Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

Alles rund um die Sondergemeinschaft Neuapostolische Kirche (NAK), die trotz bedenklicher Sonderlehren (u.a. Versiegelung, Entschlafenenwesen mit Totenmission, Totentaufe, Totenversiegelung und Totenabendmahl, Heilsnotwenigkeit der NAK-Apostel, Erstlingsschaft, ..), weiterhin "einem im Kern doch ... exklusiven Selbstverständnis", fehlendem Geschichtsbewusstsein und Aufarbeitungswillen, speziell für die Zeit des Dritten Reiches, der DDR, der Bischoffs-Botschaft ("... Ich bin der Letzte, nach mir kommt keiner mehr. ..."), sowie ihrer jüngsten Vergangenheit und unter erheblichem Unmut ehemalicher NAK-Mitglieder, auch Aussteiger genannt, die unter den missbräuchlichen Strukturen und des auf allen Ebenen ausgeprägten Laienamtes der NAK gelitten haben, weiterhin leiden und für die die NAK nach wie vor eine Sekte darstellt, im April 2019 als Gastmitglied in die ACK Deutschland aufgenommen wird.
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curato

Re: Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

#541 Beitrag von curato » 22.10.2017, 18:19

Lieber h.e.,

jetzt habe ich ein wenig nachgedacht - wir werden sehen, ob ich ausreichend gedacht habe.

Insbesondere John Milbanks Radical Orthodoxy scheint mir sympathisch und viel verheissend, ich muss mich damit bei Gelegenheit etwas mehr vertraut machen.

Ich äußerte bereits meine Bedenken, da ich doch einige Widersprüche zum NT in ihren Ausführungen sehe.
h.e. hat geschrieben: Hier möchte ich darlegen, dass in Christus gerade Gottes fortwährendes Gnadenangebot an die Menschen offenbart wurde. Demzufolge partizipieren auch diejenigen, welche dieses Gnadenangebot ablehnen, wahrhaft in Gott.
Zum einen sehe ich hier ein Problem mit dem freien Willen des Menschen. Ausserdem glauben ich, dass Gnade nicht wie eine "Gießkanne" wirkt, sondern Gnade muss beansprucht werden. Wenn ein Mensch automatisch an der Gnade partizipieren würde, wären wir wohl jetzt schon erlöst.
Jesus spricht zudem auch die harten Worte : (Mk 16,16) Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden.

Partizipation muss in diesem Zusammenhang als die uneingeschränkte Abhängigkeit weltlicher Gutheit von Gott aufgefasst werden. Von Sünde erlöste Menschen sind aber nicht nur passiv von Gottes Gnade abhängig sondern sie erweitern diese auch aktiv. Durch die Erlösten wächst die Welt an Gutheit und partizipiert somit nicht nur passiv sondern auch aktiv in Gott.
Das ist stimmig. Erlösung muss aktiv erweitert werden. Das ist ja ein Punkt, den ich neulich auch versucht habe zu umschreiben.
Dass durch das Christentum auch eine Partizipation der Welt am Guten da ist, will ich auch nicht leugnen.
Leider kriege ich es nicht mehr zusammen- im kath.-ap. Bereich gab es für diese Form der Partizipation, insbesondere an kulturellen Errungenschaften, einen Begriff. Nach einer griechischen Stadt. Ich komme nicht mehr darauf....
Es wurde verwendet im Zusammenhang Jerusalem (die wahre Gemeinschaft der Heiligen in der Kirche), Babylon (die sehr verdorbene Kirche, die aus dem Heiligen einen selbstsüchtgen Profit zieht) und X - die Gemeinschaft, der durch die Kirche geprägten, aller Völker.
Für die Diskussion bezüglich der Beziehung zwischen Christentum und säkularen Gegenwartsgesellschaften bedeutet dies, dass säkulare Atheisten dennoch in Gott partizipieren. Sie sind immer noch von der Gutheit der Wirklichkeit abhängig und sie können immer noch in jedem Moment diese Gutheit aktiv in Empfang nehmen.
Sobald sie aber diese Gutheit in Empfang nehmen, kommen sie m.E. schon unterbewusst mit der Gottheit und dem göttlichen in Kontakt. Es wird wohl jedoch zumeist auf einer ethischen Ebene bleiben, und auch diese nur partiell. Metaphysischen Gewinn wird ein Atheist nicht erzielen können. Auch keine direkte Erlösung. Er bleibt gefangen in seinem Lebensentwurf der Endlichkeit und des hier und heute.
Christen und säkulare Atheisten müssten nach dieser theologischen Auffassung darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Wirklichkeit trotz aller menschlicher Sündhaftigkeit fundamental gut bleibt. Das Augenmerk der gesamten Gesellschaft müsste dann auf dieses unbesiegbare Gute gerichtet werden.
Nun ist aber das unbesiegbare Gute Jesus Christus. Im wahrsten Sinne unbesiegt. Und ein Aufmerksammachen auf diesen unbesiegten Guten bedeutet Mission.
Jedoch werden Christen und Atheisten dieses Gute in verfälschender Weise empfangen und weitergeben und nicht ihr volles Potenzial für Wachstum im Guten aktivieren. Und gerade darin sollte sich der Glaube manifestieren, dass Gott fortwährend neue Güter an die Welt schenkt, unbeachtet aller menschlicher Beschädigung derselben.
Nur diese Güter werden nicht gesehen. Sie werden negiert und es wird das Schlechte daran gesucht. Der Mensch ist an sich leider nicht gut, sondern birgt unglaubliche Abgründe des Bösen in sich.
Das volle Potential für Wachstum im Guten aktivieren - das ist m.E. ein zutiefst apostolisches Anliegen.
Ja, lieber Curato, das ist starker Tobak für einen Christen, der einen Atheisten als gottfern ansieht. Das wird im neuapostolischen Glauben so gelehrt.
Ja und Nein. Atheisten sind im weitesten Sinne auch Gottes Kinder. Und waschechte Atheisten sind sehr selten. Dem Mensch ist eine Suche nach Gott inneliegend - heute wird es aber, zumindest in der westlichen Welt - durch eine übersättigte Spaßgesellschaft betäubt. Auch in unseren immer säkularer werdenen Breiten ist eine übergroße Mehrheit der Menschen immer noch "Ethikchrist". Das haben 2000 Jahre geprägt, auch wenn es brökelt.

h.e.

Re: Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

#542 Beitrag von h.e. » 22.10.2017, 19:16

Curato,
das sind sehr interessante Gedanken, die Sie hier geäußert haben. Ich muss Ihnen aber jetzt noch etwas erklären. Ich selbst bin nur theologisch interessiert. Ich lese auf diesem Gebiet nur etwas intensiver, weil es mich interessiert und hauptsächlich, um die grauen Hirnzellen noch etwas in Schwung zu halten oder etwas deutlicher ausgedrückt zur Demenzprophylaxe. Die Gedanken, die ich niedergeschrieben habe, stammen aus Diskussionen mit meiner Tochter. Meine Tochter ist promovierte Theologin im Fachgebiet "systematische Theologie". Sie lehrt und forscht zur Zeit an einer deutschen katholischen Fakultät. Das Semester hat gerade angefangen, und da sie deswegen sehr beschäftigt ist, will ich Ihre Fragen nicht an sie weiterleiten. Mit John Milbank und seiner "radikalen Orthodoxie" hat sie sich intensiv auseinandergesetzt und auch schon öfters mit ihm in England persönlich auseinandergesetzt. Das ist eine interessante aber auch eine sehr umstrittene Theologie. Besonders Milbanks Kulturkritik ist äußerst umstritten. Meine Tochter ist übrigens auch noch neuapostolisch, weil ihre theologische Heimat, die anglikanische Kirche, keinen Kirchenaustritt fordert. Angefangen hat bei Ihr das Interesse an Theologie aber in der neuapostolischen Kirche; dort hat sie im Jugendblatt Artikel geschrieben. Wenn bei Ihnen Interesse besteht: Anfang 2018 soll Ihre Promotionsarbeit auch in Buchform im Handel erhältlich sein. Ich kann Ihnen dann eine Information durch PN zukommen lassen, falls Sie bis dahin hier im Forum noch aktiv sind. Es ist aber alles in Englisch geschrieben und nicht leicht zu verstehen. Ich habe mit Englischwörterbuch 14 Tage gebraucht, bis ich ihre Arbeit durch hatte und habe ca. 10 % verstanden :D. Es geht um göttliche Gnade in postchristlichen Gesellschaften. Meine Tochter könnte aus Ihrer Generation sein; sie ist 30 Jahre.

curato

Re: Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

#543 Beitrag von curato » 22.10.2017, 19:51

h.e.,
dann melde ich mal Interesse an dieser Stelle an. Ich bin leider auch kein Theologe, ggf. hole ich das nach, wenn ich im Ruhestand bin ;-) Bis dahin bleibt auch für mich nur die Beschäftigung mit dieser Literatur.

Auch sonst liegen Sie mit ihrer Einschätzung recht gut. Von neuapostolisch zu anglikanisch ist m.E. im Übrigen der Schritt auch nicht weit, denn genauso wie die NAK bewegt sich die Anglikanische Kirche doch irgendwie zwischen Katholizimus und Protestantismus zu verorten wäre. Und unter einem calvinistischen Deckmäntelchen liegt in der NAK noch sehr viel Anglokatholizismus verborgen. Interessant, historischerseits, ist ja auch die Verknüpfung zwischen diesen Kreisen und Albury.

Eine geschätzte Freundin von mir, einige Jahre älter als ich, Theologin , Exfrau eines Pastors, nannte die NAK immer- auch auf Grund dieser Verortung im christlichen Koordinatensystem- "deine Kompromisskirche". Sie hat sie eine Weile sehr intensiv "beobachtet und erforscht". Letztendlich ist sie aber dann zum katholischen Glauben übergetreten. Mit ihr gab es auch immer spannende Gespräche.

curato

Re: Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

#544 Beitrag von curato » 22.10.2017, 19:53

Meggy hat geschrieben:Als überwiegende Leserin dieses Forums möchte ich mich bei allen Teilnehmern für die spannende und weitgehend sachliche Diskussion bedanken, insbesondere bei curato.
In ihm habe ich endlich jemanden gefunden, der den Katechismus nicht nur gelesen sondern anscheinend auch verstanden hat und ohne jegliches "wording" seinen daraus gewachsenen Glauben verständlich schildern kann.
Wo mir die Worte fehlen, weil ich in 50- jähriger Zugehörigkeit zur NAK nie gelernt habe meinen Glauben argumentativ zu vertreten, bringt er heute auf den Punkt, was ich nicht mehr glauben möchte.
Danke! :)
Das freut mich und zeigt mir auch, dass es Sinn macht - fern von missionarischem Eifer - sich hier einzubringen.

Comment

Re: Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

#545 Beitrag von Comment » 22.10.2017, 22:16

curato,
Ihre Antworten zeigen mir, dass Sie, wie in der NAK üblich, den in der Bibel angeführten Begriff Apostel, der noch nicht einmal aus der Sprache der Jünger damaliger Zeit entnommen ist und bei dem sehr, sehr zweifelhaft ist, ob Jesus ihn überhaupt benutzt hat, in einer Weise als etwas von Gott Verordnetes glorifizieren, dass es für mich keinen Sinn macht, Ihnen dieses 'Spielzeug' sozusagen aus der Hand zu nehmen. Nirgendwo besagen die Evangelien, dass Nachfolger Christi sich so an diesen Begriff zu klammern hätten.
Com.

curato

Re: Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

#546 Beitrag von curato » 22.10.2017, 23:07

comment,

was denn jetzt? Biblisch argumentieren oder nicht?

Einerseits unterstellen Sie, dass " in der Bibel angeführten Begriff Apostel, der noch nicht einmal aus der Sprache der Jünger damaliger Zeit entnommen ist und bei dem sehr, sehr zweifelhaft ist, ob Jesus ihn überhaupt benutzt hat"

andererseits dann

"Nirgendwo besagen die Evangelien, dass Nachfolger Christi sich so an diesen Begriff zu klammern hätten."
Logik?

Und m.E. zudem falsch: Warum war es den elf Aposteln so wichtig, dass die Lücke, die Judas hinterlassen hatte, aufgefüllt werde. Ist das nicht ein Klammern?

Zur Auffrischung- aus der Apostelgeschichte 1:
So muss nun einer von den Männern, die bei uns gewesen sind die ganze Zeit über, als der Herr Jesus unter uns ein und aus gegangen ist –22 seit seiner Taufe durch Johannes bis zu dem Tag, an dem er von uns genommen wurde –, mit uns Zeuge seiner Auferstehung werden.
23 Und sie stellten zwei auf: Josef, genannt Barsabbas, mit dem Beinamen Justus, und Matthias,
24 und beteten und sprachen: Herr, der du aller Herzen kennst, zeige an, welchen du erwählt hast von diesen beiden,
25 dass er diesen Dienst und das Apostelamt empfange, das Judas verlassen hat, um an seinen Ort zu gehen.
26 Und sie warfen das Los über sie und das Los fiel auf Matthias; und er wurde hinzugezählt zu den elf Aposteln.

Und scheinbar scheint es mehr noch geeignete "Auferstehungszeugen" gegeben zu haben - wird doch gern immer behauptet Apostel wären nicht mehr als das...
Das NT differenziert sehr scharf zwischen "Jünger" und "Apostel". Blind, wer das überliest.

Schmetterling40

Re: Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

#547 Beitrag von Schmetterling40 » 23.10.2017, 06:28

Das griechische Wort αποστολος bedeutet „ein Gesandter" und wird in diesem Sinn für jeden Gesandten in 2. Korinther 8,23, Philipper 2,25 und Johannes 13,16 verwendet. Die Bezeichnung wird auch in einem weitaus höheren und bedeutenderen Sinn verwendet: Ein Apostel hat einen von Gott gegebenen Auftrag, als erstes der Herr selbst und dann die zwölf Jünger, die der Herr auserwählte, um ihn während seines Dienstes hier zu begleiten. Der Herr sagt in seinem Gebet in Johannes 17,18: „Wie du mich in die Welt gesandt hast, so habe auch ich sie in die Welt gesandt." Er war der Gesandte, und in Hebräer 3,1 heißt es: „Daher, heilige Brüder, Genossen der himmlischen Berufung, betrachtet den Apostel und Hohenpriester unseres Bekenntnisses, Jesus." Sie sollten den betrachten, der treu gewesen war und der vorzüglicher als Mose, die aaronischen Priester und die Engel war und jetzt in der Herrlichkeit ist. Die Gründung einer Versammlung hing von den Aposteln ab, wie es verheißen war.

Die zwölf Apostel. Der Herr bestellte die zwölf Apostel, „damit sie bei ihm seien und damit er sie aussende zu predigen und Gewalt zu haben, die Dämonen auszutreiben" (Mk 3,14.15) und damit sie die verschieden Aufträge Christi auf der Erde ausführen. Man wird bei den folgenden Listen sehen können, dass Lebbäus, Thaddäus und Judas die gleiche Person sind; und dass Simon, der Kananäer, und Simon, der Eiferer, die gleiche Person sind. Petrus wird auch Simon genannt, und Matthäus wird auch Levi genannt.

Es gab keine nachfolgenden Apostel, denn um Apostel zu sein, musste man den Herrn gesehen haben (Apg 1,21.22; 1. Kor 9,1; Off 2,2). Die Grundlage der Versammlung war gelegt und die apostolische Arbeit vollendet, das Amt der Apostel ging zu Ende; es bleiben jedoch, in der Güte Gottes, solche Gaben, die nötig sind, „bis wir alle hingelangen zu der Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zu dem erwachsenen Mann, zu dem Maße des vollen Wuchses der Fülle des Christus" (Eph 4,12.13)

Quelle: https://www.bibelkommentare.de/index.ph ... cle_id=255

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Und für mich sind nach wie vor die NAK-Apostel keine Apostel. Wenn man sie mal persönlich erlebt hat und merkt, was wirklich auch hinter deren Maske steckt, erschrickt man und stellt fest, dass sie nicht mal intensiv mit der Bibel auseinander gesetzt haben, selbst den Glauben gelebt haben - sondern es ihnen immer nur um Macht und Geld geht.
Zuletzt geändert von Schmetterling40 am 23.10.2017, 09:00, insgesamt 1-mal geändert.

curato

Re: Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

#548 Beitrag von curato » 23.10.2017, 07:44

Schmetterling,

es wäre schön- wenn Sie zu Ihrem Posting eine Quellenangabe gemacht hätten.
Im Übrigen sollte man jenen- schon konfessionell auch sehr stark gefärbten Text (Lexikon?)- auch mal kritisch hinterfragen.

Die Apostel, die ich persönlich in meinem Leben näher kennengelernt habe, passen im Übrigen nicht in das von Ihnen skizierte Bild eines tumben geld- und machtgeilen Menschen. Im Gegenteil.

R/S

Re: Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

#549 Beitrag von R/S » 23.10.2017, 07:46

Comment:
curato, Ihre Antworten zeigen mir, dass Sie, wie in der NAK üblich, den in der Bibel angeführten Begriff Apostel, der noch nicht einmal aus der Sprache der Jünger damaliger Zeit entnommen ist und bei dem sehr, sehr zweifelhaft ist, ob Jesus ihn überhaupt benutzt hat, in einer Weise als etwas von Gott Verordnetes glorifizieren, dass es für mich keinen Sinn macht, Ihnen dieses 'Spielzeug' sozusagen aus der Hand zu nehmen. Nirgendwo besagen die Evangelien, dass Nachfolger Christi sich so an diesen Begriff zu klammern hätten.
Deswegen hatte ich weiter oben geschrieben:
Was Curato u.a. hier meist vorbringen sind Glaubenssätze (Apostelamt ist heilsnotwendig, in der Bibel steht ... usw.), also tradierte Behauptungen, die im Grunde niemals die Freiheit eines Argumentum geschmeckt haben (dafür umso mehr den Geist klerikaler Einbildung). Deswegen ist eine Diskussion mit solchen "Gläubigen" aus der Natur der Sache heraus zwar eingeschränkt möglich, aber nicht sonderlich sinnvoll.
Dieses ängstliche Klammern an Begrifflichkeiten übersieht, dass die Zeit weitergeschritten ist und wir uns nicht mehr in den Vorstellungswelten ahnungsloser Fischer und Netzflicker befinden. Inzwischen sind neue Erkenntnisse gesammelt worden, die neue Einsichten ermöglichten und so manchem kirchlichen Aberglauben den Garaus gemacht haben. So ist ein Festhalten an Begrifflichkeiten schon aus sprachwissenschaftlicher Sicht äußerst zweifelhaft.
Die NAK-Vertreter, die den Apostelbegriff mystifizieren, um ihm so göttliche Kräfte einzuhauchen, sind im Grunde Vertreter eines naiven (ontologischen) Realismus, die heute noch Benennungen allgemeiner Begrifflichkeiten (sog. Universalien) als inhärent aus dem Benannten selber hervorgehend betrachten. Sie gehen mithin davon aus, dass die Welt und alles in ihr zu Bezeichnende so ist, wie sie der Mensch wahrnimmt. Selbst wenn man einschränkend davon ausgeht, dass Sinnestäuschungen o.ä. als solche Berücksichtigung finden, gehen naive Realisten von einem direkten Abbildungsverhältnis zwischen der Welt und den sie betreffenden menschlichen Wahrnehmungen aus.
Mit dem Aufkommen des (ontologischen) Nominalismus musste diese Vorstellung ad acta gelegt werden und heute, in und mit der Erkenntnis des ontologischen Relativismus, hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass jede Form von Wirklichkeit letztlich von der Perspektive des Betrachters abhängt. Eine Fischgräte ist nicht eine Fischgräte, weil sie eine Fischgräte ist, sondern weil der jeweilige Betrachter sie als solche perspektiviert. Für einen Betrachter z.B. aus einer anderen Kultur ist sie ein Knochen (z.B. für Engländer).
Dies führt besonders bei religiösen Begrifflichkeiten (Apostel, Papst, Abendmahl usw.), deren Glaubensanspruch den Betrachter stark emotionalisiert, dazu, dass wir sie für das halten, was sie vorzugeben scheinen. Wo Apostel draufsteht, muss doch auch Apostel drinnen sein. Oder in den Worten eines bekannten damaligen NAK-Priesters: „Fragen, wie eben die nach dem Apostelamt, sind nicht nur aus der neuapostolischen Innensicht zu beantworten. Zumal sie, und das ist tatsächlich die Krux, mehr durch das interne Wunschdenken getragen sind, als durch eine umfassende Wahrheit und Lebenswirklichkeit. Im Prinzip bedeutet das, dass für uns Neuapostolische die Apostel allein deshalb Apostel sind, weil wir uns das wünschen. Nun wird der fromme Wunsch allein nicht reichen, vor allem nicht, wenn es denn um etwas Übergeordnetes, Großes, Ganzes gehen sollte, wie etwa das (oder ein) Werk Gottes.“ (Beansprucht oder Beauftrag? – Zur Legitimation des neuapostolischen Apostolats, S.1)
Wie wenig der Wunsch nach einer göttlichen Wirklichkeit aufgrund eines biblischen Befundes reicht, habe ich in meinen Aufsätzen zur Genüge nachgewiesen. Wer trotzdem an seinem Wunschdenken festhält, der tauscht nicht nur Realität gegen Wunschdenken ein, sondern er übersieht auch die Implikationen, die mit seinem Denken verbunden sind. So ist der (ontologische) Realismus (https://de.wikipedia.org/wiki/Realismus_(Philosophie) im Grunde immer noch im geistigen Mittelalter gefangen, in dem es bei diesem Universalienstreit letztlich um (vor allem klerikale) Macht- und Legitimierungsfragen ging. Erst mit der Aufklärung und dem Aufkommen des (ontologischen) Nominalismus setzte sich die Erkenntnis durch, dass mit der Abkehr vom einem solchen naiven Realismus gleichzeitig eine Emanzipation von (kirchlicher wie säkularer) Autorität einhergehen würde, womit nicht zuletzt den Aufstieg der Naturwissenschaften begann.

curato

Re: Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

#550 Beitrag von curato » 23.10.2017, 08:22

Ach R/S,

wieder viele Worte und doch nicht zu Ende gedacht.
Ich sehe Sie vor meinem geistigen Auge heute einkaufen gehen. Sie zahlen mit einem bedruckten Papier, ein Kind würde es ein Bild nennen, welches durch Ontologie der Gesellschaft einen hohen Wert bekommen hat, der ihm nicht zusteht. Vielleicht zahlen Sie auch mit Karte, und dann werden fiktive, digitale Zahlen, welche durch naiven Realismus der Gesellschaft einen Wert haben, kleiner.
Überhaupt: Zahlen. 2 ist zwei ist II ? Ist das nicht ontologisch für eine Menge? Naiv, sagen Sie.
Und Werte: Warum ist Gold mehr wert als Asche? Und warum ist dann doch wieder bedrucktes Papier mehr wert als ein Edelmetal? Vielleicht sollten Sie dann die Verkäuferin doch besser zu einem Tauschhandel überzeugen und dann anfangen zu streiten, welchen Gegenwert und welche Bedeutung die von ihnen verfassten Schriften haben, welche Sie zum Tausch anbieten.

Warum sind dann Naturwissenschaften nicht naiv, wenn man Zahlen und Formeln verwendet? Dient hier die Ontologie nicht dem Machterhalt von Wissenschaftlern? Ist es nicht vermessen, dass hier manche 5 sagen und nicht 7 auch 5 ist? Oder φ ?

Im religiösen Bereich funktioniert Ihre Argumentation sowieso nicht. Ist Jesus der Messias? Oder ist es nur ontologisch? Letztendlich bleibt es eine Glaubensfrage, und kann auf Grund dessen nur anderweitig verargumentiert werden.

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