macht sie zu einer ziemlich eigenartigen "Wissenschaft", die ja auch nur für die Anhänger der jeweiligen Glaubensrichtung von Bedeutung ist. Muslime, Juden, Hindus, Buddhisten, Sikhs etc. interessieren sich bestimmt nicht für die Schein-Erkenntnisse der unterschiedlichen christlichen Theologien, geschweige denn dass diese ihnen Erkenntisgewinne bringen würden. Dafür haben sie ihre eigenen Theologien, ich meine konfessionelle "Wissenschaften".

Im vorstehenden Zusammenhang, das schien mir ziemlich offensichtlich, stand nebst den anderen sinngemässen auch mein Wittgenstein-Zitat, das dank seiner einfachen, klaren Aussage sogar Eingang in die Welt der unphilosophischen Normalos wie mir gefunden hat: "Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen." Es stammt natürlich, wie heute weitherum bekannt ist, tatsächlich aus dem 'Tractatus logico-philosophicus', d.h. es bildet dort den siebten und letzten Abschnitt. Nach deiner Belehrung zum Zitieren von Wittgenstein kannst du mir jetzt natürlich bestimmt auch sagen, wo und wie Wittgenstein exakt dieses eine sozusagen ins Volksgut übergegangene Zitat später widerrufen hat? Hat er nicht? Dann sehe ich tatsächlich keinen Sinn in deiner diesbezüglichen Anmerkung, wenigstens nicht im Zusammenhang mit unserem Thema und diesem Zitat.

Genauso wenig verstehe ich den Sinn deiner Belehrung über Mackie (was ja vermutlich teilweise er Wikipedia entnommen ist). Sein von mir genanntes Werk ist und bleibt trotzdem Grundlage für fundierte Diskussionen für oder gegen die Existenz Gottes, vor allem auch unter Theologen und Philosophen.

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