Vielfalt in der Einheit

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Katharina

Vielfalt in der Einheit

#1 Beitrag von Katharina » 17.10.2008, 13:28

Liebe Gemeinde,
an diese Ansprache haben wir uns gewöhnt, wir hören sie oft sonntags. Auch wenn wir mit Schwestern und Brüder angesprochen werden, ist das normal für uns. Heute möchte ich aber sagen: Liebe Glieder am Leib Christi, lieber Fuß, liebes Auge, lieber Finger, lieber großer Zeh ...

Unser Predigttext steht im 1. Kor. 12, Verse 12 - 14 und 26 - 27

"Denn wie der Leib eine Einheit ist, doch viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obgleich es viele sind, einen einzigen Leib bilden: So ist es auch mit Christus. Durch den einen Geist wurden wir in der Taufe alle in einen einzigen Leib aufgenommen, Juden und Griechen, Sklaven und Freie; und alle wurden wir mit dem einen Geist getränkt. Auch der Leib besteht nicht nur aus einem Glied, sondern aus vielen Gliedern. Wenn darum ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit; wenn ein Glied geehrt wird, freuen sich alle anderen mit ihm. Ihr aber seid der Leib Christi und jeder Einzelne ist ein Glied an ihm."

Paulus schreibt an die Gemeinde in Korinth, die wild zusammengewürfelt war aus Juden und Griechen, Sklaven und Freie, dass jeder einzelne ein Glied an dem einen Leib Christi ist. Nicht jede Gemeinde ist ein extra Leib, oder jede Gruppe, oder jede Generation macht wieder einen neuen Leib aus, nein: alle sind auch wir heute Teil des einen Leibes. Paulus hätte gar kein besseres Bild finden können. Brüder und Schwestern, die Teil einer Familie sind, bilden auch schon eine Einheit. Ein Leib mit seinen einzelnen Gliedern ist aber noch viel mehr auf die Einheit angewiesen, um funktionieren zu können. Ich möchte uns das am Beispiel des natürlichen Leibes etwas näher erläutern.

Eine Kollegin kam eines Tages mit einem gebrochenen Arm zur Arbeit. Sie war unglücklich gestolpert und nun war der Arm in einer Gipsschale verpackt. Ich sagte zu ihr: Zum Glück ist es nur der linke. Da schaute sie mich an und meinte: Ja, aber ich bin Linkshänder. Das war wirklich ein Drama für sie. Alles musste jetzt ihre rechte Hand übernehmen: schreiben, abheften, Computer Tastatur bedienen, natürlich auch essen. Jeder Handgriff dauerte jetzt doppelt so lange wie sonst. Es war für ihren Körper selbstverständlich, dass sie jetzt alles mit der anderen, gesunden Hand machen musste. Es bedurfte keiner Diskussion.

Stellen wir uns nur vor, der rechte Arm hätte gesagt: "Zum Schreiben und Löffel an den Mund führen bin ich nicht zuständig, das macht der linke Arm, das hat der schon immer gemacht. Ich sehe das gar nicht ein, dass ich jetzt diese Aufgabe übernehmen soll. Er hat doch selber schuld, warum hat er nicht besser aufgepasst. Jetzt soll er sehen, wie er zurecht kommt. Aber ohne mich." Tja, da müssen wir doch etwas schmunzeln, das ist in diesem Fall doch wirklich abwegig. Und denken wir diesen Gedanken mal weiter, was wäre die Folge davon? Am Ende sogar der Tod des Leibes. Denn wenn die rechte Hand sich weigert, die Aufgaben der linken Hand zu übernehmen, bis diese geheilt ist, wäre der Leib verdurstet und verhungert.

Oder ein anderes Beispiel: Wir gehen wandern, es ist sumpfiges Gelände und ein Fuß rutscht ab und landet in einem Loch. Es ist nun ganz natürlich, das der ganze Körper mithilft, damit der Fuß wieder freikommt. Es würde keine Hand denken: nun soll er sehen, wie er da wieder rauskommt. Das würde ja das Ende der Wanderung bedeuten. Und auch wieder den Tod, wenn niemand anders dabei wäre. Der Leib ist auf die Mithilfe aller Glieder angewiesen, nicht nur in Notsituationen, sondern auch im alltäglichen Ablauf. Damit die Bewegungen des Leibes reibungslos vor sich gehen können, gibt es eine zentrale Schaltstelle: das ist der Kopf. Vom Kopf werden die entsprechenden Nervenimpulse ausgesendet. Ohne diese Impulse können die Glieder sich nicht bewegen. Das wird uns beim gesunden Leib gar nicht so bewusst. Erst wenn es einen Schlaganfall gab oder die Nerven durchtrennt oder entzündet sind oder andere Gehirnkrankheiten auftreten, machen wir uns Gedanken darüber.

Beim Leib Christi ist diese zentrale Schaltstelle Christus selber, der die Einheit zwischen den Gliedern schafft, aber auch die Bewegung des Leibes in Gang setzt und hält. Christus ist das Haupt, und wir als die Glieder empfangen die Impulse vom Haupt. Anders ist die Einheit und das Zusammenspiel gar nicht möglich.

"Denn wir sind ja alle durch einen Geist in einen Leib hineingetauft worden."

Die Taufe ist die Hand Gottes, die sich ausstreckt nach dir und die du nur ergreifen musst mit deinem Bekenntnis: "Ja, ich glaube an Jesus Christus als meinen Herrn und Erlöser." In der Apostelgeschichte 16 lesen wir vom Kerkermeister in Philippi, der fragte: "Was muss ich tun, dass ich gerettet werde?" Darauf bekommt er von Paulus die Antwort: "Glaube an den Herrn Jesus, so wirst du und dein Haus selig!" Und er lässt sich taufen, so wie Elisabeth heute. Durch diese Tat Gottes wurden der Kerkermeister in Philippi vor 2000 Jahren und Elisabeth in V. heute zum Leib Christi hinzugefügt. Damit fängt für beide ein neues Leben an. Wie Paulus es im Römerbrief (Rö 6, 3+4) schreibt: "Wisst ihr nicht, dass wir alle, die wir auf Christus Jesus getauft wurden, in seinen Tod getauft worden sind? Wir wurden mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod; und wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, so sollen auch wir als neue Menschen leben." Unser altes Leben in Sünde stirbt mit der Taufe und das neue Leben in der Gnade Gottes beginnt.
Und der Leib Christi hat ein neues Glied dazu bekommen.

"ob wir nun Juden sind oder Griechen, Sklaven oder Freie" das macht hier keinen Unterschied. Alle sind wir gleich viel wert am Leib Christi. So zusammengewürfelt wie in Korinth sind wir ja hier in V. auch. Wir haben zwar nicht die Probleme mit dem Standesunterschied oder mit dem nicht-zusammen- essen-dürfen. Dazu müssen wir wissen, dass es für einen frommen Juden undenkbar ist, mit Nichtjuden zusammen zu essen, zu beten oder zu feiern. Aus der Sklavengeschichte kennen wir das auch, dass es unmöglich ist, dass Sklaven und Freie an einem Tisch saßen. Bei uns sind es andere Dinge, die wir nicht teilen können mit bestimmten Mitgeschwistern. Da passt uns die Nase des Nachbarn in der Kirchenbank nicht, oder die Art und Weise, wie der andere lebt oder auftritt oder arbeitet, stört uns. Er ist uns zu laut und zu hektisch oder zu ruhig, da weiß man ja nicht, was er denkt. Diese menschlichen Trennungen werden durch den einen Geist, durch den Heiligen Geist, aufgehoben.

Hier merken wir auch, wie wichtig die Vergebung ist. Nicht die Vergebung aus dem Gefühl heraus, sondern als Entscheidung. Wir treffen die Entscheidung zu vergeben, und sprechen das vor Jesus, unserem Herrn, aus, dann folgt das Gefühl auch nach und es verändert sich auch etwas in der Beziehung zu dem Menschen, dem wir vergeben haben.

Außerdem wird die Einheit des Leibes mit dem Herrn und untereinander im Feiern des Abendmahls gelebt. Wir in dieser Gemeinde drücken das auch symbolisch aus, indem wir uns danach an den Händen fassen. Andere Gemeinden bringen sich den Friedensgruß entgegen. Aber wirkliche Einheit erkennt man doch erst daran, wie wir als Glieder alltäglich oder sonntäglich miteinander umgehen und nicht nur im symbolischen Ausdruck.

Unmögliches wird bei Gott möglich, weil wir alle mit dem einen Geist getränkt wurden. Dieses Wort "getränkt" finde ich wunderbar. Wir sind nicht beträufelt sondern getränkt. Wie ein mit Wasser getränkter Schwamm sind wir voll Heiligen Geistes. In den letzten zwei Wochen, in denen ich mich intensiv mit diesem Wort beschäftigt habe, um die Predigt zu schreiben, hat mich gerade dieser Satz immer sehr motiviert. Ich glaube, es ist uns gar nicht richtig bewusst, was es heißt, mit dem einen Geist getränkt worden zu sein. Der Heilige Geist will uns motivieren, er will uns mit Kraft und Liebe erfüllen.

Wir sollen unser neues Leben am Leib Christi nicht mit hängenden Schultern erleben, weil uns die Last zu groß ist, sondern Jesus hat uns gesagt, dass er uns ein Leben in Fülle schenken will. Diese Fülle ist nicht bezogen auf unseren Geldbeutel, das ist uns allen klar, sondern auf die Früchte des Geistes, wie "Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue". Eine Frucht, die alle anderen beinhaltet, ist die Liebe. Jesus hat einmal gesagt: "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt. Du sollst deinen Nächsten lieben wir dich selbst. In diesen beiden Geboten ist das ganze Gesetz enthalten." So sind in der Liebe auch alle anderen Früchte des Geistes enthalten. (Die Früchte sind übrigens nicht für den Baum, an dem sie wachsen. Ich habe noch keinen Baum gesehen, der seine Früchte selber isst. Früchte sind immer für die Anderen da.)

Nun müssen wir uns um die Früchte nicht selber bemühen. Jesus will sie uns schenken. Wie wäre es, wenn wir Ihm einen Wunschzettel schreiben, wie die Kinder zu Weihnachten. Sie wissen genau, dass die Eltern ihnen etwas schenken wollen. Also schreiben sie alles auf einen Zettel, was sie sich wünschen. Ob sie es nun bekommen oder nicht, sie schreiben aber erstmal alles auf. Warum schreiben wir nicht Gott so einen Wunschzettel: "Ich wünsche mir Liebe und Freude von dir, Geduld und mehr Freundlichkeit. Ich möchte auch in kleinen Dingen treuer sein; und barmherziger mit meinen Mitmenschen." Das kann ich mir nicht selber erarbeiten, ich muss mich von Gott beschenken lassen.

Wenn wir nochmal auf den natürlichen Leib zurückkommen, so können wir die Liebe auch mit dem Blut vergleichen. Das Blut durchfließt alle Glieder bis in die kleinsten Kapillaren, hält sie beweglich und erwärmt sie. Die Liebe muss bis in die äußersten Glieder des Leibes Christi fließen, sonst gibt es Durchblutungsstörungen. Dann werden die Glieder kalt und gefühllos, später sterben sie auch ab. Wodurch kann das passieren? Wir wissen, dass das Blut vom Herzen durch den ganzen Leib gepumpt wird. Wenn das Herz zu schwach ist, reicht der Druck nicht aus, alle Glieder zu erreichen. Es ist also ein starkes Herz nötig für einen gesunden Leib. - Das Herz des Leibes Christi ist der Heilige Geist. Der Heilige Geist hält den Leib Christi am Leben. Und je stärker der Heilige Geist wirken kann, desto beweglicher und wärmer bleiben die Glieder, eben gut durchblutet.

Ohne Kopf, Herz und Blut ist kein Leib überlebensfähig. Unser Haupt ist Jesus Christus, von dem wir die Impulse bekommen. Das Herz ist der Heilige Geist, der kräftig in uns wirkt, damit das Blut - die Liebe - alle Glieder durchfließt, erwärmt und am Leben erhält.

Denn auch der Leib ist nicht ein Glied, sondern viele. Wenn ich jetzt eine Überschrift setzen müsste, würde sie heißen: Vielfalt in der Einheit. Gerade durch die vielen verschiedenen Glieder (Arme, Beine, Hände, Finger, Füße, Zehen, Ohren, Augen) wird der Leib erst kreativ. Jeder kann etwas anderes besonders gut: Der Eine kann gut zuhören (ein Ohr), der Nächste tröstet durch seine Worte (ein Mund), der Dritte hat es nicht so mit Worten, aber er packt an, wenn irgendwo praktische Hilfe gebraucht wird (eine rechte Hand), noch Einer geht gerne voran (ein Bein). Bei manchen sieht man es gar nicht, was sie tun: z.B. die stillen Beter (Knie). Aber wehe, wenn diese ausfallen. Dann würde alles drunter und drüber gehen.

Paulus schreibt in den Versen dazwischen: (Vers 17 + 18) "Wenn der ganze Leib nur Auge wäre, wo bliebe dann das Gehör? Wenn er nur Gehör wäre, wo bliebe dann der Geruchssinn? Nun aber hat Gott jedes einzelne Glied so in den Leib eingefügt, wie es seiner Absicht entsprach." Wir müssen nicht Medizin studiert haben, um zu erkennen, dass im Ablauf der Glieder nichts dem Zufall überlassen ist. Alles ist genau abgestimmt, da hat Gott in Kleinstarbeit an Adam die einzelnen Glieder aus Lehm geformt und jedem Glied seinen bestimmten Platz am Leib eingeräumt. Wir können sicher sein, dass er das am Leib Christi auch getan hat und noch tut, weil jeden Tag neue Glieder hinzugefügt werden.

Und Gott will keine Gleichförmigkeit, das hat er uns am natürlichen Leib gezeigt. Es steckt eine große Gefahr darin, wenn alle gleich sind oder gleich denken. Das hat uns das Dritte Reich gezeigt. Alle, die nicht konform waren, wurden hingerichtet oder ins Arbeitslager gesteckt. Konform ist jemand, der sich willig anpasst. Aber bei Gott zählt nicht der Angepasste. Er will Individuen, das sind Einzelpersönlichkeiten. Jede einzelne Person hat er erwählt und im Mutterleib gebildet. Im Psalm 139, Verse 13 - 15 können wir das gut nachlesen: "Denn du hast mein Inneres geschaffen, mich gewoben im Schoß meiner Mutter. Ich danke dir, dass du mich so wunderbar gestaltet hast. Als ich geformt wurde im Dunkeln, kunstvoll gewirkt in den Tiefen der Erde, waren meine Glieder dir nicht verborgen. Deine Augen sahen, wie ich entstand." Das gilt für jeden einzelnen von uns, mit allen seinen Stärken und Schwächen. Gott hat zugeschaut, als wir entstanden.

Vielfalt in der Einheit: Für die Einheit hat Jesus schon im Garten Gethsemane gebetet. Im Johannes 17 können wir das lesen. Das ist die schönste Stelle im Johannes-Evangelium: Jesus spricht mit seinem Vater über uns: (ab Vers 20) "Ich bitte auch für die, die durch ihr (der Jünger) Wort an mich glauben werden, damit sie alle eins seien....Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast; denn sie sollen eins sein, wie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir, damit sie vollkommen eins seien und die Welt erkenne, dass du mich gesandt hast und sie liebst, wie du mich liebst."

An dieser Stelle haben wir einen Auftrag: die Welt soll durch unser Einssein erkennen, das Jesus Gottes Sohn ist. Es muss an uns ablesbar sein, dass wir untereinander und mit Jesus eins sind. Gott liebt uns so, wie er Jesus liebt, nicht weniger. Jetzt heißt es für uns, Gott wiederzulieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all unsrer Kraft. Und unseren Nächsten wie uns selbst zu lieben, fällt uns dann nicht mehr schwer, weil Gott es uns schenken will. Darin ist dann alles andere erfüllt.

Amen

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