Hallo Loreley 61,Loreley 61 hat geschrieben: ↑28.09.2022, 20:01Ab vielleicht gilt das in der Theologie auch als längst überholt. Vielleicht sollte man dann gleich die Bibel neu schreiben und all die Änderungen einfügen und die obigen Jesuworte etwas weichspülen.
Aber auch hier sagt die NAK, dass sie die historisch, kritische Exegese ablehnt. (Bultmann usw.)
die Bibel ist nicht der einzige und absolute Bezugspunkt des christlichen Glaubens. Sie ist ("nur") ein Glaubensdokument, an dem sich jede Generation und jede Konfession immer wieder "abarbeiten" muss und das in der Regel auch tut...
Die historische, kulturelle und sprachliche Distanz zu den biblischen Texten ist viel zu groß als dass man deren Interpretation durch "einfaches Lesen" erfassen könnte. Natürlich, es gibt Texte, die - erstaunlicherweise - über zeitliche, kulturelle und sprachliche Distanzen hinweg unmittelbar verständlich sind, z.B. einige neutestamentliche Gleichnisse. Aber viele Texte sind es eben nicht. So haben sich die großen christlichen Kirchen viel Mühe gegeben, die für gottesdienstliche Lesungen brauchbaren Texte zusammenzustellen, nicht weil ihnen "die anderen Texte" unbequem oder peinlich sind, sondern weil diese keine Relevanz haben...
Wenn man aber einzelne Verse zusammenhanglos und ohne Einblick in den Stand der heutigen Exegese zitiert, macht man genau das, was man den biblizistischen Gruppierungen, die von einer wörtlichen Inspiration und der Irrtumslosigkeit der Bibel ausgehen, zurecht vorwerfen kann...
Ganz nebenbei: Die großen christlichen Glaubensbekenntnisse bekennen nicht den "Glauben an die Bibel". Wenn man sich klar macht, dass die endgültige Kanonisierung bis ins 5. Jahrhundert gedauert hat und der katholische und der protestantische Kanon nicht identisch sind, so wird vielleicht deutlich, dass der Stellenwert die Bibel kein absoluter sein kann...
Den ersten christlichen Generationen lagen nur wenige Texte vor, die heute fest im neutestamentlichen Kanon verankert sind. Und es wurden Texte gelesen, die im Prozess der Kanonisierung aussortiert wurden...
Den alten Satz "zuerst war die Kirche, dann die Bibel", würde ich etwas abwandeln: "Zuerst waren die Jesus-Gläubigen, dann deren Schriften"...
Sollte man "die Bibel neu schreiben", wie du das oben zugespitzt anregst? Ich würde so antworten:
Oldtimer verlangen viel Zeit und Pflege, Wartungen und Reparaturen. Wer nicht schrauben kann, muss Fachwerkstätten beauftragen. Das kostet viel Geld und Nerven. Außerdem benötigt man Spezialwerkzeuge und teure Ersatzteile. Die alten Motoren verbrennen ein paar Liter mehr als neue Autos, die meisten haben weder Airbag, ABS oder ESP.
Und dennoch würde ich meinen Oldtimer - so ich ihn denn hätte - für nichts in der Welt gegen ein neues Auto eintauschen...
Gruß Holger