Mein lieber Lobo,
ich weiß von nichts was dagegen spricht, das uralte Wort des Jeremia auch für mich persönlich in Anspruch zu nehmen. Was aber sagt dieses Wort genau aus? ER will sich von mir
dann finden lassen
wenn ich gewisse Bedingungen erfülle. So bleibe ich aber vielleicht am Ende der einsame Sucher in einer die Sinne verwirrenden Wüstenlandschaft. Mit dieser Grundhaltung werde ich mich vernünftigerweise nach Weggefährten umsehen. Wer ist schon gerne alleine, zumal in unsicherem Gelände?
Letzte Nacht erwachte ich mit einem Ohrwurm und der verfolgt mich immer noch:
„Hier in deinem Hause, Herr da ist es schön, wo noch die Apostel treu und feste steh´n.“
Dieses alte neuapostolische Chorlied kennzeichnet das Malheur vieler, die das mal gläubig mitgesungen haben und heute einfach nicht mehr mitsingen können. Und doch hörte ich die Frauen so einfühlsam und beruhigend den Refrain dieses Chorliedes singen:
<Ewiger Friede, selige Ruh, bist ja mein Heiland, bist ja nur du. Dir gilt mein sehnen, ich bin ja dein....>
Was macht so ein Lied mit mir? Warum werde ich diesen Ohrwurm nicht los? Es vermittelt mir mit seinen einschmeichelnden Melodien ein sicheres geistliches Daheim, eine sich in Geborgenheit wiegende große Familie, UNSERE FAMILIE.
Was aber, wenn es Hänschenklein in die große weite Welt hinauszieht und er seine liebe
Mutter Kirche weinend zurücklässt? Hänschen geht ja nicht mit Stock und Hut frohgemut. Nein, er schleppt ein schlechtes Gewissen mit, das ihn möglicherweise wieder an Mutters Rockzipfel zurücktreibt. Wird man so erwachsen...?
Deinem Jeremiawort möchte ich ein Herrenwort gegenüberstellen. Dieses hier:
1 Es nahten sich ihm aber allerlei Zöllner und Sünder, um ihn zu hören. 2 Und die Pharisäer und Schriftgelehrten murrten und sprachen: Dieser nimmt die Sünder an und isst mit ihnen. 3 Er sagte aber zu ihnen dies Gleichnis und sprach: 4 Welcher Mensch ist unter euch, der hundert Schafe hat und, wenn er "eins" von ihnen verliert, nicht die neunundneunzig in der Wüste lässt und geht dem verlorenen nach, bis er's findet? 5 Und wenn er's gefunden hat, so legt er sich's auf die Schultern voller Freude. 6 Und wenn er heimkommt, ruft er seine Freunde und Nachbarn und spricht zu ihnen: Freut euch mit mir; denn ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war. 7 Ich sage euch: So wird auch Freude im Himmel sein über "einen" Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen. (Lukas 15, 1-7)
Also doch wieder mit Sack und Pack zurück in
UNSERE FAMILIE? Und wenn ich selber nicht kann, dann eventuell mit sanfter Gewalt abgeschleppt? Nein, so verbiegt man das, was nicht verbogen werden darf. Dieses Gleichnis sagt mir nämlich ganz etwas anderes. Nicht ich muss IHN suchen, sondern ER geht mir nach, ER sucht und ER findet mich. ER weiß wo, wie und warum ich dahin gekommen bin und was mein eigentliches Malheur ist. Das ist alles.
Eine in völliger Armut und Aussichtslosigkeit lebende Inderin sagt:
„Ich beklage mich nicht. Bei wem denn auch!“
Lieben Gruß vom Micha