Tröstet, tröstet mein Volk ...

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Hannes

Tröstet, tröstet mein Volk ...

#1 Beitrag von Hannes » 26.02.2009, 16:33

ZWISCHEN
deinen Augenbrauen
steht deine Herkunft
eine Chiffre
aus der Vergessenheit des Sandes.

Du hast das Meerzeichen
hingebogen
verrenkt
im Schraubstock der Sehnsucht.

Du säst dich mit allen Sekundenkörnern
in das Unerhörte.

Die Auferstehungen
deiner unsichtbaren Frühlinge
sind in Tränen gebadet.

Der Himmel übt an dir
Zerbrechen.

Du bist in der Gnade.


(Nelly Sachs)

Hannes

#2 Beitrag von Hannes » 26.02.2009, 16:34

Die Verlierer


Nicht die Sieger
mit ihrer Gleichgültigkeit
werden uns helfen

sondern die Verlierer
mit ihrer Enttäuschung,
mit ihrer Unruhe und Sehnsucht

die wund sind
von einem geborsteten Leben

die jetzt ihr Gesicht
in den Händen vergraben,
weil es ihnen schwarz wird
vor den Augen

die nachher
von einem Ort
zum andern laufen
auf der Suche
nach denen,
die verstanden haben.


(Walter H. Fritz)

Hannes

#3 Beitrag von Hannes » 26.02.2009, 16:55

Botschaft des HERRN von der Erlösung
(nach Jesaja 40)


Tröstet, tröstet mein Volk! spricht euer Gott; redet mit Jerusalem freundlich und predigt ihr, daß ihre Dienstbarkeit ein Ende hat, denn ihre Missetat ist vergeben; denn sie hat Zwiefältiges empfangen von der Hand des HERRN für alle ihre Sünden.

Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet dem HERRN den Weg, macht auf dem Gefilde eine ebene Bahn unserm Gott!

Alle Täler sollen erhöht werden und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden, und was ungleich ist, soll eben, und was höckericht ist, soll schlicht werden; denn die Herrlichkeit des HERRN soll offenbart werden, und alles Fleisch miteinander wird es sehen; denn des HERRN Mund hat es geredet. Es spricht eine Stimme: Predige! Und er sprach: Was soll ich predigen? Alles Fleisch ist Gras, und alle seine Güte ist wie eine Blume auf dem Felde. Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt; denn des HERRN Geist bläst darein. Ja, das Volk ist das Gras. Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt; aber das Wort unsres Gottes bleibt ewiglich.

Er gibt den Müden Kraft, und Stärke genug dem Unvermögenden. Die Knaben werden müde und matt, und die Jünglinge fallen; aber die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft, daß sie auffahren mit Flügeln wie Adler, daß sie laufen und nicht matt werden, daß sie wandeln und nicht müde werden.

Steppenwolf

#4 Beitrag von Steppenwolf » 27.02.2009, 12:01

  • Sei's in Jahren, sei's schon morgen,
    Daß das Glück sich wende:
    Einmal nehmen Leid und Sorgen
    Sicherlich ein Ende.

    Mensch, vertraue deinem Wollen,
    Wirk es aus zu Taten!
    Ströme fließen, Wolken rollen,
    Frucht entkeimt den Saaten.

    Über Nöten und Gefahren
    Wird die Freude thronen –
    Sei's schon morgen, sei's in Jahren
    Oder in Äonen.

    Erich Mühsam, (1878 - 1934)

Lobo

#5 Beitrag von Lobo » 27.02.2009, 12:11

Ohne Trost kannst du nicht leben.
Trost ist aber nicht
Alkohol, Schlafmittel, Spritze,
die dich vorübergehend betäuben
und dich dann hineinstürzen
in eine noch schwärzere Nacht.
Trost ist keine Flut von Worten.
Trost ist wie eine lindernde Salbe
auf eine schmerzende Wunde.
Trost ist wie eine unverhoffte Oase
in einer unbarmherzigen Wüste.
Trost ist wie ein gütiges Gesicht in deiner Nähe
von jemandem, der deine Tränen versteht.


(Phil Bosmans)

Hannes

#6 Beitrag von Hannes » 04.03.2009, 09:32

Wandelt sich rasch auch die Welt
wie Wolkengestalten,
alles Vollendete fällt
heim zum Uralten.

Über dem Wandel und Gang,
weiter und freier,
währt noch dein Vor-Gesang,
Gott mit der Leier.

Nicht sind die Leiden erkannt,
nicht ist die Liebe gelernt,
und was im Tod uns entfernt,

ist nicht entschleiert.
Einzig das Lied überm Land
heiligt und feiert.


Rainer Maria Rilke (1875-1926)
(Aus: Die Sonette an Orpheus, Erster Teil)

Hannes

#7 Beitrag von Hannes » 05.03.2009, 10:28

Die Schwierigkeit

In ein großes Verhältnis, das fand ich oft, ist die Einsicht
Leicht, das Kleinliche ists, was sich mit Mühe begreift.


Heinrich von Kleist (1777-1811)

tergram

#8 Beitrag von tergram » 05.03.2009, 10:39

Gedicht zum Trost

Weil Deine Augen so voll Trauer sind,
Und Deine Stirn so schwer ist von Gedanken,
Laß mich Dich trösten, so wie man ein Kind
In Schlaf einsingt, wenn letzte Sterne sanken.

Die Sonne ruf ich an, das Meer, den Wind,
Dir ihren hellsten Sonnentag zu schenken,
Den schönsten Traum auf Dich herabzusenken,
Weil Deine Nächte so voll Wolken sind.

Und wenn Dein Mund ein neues Lied beginnt,
Dann will ich Meer und Wind und Sonne danken,
Weil Deine Augen so voll Trauer sind,
Und Deine Stirn so schwer ist von Gedanken.

(Mascha Kaleko)

Lobo

#9 Beitrag von Lobo » 05.03.2009, 13:42

Das Bewusstsein, dass es Menschen in der Nähe gibt,
die Sorge und Sinn für einen haben, ist so oft ein guter Trost.


(Alfred Delp,1907 - 1945, hingerichtet, deutscher Theologe, Mitglied des Kreisauer Kreises)

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#10 Beitrag von tosamasi » 05.03.2009, 14:05

  • Gott sendet uns oft in unserem größten Schmerze, in dem bittersten Krampfe unserer gequälten Seele, einen Balsamtropfen, einen Trost, eine Beruhigung, und gibt uns damit ein Zeichen, daß er wacht, daß er sieht, daß er regiert.
  • Philipp Galen, (1813 - 1899), eigentlich Ernst Philipp Karl Lange, deutscher Schriftsteller und Arzt
Nur der Einfältige fürchtet die Vielfalt
tosamasi

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