Sinn des leidens

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glasperle

Sinn des leidens

#1 Beitrag von glasperle » 09.03.2017, 20:14

Ich hab auf youtube eine tolle ökumenische Gesprächsrunde gefunden. Ist ziemlich lang. Ichnwürdevmichbfreuen, wenn jemand Zeit hat, sich das anzuhören. Vielkeicht können wir darüber reden? Das wäre schön!
https://m.youtube.com/watch?v=l_9TErhiLlc

Boris

Re: Sinn des leidens

#2 Beitrag von Boris » 15.03.2017, 15:51

Die Gesprächsrunde zeigt, dass erstaunlicherweise die Theoretiker am wenigsten in der Lage sind, Trost zu spenden. Die Juden zeigen einen "besseren" Ansatz. Wobei ich mich frage, ob es Sinn macht, eine bestimmte Anzahl von Tagen festzulegen, für eine bestimmte Form der Trauerbewältigung.

Mein Gefühl hat sich schon immer gegen die Sinnhaftigkeit des vorbestimmten (von Gott bestimmten) Leidens gesträubt. Es würde bedeuten, dass der Mensch nicht genug Fähigkeit mitbekommen hätte. Er müsste vorbestimmt leiden, um zu lernen.
Das hätte m. E. nichts mit einem gütigen Gott zu tun.
Das Leiden Erfahrung und Reife bringt, finde ich unbestritten.
Leiden kann aber auch einfach nur kaputt machen oder gar töten.

Ich halte Theorien über die Sinnhaftigkeit des Leidens oft für sehr gewagt und fragwürdig. In konkreten Fällen versagen diese oftmals. Allerdings versucht man menschlichem Leid einen Sinn zu geben, weil es dann leichter zu tragen/ertragen ist.

Über den Sinn des Leidens Christi wurde in der Runde diskutiert. Allerdings war dieses Leiden m. E. nicht von Gott vorbestimmt. Es ergab sich aus den gesellschaftlichen Gegebenheiten und war sozusagen vorhersehbar. Aber Gott (oder wie immer man das höchste Wesen bezeichnen mag) hat m. E. das Leid nicht als Mittel zum Zweck erschaffen.
Manchen Predigten in der NAK könnte man entnehmen, dass Gott das Leiden erschuf, um eine gewisse Reife zu erlangen ... . Gibt es noch mehr christliche Institutionen, in denen sowas gepredigt wird?

LG Boris

Boris

Re: Sinn des leidens

#3 Beitrag von Boris » 15.03.2017, 16:08

Selbstverständlich gibt es auch selbstgemachtes Leid, wie es z. B. der Extremsportler beschreibt. Diese Form des Leidens setzt meist von vornherein schon Grenzen des Leides und ist selbst verantwortet.

Meist ist Leid aber ungewollt.
Wenn Gott tatsächlich den körperlichen Tod von Menschen vorherbestimmen würde, um seine Ziele zu erreichen, wäre es ein verdammt grausamer Gott. Darin stimme ich mit Frau Ranke - Heinemann überein.

Ich würde hier gern noch einen Link einfügen zum Thema "Gefahr durch Glaube":

https://www.youtube.com/watch?v=TQCOoNc6Fk8

LG Boris

glasperle

Re: Sinn des leidens

#4 Beitrag von glasperle » 16.03.2017, 06:51

Besondere Probleme habe ich mit der These " leid als Strafe für Sünden". Natürlich kann ich da weiter gehen und ev. sagen " ursache und wirkung". So verkauft die Esoterik diesen Neoliberalen Mythos der absoluten Machbarkeit in der besten aller Welten. Eine sehr beruhigende Theorie so lange einen kein echter Schicksalsschlag trifft. So glaubt es auch Hiob bevor er leidet. Ungeschickte Erklärungsversuche sehen wir bei Hiobs Freunden. Erklärungsversuche, die das Leiden des leidenden noch vermehren. Und noch gefährlicher : wenn der leidende selber schuld ist, braucht man nicht zu helfen. Helfen als großer Fehler., der es dem leidenden dazu erlaubt sich auf der faulen Haut ( flüchtling, Arbeitsloser, behinderter,... ) sich auf der faulen Haut auf Kosten des brav arbeitenden ( neoliberal), des die Gebote befolgenden ( christlich) auszuruhen. Es gibt ziemlich aussichtslose Situationen. Als gut meinender stehen wird Dann da. Was tun? Hmmm,..... Erklärungen suchen? Oft nicht zu finden. Und schon finden wir uns der rolle der Freunde Hiobs. Anpacken. geht oft wirklich nicht. Mitweinen, mag oft das beste sein. Wievdumsagst, Boris, hier zeigen die juden den besten Ansatz, obwohl man es wahrscheinlich nicht auf Tage begrenzen kann. aberbistbdas nichts auch ein gewisser Selbstschutz, ganzbpraktisch gesehen? Auch der helfende kann nicht für immer mitleiden.

Boris

Re: Sinn des leidens

#5 Beitrag von Boris » 16.03.2017, 11:53

Dieses "Leid als Strafe" ist m. E. nur ein Instrument zum Gefügigmachen. Es wird m. E. von betreffenden Predigern und Zuhörern zu wenig bis gar nicht hinterfragt und führt so teilweise zum Erfolg.

Ich stimme mit dir überein, dass man nicht immer und überall mitleiden/mitweinen kann. Der "Rucksack des Lebens" wäre allzu schnell übervoll und wir würden in die Knie gehen, weil es zu schwehr wäre. Mancher hat gar mit seinen eigenen Sorgen diesen Rucksack schon voll.

Bestimmt kann es aber schon hilfreich sein, dass wir überhaupt in der Lage sind, zu erkennen (auch anzuerkennen), dass ein Mitmensch leidet. Ihm vielleicht praktische Unterstützung zu geben. Ihm vielleicht einfach nur zu sagen: Ich nehme wahr, dass du leidest. Immerhin fehlt genau das nach meinem Empfinden häufig. Oft wird auch (wie anderweitig erwähnt) noch auf den Leidenden getreten. Sein Leid für das eigene Machtempfinden missbraucht.

Mitarbeiter von Hospizen und änlichen Einrichtungen können das Leid der Sterbenden auch nicht zu sehr an sich heranlassen, sonst sind sie selbst nicht mehr stark genug. Sie können aber die Bereitschaft aufbringen, die Not zu erkennen und die eigene Möglichkeit der Hilfe ausloten.

Leid wahrzunehmen und mit Leid umgehen zu können erscheint mir als eine Kompetenz, mit der sich nicht vorrangig Christen rühmen können, oder?

LG Boris

Boris

Re: Sinn des leidens

#6 Beitrag von Boris » 16.03.2017, 12:28

glasperle hat geschrieben:... Helfen als großer Fehler ...
Wenn ich nur diesen Abschnitt herausgreife, fällt mir Folgendes dazu ein:

Ein lieber Mitmensch hatte mit seinem Eheleben kein Glück mehr. Seine Frau wahr in mehrerlei Hinsicht auf den Geschmack gekommen. Durch verschiedene Ränke ist sie seit längerem sehr gut verdienend.
Durch die Trennung und damit verbundenen Umstände sind die Kinder in ein Loch gefallen. Das Mädchen hatte genügend Biss, sich aufzurappeln, ihre Schule sehr gut zu beenden und zu studieren.
Der Junge (war bis dahin ein sehr guter Schüler) hatte fast nur noch schlechte Zeugnisnoten und bringt seit Jahren keinen Berufsabschluss zustande.

Sein Vater meinte oft, dass er es bräuchte, einmal komplett ganz unten zu sein. Die Konsequenzen seines Handelns zu tragen. Weil aber seine Mutter ihre Geschäftsbeziehungen nütze und ihm immer wieder neue Möglichkeiten/Firmen besorge, wo er neu beginnen kann, sehe er keine Notwendigkeit, sich anzustrengen. Auch wird er von seiner Mutter immer mit Geld überhäuft.

Inzwischen ist dieser junge Mann psychisch erkrankt und hält das große Grundstück seiner Mutter in Ordnung.
Meine Meinung dazu ist, dass die Eltern an diesem Versagen schuld sind. Sie waren diesem Jungen kein Begleiter, als er sie dringend brauchte. Ich habe es miterlebt. Die Eltern waren nicht nur zerstritten. Sie waren auch noch so verdammt "wertvoll" und haben beide sehr lange gearbeitet. Es war wie ein bisschen Kleinkrieg, um zu zeigen, wer erfolgreicher auf der Arbeit bzw. der eigenen Firma war. Ein Kampf, um sich selbst darzustellen. Für die Kinder war keine Zeit da. Der Junge hat diesen Kampf der Eltern verloren. Inwieweit die Tochter davongekommen ist, wird sich noch zeigen.

Mich hat aber die Meinung des Vaters sehr aufgewühlt, nach der der Junge erst leiden müsse, um leistungsfähig zu werden. Da wurde die Verantwortung aus meiner Sicht einfach auf den Jungen geschoben ... . Der Schwächere ist eben selbst schuld an seinem Elend ... .

LG Boris

Gerlinde

Re: Sinn des leidens

#7 Beitrag von Gerlinde » 16.03.2017, 14:52

Bei den Mormonen gibt es etwas, was jeden ersten Sonntag im Monat stattfindet, die "Fast-und Zeugnisversammlung". Mormonen fasten zwei Mahlzeiten, und geben das eingesparte Geld (und meist viel mehr, will man doch "Glaubensstärke" zeigen) dem Bischof für die ARMEN. Nur, die Gemeinde hat nichts davon, auch nicht der Pfahl, weil alles nach Salt Lake City geht.
Das "Mit-Leiden" gibt es wohl in allen Religionen, und ist heute meist eine Zurschaustellung von Frömmigkeit, und dem, was man hat, als echte Nächstenliebe.

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