Liebe Tergram, wie auch immmer: Milde oder Wohlwollen sind fehl am Platz. Denn es fehlt nicht an Können. Es ist schlimmer: Man hat die Zeit verschlafen. Chorus hat vor einigen Tagen auf folgendes aufmerksam gemacht:tergram hat geschrieben:Ob Ursache der Misere nun Unfähigkeit oder Unwilligkeit ist (vermutlich wird die Wahrheit irgendwo dazwischen liegen), ändert nichts am desolaten Ergebnis. Allenfalls mag man bei der persönlichen Annahme "Unfähigkeit" das Desaster mit mehr Milde betrachten.
Da liegt der Hase im Pfeffer. Die KL sieht durchaus, dass in der Bibel von Nächstenliebe und Barmherzigkeit die Rede ist, erkennt aber nicht, welche Bedeutung sie haben. Die Basis des Glaubens liegt für sie woanders. Ich versuche mal, diese Haltung mit zwei Gleichnissen zu beschreiben, die jeder echten NAK'ler mit der Muttermilch aufgesogen hat. Meine Beschreibung wird der eine oder andere vielleicht als Provokation auffassen. Aber ich meine es ernst. Nichts beschreibt den Zustand der NAK besser, als die biblischen Gleichnisse von den zehn Jungfrauen und von den anvertrauten Zentnern. Ich behaupte: Die Neuapostolische Kirche ist der Prototyp einer "törichten Jungfrau." Oder, in dem anderen Bild betrachtet: Sie vergräbt ihren Zentner in der Erde und wartet voller Angst auf die Wiederkunft des Herrn. Das Licht und der Zentner sind aber genau diese Werke der Nächstenliebe und der Barmherzigkeit, in denen Leber keine Basis sieht.chorus hat geschrieben:leber formulierte noch so einen "kracher"... es war schon ziemlich am ende seiner ausführungen. von daher werden die meisten schon im gedanklichen nirwana gewesen sein. aus der erinnerung:
"es gäbe ja da und dort mitmenschen, die sich sehr durch tätige nächstenliebe und barmherzigkeit auszeichnen. das nehmen wir gerne in anspruch. aber ist da die rechte basis (unseres) glaubens vorhanden...?"
Wie war denn die Entwicklung der Kirche? In den sechziger und siebziger Jahren kam in fast jedem Gottesdienst genau dieses Gleichnis von den zehn Jungfrauen: Wachet, der Herr kommt! Schlaft nicht ein! Das Kirchenleben war im Kern eine verbotsgesteuerte Bereitschaftshaltung. mit zwei Schwerpunkten: Einerseits Warten, andererseits Fernhalten von allen "Außenaktivitäten", sprich: von allem "Weltlichen". Tausendmal "Du sollst nicht ......: Kein Kino, kein Fasching, keine Disko, kein Konzert, kein Vereinsleben, keine politischen Aktivitäten, keine langen Haare. Massive Eingriffe in die persönliche Lebensgestaltung: Kein Erlernen von Berufen mit regelmäßigen Abend- oder Sonntagsdiensten, kein Urlaub in Gebieten ohne Gottesdienst usw. usw. Verbote ohne Ende. Hinzu kam ein prallgefülltes Veranstaltungspensum. Für andere Aktivitäten war gar keine Zeit. Drei Gottesdienste in der Woche, Gemeindechor, Sonderchöre, Orchester, Gästebesuche, Familienbesuche, Gartenpflege und und und ....... In dieser Bereitschaftshaltung war fast jeder Tag belegt (und das war nach der Botschaft!).
Das Warten auf die Wiederkunft des Herrn steht bis heute im Zentrum. Die VERbote dagegen gibt es zum Glück wohl nicht mehr. Was aber damals und heute fehlte, sind GEbote im Sinne konkreter Handlungsanweisungen oder -empfehlungen, die nach außen wirken und die das praktische Leben betreffen. Regeln für den konkreten Umgang mit den Mitmenschen. Hier ist die Kirche zutiefst unsicher und fühlt sich nicht wirklich zuständig (s. Lebers Zitat). Wie auch: Jahrzehntelang hat sie sich von allem ferngehalten. Sie ist der Welt fremd.
Im Evangelium dagegen ist dieser Punkt, der Umgang mit dem Nächsten, zentral. In der Bergpredigt sagt Jesus: "Ihr seid das Licht der Welt. ..... Also lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, DASS SIE EURE GUTEN WERKE SEHEN.....". Die Werke SIND das Licht! Dieses Bild vom Licht taucht im Gleichnis von den zehn Jungfrauen wieder auf. Worauf läuft es hinaus? Den Törichten fehlt Licht.
Wenn man Leber hört, geht es jedoch immer noch um den Schlaf. Pfingsten 2011 warnte er: "Kämpfen um wach zu bleiben!" Wie damals, zu meiner Kindheit. Wäre es nicht so ernst, könnte man lachen. Ist es denn so schwer zu verstehen, dass es um Licht geht? "Wachen!" heisst "Wacht über eure Ölvorräte. Wacht über euer Licht." Jesus sagt nicht: "Kämpft gegen den Schlaf." Geschlafen haben auch die Klugen. Aber sie hatten Licht.
Die Werke sind das Licht. Genau dieser Punkt jedoch, das Licht der Werke, die Beziehung zu Mitmenschen, wurde in dieser Kirche jahrzehntelang sträflich vernachlässigt. Im Zentrum steht das Warten auf die Wiederkunft Christi. Jesus fordert aber nicht zu einem ängstlichen Warten auf. Er fordert zu einem aktiven Handeln in der Welt auf. Der Herr kommt von ganz alleine. Das Gleichnis von den anvertrauten Zentnern macht dies deutlich.
Das interessante an diesem Gleichnis ist doch: Der unnütze Knecht war derjenige, der als einziger ängstlich auf die Wiederkunft seines Herrn wartete. Nur eine zufällige Parallele? Die beiden anderen warteten überhaupt nicht, sondern sie handelten. Und sie kümmerten sich nicht um die Rückkehr ihres Herrn. Irgendwann war er wieder da und rechnete ab. Und ausgerechnet der Wartende hatte Pech. Seine Haltung spiegelt exakt die Haltung der Kirche wieder. Man vergräbt seinen Zentner, hält sich aus allem raus, überlässt das Handeln den anderen und wartet auf die Rückkehr des Herrn. Und man wartet ängstlich. Man redet zwar von einer freudigen Erwartung, aber das ist nicht die Grundstimmung. Die Grundstimmung ist Angst. Unsicherheit, ob man an diesem Tag auch würdig ist, Unsicherheit, ob man angenommen wird. Hoffen auf Gnade. Im Kern: Angst! Und was das Gleichnis von den zehn Jungfrauen betrifft: Die Lichter gehen aus. Die Lampen verlöschen. Das kann jeder sehen, der die Kirche nüchtern betrachtet. Und inzwischen merken sie es wohl auch selbst.
Ich habe einen Verdacht. So wie die Törichten sich in ihrer Not an die Klugen wenden und rufen: Gebt uns von eurem Öl! wird in dem immer lauter werdenden Ruf nach Ökumene, nach Erkenntnishilfen, nach Bibelarbeit, nach Gemeinschaft mit anderen, das Gleichnis schreckliche Wirklichkeit: "Gebt uns von Eurem Öl!"
Und die anderen sagen Nein! Im Gleichnis heißt es: Nicht also, auf daß nicht uns und euch gebreche; geht aber hin zu den Krämern und kauft für euch selbst. Im Klartext: Seht zu wie ihr klarkommt. Löst eure Probleme selbst. Am Ende steht dann der Satz: ICH KENNE EUCH NICHT. Er steht auch am Ende der Bergpredigt: ICH HABE EUCH NOCH NIE ERKANNT; weichet alle von mir, ihr Übeltäter! Deutlicher geht es eigentlich nicht.
Wer keine Werke hat, hat auch kein Licht. Die Kirche merkt, dass sie Licht braucht, aber wo herholen? Wollen hilft nicht. Die Tür ist zu. Das ist die Tragik der neuapostolischen Unfähigkeit. Man kann nichts mehr nachholen. Es ist zu spät.
In diesem Sinne allen einen schönen guten Morgen
Schneider