Stell dir vor, es wird ein Gott geboren ...

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Pagan

Stell dir vor, es wird ein Gott geboren ...

#1 Beitrag von Pagan » 09.06.2013, 09:35

... und niemand schaut hin.
Centaurea hat geschrieben:Die von dir aufgeworfenen Themen an sich finde ich interessant.
Du stellst viele kühne Behauptungen auf, scheinst es mit Albert Schweizer zusammen genau zu wissen.
Ich habe das Thema "historischer Jesus" anderswo angerissen. Es ist keine kühne Behauptung, wie Centaurea meint, zu sagen, dass es keine glaubwürdigen Quellen für das Leben, Wirken und Sterben des Jesus von Nazareth gibt. Die Evangelienschreiber entpuppen sich nicht nur wegen ihrer Widersprüche und offensichtlichen Unwahrheiten als Literaten, bestimmt aber nicht als Geschichtsschreiber. Und die ganze zeitgenössische Geschichtsschreibung nahm keine Notiz von diesem Gottessohn. Dass selbst Paulus (dessen Schriften am nächsten bei der angeblichen Lebzeit Jesus liegen) den historischen Jesus kaum erwähnt und dass es zwischen dem essenischen Führer der Rechtschaffenheit und diesem Jesus manche frappante Ähnlichkeiten inkl. angeblicher Herrenworte gibt, spricht auch nicht gerade für einen geschichtlichen Jesus.

Wie üblich liegt die Beweislast für eine Behauptung dort, wo sie gemacht wird. Mit ihrer Leben Jesus-Forschung, angefangen bereits im 18. Jahrhundert unserer Zeitrechnung, wollten daher nicht zuletzt auch namhafte evangelische Theologen die behauptete Geschichtlichkeit dieses Jesus anhand der vorliegenden Schriften (endlich) beweisen. Anfangs des 20. Jahrhunderts machte der Religionsphilosoph, Dozent für Theologie, Arzt und spätere Nobelpreisträger Albert Schweitzer wohl das, was man heute wohl Metastudie nennt. Er schrieb nicht nur die Geschichte über etwa 150 Jahren Leben-Jesu-Forschung, sondern untersuchte und bewertete, was von den verschiedenen Forschern bisher herausgefunden wurde und zog daraus u.a. einen gerne verheimlichten Schluss:

"Es gibt nichts Negativeres als das Ergebnis der Leben-Jesu-Forschung. Der Jesus von Nazareth, der als Messias auftrat, die Sittlichkeit des Gottesreiches verkündete, das Himmelreich auf Erden gründete und starb, um seinem Werke die Weihe zu geben, hat nie existiert. Es ist eine Gestalt, die vom Rationalismus entworfen, vom Liberalismus belebt und von der modernen Theologie in ein geschichtliches Gewand gekleidet wurde." (aus Schlusszusammenfassung in "Geschichte der Leben-Jesu-Forschung").

Bis heute haben die Bestrebungen nicht nachgelassen, den historischen Jesus zu belegen. Nur gibt es auch heute keine zuverlässigeren Quellen als vor hundert Jahren. Im Wesentlichen dazu gekommen sind nur die Qumran-Schriften. Die jedoch legen eher nahe, dass die Evangelisten für die Figur Jesus in diesen (zum Zeitpunkt der Evangelienschreibung wohl schon 100 oder mehr Jahre alten) Schriften Entlehnungen machten.

Gläubige Christen reagieren betroffen, manche auch höchst entrüstet auf solche Erkenntnisse. Wenn es keinen (historischen) Jesus gab, dann auch keinen Opfertod dieses angeblich von einer Jungfrau geborenen Gottessohnes am Kreuz und somit konsequenterweise auch keine Auferstehung. Und wenn es keine Auferstehung gab, dann nach Paulus:

"Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsere Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich. ... Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube nichtig".

Glaubensbruder

Re: Stell dir vor, es wird ein Gott geboren ...

#2 Beitrag von Glaubensbruder » 09.06.2013, 23:48

Für Pagan:
      • Vergleichende Eschatologie
      Im ewigen Nichts mögen spottende Heiden
      sich lustvoll am Irrtum der Gläubigen weiden.
      • Doch wird den Triumph,
        so ahne ich dumpf,
      wohl kaum jemand teilen noch neiden.

      Der Himmel hingegen, die heiligen Hallen,
      in denen derweil die Gläubigen wallen,
      • bleibt Heidengenossen
        für immer verschlossen:
      Zensur muss nicht zwingend missfallen...
8)

_________________
Ungläubige vertrauen in wichtigen Lebensfragen Ungläubigen, die selbst Ungläubigen glauben, die Ungläubigen glauben. Das scheint mir sehr vernünftig zu sein.

Brombär

Re: Stell dir vor, es wird ein Gott geboren ...

#3 Beitrag von Brombär » 10.06.2013, 06:46

Pagan,

stell dir vor, es hätte diesen Jesus von Nazareth gegeben und er wäre tatsächlich . . .

Was dann ?

Pagan

Re: Stell dir vor, es wird ein Gott geboren ...

#4 Beitrag von Pagan » 10.06.2013, 08:20

Brombär hat geschrieben:stell dir vor, es hätte diesen Jesus von Nazareth gegeben und er wäre tatsächlich . . .

Was dann?
Wie wahrscheinlich ist das - oder gibt es gar Belege dafür?

Pagan

Re: Stell dir vor, es wird ein Gott geboren ...

#5 Beitrag von Pagan » 10.06.2013, 11:16

Zum Nachdenken, was ein nicht ganz unbedeutender heutiger Theologe zur Glaubwürdigkeit der NT-Schriften (vor allem der Evangelien) zu sagen hat. Aus einem Interview mit dem Spiegel (50/1999). Interviewpartner ist Dr. Andreas Lindemann, seit 1978 Professor für Neues Testament an der Kirchlichen Hochschule Bethel. Direktor der Evangelischen Forschungsakademie. Fragen/Antworten teilweise von mir gekürzt, aber nicht inhaltlich entstellend.

SPIEGEL: ... In einer Handreichung des Vatikans zum so genannten Heiligen Jahr 2000 wird behauptet, dass es sich bei den Evangelien um Lebensbeschreibungen Jesu handelt.
Lindemann: Das wird seit Jahrzehnten von keinem ernst zu nehmenden Exegeten mehr behauptet

SPIEGEL: Laut Bibel hat Jesus Tote auferweckt, einen Sturm gestillt, ist über Wasser gegangen, hat fünftausend mit fünf Broten und zwei Fischen gesättigt, Wasser in Wein verwandelt. War Jesus zu solchen Wundern, also zu Taten fähig, die vor oder nach ihm kein Mensch vollbracht hat?
Lindemann: Ich halte es für ausgeschlossen, dass Jesus die von Ihnen genannten Wunder getan hat.

SPIEGEL: Hielt sich Jesus für den Messias, den viele Juden damals erwarteten?
Lindemann: Nach allem, was wir wissen, nicht.

SPIEGEL: Hielt sich Jesus für Gottes Sohn?
Lindemann: Nein.

SPIEGEL: Was von all dem, was Christen sonst noch glauben oder glauben sollen, hat Jesus schon geglaubt? Dass er präexistent war, es ihn also schon gab, bevor er gezeugt wurde? Dass er wiederkehren werde am Ende der Tage?
Lindemann: All das ist christlicher Glaube, und Jesus hat dies nicht geglaubt, er hätte dies auch nicht glauben können, denn er war Jude und kein Christ.

SPIEGEL: ... verstand auch Jesus selbst seinen Tod nicht als Sühnetod für die Sünden der Menschen, wie es im Credo steht.
Lindemann: Davon hat Jesus in der Tat nicht gesprochen. Die Worte, mit denen er seinem Sterben Heilsbedeutung zuschreibt, sind ihm nachträglich in den Mund gelegt worden.

SPIEGEL: Wenn Jesus von seinem Sühnetod nichts wusste, kann er auch das Abendmahl nicht eingesetzt, nicht von seinem Blut gesprochen haben, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden.
Lindemann: Ich meine in der Tat, dass die Abendmahlsworte nicht historisch auf Jesus zurückzuführen sind.

SPIEGEL: Herr Lindemann, wenn wir Sie so hören, kommt uns der Gedanke: Was man über den Menschen Jesus weiß, ist dem christlichen Glauben im Wege.
Lindemann: Das bestreite ich nicht.

Was ist diesem Jesus nicht nachträglich in den Mund gelegt worden, was ist nicht von den Evangelisten "komponiert" (ein schönes Wort für "erfunden und erlogen", nicht wahr) worden?
Zuletzt geändert von Pagan am 10.06.2013, 14:29, insgesamt 1-mal geändert.

Brombär

Re: Stell dir vor, es wird ein Gott geboren ...

#6 Beitrag von Brombär » 10.06.2013, 11:58

Pagan hat geschrieben:
Brombär hat geschrieben:stell dir vor, es hätte diesen Jesus von Nazareth gegeben und er wäre tatsächlich . . .

Was dann?
Wie wahrscheinlich ist das - oder gibt es gar Belege dafür?

Belege? Sicherheit? wie naiv !

Ein gewisser Herr Cemper schrieb vor einiger Zeit in einem Forum :

Ja - eins ist sicher. Auf jeden Menschen wird zum Zeitpunkt seiner Geburt ein Pfeil abgeschossen. Er erreicht ihn in der Stunde seines Todes. Das ist sicher. Sonst ist alles unsicher. Seit der Auferstehung des Herrn ist sogar der Tod nicht mehr todsicher.

Bb.

Pagan

Re: Stell dir vor, es wird ein Gott geboren ...

#7 Beitrag von Pagan » 10.06.2013, 14:27

Brombär, wer ist Cemper?

Mir scheinen seine Vorstellungen teilweise etwas kindlich-naiv zu sein. Stell dir vor, da schwirren gerade jetzt, in diesem Augenblick, einige Milliarden Pfeile durch die Luft. Was, wenn dich ein falscher Pfeil trifft, vielleicht meiner? Da schafft sich jemand doch ziemlich unnötige Probleme, um dieses Chaos der fliegenden Pfeile zu kontrollieren. Apropos: Wie verhält sich das mit den Pfeilen und dem klinischen Tod, wenn jemand z.Bsp. von den "Göttern in weiss" wieder ins Leben zurückgeholt wird?

Zur Auferstehung:
Erstens ist die von dir zitierte Aussage dieses Forenschreibers falsch, denn: Auferstehung setzt Sterben und damit Tod voraus. Der Tod bleibt also selbst im Falle einer Auferstehung eine todsichere Sache, eine Auferstehung jedoch bleibt extrem unwahrscheinliches Ereignis. Zweitens: Sterben setzt Leben voraus. Hat dieser Jesus gelebt? Das ist die grosse Frage. Es gibt wenig bis nichts, was dafür spricht. Folge: Höchstwahrscheinlich kein Leben und daher kein Sterben, keinen Tod und keine Auferstehung dieses Jesus.

Pagan

Re: Stell dir vor, es wird ein Gott geboren ...

#8 Beitrag von Pagan » 13.06.2013, 22:19

Gott, sollte es ihn gemäss vorherrschendem christlichem Verständnis geben, hat den Menschen mit Vernunft ausgestattet.

Was wäre, wenn nun das angebliche Geschehen um diesen angeblichen Gottessohn Jesus (gezeugt vom heiligen Geist, geboren von einer Jungfrau, fälschlicherweise das Kommen des Reiches Gottes in nächster Zukunft lehrend, gekreuzigt, gestorben und als Christus auferstanden und gen Himmel gefahren) nur ein Test dieses Gottes wäre, um damit festzustellen, ob der Mensch diese unschätzbar wertvolle Gabe Vernunft tatsächlich einsetzt oder sie, wie jener Knecht das anvertraute Pfund, einfach nur "in einem Tuch verwahrt"?

Wer weiss, vielleicht ist es ja nicht so, dass Gott den unvernünftig Glaubenden ewige Freuden und den ungläubigen Vernünftigen ewige Höllenqualen "schenkt".


Pagan

Re: Stell dir vor, es wird ein Gott geboren ...

#10 Beitrag von Pagan » 14.06.2013, 07:46

Ale hat geschrieben:was meinen Sie?
Sorry, vielleicht bin ich etwas reichlich altmodisch, aber zu verlangen, dass sich jemand halbstündige Videos anschaut, um zu vernehmen, was womöglich überhaupt nicht deine eigene Meinung ist, finde ich überaus schlechter Stil. Ich verweise auch nicht auf Bücher, die du zuerst lesen musst, um hier mitzudiskutieren. Wenn du etwas zu sagen hast, dann schreib es doch in deinen eigenen Worten, von mir aus auch gestützt von Zitaten.

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