Predigt zu Jeremia 29 1.4-14

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Andreas Ponto
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Predigt zu Jeremia 29 1.4-14

#1 Beitrag von Andreas Ponto » 28.10.2012, 19:58

Hören wir auf den Predigttext aus Jeremia 29 - Jeremias Brief an die Weggeführten:

1
Dies sind die Worte des Briefes, den der Prophet Jeremia von Jerusalem sandte an den Rest der Ältesten, die weggeführt waren, an die Priester und Propheten und an das ganze Volk, das Nebukadnezar von Jerusalem nach Babel weggeführt hatte 2...
4
So spricht der HERR Zebaoth, der Gott Israels, zu den Weggeführten, die ich von Jerusalem nach Babel habe wegführen lassen:
5
Baut Häuser und wohnt darin; pflanzt Gärten und esst ihre Früchte;
6
nehmt euch Frauen und zeugt Söhne und Töchter, nehmt für eure Söhne Frauen und gebt eure Töchter Männern, dass sie Söhne und Töchter gebären; mehrt euch dort, dass ihr nicht weniger werdet.
7
Suchet der Stadt Bestes, dahin ich euch habe wegführen lassen, und betet für sie zum HERRN; denn wenn's ihr wohlgeht, so geht's auch euch wohl.
8
Denn so spricht der HERR Zebaoth, der Gott Israels: Lasst euch durch die Propheten, die bei euch sind, und durch die Wahrsager nicht betrügen, und hört nicht auf die Träume, die sie träumen!
9
Denn sie weissagen euch Lüge in meinem Namen. Ich habe sie nicht gesandt, spricht der HERR.
10
Denn so spricht der HERR: Wenn für Babel siebzig Jahre voll sind, so will ich euch heimsuchen und will mein gnädiges Wort an euch erfüllen, dass ich euch wieder an diesen Ort bringe.
11
Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der HERR: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe das Ende, des ihr wartet.
12
Und ihr werdet mich anrufen und hingehen und mich bitten und ich will euch erhören.
13
Ihr werdet mich suchen und finden; denn wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet,
14
so will ich mich von euch finden lassen, spricht der HERR, und will eure Gefangenschaft wenden und euch sammeln aus allen Völkern und von allen Orten, wohin ich euch verstoßen habe, spricht der HERR, und will euch wieder an diesen Ort bringen, von wo ich euch habe wegführen lassen.

Was war geschehen? Was war der Anlaß für diesen Brief Jeremias?

Die Oberen Judas und aus Jerusalem waren weggeführt worden.

Von wem? Die Babylonier unter Nebukadnezar hatten ein paar Jahre zuvor Jerusalem erobert und alle die, die was zu sagen hatten, verschleppt, umgesiedelt, verbannt.

Wohin? Nach Babel.

Und wen?
König Jechonja, die Königinmutter, die Kämmerer, die Oberen in Juda und Jerusalem samt den Zimmerleuten und Schmieden aus Jerusalem.

Und wer war da noch dabei?
Ja sicher, die Priester und Propheten natürlich!

Und diese hatten nichts besseres im Sinn als den verzweifelten Hoffnungen und rückwärtsgewandten Träumen ihrer Zuhörer entsprechend zu weissagen:
Es wird alles wieder wie früher werden, als es uns noch gut ging.
Die bösen Babylonier, die unseren Tempel zerstört habe, werden von anderen geschlagen werden.
Wir werden wieder zurück nach Jerusalem kommen.
Unser Gott wird uns retten! Nicht mehr lange, dann geht es heim.
Ja nicht gemütlich machen hier in Babel, dem Ort des Unglaubens und der Unzucht.
Nicht heimisch werden in der Welt der fremden Götter, Sitten und Gebräuche.
Auf gepackten Koffern sitzend, als das erwählte Volk auf die Errettung warten!
Es wird sicher alles wieder werden wie früher.

Und da mitten hinein in diese Stimmung erreicht sie, die Entwurzelten der Brief Jeremias aus Jerusalem.

Hört denen, die euch so predigen und prophezeien nicht zu. Glaubt ihnen nicht!

So spricht der HERR:
- baut Häuser
- planzt Gärten
- nehmt Frauen
- zeugt Kinder
- mehrt euch

Und als das nicht schon unerhört genug wäre.

Jeremia legt noch eins oben drauf:
- sucht der Stadt Bestes
- betet für eure Feinde

Das ist starker Tobak!

Die Propheten und Wahrsager werden von Jeremia der Lüge bezichtigt. Gott der HERR habe diese nicht beauftragt so zu reden.

70 Jahre werde es noch dauern, bis die verschleppten wieder nach Jerusalem zurück kommen werden.

Na Mahlzeit. Das wird dann wohl keiner mehr von denen, die das lesen und hören, erleben. Nein, die 2. und 3. Generation danach wird das erst sein.
Und dann die folgerichtige und konsequente Aufforderung Jeremia's:


I. Nehmt euer Leben in der Fremde an!

Die Ratschläge sind so simpel, wie auf der Hand liegend.
Nehmt diese Situation, diese neue Wirklichkeit, diese Realität an! Gestaltet sie zu eurem Besten.

ER, euer und unser HERR, will auch dort in der Fremde euer Bestes! Gott ist auch dort mit und bei euch!
Seine Geschichte mit euch hört dort nicht auf. Sie geht weiter.

Mit ihm möchte ich uns allen sagen:
Nimm deine Situation an, wie sie ist und mach das Beste daraus.
Freue dich am Leben das dir Gott, der HERR, geschenkt hat.
Nimm alles aus Gottes Hand und gestalte mit Gottes Hilfe.
Sag ja zum Leben, zum Leben im Hier und Jetzt, zum Leben mit Gott!

„... Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der HERR: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe das Ende, des ihr wartet. ...“

Das ist ja manchmal schon schwer genug. Für jeden Einzelnen. Damals wie heute.
Aber Jeremia bleibt nicht im Persönlichen und Eigenen stehen. Er geht weiter - viel weiter:


II. Sucht den Frieden und das Wohl der Anderen.

Wow! Da bleibt einem doch die Luft weg.

„... Suchet der Stadt Bestes, dahin ich euch habe wegführen lassen, und betet für sie zum HERRN; denn wenn's ihr wohlgeht, so geht's auch euch wohl. ...“

Die, die uns vernichtend geschlagen haben.
Die, die uns verschleppt und gepeinigt haben.
Die, die für das Schlechte und das Böse schlechthin stehen.
Die sollen wir segnen!? Für die sollen wir beten!?
Das Fremde und das Andere sollen wir unterstützen und fördern!?

Betet für die Feinde!
Betet für die, die euch besiegt haben!

Nur miteinander geht es weiter. Es sind Menschen wir ihr es seid. Bittet Gott um Wege für sie und für euch!

Betet um Frieden! Betet um Wohlergehen!

Nur weil Jeremia mit Gott rechnet und ihm Neues zutraut, kann er so nach Babylon schreiben.

Was bewirkt das:
Wenn in Israel für Palästinenser gebetet wird? Und in Palästina für Israelis?
Wenn der Vater für den verlorenen Sohn betet? Wenn der Sohn für den sturen Vater betet?
Wenn der Gläubige für den Abgefallenen betet? Wenn der Aufgeklärte für den Verblendeten betet?

Was bewirkt das, wenn wir Christen Jesu Gebot achten und befolgen:
“Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen, ...“

Frieden gibt es nur miteinander, nie gegeneinander.
Niemals kann der eine Friede über den andern haben!

Aber ja! Da entsteht Neues und Unbekanntes. Nichts ist im Vorhinein klar. Der Blick nach hinten hat sich gewendet. Nach vorne. In eine gemeinsame und unbekannte Zukunft geht es!

„.... Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der HERR: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe das Ende, des ihr wartet. ...“


III. Gott gibt Zukunft und Hoffnung

Da ist kein Platz für Weltuntergangszenarien und Endzeiterwartung.
Da ist keine Angst vor Überfremdung und Vermischung.
Da ist keine Angst vor Neuem und Unbekanntem.
Da ist kein Platz für Ab- und Ausgrenzung.

An dieser Stelle möchte ich aus Dietrich Bonhoeffer's Ethik zitieren:
„Auf der Flucht vor der öffentlichen Auseinandersetzung erreicht dieser und jener die Freistatt einer privaten Tugendhaftigkeit. Er stiehlt nicht, er mordet nicht, er bricht nicht die Ehe, er tut nach seinen Kräften Gutes. Aber in seinem freiwilligen Verzicht auf Öffentlichkeit weiß er die erlaubten Grenzen, die ihn vor dem Konflikt bewahren, genau einzuhalten. So muss er seine Augen und Ohren verschließen vor dem Unrecht um ihn herum. Nur auf Kosten eines Selbstbetruges kann er seine private Untadeligkeit vor der Befleckung durch verantwortliches Handeln in der Welt reinerhalten. Bei allem, was er tut, wird ihn das, was er unterlässt, nicht zur Ruhe kommen lassen.“

Ich möchte provozierend und überspitzt fragen:
Verharren wir als Christen auf unseren gepackten Koffern, bis Jesus Christus kommt und uns endlich aus diesem Elend hier errettet?

Lassen Sie mich folgende Behauptung aufstellen:
Es ist kein Platz für die zurückgezogene christliche Ecke, die vergangenen Zeiten nachtrauert und das Böse in der Welt beklagt.

Und um weiter mit Bonhoeffer zu sprechen:
"Wie in Christus die Gotteswirklichkeit in die Weltwirklichkeit einging, so gibt es das Christliche nicht anders als im Weltlichen. ..."

Damit greift für mich die Frage nach Öffentlicher Theologie im Sinne von Dietrich Bonnhoeffer heute in unserer Kirche:
Wie sieht es aus mit unserem Einsatz als Gemeinde für die Realität in der wir leben?
Wie sieht es aus mit unserem Einsatz für unsere Gesellschaft heute im Hier und Jetzt?
Auf welche Fragen suchen, finden, haben und geben wir welche Antworten?

Jeremia schreibt damals den Verschleppten nach Babel:
Gott gibt Hoffnung! Gott gibt Zukunft!

Das galt damals denen, die in Babel festsaßen und das gilt auch uns heute.
Ich, dein Gott, will dir Hoffnung und Zukunft geben!
Nehmen wir das ganz fest in uns auf und nehmen wir es an.

Die Fürbitte, das Eintreten für den anderen vor Gott, sie ist festgemacht in den Gedanken, die Gott über unsere Welt hat.
Wir wissen vielleicht nicht, wie es gehen kann.
Aber wir wissen, Gott hat Gedanken des Friedens über alle.

Das heißt auch:
in jedem Gottesdienst wird ein Zeichen aufgerichtet.

Wofür?
Dafür dass Gott für unsere Welt Zukunft und Hoffnung hat.
Dass Gott Gedanken des Friedens hat.

Darum hören wir, darum singen wir, darum beten wir.

Wörtlich aus dem Hebräischen übersetzt, heißt es in Vers 11 unseres Predigttextes:
„... Ich weiß wohl, was für Gedanken ich über euch denke, spricht Gott, der HERR: Gedanken des Friedens – nicht Gedanken des Bösen. Ich will euch Zukunft und Hoffnung geben. ...“

Und darum suchen wir IHN.

Und...


IV. Er will sich finden lassen

Hören wir noch einmal genau hin.

Es heißt nicht: Betet – und es wird alles so, wie ihr es euch wünscht.

Hier wird Beten anders beschrieben.
– ihr ruft
– ihr fleht
– ihr sucht mich
– ihr fragt von ganzem Herzen!

Das ist nicht die fromme Üebung, die immer schon alles weiß.

Hier denkt Jeremia an sich und an die, die von sich sagen:
Ich kann doch gar nicht beten!

Und wo ist dann Gott?
Ich verstehe doch überhaupt nichts von meinem Leben –
und schon gar nicht, wo da Gott sein soll.

Jeremia beschreibt ein Gebet, das mitgeht in unsere Welt der Gottverlassenheit, in unsere Welt, die nicht sieht und sich doch daran klammert:

Gott hat Zukunft und Hoffnung. Er will sich finden lassen.

„...Und ihr werdet mich anrufen und hingehen und mich bitten und ich will euch erhören. Ihr werdet mich suchen und finden; denn wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, so will ich mich von euch finden lassen, spricht der HERR...“


VI. Abschluss: Ein Brief auch für uns!

Ich weiß nicht, was man in Babylon mit Jeremias Brief gemacht hat.
Aber er wurde aufbewahrt, überliefert, abgeschrieben.
Und so ist er erhalten geblieben – und wird damit heute ein Brief für uns:

-
Nehmt euer Leben an!
Da wo ihr seid.
Und tut, was ihr könnt.

-
Such den Frieden und das Wohl mit und für den anderen;
Nicht gegen ihn.
Es gibt kein Heil auf Kosten anderer.

-
Gott gibt Zukunft und Hoffnung für jeden.
Auch da wo wir es nicht sehen

-
ER will sich finden lassen.

„... denn wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, so will ich mich von euch finden lassen, spricht der HERR, und will eure Gefangenschaft wenden und euch sammeln aus allen Völkern und von allen Orten, wohin ich euch verstoßen habe, spricht der HERR, und will euch wieder an diesen Ort bringen, von wo ich euch habe wegführen lassen. ...“

Das Reich Gottes ist nicht irgendwo.

Mit Jesus Christus ist das Reich Gottes in uns und mitten unter uns!

Amen


Andreas Ponto, 2012-10-28 - Es gilt das gesprochene Wort.
Erarbeitet auf der Basis eine Predigtvorlage für Prädikanten der ELK-WUE.

agape

Re: Predigt zu Jeremia 29 1.4-14

#2 Beitrag von agape » 29.10.2012, 11:19

Dieser Gottesdienst hat vielen weitergeholfen!

Cemper

Re: Predigt zu Jeremia 29 1.4-14

#3 Beitrag von Cemper » 29.10.2012, 13:44

Woher wissen Sie ...? :wink:

verbindlich

Re: Predigt zu Jeremia 29 1.4-14

#4 Beitrag von verbindlich » 30.10.2012, 19:35

Dieser Gottesdienst hat vielen weitergeholfen, aber nicht allen, so lautet wohl die korrekte Diagnose...

nur frage ich mich, wer denn alles ein Feedback gegeben hat? Hier im Forum bisher jedenfalls noch keiner...
Darum distanziere ich mich persönlich von dieser Aussage. Es ist genau so, als würde ich predigen: Wir sind alle selig geworden, Gott hat durch die Predigt alle Herzen berührt oder nun wissen wir alle wie der Wille Gottes ist. Ich weis, das Floskeln überall verwandt werden, so z.B. : Mensch haben wir heute aber viel gearbeitet, oder bei diesem Wetter geht doch kein Mensch auf die Strasse. Oder so ähnlich. Ich hoffe,mich verständlich ausgedrückt zu haben, wenn nicht, bitte ruhig nachfragen.

Cemper

Re: Predigt zu Jeremia 29 1.4-14

#5 Beitrag von Cemper » 31.10.2012, 12:59

Auf mich macht die Predigt einen guten Eindruck. Aber - Meinungen oder gar Urteile über Predigten sind so eine Sache. Ich hatte einige Jahre im Zusammenhang gelegentlicher Organisten-Vertretungen einige flüchtige Einblicke in die Arbeit eines Predigerseminars (Vikare im Vorbereitungsdienst Pfarramt). Da wurden u.a. vom Seminarleiter Lehrpredigten und von Seminaristen vor laufender Kamera Probepredigten gehalten. Dann wurde der Film angeschaut. Die Kandidatin / der Kandidat wurde auseinandergenommen ... Manchmal habe ich - wenn ich gerade aus dem Kirchenbüro kam - vor der Tür zu den Predigerseminarräumen eine weinende Vikarin oder einen blassen Vikar gesehen ...

Bei dieser Predigt hätte ich diese Anmerkungen gemacht:

1. Sie stellen in Ihrer Predigt viele Fragen und geben wenig Antworten. Das kann gut sein; es ist ja oft besser, Fragen zu stellen, die der Hörer mit nach Hause nehmen und über die er nachdenken kann, als Antworten zu geben, die dem Hörer das Denken abnehmen und ihn dadurch aus der Eigenverantwortlichkeit des Christen entlassen. Andererseits will der Hörer einer Predigt nicht - und das kann man ja verstehen - mit Fragen überschüttet werden. Er will schon Antworten auf Fragen bekommen und vor allem hören, wie der Prediger selber glaubt - wie er "Gehilfe" des Glaubens ist.

2. Sie sagen an einer Stelle:
Und um weiter mit Bonhoeffer zu sprechen:
"Wie in Christus die Gotteswirklichkeit in die Weltwirklichkeit einging, so gibt es das Christliche nicht anders als im Weltlichen. ..."

Damit greift für mich die Frage nach Öffentlicher Theologie im Sinne von Dietrich Bonnhoeffer heute in unserer Kirche:
Wie sieht es aus mit unserem Einsatz als Gemeinde für die Realität in der wir leben?
Wie sieht es aus mit unserem Einsatz für unsere Gesellschaft heute im Hier und Jetzt?
Auf welche Fragen suchen, finden, haben und geben wir welche Antworten?
Ich meine, dass die zitierte Stelle als Mitte der Predigt gesehen werden kann. Die Dimension dieses Bonhoeffer-Zitats wird aber nicht ausgelotet. Was heißt denn, dass es das Christliche nicht anders als im Weltlichen gibt? Heißt das etwa im Sinne Sölles, dass Gott keine anderen Hände hat als unsere? Und wenn das so ist: Welche Konsequenzen hat das für einen Christen, der betet? Wer ist denn dann der Adressat des Gebetes? Die Gesellschaft? Ich? Ist das Gebet dann ein Selbstgespräch? Auf wen vertraut dann eigentlich der glaubende Mensch?

Und: In der zitierten Predigtstelle wird auf "unsere Gesellschaft" hingewiesen. Aus dem Kontext ergibt sich doch zwangsläufig die Frage nach der gesellschaftlichen und damit nach der politischen Funktion der Kirche. Wie politisch soll Kirche denn sein? Wo verläuft die Grenze zwischen politisch und kirchlich? Könnte es sein, dass eine zunehmend politisch werdende Kirche ihre Kirchlichkeit verliert - dass sie zu einer politischen Institution neben anderen wird: neben Parteien und Verbänden usw.? Oder könnte es sein, dass eine Kirche, die bewusst nicht politisch sein will und sich auf das Evangelium beschränkt, eben dadurch in einer nicht vorhersehbaren Weise politisch wirkt und dann - mit Bonhoeffer - das Christliche im Weltlichen politisch sichtbar und erfahrbar macht? Und was heißt das dann konkret etwa für die Katholische Soziallehre, die Protestantische Ethik und die Ökonomie-Vorstellungen der Reformierten ...? Was heißt das für die Ausgestaltung eines Wirtschaftssystems? Was bedeutet dann "christlich" in den Parteinamen CDU/CSU? Was heißt das für christliche Fundamentalisten in den USA? Und so weiter ...

C.

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Re: Predigt zu Jeremia 29 1.4-14

#6 Beitrag von Andreas Ponto » 04.11.2012, 15:17

Vielen Dank für die Rückmeldungen!

agape

Re: Predigt zu Jeremia 29 1.4-14

#7 Beitrag von agape » 05.11.2012, 18:17

Cemper hat geschrieben:Woher wissen Sie ...? :wink:
Die Predigt zum Gottesdienst wurde mir ein paar mal - bevor (!) Centaurea sie hier eingestellt hatte - ans Herz gelegt. In den einzelenen Gemeinden gíng es dann auch darum, dass Gott auch in den geistlich schwierigen Zeiten führt und das haben besonders die EX-Nakler für sich positiv wahrgenommen, dass Gott auch in dieser Zeit dabei war: Als sie dort hereingeführt, verweilt und auch wieder herausgeführt wurden.
Das sind aber persönliche Erlebnisse in den Gottesdiensten gewesen, die man generell schlecht darlegen kann. Das war der Hintergrund zu der Aussage, dass dieser Sonntag mit dem Wort und diesem Thema einigen weiter geholfen hatte.

Cemper

Re: Predigt zu Jeremia 29 1.4-14

#8 Beitrag von Cemper » 05.11.2012, 20:35

Werteste! Ich verstehe Ihren Eintrag "nicht so ganz". Ich habe diese Rubrik so verstanden: Centaurea hat die von ihm eingestellte Predigt geschrieben und in einem GD - in dem eine Laienpredigt vorgesehen war - gehalten.

Wieso wurde Ihnen diese Predigt zuvor mehrfach "ans Herz" gelegt? Es genügt doch, wenn man einen Text einmal bekommt. Was haben mehrere Gemeinden mit dieser einen Predigt zu tun? Und: Was hat das alles mit EX-Naklern zu tun? Wo und von wem wurden diese Menschen hinein- und dann wieder herausgeführt?

Entschuldigen Sie bitte meine Nachfragerei. Ich bin manchmal etwas schwerfällig. Das hat Adler auch schon bemerkt.

Gute Wünsche!
HC

agape

Re: Predigt zu Jeremia 29 1.4-14

#9 Beitrag von agape » 06.11.2012, 02:21

Cemper hat geschrieben:
Und: In der zitierten Predigtstelle wird auf "unsere Gesellschaft" hingewiesen. Aus dem Kontext ergibt sich doch zwangsläufig die Frage nach der gesellschaftlichen und damit nach der politischen Funktion der Kirche. Wie politisch soll Kirche denn sein? Wo verläuft die Grenze zwischen politisch und kirchlich? Könnte es sein, dass eine zunehmend politisch werdende Kirche ihre Kirchlichkeit verliert - dass sie zu einer politischen Institution neben anderen wird: neben Parteien und Verbänden usw.? Oder könnte es sein, dass eine Kirche, die bewusst nicht politisch sein will und sich auf das Evangelium beschränkt, eben dadurch in einer nicht vorhersehbaren Weise politisch wirkt und dann - mit Bonhoeffer - das Christliche im Weltlichen politisch sichtbar und erfahrbar macht? Und was heißt das dann konkret etwa für die Katholische Soziallehre, die Protestantische Ethik und die Ökonomie-Vorstellungen der Reformierten ...? Was heißt das für die Ausgestaltung eines Wirtschaftssystems? Was bedeutet dann "christlich" in den Parteinamen CDU/CSU? Was heißt das für christliche Fundamentalisten in den USA? Und so weiter ...

C.
Das ist eine wichtige Frage, die nicht mal eben beantwortet werden kann.
Jesus lebte zB auch als Eremit und Mystiker, gleichzeitig als Teil einer Gemeinde (Synagoge) und wirkte im Gesellschaftlichen (Politischem).
Es geht wahrscheinlich um eine sinnvolle Ausgewogenheit zwischen "nach innen" und "nach außen gehen". An der Stelle könnten die beiden großen Kirchen gegenseitig tatsächlich voneinander lernen, gerade wo sich Bischof Koch doch just dahin gehend geäußert hat:
"Kochs Folgerung für die Ökumene: „Da evangelische Christen auf der Grundlage ihres Bekenntnisses ihr Kirchesein anders verstehen als Katholiken und sich deshalb in ihrer Tradition ein anderer Typ von Kirche herausgebildet hat, muss die Frage nach dem Wesen der Kirche im Mittelpunkt der künftigen ökumenischen Gespräche stehen.“ Er hoffe auf eine entsprechende gemeinsame Erklärung zu diesem Thema etwa binnen der nächsten 30 Jahre."

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Re: Predigt zu Jeremia 29 1.4-14

#10 Beitrag von Andreas Ponto » 19.11.2012, 11:08

Mit Blick auf die aktuellen Nachrichten wurde ich heute wieder an diesen Predigttext erinnert.

Warum fällt es uns so schwer miteinander leben zu wollen.

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