Zypern: Zwangsabgabe

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Andreas Ponto
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Zypern: Zwangsabgabe

#1 Beitrag von Andreas Ponto » 17.03.2013, 15:09

Das kann doch nicht wahr sein.

Wie kann sich Europa über seine eigene Gesetzgebung hinwegsetzen und die Einlagensicherung von min. 100 T€ in Frage stellen:
Zwangsabgabe

Hier wurde mal wieder eine rote Linie überschritten.
Bei den kleinen Leuten wird es geholt und das Recht, nach meinem Empfinden, mit Füßen getreten.

Das geht jeden Bürger in der EU etwas an.
Wenn das in Zypern durchgeht, dann trifft es bald alle in der EU.

Die über die Einlagensicherung garantierten 100.000,- EUR müssen unantastbar sein und bleiben, sonst steht alles auf dem Spiel.


Centaurea

tergram

Re: Zypern: Zwangsabgabe

#2 Beitrag von tergram » 18.03.2013, 13:44

Man muss auf Zypern die spezielle Situation berücksichtigen.

Auf zypriotischen Bankkonten liegen schätzungsweise 15 Milliarden (!) Euro russischer Einlagen, Zypern verweigert seit Jahren die in der EU ansonsten üblichen Prüfungen in Sachen Geldwäsche. Man geht davon aus, dass der größte Teil der russischen Einlagen Schwarzgeld bzw. Gelder aus Geldwäschegeschäften darstellt. Die Bankgepflogenheiten auf Zypern sind mit den uns bekannten Regeln nicht vergleichbar.

Die EU hat bisher auf Zypern nie durchgegriffen, obwohl die Bankenproblematik bekannt war. Zu groß ist die Angst, Zypern könnte sich komplett auf die türkische Seite und damit ausserhalb der Kontrolle der EU schlagen, zu groß ist die Angst, die Russen könnten ihre Gelder abziehen.

Wie heute der Presse zu entnehmen ist, wird das zypriotische Parlament erst morgen über die Zwangsabgabe abstimmen; die bisherige Planung soll deutlich modifiziert werden und insbesondere einheimische Kleinsparer schonen. Vermutlich war die ganze Aktion im Wesentlichen ein Warnschuss.

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Andreas Ponto
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Re: Zypern: Zwangsabgabe

#3 Beitrag von Andreas Ponto » 18.03.2013, 14:10

Bin voll bei dir.

Aber 100.000,- sind garantiert.
Und da kann man nicht einfach so ran.

Auch nicht wenn man es als Abgabe deklariert.
Denn gleichzeitig argumentiert man mit einer drohenden Insolvenz der Banken - einem Zusammenbruch des Bankensystems.

Das Vermögen muss eben ab der Schwelle > 100.000 EUR entsprechend höher zur Kasse gebeten werden.
Dann trifft man auch die Richtigen.

tergram

Re: Zypern: Zwangsabgabe

#4 Beitrag von tergram » 18.03.2013, 20:24

Lieber centaurea, du missverstehst die Sache.

Es geht auf Zypern nicht um eine Bankpleite, bei der der Einlagensicherungsfonds einspringen müsste.

Es geht um eine staatliche Zwangsabgabe zur Abwendung eines Staatsbankrotts.

(Mal abgesehen davon, dass die Sache rechtlich auf dünnem Eis geht, dem Gerechtigkeitsempfinden der Menschen zuwiderläuft und man auf Zypern einem bankenfinanzierten Einlagensicherungsfonds ohnehin nicht trauen sollte...)

Ganz am Rande: Ob "unsere" Methode, die zerrütteten Finanzen über schleichende Vermögensverluste der Sparer zu sanieren, die bessere ist? ...

Am Fall Zypern wird aber klar, dass die Dinge nicht voneinander getrennt gesehen werden können - aus der Pleite aller Banken eines Landes wird fast zwangsläufig eine Staatspleite. Und der Einlagensicherungsfonds wird ja von den Banken eigen-finanziert - dahinter wiederum steht eine staatliche Zusage. Was man davon halten mag, wenn es zu einem allgemeinen Fallissement kommt.... ?

tergram

Re: Zypern: Zwangsabgabe

#5 Beitrag von tergram » 19.03.2013, 19:47

Na also!

Das Parlament in Nikosia hat das von der Regierung mit den Euro-Ländern ausgehandelte Rettungspaket für die Mittelmeerinsel abgelehnt. Kein einziger Abgeordneter stimmte dafür.

http://www.welt.de/wirtschaft/article11 ... be-ab.html

Gaby

Re: Zypern: Zwangsabgabe

#6 Beitrag von Gaby » 20.03.2013, 11:03

http://www.spiegel.de/politik/ausland/p ... tsBoxPager

http://diepresse.com/home/wirtschaft/eu ... e/index.do

>>Pragmatisch betrachtet hatten Zyperns Helfer in spe keine andere Wahl. Ohne den Rückgriff auf die Konten wäre die Staatsschuld Zyperns auf 140 Prozent des BIPs explodiert, was die spätere Zahlungsunfähigkeit garantiert hätte. Eine Refinanzierung des aufgeblähten Finanzsektors unter Umgehung des Staatshaushalts ist nicht möglich, solange die EU-Bankenunion nicht installiert ist.<<

Bei den Banken sieht es aber wohl nicht anders aus tergram ...

Wie man hier sieht lag die Staatsverschuldung Zyperns 2011 im Verhältnis unter dem Deutschlands ... http://www.staatsverschuldung.de/ausland.htm

Deutschland 81,2%
Zypern 71,6 %

http://www.faz.net/aktuell/politik/euro ... 21032.html

Nur weil die Banken refinanziert werden mussten (Schuldenschnitt Griechenland) steht Zypern jetzt am Abgrund ... zumindest habe ich das aus den unterschiedlichen Zeitungsbeiträgen herausgelesen.


Im Übrigen ich bin nach wie vor überzeugt (beschäftige mich mit dem Thema ja schon länger), dass der Zusammenbruch unseres Geldsystems eh nur hinausgezögert wird. Unser System hat ein Verfallsdatum und das haben wir im Grunde schon erreicht ....

http://www.youtube.com/watch?v=_h0ozLvUTb0

Goldschmied Fabian - Warum überall Geld fehlt (ganze Länge)

Zitat Henry Ford: "Wenn die Menschen unser Geldsystem verstehen, haben wir morgen die Revolution"

http://www.youtube.com/watch?v=79tthnBbrr8
>>Margrit Kennedy über exponentielles Wachstum, Zinseszins und Freiwirtschaft<<

tergram

Re: Zypern: Zwangsabgabe

#7 Beitrag von tergram » 20.03.2013, 12:47

Ja Gaby, die zypriotischen Banken sind natürlich vom Griechenland-Desaster stärker betroffen, keine Frage. Das war aber seit Jahren absehbar, man hätte im Management gegensteuern müssen, Abschreibungen vornehmen, Rückstellungen bilden - das übliche. Hat man aber nicht. Wie so vieles nicht.

Auch auf die Gefahr hin, politisch nicht korrekt zu sein: Banken in Südeuropa kann man mit hiesigen Häusern nicht vergleichen (und schon bei den hiesigen Häusern fällt einem zum Thema Managementqualität ja nichts mehr ein). Die europäische Bankenaufsicht ist ein schlechter Witz und hat die Dinge jahrelang schleifen lassen (wird schon irgendwie gutgehen).

Ich stimme dir zu: Der Zusammenbruch unseres Systems ist nur eine Frage der Zeit. Eigentlich schon überfällig, aber auch marode Systeme haben noch eine gewisse Eigenstabilisierungskraft. Man mag manchmal einfach nicht dran denken. Und "dran denken" hilft einem ja auch nicht weiter. *seufz*

Gaby

Re: Zypern: Zwangsabgabe

#8 Beitrag von Gaby » 20.03.2013, 13:19

Tergram, letztlich bleibt uns nur eines ...

klick

Wenn es "eng" wurde haben sich die Menschen meist auf das wirklich Wichtige im Leben besonnen, es kann also auch eine Chance für uns sein ... ich gebe die Hoffnung niemals auf :-)

tergram

Re: Zypern: Zwangsabgabe

#9 Beitrag von tergram » 20.03.2013, 13:45

Tja, zu dumm - mit (Gott)Vertrauen kann ich bei Rewe nicht einkaufen gehen... :wink:

Gaby

Re: Zypern: Zwangsabgabe

#10 Beitrag von Gaby » 20.03.2013, 14:31

Tergram, man kann damit vielleicht nicht einkaufen gehen, es reicht doch aber, wenn Menschen sich z. Bsp. untereinander beistehen. Wie war das noch? Gott begegnet mir im "Du" ...
Geld ist nur ein Stück Papier, letztlich kommt es darauf an, was Menschen füreinander tun ...

Geschichte von der Unkenntnis, wie Gott uns begegnet

Ein frommer Rabbi besuchte jeden Tag den Tempel und hatte es in seinem Glaubensleben schon weit gebracht. Da wünschte er sich, seinem Gott einmal leibhaftig zu begegnen, und brachte ihm eine Bitte vor: »Jeden Tag komme ich in den Tempel, um dir zu begegnen. Jetzt wäre es mir eine große Freude, wenn auch du einmal in mein Haus kommen würdest und mich besuchtest.« »Ich komme morgen«, sagte Gott, »mach nur alles bereit.« Der fromme Rabbi lief nach Hause und traf mit Eile und Geschick die notwendigen Vorbereitungen. Kostenaufwendig waren sie zudem. Aber der fromme Mann scheute kein Hindernis, - es war am Abend des Tages für das kommende Ereignis alles bereitet. Der nächste Tag begann in der Frühe mit der innerlichen und äußeren Reinigung, die zum Leidwesen des Rabbi nicht ganz ungestört verlief, da ein Kind, angelockt vom Duft der vorbereiteten Süßspeisen, um einen kleinen Kuchen bat. »Morgen bekommst du deinen Kuchen«, vertröstete der fromme Rabbi. »Heute kommt Gott. Geh jetzt. Du störst.«

Gott ließ auf sich warten. In die erwartungs­volle Atmosphäre platzte ein müder Reisender hinein, als es auf die Mittagszeit zuging. »Nein, heute nicht«, sprach der Rabbi.

»Morgen bist du an der Reihe. Geh inzwischen zu meinem Nachbarn. Heute kommt Gott. Du störst.«

Der Tag verging, aber Gott ließ sich nicht blicken. Als die Spannung fast nicht mehr auszu­halten war, klopfte ein dreckiger, kranker Bettler an die Tür. »Nein«, scheuchte ihn der Rabbi fort, »nicht heute, morgen ist soviel da, wie du willst. Heute kommt Gott: er muß sogar jede Minute hier eintreffen. Weg mit dir. Du störst.«

Aber Gott kam nicht. Voller Zorn und Enttäu­schung legte sich der fromme Mann schlafen. Am nächsten Morgen war sein Zorn nicht verraucht, und er überhäufte Gott im Tempel mit Anklagen und wütenden Vorwürfen: »So oft bin ich zu dir gekommen. Ist es da zuviel, wenn du ein einziges Mal zu mir kommen sollst?!« »Was willst du?« erwiderte ihm Gott, »dreimal war ich da, aber du hast mich nicht erkannt«.

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