31. Oktober 1517 - Reformationstag

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Querdenkermicha

Re: 31. Oktober 1517 - Reformationstag

#11 Beitrag von Querdenkermicha » 03.11.2014, 18:48

centaurea hat geschrieben: [...]
Nichts ist perfekt.
Fehler werden gemacht.
Die Zeit läuft.

Den nächsten Schritt wagen!"

Für mich ist es zunehmend eine furchtbare Eigenart der und Zumutung durch die Konsumgesellschaft, die, als Beobachter vor dem Fernseher oder am Spielfeldrand zuschauend, die wenigen mutigen Akteure be- bzw. verurteilt, sich 0,00 einbringt, aber alles besser weiß.
Daumen hoch und im nächsten Moment Daumen runter. Das ist, so mein Gefühl, zunehmend Mentalität.
[...]
Hallo centaurea,

also, ich muss schon sagen, dass ich einigermaßen verblüfft bin, wie unkritisch hier nach wie vor Luther von einigen gesehen wird und teils beleidigte Reaktionen kommen, wenn man die Negativseiten des "tapferen Mönchleins" anspricht:
Ein Reformator, der das Prinzip "sola fidei, sola sciptura" vertritt ist mit dieser Lehre anschlussfähig für knallharte Fundamentalisten aller Art, zudem war Luther derart verstandesfeindlich ("Hure Vernunft") und ein Geiferer gegenüber den zu Recht rebellierenden Leibeigenen seiner Zeit (beschönigend "Bauern" genannt), denen er Tod und Teufel auf den Hals gewünscht hat (und bei Weitem nicht nur denen).
Ich fürchte, diejenigen, die Luther hier so standhaft verteidigen, sind sich des ganzen Ausmaßes von Luthers intoleranter Art kaum bis gar nicht bewusst - nach dem Motto: "Der Feind meines Feindes [hier: der korrupten Kirchenhierarchie] ist mein Freund!" - Das kann´s doch wohl nicht sein!
Und berechtigte Einwände lapidar mit "Nichts ist perfekt" abzutun und mir indirekt zu unterstellen, als Teil einer besserwisserisch-behäbigen Konsumkultur vom bequemen Fernsehsessel nur "herumzunörgeln"... also, arroganter hat der "gute" Richie Fehr seiner Zeit nicht gegen die ach so bösen NAK-Kritiker gewettert!

minna

Re: 31. Oktober 1517 - Reformationstag

#12 Beitrag von minna » 03.11.2014, 19:32

Wow! Eine Person, die vor etwa 500 Jahren, 200 Jahre nach Kant und dem Beginn der Aufklärung in Europa/Amerika am Horizont
der Geschichte auftauchte, sozialisiert wurde, vor dem Kontext jener Zeit lebte, handelte, mit den Maßstäben der Modernen, der Gegenwart zu messen, bedarf einer wahrhaft besonderen Logik.
Bei aller Kritik dürfte eines klar sein: Luther war ein fest im Glauben stehender gradliniger, mutiger Mann, der für seine Ideale auch Nachteile nicht scheute. Hat auch heute eher Seltenheitswert.

(Stramm-) Neuapostolisch wäre der bei dem Charakter vermutlich niemals gewesen ... obwohl er es nun ja sein soll.
Per Versiegelung post mortem. :shock: :mrgreen:

tergram

Re: 31. Oktober 1517 - Reformationstag

#13 Beitrag von tergram » 03.11.2014, 19:40

minna hat geschrieben: Eine Person, die vor etwa 500 Jahren, 200 Jahre nach Kant und dem Beginn der Aufklärung in Europa/Amerika am Horizont
der Geschichte auftauchte, ....
Immanuel Kant 1724 - 1804
Martin Luther 1483 - 1546
Gemeint ist vermutlich "rund 250 Jahre vor Kant"
Zuletzt geändert von tergram am 03.11.2014, 19:45, insgesamt 2-mal geändert.

minna

Re: 31. Oktober 1517 - Reformationstag

#14 Beitrag von minna » 03.11.2014, 19:44

200 Jahre vor Kant natürlich... Wollte es verbessern, Du warst schneller. :wink:

tergram

Re: 31. Oktober 1517 - Reformationstag

#15 Beitrag von tergram » 03.11.2014, 19:52

Dass Luther Kind des Mittelalters und gefangen in der Denkwelt des Mittelalters war, kann doch niemanden verwundern. Dass seine Ansichten zu vielen Themen aus heutiger Sicht unhaltbar sind - geschenkt. Schmälert das seinen Mut, seine Courage, für seine Überzeugung aufzustehen und einzustehen?

Auch ein gewisser Jesus, nach 2000 Jahren noch tief verehrt, war Kind seiner Zeit und deren Denkwelt. In Matth. 18,6 , Markus 9,42 und Lukas 17,2 sind Aussagen überliefern, die einen schaudern lassen. Weitere Aussagen, die uns heute völlig unverständlich wirken, lassen sich leicht finden.

minna

Re: 31. Oktober 1517 - Reformationstag

#16 Beitrag von minna » 03.11.2014, 20:14

Eben.Dass Luther ein von seiner Zeit und deren Horizonten geprägtes Kind gewesen ist, kann nicht verwundern.

Verwunderlich wäre hingegen, wären seine Anhänger heute noch in Jahrhunderte alten, übernommenen Denkmustern nach
Luther und denen seiner Zeit verhaftet. Teilten also (s)einen jahrhundertealten Aberglauben und seine Intoleranz gegenüber
bestimmten Personengruppen und Inhalten.

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Heidewolf
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Re: 31. Oktober 1517 - Reformationstag

#17 Beitrag von Heidewolf » 04.11.2014, 00:28

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Die durch Irrtum zur Wahrheit reisen.
Die bei dem Irrtum verharren,
Das sind die Narren.

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Pagan

Re: 31. Oktober 1517 - Reformationstag

#18 Beitrag von Pagan » 04.11.2014, 11:13

Dass Luther einen nicht eben geringen Einfluss auf die deutsche Sprache hatte, ist wohl unbestreitbar. Ansonsten scheint es mir keinen Grund zu geben, Luther für irgend etwas zu verehren und zu feiern.

Vieles, was ihm zugeschrieben wird, sind Mythen, so die an die Kirchentür genagelten Thesen oder sein "Hier stehe ich und kann nicht anders". Auch deutsche Bibelübersetzungen gab es zu seiner Zeit schon Dutzende, so z.B. die bereits kommentierte [sic!] Übersetzung des Benediktiners Notker Labeoaus dem 11. Jahrhundert oder auch die von Zwingli schon fünf Jahre vor Luther in volksnahes schweizerisches Deutsch übersetzte heutige Zürcher Bibel. Luther hatte damit bereits hervorragende Vorlagen, die späte Geburt mit den vielen gesellschaftlichen Veränderungen, die Unterstützung der Fürsten und der inzwischen bekannte Buchdruck waren u.a. sein Vorteil.

Über Luthers reformatorische Prinzipien (solus Christus, sola scriptura, sola fide und sola gratia) liesse sich theologisch trefflich streiten, aber das haben andere schon lange zuvor in aller Ausgiebigkeit gemacht ;-) und tun es noch heute. Unbestritten ist, dass Luther seine Übersetzung von Rö 3,28 passend machte, um sein sola gratia biblisch zu begründen. Auch vertraten andere Reformatoren teilweise gleiche Prinzipien, und zwar wie A. Rich explizit bei H. Zwingli aufzeigte, zeitgleich und unabhängig von Luther. Luthers Verständnis von "sola scriptura" als "principium primum" ist inzwischen durch die vor allem von evangelischer Seite betriebene historisch-kritische Bibelforschung ohnehin tief erschüttert worden (Stichwort: Krise des Schriftprinzips).

Als gefährlich betrachte ich Bemühungen, Luthers Judenhass, sein erniedrigendes Frauenbild etc. als "Kind mittelalterlichen Denkens" zu verniedlichen und entschuldigen, ich empfehle dazu erst Vergleiche mit anderen Reformatoren seiner Zeit anzustellen, so z.Bsp. ,um nur einen zu nennen, Thomas Müntzer, der sich früh von Luther abwendete und selbst auch dessen vernichtenden Hass auf sich zog. Luther trug zwar mit Unterstützung der Landesfürsten seinen Teil zur Ablösung von der katholischen Kirche bei, was wiederum mit Hilfe Luthers den Landesfürsten zu sehr viel mehr Macht und Einfluss verhalf. Luther sorgte dank seinem Einfluss auf eben diese Fürsten schon zu Lebzeiten für viel Blutvergiessen, indem er sie gegen die Bauern und den vorstehend genannten ehemaligen Weggefährten und späteren Kontrahenten Mützer aufhetzte, was viele tausend tote Bauern zur Folge hatte.

Hier viele der Hasstiraden Luthers, die eigentlich auch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt sein müssten, zu wiederholen, erspare ich mir. In Mynareks "Luther ohne Mythos" finden sich offenbar reichlich derartige Zitate.

Das spätere grauenvolle Erbe Luthers manifestiert sich natürlich nicht nur, aber gerade auch in diesen Worten eines evangelischen Bischofs zur Reichskristallnacht: "Am 10. November 1938, an Luthers Geburtstag, brennen in Deutschland die Synagogen. [...] In dieser Stunde muß die Stimme des Mannes gehört werden, der als der deutsche Prophet im 16. Jahrhundert einst aus Unkenntnis als Freund der Juden begann, der, getrieben von seinem Gewissen, getrieben von Erfahrungen und der Wirklichkeit, der größte Antisemit seiner Zeit geworden ist, der Warner seines Volkes wider die Juden." Martin Sasse, evangelischer Landesbischof, am 23.11.1938 im Vorwort zum Kirchlichen Amtsblatt für Mecklenburg

Glücklicherweise werden sich immer mehr Menschen bewusst, wer oder was Luther unbeschönigt war und welche grauenvolle Wirkungsgeschichte das zur Folge hatte. Dass Luther noch in der einen oder anderen Form ge- oder gar verehrt werden kann, ist mir persönlich unverständlich.
Zuletzt geändert von Pagan am 04.11.2014, 13:47, insgesamt 1-mal geändert.

Pagan

Re: 31. Oktober 1517 - Reformationstag

#19 Beitrag von Pagan » 04.11.2014, 13:45

gelöscht, da wegen Fehlmanipulation doppelt

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