Warum musste Jesus sterben

Diskussionen über Bibeltexte aus dem Neuen Testament
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tergram

#1 Beitrag von tergram » 10.12.2007, 22:14

Brombär hat geschrieben:Christus der Gottessohn wird Mensch und opfert sich für die unvollkommene Menschheit.Auch wenn der Schöpfungsbericht nur ein unvollkommenes Bild, der in die Menschen gekommenen Unvollkommenheit, darstellt, so darf doch gefragt werden, wieso ein Mensch aus Fleisch und Blut so qualvoll leiden musste um die Scharte einer missglückten Schöpfung auszuwetzen.
Ja. Die 'Sache' wird umso unbegreiflicher, wenn man folgendes berücksichtigt:

In den alten Kulturen Südamerikas gibt es den wiederkehrenden Mythos, dass die Menschen "schlecht geworden" sind und daher die Götter einen ihrer Söhne auf die Erde senden müssen und ihn in einem religiösen Ritus von den Menschen töten lassen. Erst wenn das Blut dieses "Gottessohnes" die Erde berührt, werden Himmel und Erde wieder miteinander versöhnt, wird alles "wieder gut", wird die Schöpfung wieder "heil".

Was uns bekannt vorkommt... Stellt sich die Frage: Welche Version ist zeitlich früher entstanden?

Dieter

Warum musste Jesus sterben ?

#2 Beitrag von Dieter » 11.12.2007, 07:24

Hätte es nicht eine andere Lösung gegeben?

Diese Frage stellte ich mir schon oft. Warum muss Gott, der als Schöpfer und als Herrscher über die Welt doch über allem steht, ein solches Opfer fordern. Er lehnt doch Menschenopfer ab. Selbst als er Abraham den Auftrag gegeben hat, ihm seinen Sohn Isaak zu opfern, hat er dies im letzten Moment verhindert. Er wollte den Glauben und die bedingungslose Treue des Abraham zu ihm, dem Allmächtigen bewiesen haben. Damit war für Gott der Beweis erbracht, indem Abraham zum Opfer bereit gewesen wäre. So konnte Gott auf diesen letzten Schritt verzichten.

Wäre dies nicht auch bei Jesus möglich gewesen? Hätte Gott nicht auch hier Jesus praktisch vom Kreuz herabsteigen lassen können? Jesus hatte auch seine bedingungslose Treue ihm gegenüber bis zum Letzten bewiesen ? und so hätte doch Gott auch auf den letzten Schritt, nämlich dass Jesus am Kreuz stirbt, verzichten können.

Könnte man so sagen. Und dies ist auch der Inhalt der Gedanken, die ich mir schon oft über die oben genannte Fragestellung gemacht habe. Zugegeben, ich habe auch das Eine oder Andere darüber nachgelesen. Zufriedengestellt haben mich eigentlich die wenigsten Aussagen. Aus menschlicher Sicht ist es auch nicht einfach zu verstehen, warum ein so grausamer Tod erforderlich gewesen sein sollte, um als Mittel zur Erlösung der Menschheit dienlich zu sein.

Bei diesen Überlegungen dreht es sich jedoch mehr oder weniger immer um die Vorstellung von Jesus als Mensch. Jesus war Mensch. Wie Du und ich. Die Bibel berichtet in Philipper 2, 7: "sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward gleich wie ein andrer Mensch und an Gebärden als ein Mensch erfunden." Durch diese Stelle wird zweierlei ausgesagt. Zum einen das, was ich oben schrieb, dass Jesus Mensch war. Zum anderen wird auf seinen göttlichen Ausgangspunkt verwiesen mit den Worten: "entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an".
Die Neue evangelistische Übersetzung bringt es verständlicher zum Ausdruck, was ich meine: "Er war wie Gott und hielt es nicht gewaltsam fest, Gott gleich zu sein. Er legte alles ab und wurde einem Sklaven gleich." Jesus war also auch Gott. Nach unserem christlichen Glauben ist er ein Teil der Dreieinigkeit aus Vater, Sohn und Geist. Somit war Jesus, ungeachtet seines menschlichen Auftretens, immer gleichzeitig auch göttlich. Nur stellte er seine Göttlichkeit nicht in den Vordergrund, sondern legte sie ab, um als Knecht oder als Sklave zu dienen.

Bei der Überlegung, warum nun dieser Mensch das Opfer seines Todes hat bringen müssen, muss man sich die Göttlichkeit Jesu vor Augen führen. Nur dann kann man die Notwendigkeit erkennen. Doch mit diesen Gedanken bisher habe ich noch nicht zum Ausdruck gebracht, weshalb sein Tod notwendig hätte sein sollen bzw. ob es nicht auch einen anderen Weg, eine andere Lösung gegeben hätte.

Die Gedanken, mit denen ich diese Frage für mich beantwortet habe, sind die folgenden: In der Heiligen Schrift lesen wir schon ganz am Anfang, dass Gott Menschen geschaffen hat, denen er ein eigentlich sorgenfreies Leben geben wollte. Er hat sie geschaffen, damit sie die Krone seiner Schöpfung sein sollen. Eine Kreatur, deren Sinn nicht nur im Geborenwerden, in der Arterhaltung und im Vergehen liegen sollte. Sondern Menschen, die ihm gleichgestellt sein sollten. Wir lesen in 1. Mose 1,26: "Und Gott sprach: Laßt uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht." Die dazu notwendige Voraussetzung war jedoch darin gegeben, dass diese Menschen sich seinem Gebot unterordnen sollten. Ein entscheidender Unterschied zu dem Verhalten eines Tieres, das sich seinem Instinkt unterwirft. Sicher lässt sich ein Tier auch abrichten, dass es auf einen Menschen hört. Aber wenn es dieses tut, dann deswegen, weil es entweder dafür belohnt oder im anderen Fall bestraft würde. Aus freiem eigenen Willen wird sich kein Tier für oder gegen einen Menschen entscheiden. Gott hat jedoch dem Menschen einen freien Willen gegeben, um sich aus diesem heraus für oder gegen ihn zu entscheiden. Ein freier Wille hat jedoch nur dann einen Sinn, wenn eine Entscheidungsalternative vorliegt. Daher hat Gott das Gebot gegeben: 1. Mose 3,3: "aber von den Früchten des Baumes mitten im Garten hat Gott gesagt: Eßt nicht davon, rührt's auch nicht an, daß ihr nicht sterbt." Von allen anderen durften die Menschen essen, nur von diesem nicht. Ein eigentlich einfaches Gebot, vor allem, wenn an die Überschreitung der Tod gebunden war. Nun könnte man denken, dass Adam und Eva ja vielleicht gar nicht gewusst haben könnten was Tod ist. Aber die Verheissung des Lebens, solange dieses Gebot eingehalten wurde, galt ja nur den Menschen. Um sie herum war der Tod auch schon existent. Sie haben sich also vorstellen können, was es bedeutet, zu sterben. Sonst hätte das Gebot auch keinen Sinn gemacht.

Aber zurück zum freien Willen. Dieser hätte für die Menschen die Ursache sein können, sich für die Nähe Gottes zu entscheiden, denn er kam mit ihnen zusammen und sprach mit ihnen - er suchte ihre Nähe. Er hatte sie sich ihm gleich gemacht. Und aus diesem freien Willen heraus entschieden sich die Menschen gegen ihn, übertraten das Gebot und mussten die Folge, den Tod, in Zukunft hinnehmen. Nicht nur das, auch das Getrenntsein von Gott war die Folge. Und dieses Getrenntsein hat nicht nur den Menschen Kummer bereitet, sondern auch ihrem Schöpfer, ihrem Gott. Daher hat er auch versprochen, den zu senden, der der Schlange den Kopf zertreten werde.

Nun ist Gott ein Gott der Liebe. Und Liebe sieht über vieles hinweg und nimmt manches hin. Aber Gott ist auch ein Gott der Gerechtigkeit. Wir machen oft den Fehler, dass wir ihn nur als den "lieben Gott" sehen. Gott einen guten Mann sein lassen. Das ist bequem und passt gut ins Bild des freundlichen alten Herrn mit Rauschbart und langen wallenden Gewändern. Doch dieses Bild beschreibt Gott nicht. Gott will auch gar nicht, dass wir uns von ihm ein Bild machen. Wir könnten es auch gar nicht, denn er ist nicht in eine Schablone zu pressen. Das unterscheidet ihn von den Göttern der griechischen, römischen oder ägyptischen Mythologie und all den anderen Gottheiten, denen von Menschen bestimmte Eigenschaften zugesprochen worden sind. Gott ist der, der er ist. Und in dieses gehört nicht nur die Liebe, sondern auch die Gerechtigkeit.

Der Tod ist der Sünde Sold, die Gabe Gottes aber das ewige Leben. Dies schreibt der Apostel Paulus an die Römer (Röm. 6,23). Das heisst, die Sünde muss bezahlt werden. Und dazu war ein Zahlungsmittel erforderlich.

Wenn ich zurückdenke an die Erziehung meiner Kinder, so gab es viele Moment, wo ein Kind irgendetwas kaputt gemacht hat. Nicht immer geschah es nur unabsichtlich. Manches wurde auch absichtlich getan. Trotzdem habe ich sie immer wieder in den Arm genommen und ihnen damit vergeben. Könnte dies Gott nicht auch tun, könnte man sich fragen? Können wir Menschen mehr vergeben als Gott? Nein, wir können es nicht. Vergebung erfordert immer Bezahlung.

Bezahlung? Ja, wenn ich jemand vergebe, der mir einen Schaden zugefügt hat, so ist der Schaden damit nicht ungeschehen gemacht. Bezahlt der Schädiger, so brauche ich nicht zu vergeben, denn es ist mir kein Schade entstanden. Nur ein vorübergehender, den der Schädiger gesühnt hat. Vergebe ich ihm aber, so ersetze ich seinen Schaden. Und bezahle selbst dafür. So wie ich den Schaden, den ein Kind vielleicht einmal angerichtet hat, bezahle. Denn das Kind hätte gar nichts gehabt um ihn zu bezahlen.

Ich las einmal von einem Richter, dessen Tochter nach einem Verkehrsdelikt vor ihm im Gerichtssaal erscheinen musste. Hätte er gesagt: "Das ist meine Tochter, die verurteile ich wegen ihres Vergehens nicht," hätte er sich der Rechtsbeugung schuldig gemacht. Daher verurteilte er sie zu einer Geldstrafe. Anschliessend zog er seinen Talar aus und ging als ihr Vater zur Gerichtskasse und bezahlte für sie die Strafe. Als ein gerechter Richter musste er sie verurteilen. Als ein liebender Vater durfte er ihr vergeben und ihre Strafe übernehmen.

So muss nun auch das Verhältnis von Gott zu uns Menschen gesehen werden. Als gerechter Gott kann er nicht auf eine Verurteilung des sündigen Menschen verzichten. Aber als ein liebender Gott kann er die Strafe übernehmen. Und das hat er getan. Indem sein Sohn - als ein Teil seiner selbst - dieses Opfer gebracht hat und damit die Strafe bezahlt. Jesus hat sein Opfer also auch nicht nur für uns Menschen gebracht, sondern ebenso für Gott und damit durch seine eigene Göttlichkeit auch für ihn selbst. Schon Jesaja bringt diese Notwendigkeit zum Ausdruck: "Aber er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf daß wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt." (Jes.53,5)

Diese Überlegungen waren es schliesslich, die mich zu der Überzeugung haben kommen lassen, dass das Opfer Jesu am Kreuz unabdingbar sein musste.

Dieter

tergram

#3 Beitrag von tergram » 11.12.2007, 08:07

Hmmmm, *nachdenklichguck*

ich habe 'trotzdem' noch eine Menge Unklarheiten:

Dem allwissenden Gott muss zuvor bekannt gewesen sein, dass der Mensch sündigen würde. Gott als Schöpfer hat dem Menschen die "Fähigkeit" zur Sünde quasi mit eingebaut (mir fällt grad kein besserer Begriff ein) und wusste, dass der Mensch diese Fähigkeit benutzen würde. Lassen wir das mal so stehen.

Wem gegenüber ist der Mensch schuldig geworden? Gegenüber Gott. Warum kann Gott ihm diese Schuld nicht direkt, ohne "Umweg" über ein Opfer vergeben? Er ist doch ein Gott der Gnade und der Barmherzigkeit. Wozu braucht es Jesus als "Medium"? Um bei dem Beispiel zu bleiben: Wenn dein Kind schuldig wird, vergibst du ihm doch auch - direkt und ohne Umweg. Niemand käme auf die Idee, ein "Ersatzopfer" zu bestrafen. Gnade/Vergebung sind für mich Handlungen, die nicht an Gegenleistungen (Opfer) gebunden sind, sondern die aus Liebe und Großmut entstehen.

Also: Die großmütige Vergebung Gottes wurde dadurch ersetzt, dass er seinen Sohn opfert. Sorry, das begreife ich unverändert nicht.

Dieter

#4 Beitrag von Dieter » 11.12.2007, 09:30

Liebe tergram,

ich gebe Dir recht und teilweise auch wieder nicht. Ich für meine Person könnte sehr wohl damit leben, wenn Gott eine andere Lösung gesehen hätte als Seinen Sohn zu opfern. Ich versuche mit meinen Gedankengängen nicht, ihm einen anderen Weg vorzuhalten und zu sagen, dieser oder jener wäre besser gewesen. Ich versuche zu ergründen, warum Gott - der für mich unantastbar ist - genau diesen Weg gewählt hat. Alles andere steht mir, als fehlbarem Mensch nach meiner Ansicht nicht zu.

Ein weiterer Hinweis ist das sogenannte Urevangelium, in dem Gott den beiden Menschen Adam und Eva verheisst, dass Er einen senden werde, welcher der Schlange den Kopf zertritt. Und dass sie ihn in die Versen stechen werde.

Gott hat also bereits beim Sündenfall der Menschen den Weg geschildert, den Er zu gehen bereit ist. Und ich sage bewusst, den Er zu gehen bereit ist und nicht, den Weg, den Er Seinen Sohn gehen lassen wird. Für mich ist Gott in der Trinität verkörpert. Und eine Form der Trinität ist der Schöpfer, der Mensch und der Geist. Alles gehört zusammen. Und wenn Gott will, dass Seine Geschöpfe zu ihm finden können, so kann Er die Probleme, die diese damit haben, am besten verstehen, wenn Er selbst Mensch wird. Also verheißt Gott den beiden ersten Menschen nichts anderes, als dass Er sagt: "Ich, Euer Schöpfer, werde mich auf Eure Stufe begeben und Euch einen Weg legen der zu mir führt und der für jeden begehbar ist." Er, Gott selbst, bringt also das Opfer höchstpersönlich.

Warum bei einem Vergehen eine Strafe notwendig ist, versuchte ich in meinem Beitrag zu zeigen. Das Mittel der Gnade war im Alten Bund ja noch nicht gegeben. Es blieb nur die Versöhnung und die war nur durch ein Opfer zu erreichen. Daher sagte ja auch Jesus, dass er nicht gekommen ist, das Gesetz aufzuheben, sondern es zu erfüllen. Gott konnte aufgrund des von ihm gegebenen Gesetzes nicht anders. Gott sprach durch Maleachi (3,6) "Denn ich bin der HERR und wandle mich nicht; und es soll mit euch Kindern Jakobs nicht gar aus sein" und Jesus (der ja Gott selbst war) war sich dessen auch bewusst, als er sagte "Denn ich sage euch wahrlich: Bis daß Himmel und Erde zergehe, wird nicht zergehen der kleinste Buchstabe noch ein Tüttel vom Gesetz, bis daß es alles geschehe. Wer nun eines von diesen kleinsten Geboten auflöst und lehrt die Leute also, der wird der Kleinste heißen im Himmelreich; wer es aber tut und lehrt, der wird groß heißen im Himmelreich." (Matth. 5,18.19)

Also konnte Er gar nicht anders, als Seine eigenen Gebote zu erfüllen. Er hat keine "Lehranpassung" oder "Schärfung" vorgenommen und gesagt, na ja, lassen wir es mal gut sein. Ich sehe es mit meiner heutigen Erkenntnis etwas anders. Gott braucht nichts hinzulernen. Er weiss schon alles. Aber indem Er selbst das Gesetz erfüllte, konnte Er es auch als erfüllt ansehen. Und ein neues Gebot geben (Joh. 13,14): "Ein neu Gebot gebe ich euch, daß ihr euch untereinander liebet, wie ich euch geliebt habe, auf daß auch ihr einander liebhabet." oder wie in Matthäus 22,37-40: Jesus aber sprach zu ihm: »Du sollst lieben Gott, deinen HERRN, von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüte.« Dies ist das vornehmste und größte Gebot. Das andere aber ist ihm gleich: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.« In diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.

Heute bräuchte Gott nicht mehr das Opfer zu bringen. Es ist gebracht und für alle Zeit gültig und wirksam. Daher liegt es heute an mir, an dieses Opfer zu glauben, damit es für mich wirksam werden kann. Indem ich es als nicht notwendig einstufe, würde ich es in seinem Wert herabsetzen. Daher will ich mich bemühen, zu verstehen, warum es Gott als notwendig angesehen hat. Dies habe ich in meinem obigen Beitrag und in diesem versucht zum Ausdruck zu bringen.

Dieter

Maximin

WARUM MUSSTE JESUS STERBEN...

#5 Beitrag von Maximin » 11.12.2007, 10:01

Liebe Tergram und lieber Dieter,

Das Leiden und Sterben des Gottessohnes wäre für mich ohne seine Auferstehung sinnlos. Erst das Geheimnis seiner Auferstehung erklärt den Sinn von Golgatha. Deshalb gehören beide Ereignisse zusammen betrachtet wie für uns Menschen leben und sterben einerseits und sterben und auferstehen andererseits dann sinngebend sind, wenn wir an ein Weiterleben nach dem Tode glauben.

Verkürzt könnte man also sagen: Jesus musste sterben, weil in seiner Auferstehung die Versöhnung Gottes mit den Menschen sichtbar bestätigt wird.

Bei 3.Moses 16 wird das große Versöhnungsfest der Israeliten beschrieben. Eine der für mich interessantesten Stellen ist zu unserem Thema Vers 10: Aber den Bock, auf welchen das Los für Asasel fällt, soll er lebendig vor den HERRN stellen, dass er über ihm versöhne, und lasse den Bock für Asasel in die Wüste. (3.Mose 16,10) Der sogenannte Sündenbock wurde in die Freiheit entlassen...

In Jesaja 53 wird nicht nur das Leiden und Sterben Jesu angedeutet, sondern auch seine Auferstehung und die damit verbundenen Wirkungen für uns Menschen:

Darum, daß seine Seele gearbeitet hat, wird er seine Lust sehen und die Fülle haben. Und durch seine Erkenntnis wird er, mein Knecht, der Gerechte, viele gerecht machen; denn er trägt ihr Sünden. (vgl. Röm 10,4; 2.Kor 5,21; Joh 1,29)

Darum will ich ihm große Menge zur Beute geben, und er soll die Starken zum Raube haben, darum dass er sein Leben in den Tod gegeben hat und den Übeltätern gleich gerechnet ist und er vieler Sünde getragen hat und für die Übeltäter gebeten. (Jesaja 53, 11+12 - s.a. Mark 15,28; Luk 22,37; 23,34)


So viel mal zunächst mit lieben Grüßen von Eurem
Micha :wink:

filippo

#6 Beitrag von filippo » 11.12.2007, 10:07

Ich sehe es auch wie Dieter, das man hier die Trinität nicht einfach trennen sollte. Gott kommt höchstpersönlich in Form des Sohnes in die Welt. Er selber opfert sich für die Menschen, die er geschaffen hat. Aber er stirbt nicht einfach als Mensch den Tod, der Folge der Sünde ist, er überwindet diesen Tod in der Auferstehung, und schafft ihn damit aus der Welt. Ohne die Auferstehung wäre das Sterben, egal in welcher Form, sinnlos gewesen. Seit der Auferstehung hat der Tod eben nicht mehr das letzte Wort.

Weitere Gedanken zum Thema Sünde und Sühne finden sich hier :arrow: Sünde und Sühne

Gaby

#7 Beitrag von Gaby » 11.12.2007, 11:56

Folgende Predigt stellte ich im alten Forum schon ein, als Tatyana ? dieses Thema dort ansprach.

Christkönigsfest

Thema:

Verlangt Gott den Tod Jesu?
Lesg./Ev.: Lk 23, 35-43
gehalten am 22.11.1998
von E. Gottsmann, OStR

Liebe Christen!

In einem illustrierten Geschichtsbuch habe ich ein Bild gefunden, an das ich nur mit Schaudern denken kann:

drei Männer hängen da mit schiefem Hals und herausgestreckter Zunge an einem improvisierten Galgen, mit einem riesigen Schild um den Hals: „Ich bin ein Verräter„. Jedem, der an dieser Hinrichtungsstätte vorbeikam, sollte bekannt werden,
warum diese drei Menschen sterben mußten.
Solch eine Tafel, „titulus„ genannt, verwendeten auch die Römer bei ihren Hinrichtungen - und auch bei der Kreuzigung Jesu. In drei Sprachen, wie es im
Neuen Testament bestätigt wird, wurde der Hinrichtungsgrund angegeben:
„Jeschua’ nazoraja malka di_jehudaje„ lautete er wahrscheinlich auf aramäisch,
„hic est rex judaeorum„ auf lateinisch und „ho basileús tõn judaíõn„ auf griechisch,
wie man mittlerweile rekonstruiert hat. Nach römischem Recht mußten ja drei Daten auf dem titulus vermerkt sein: der Name des Verbrechers,
seine Herkunft und seine Schuld.
Wenn das so ist, dann wurde Jesus eindeutig als Messiasanwärter hingerichtet, als selbsternannter jüdischer König - und das ist gleichbedeutend mit „Rebell gegen die Römer„.
Uns wird heute gar nicht mehr bewußt, daß sich der Judenhasser Pilatus mit diesem Text ein „nettes, kleines Späßchen„ erlaubte. Die jüdische
Obrigkeit hatte ja Jesus gerade nicht als Messias anerkannt; und nun mußte sie ohnmächtig mit
ansehen, wie der aus „Staatsraison„ den Römern ausgelieferte Jesus ebendiesen Titel bekam. Kein Wunder, daß es sofort Proteste hagelte, die Pilatus bekanntlich mit dem Satz: „Quod scripsi, scripsi„ - „Was ich geschrieben habe, das bleibt!„ beiseitefegte.
Jahrhundertelang haben sich Theologen den Kopf zerbrochen, warum dieser Messiaskönig, der ja
unserer christlichen Überzeugung nach ganz von Gott erfüllt ist, den brutalen Kreuzestod auf sich genommen habe. Und das noch dazu freiwillig,
wie manche Äußerungen der Evangelisten nahelegen!
Ausgerechnet die abstruseste Erklärung für den
Kreuzestod Jesu scheint sich durchgesetzt zu haben - ich habe es noch selber im Religionsunterricht gelernt: Die Sünden der Menschen seien im Angesicht Gottes so unendlich groß, daß sie kein
Mensch mehr sühnen könne, nur noch Gott selbst. Die
Gerechtigkeit Gottes verlange aber nach dieser Sühne, und deshalb habe er seinen Sohn - im Grunde
sich selbst - als stellvertretendes Opfer hingegeben, damit er - der einzige
Sündenlose! - sich für die Sünder hingebe und dadurch Verzeihung erwirke. Auf diese Weise komme auch die Liebe Gottes zu den Menschen zum Zug.
So etwa lautet die „Satisfaktionstheorie„ des Anselm von Canterbury, der im 11. Jahrhundert gelebt hat.
Noch heute halten sich viele Theologen an diese Vorstellung, und sie denken kaum darüber nach, wie sehr sie dem zuwiderläuft, was uns Christus über
Gott sagt. Achten Sie doch einmal darauf, wie oft liturgische Texte und Kirchenlieder diesen Sühnegedanken aufgreifen!
Woher kommt denn diese Vorstellung überhaupt?
Sicher ist sie zuallererst in der natürlichen religiösen Anlage des Menschen
begründet. Schlechtes Gewissen einer höheren Macht gegenüber können einen leicht auf den Gedanken
bringen, daß man für seine Verfehlungen sühnen muß -
und aus der Religionsgeschichte kennen wir tatsächlich unzählige Beispiele, daß
diese fällige „Genugtuung„ auch wirklich durch Tier- und Menschenopfer geleistet wurde, sozusagen
stellvertretend für den Sünder.
Auch im Glauben der Israeliten bis hin zum jüdischen Tempelkult hat das Sünd- oder Bußopfer, das für freiwillig begangene Sünden dargebracht werde mußte, eine große Rolle gespielt. Dabei wurde dem Blut des Opfertieres - eines Stiers oder Schafbocks - eine besondere sühnende Kraft zugeschrieben: es wurde gegen den Tempelvorhang gesprengt, die Hörner des Räucheraltars wurden damit eingerieben,
der Rest wurde am Fuß des Brandopferaltars ausgegossen. Ohne Blutvergießen keine Vergebung! Das war die fest eingefahrene Vorstellung des jüdischen
Denkens.
Gerade in dieser Hinsicht aber hat Jesus durch seine Predigt vom himmlischen Vater mit den herkömmlichen
Vorstellungen gebrochen. Das Gleichnis vom
verlorenen Sohn, dem der Vater bei seiner reuigen Rückkehr bedingungslos verzeiht, und auch das Verhalten Jesu Sündern gegenüber zeigt: nichts anderes als die Liebe Gottes veranlaßt ihn, täglich nach dem Ausschau zu halten, der sich von ihm entfernt hat, und ihn mit offenen Armen zu empfangen
und bedingungslos zu vergeben, wenn er nur freiwillig zu ihm zurückkehrt. Das ist die frohe Botschaft, die Jesus nicht müde wird zu verkünden - und diese Botschaft hält er auch in brutalster Behandlung durch - bis zu seinem Tod.
Deutlicher kann man es nicht zeigen! Da Jesus völlig in Übereinstimmung mit Gott lebt - genau das bedeutet „Gottes Sohn„ in jüdischer Ausdrucksweise -macht er deutlich: Gott selbst, die Liebe in Person, liefert sich den Menschen völlig aus; er nimmt sie so an, wie sie sind, mit aller Bosheit und Gemeinheit; er nimmt es auf sich, daß sie
ihn fertigmachen - und er wehrt sich nicht einmal
dagegen. Alle Menschen sehnen sich danach, absolut und unverlierbar geliebt zu sein;
auch dann - und vor allem dann -, wenn sie ganz und gar nicht liebenswert sind.
Genau diese bedingungslose Liebe zeigt Gott durch den Menschen Jesus: du kannst mich anspucken, du kannst mich zerfleischen, du kannst mich annageln - aber du kannst meine Liebe zu dir nicht zerstören.
Umgekehrt zeigt aber der am Kreuz Hängende auch das:

Zu so etwas seid ihr Menschen fähig! Obwohl ihr so nach Liebe verlangt, macht ihr einen, der euch eben
diese Liebe entgegenbringt, brutal fertig. Der Haß der Finsternis gegen das Licht, der Lieblosigkeit (und damit Gottlosigkeit) gegen die Liebe (und damit gegen Gott) wird hier so offenkundig, daß man es nicht mehr verdrängen oder sich selbst
anlügen kann. Das Kreuz zwingt zu einer Entscheidung! Für Gott, und damit für
die Liebe, für das Leben, für das Glück - oder gegen
Gott, und damit gegen die Liebe, gegen das Leben, gegen das Glück.
Gehen wir einmal von uns selbst aus. Jeder von uns
mag bestimmte Menschen besonders gern. Gerade ihnen verzeiht man eine Menge und läßt Dinge durchgehen,
die man einem weniger geliebten kaum gestatten würde. Aber unbegrenzt würden wir auch an diesem geliebten Menschen nicht festhalten;
irgendwann hat er unsere Zuneigung ausgereizt, irgendwann hat er so gehörig mit seinem Fehlverhalten übertrieben, daß einfach Schluß ist! Alles hat seine Grenze, und jetzt ist sie einfach
erreicht. Die anfängliche Liebe schlägt in
Enttäuschung, vielleicht sogar Haß um -
der andere ist bei mir bis in alle Ewigkeit unten durch! Wir würden das alle verstehen können, denn so eine Reaktion ist einfach menschlich.
Auf diesem Hintergrund wird erst so richtig
deutlich, daß das Verhalten Jesu eigentlich nicht mehr „menschlich„ genannt werden kann. Selbst am Kreuz verzeiht er den höhnisch spottenden religiösen Würdenträgern, dem höhnenden Mitgekreuzigten, den gefühllosen römischen Soldaten, den feigen Freunden, die vorher so groß getan haben: „Ich würde dir sogar in den Tod folgen!„, und die nun spurlos
verschwunden sind. Einer davon - der erste Papst - wollte nicht einmal mehr etwas mit ihm zu tun haben: „Ich kenne diesen Menschen nicht!„.
Diese Liebe Jesu, die er so hartnäckig und unter allen Umständen durchhält, ist -
wie gesagt - nicht mehr menschlich. So kann nur Gott lieben: bedingungslos,unbegrenzt,ausnahmslos.
„Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn!„ - so
jemand kann nur die Verkörperung Gottes sein, wie selbst ein Heide, ein römischer Hauptmann, erkennen muß.
„Mein Reich ist nicht von dieser Welt!„ hatte Jesus kurz vorher zu Pilatus gesagt.
Mit anderen Worten: meine Königsmacht sieht
anders aus als die eure, die auf Gewalt und Zwang aufbaut! Meine Macht ist die Macht der Liebe, die zwar ohnmächtig erscheint; die durch Gewalt scheinbar leicht besiegt werden kann; die
niemals mit Zwang und Druck arbeiten kann - die aber
letztlich alles besiegen wird, selbst den Tod.
AMEN

Weitere Predigten, die ich dazu immer wieder gerne lese:

http://www.eberhard-gottsmann.de/Gottsm ... reitag.htm

http://www.eberhard-gottsmann.de/Gottsm ... koenig.htm

Tatyana hat einmal eine interessante Frage gestellt. Wenn das Opfer Jesu
notwendig war für die Sündenvergebung, warum konnte Jesu dann schon vor seinem Kreuzestod jemandem die Sünden vergeben? Gibt es also außer dem Opfertod noch andere Möglichkeiten der Sündenvergebung? War der Opfertod lediglich die Konsequenz aus Jesu Leben?
Ich glaube es werden immer Fragen dazu offen bleiben. Jeder muß für sich selbst subjektiv beantworten, womit er glaubensmäßig letztlich leben kann.

Dazu interessant folgende Ausarbeitung:

http://www.dekanat-hof.de/download/ritter.pdf

Den Link stellte übrigens wiwi auf GK einmal ein.

Punkt 6 halte ich z. B. für beachtenswert.

Liebe Grüße

Gaby

Tatyana

#8 Beitrag von Tatyana » 11.12.2007, 12:13

tergram hat geschrieben:
Ja. Die 'Sache' wird umso unbegreiflicher, wenn man folgendes berücksichtigt:

In den alten Kulturen Südamerikas gibt es den wiederkehrenden Mythos, dass die Menschen "schlecht geworden" sind und daher die Götter einen ihrer Söhne auf die Erde senden müssen und ihn in einem religiösen Ritus von den Menschen töten lassen. Erst wenn das Blut dieses "Gottessohnes" die Erde berührt, werden Himmel und Erde wieder miteinander versöhnt, wird alles "wieder gut", wird die Schöpfung wieder "heil".

Was uns bekannt vorkommt... Stellt sich die Frage: Welche Version ist zeitlich früher entstanden?
Solche und ähnliche Darstellungen ziehen sich durch alle Kulturen bis hin zur Dämmerung der Menschheitsgeschichte. Somit ist das Christentum hier weder neu noch originell...die Frage ist: ist die Geschichte dadurch weniger wahr? Ich denke, sie wird dadurch eher bestätigt. Wahrscheinlich kann mensch einfach nicht glauben, daß Vergebung ohne Opfer möglich ist. Der Mensch seinem Gott ein Wolf...? Müssen wir unsere Götter erniedrigen, sie vermenschlichen, damit wir uns ihnen nicht so hilflos ausgeliefert fühlen?

tvmovie

#9 Beitrag von tvmovie » 11.12.2007, 19:49

Beitrag ohne Emotion...


Es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Jesus Christus, der sich selbst gegeben hat für alle zur Erlösung.
1.Timotheus 2,4-5


Ohne sein Opfer, wo wäre da die Macht der Sünde, des Teufels?

Gott sandte seinen Sohn, um ihn zu opfern, für die gesammte Menschheit.
Bei Abraham verlangte Gott es von Vater... er verhinderte es und sah, zu welchem Opfer man bereit war für Gott......

nachdenklicher
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#10 Beitrag von tosamasi » 11.12.2007, 20:26

tvmovie schrieb
Ohne sein Opfer, wo wäre da die Macht der Sünde, des Teufels?

Immer noch vorhanden :shock:
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tosamasi

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