PAULUS IRRTUM ODER GLAUBEN...?

Diskussionen über Bibeltexte aus dem Neuen Testament
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Maximin

PAULUS IRRTUM ODER GLAUBEN...?

#1 Beitrag von Maximin » 26.11.2007, 15:40

So oft sich christliche Religionswissenschaftler, etwa Karl von Hutten oder Prof. Helmut Obst (Halle-Wittenberg) mit Sonderkirchen und Randgruppen beschäftigten, kamen sie insbesondere zu folgenden Schlussfolgerungen:

· menschliche Anmaßung und Missverständnis der Bibel,
· dass die christlichen Großkirchen auf bestimmte Glaubensinhalte keine Antworten geben und sie damit für solche Sonderkirchen und Randgruppen Freiräume schaffen.

Die Lehre von der 1. Auferstehung (Entrückung / Parusie) ist so ein christlicher Glaubensinhalt, dem die großen christlichen Kirchen konsequent aus dem Wege gehen. Schon Luther soll diesen urchristlichen Glaubensinhalt als eine jüdische Schwärmerei abgetan haben.

Wie kommt es nun aber, dass der Jude Paulus in seinen Briefen an die Korinther und die Thessalonicher folgendes aus tiefster Glaubensüberzeugung schreiben konnte:

Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden; (s.a. 1.Thess 4,15-17) und dasselbe plötzlich, in einem Augenblick, zur Zeit der letzten Posaune. Denn es wird die Posaune schallen, und die Toten werden auferstehen unverweslich, und wir werden verwandelt werden. (1.Korinther 15, 51+52 - s.a. Matth 24, 31)

Denn das sagen wir euch als ein Wort des Herrn, daß wir, die wir leben und übrig bleiben auf die Zukunft des Herrn, werden denen nicht zuvorkommen, die da schlafen. (s.a. Matth 16,28; 24,30.31; 1.Kor 15,51.52; Joh 17,24), denn er selbst, der Herr, wird mit einem Feldgeschrei und der Stimme des Erzengels und mit der Posaune Gottes hernieder kommen vom Himmel, und die Toten in Christo werden auferstehen zuerst. Darnach wir, die wir leben und übrig bleiben, werden zugleich mit ihnen hingerückt werden in den Wolken, dem Herrn entgegen in der Luft, und werden also bei dem Herrn sein allezeit. (s.a. Joh 12,26) So tröstet euch nun mit diesen Worten untereinander.(1. Tessalonicher 4, 15 – 18 )


Ich eröffne diese Rubrik also mit folgenden Fragen:

· War der hl. Apostel Paulus ein Schwärmer?
· Irrte er in diesem Punkt oder glaubte er.
· Wenn er glaubte, wem hatte er glaubt?
· Wenn er aber irrte, wie kam es dazu?


Für die dazu wünschenswerte Nachdenklichkeit noch dieses: Im bisherigen neuapostolischen Gesangbuch fand sich ein Lied, dass nach einer Melodie des Theologen und Musikschriftstellers Gottfried Wilhelm Fink (1783) gesungen wurde:

„(1) Wir wissen was wir glauben, ob´s auch der Welt ein Spott. Wer will uns ihn denn rauben, den treuen Bundesgott. Und geht´s zu hartem Streite, er, er ist Schild und Wehr. Sein Name wird im Kampfe noch heute nur herrlicher

(3) Die Lügenmasken fallen, die Kampfesstunde schlägt. Laut muss es jetzt erschallen, was uns´re Brust bewegt. Durchglüht von Jesu Lieben, der uns zuerst geliebt, lasst uns den Glauben üben, in dem er uns geübt.

(4) Drum wollen wir ihm schwören in dieser uns´rer Zeit, zu wandeln ihm zu Ehren und treu in Ewigkeit. Und mag die Welt zerstieben, das Siegel Gottes steht auf uns´rer Stirn geschrieben, das bleibt und nie vergeht.“ (AGB 385)


Für diesen feurigen Bekennertext nannte das AGB einen gewissen W. Hermann, vermutlich jemand aus der neuapostolischen Kampfzeit.

Viel Vergnüngen wünscht Euch Euer
Micha :wink:

Tatyana

#2 Beitrag von Tatyana » 26.11.2007, 16:14

War Apostel Paulus ein Schwärmer: ich denke schon :wink: . Zumindest war er wohl derjenige, der (als erster?) das Christentum nicht nur den Juden, sondern wirklich allen Menschen bringen wollte. Auch den "bösen" Römern. Schwärmer oder Visionär, er hat einiges bewegt.

Irrte er in diesem Punkt oder glaubte er: schade, daß wir ihn nicht mehr selbst fragen können, ob er glaubte :wink: . Ob er irrte, wird die Zeit lehren...

Wem hat er geglaubt: ICH glaube, dem üblichen Mischmasch, mit dem sich jeder Gläubige rumprügeln muß. Ein bißchen römische Vielgötterei, Traditionelle Überlieferungen aus allen Teilendes damaligen Weltreiches, sicherlich auch ein bißchen traditionelle jüdische Lehre dabei und dann eben auch ein wenig von dem neuen Christentum oder was er dafür hielt.

Wenn er irrte, wie kam es dazu: menschlich. Wir wollen das glauben, womit wir leben können.

Dieter

#3 Beitrag von Dieter » 26.11.2007, 17:55

Lieber Micha,

es ist schwer zu sagen, ob Paulus geirrt hat oder nicht. Wenn man davon ausgeht, dass die Aussage so zu interpetieren ist, dass sie zur damaligen Zeit in Erfüllung gehen sollte, dann hätte er sich geirrt.

Meiner Ansicht nach muss es aber etwas differenzierter gesehen werden. Wenn Paulus schreibt:

"Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden; (s.a. 1.Thess 4,15-17) und dasselbe plötzlich, in einem Augenblick, zur Zeit der letzten Posaune. Denn es wird die Posaune schallen, und die Toten werden auferstehen unverweslich, und wir werden verwandelt werden."

so kann dies auch als Vorhersage gesehen werden, die nicht unbedingt zu Lebzeiten der damaligen Leser eintreffen muss. Das wir kann genauso generationenübergreifend in die Zukunft interpretiert werden. Denn der Hinweis auf die "letzte Posaune" lässt diesen Schluss durchaus zu.

Insofern lässt sich diese Vorhersage auch in keiner Weise mit der sogenannten "Botschaft" von J.G.Bischoff vergleichen, der die Erfüllung an seine Person gebunden hatte.

Ich bin der Ansicht, Paulus irrte nicht, er glaubte (oder hoffte vielmehr) dass er die Erfüllung erleben dürfte. Er hat aber in keiner Weise das Heil der Glaubenden davon abhängig gemacht. Denn er sagte auch: "Leben wir, so leben wir dem Herrn. Sterben wir so sterben wir dem Herrn. Darum wir leben oder sterben, so sind wir des Herrn." (Röm 14,8)

Er war also durchaus kein Schwärmer, sondern ein Realist. Einer, der von seinem Sender absolut überzeugt war.

Dieter

steppenwolf

#4 Beitrag von steppenwolf » 26.11.2007, 20:09

Hallo Micha,

du stellst schwierige Fragen...

Apg. 9,3 Als er aber auf dem Wege war und in die Nähe von Damaskus kam, umleuchtete ihn plötzlich ein Licht vom Himmel; und er fiel auf die Erde und hörte eine Stimme, die sprach zu ihm: Saul, Saul, was verfolgst du mich? Er aber sprach: Herr, wer bist du? Der sprach: Ich bin Jesus, den du verfolgst.

Ich denke, dass dieses Erlebnis so stark gewesen ist, dass er einen direkten ´Draht´zu Jesus hatte, so dass er aus dieser Verbindung heraus prophetisch wirken konnte. Er wäre sicher nicht so vermessen gewesen, aus sich selbst heraus zu sagen: Denn das sagen wir euch als ein Wort des Herrn...

Für mich ist es Wahrheit, ich kann das glauben - ansonsten könnte ich gleich die ganze Bibel anzweifeln...

Bei dem von dir angeführten Lied müßte es nach meinem Dafürhalten eher heißen: Wir glauben, was wir glauben...

Oder wie es unsere Heeresführung verkündet: Wir wissen´s nicht... :wink:

LG steppi

Katze

#5 Beitrag von Katze » 26.11.2007, 21:50

Lieber Micha,

ich denke nicht, dass Apostel Paulus ein Schwärmer war... er war zuvor, ein Christenverfolger, er hatte sagen wir mal, leidenschaftliche Züge an sich..., wenn er von einer Sache überzeugt war, dann kämpfte er für sie.
Jesu hat diese Eigenschaft vielleicht auch erkannt...? Apostel Paulus war ein sehr beharrlicher Mensch... er hat unter allen unmöglichen Umständen das Evangelium in die Welt gebracht, fast selbstzerstörerisch...

Ich glaube auch nicht, dass er in diesem Punkt irrte, oder blind glaubte... er war kein Phantast.

Er glaubte sicher, nämlich Jesu.

Was ich mich frage, warum hätte er sich dieses "Geheimnis ausdenken sollen, oder hätte er es sich überhaupt ausdenken können... können wir uns vorstellen, dass ein Mensch sich so etwas ausdenken kann?

Wenn ich von mir ausgehe, ich glaube dass Jesu wiederkommt und wir verwandelt werden. Ich glaube nicht an einen Exklusivanspruch einer Kirche, aber an die Wiederkunft Jesu.

Ein Schmetterling ist zuerst eine Raupe. Wenn wir Menschen nicht wüssten, dass aus der Raupe ein Schmetterling wird, wenn wir den Beweis nicht hätten, könnte wir es glauben, dass es so ist?
Aber, es ist so... diese alles fressende Raupe wird sich verwandeln in einen wunderschönen Schmetterling. Warum soll so etwas wundervolles nur mit der Raupe möglich sein, warum nicht auch mit uns Menschen...?

lg Katze

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tosamasi
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#6 Beitrag von tosamasi » 26.11.2007, 22:10

Ohne Paulus würde das Christentum sicherlich etwas anders aussehen. Er hat es entscheidend geprägt. Aber ob seine Berufung in der Weise stattgefunden hat, wie -auch widersprüchlich- im NT beschrieben oder dieses Erlebnis eine Interpretationsfrage war, noch wissen wir es nicht.
Nur der Einfältige fürchtet die Vielfalt
tosamasi

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evah pirazzi
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#7 Beitrag von evah pirazzi » 27.11.2007, 00:29

Ein wirklich interessantes Thema maximin,

Ich glaube nicht, dass Paulus ein Schwärmer war, sondern dass er, wie es Steppenwolf schon beschrieb, durch seine Begegnung mit Jesus auf dem Weg nach Damaskus, einen besonderen Draht zu Jesus/Gott hatte. Er beschreibt es ja auch:

8 Dreimal habe ich den Herrn angefleht, daß dieser Bote Satans von mir ablasse.
9 Er aber antwortete mir: Meine Gnade genügt dir; denn sie erweist ihre Kraft in der Schwachheit. Viel lieber also will ich mich meiner Schwachheit rühmen, damit die Kraft Christi auf mich herabkommt. (2.Korinther 12,8+9)


Er hat also direkt kommuniziert mit seinem Herrn, hier ob der vielen Plagen, die er erleiden musste.

Zu seinen Visionen, bzw. Geheimnissen sagt er ja selbst zu den Leuten in Korinth, die sich besonderer Einblicke in die Himmelswelten gerühmt haben, (2. Kor. 12), dass auch er sich einer solchen Erfahrung rühmen könnte, bei der er «bis in den dritten Himmel entrückt wurde» und im Paradies «unaussprechliche Worte hörte, die ein Mensch nicht sagen darf».

Er erlebt viele Plagen:

„In Mühen um so mehr, in Gefängnissen um so mehr, in Schlägen übermäßig, in Todesgefahr oft. Von den Juden habe ich fünfmal vierzig Schläge weniger einen bekommen. Dreimal bin ich mit Ruten geschlagen, einmal gesteinigt worden; dreimal habe ich Schiffbruch erlitten ; einen Tag und eine Nacht habe ich in Seenot zugebracht; oft auf Reisen, in Gefahren von Räubern, in Gefahren von meinem Volk, in Gefahren von den Nationen, in Gefahren in der Stadt, in Gefahren in der Wüste, in Gefahren auf dem Meer, in Gefahren unter falschen Brüdern; in Mühe und Beschwerde, in Wachen oft, in Hunger und Durst, in Fasten oft, in Kälte und Blöße.“ (2 Kor. 11, 23-28 )

...lässt sich aber durch nichts aufhalten, seinen Glauben mit Feuereifer in die Welt hinauszutragen. Das kann nur jemand leisten, in dem das Feuer der Liebe zu Christus brennt. Und dass er voll göttlicher Kraft war beweisen seine zahlreichen Wunder, die er im Namen Jesu vollbrachte.

Auch ich habe größte Hochachtung vor Paulus und dem, was er für die Christenheit geschaffen hat.

Evah

Maximin

VERTRAUENDES WARTEN...

#8 Beitrag von Maximin » 27.11.2007, 10:38

:) Lieben Freunde,
ich bin ehrlich überrascht über Eure Beteiligung. Macht mal ruhig weiter. Ich komme schon noch rüber mit meinen Erkenntnisständen. Vorab mal ein kleiner Einschub. Dieser hier:

„Bitte warten Sie hier!“, sagte ich zu dem Blinden und ließ ihn an einer verkehrsgeschützten Ecke des Bahnhofs allein. Ich wollte ihm das Gewühl ersparen auf dem Weg zum Schalter und zur Auskunft.

Als ich zurückkehrte, sah ich ihn schon von weitem stehen, während die Menschen an ihm vorbeihetzten. Er stand ganz still, der Blinde, und auch ich musste ein paar Augenblicke stehen bleiben. Ich musste sein Gesicht ansehen.

Die Schritte um ihn her und die unbekannten Stimmen und all die Geräusche schienen für ihn keine Bedeutung zu haben. Er wartete. Es war einganz geduldiges, vertrauendes und gesammeltes Warten. Es war kein Zweifel auf dem Gesicht, dass ich etwa nicht wiederkommen könnte. Es war ein wunderbarer Schein der Vorfreude darin. Er wusste, er würde bestimmt wieder bei der Hand genommen werden.

Ich kam nur langsam los vom Anblick dieses ausdrucksvoll wartenden Gesichtes mit den geschlossenen Lidern. Dann wusste ich auf einmal: „So müsste eigentlich das Gesicht der Christen aussehen, die auf ihren wiederkommenden Herrn warten.“

Ich sage euch: Er wird ihnen Recht schaffen in Kürze. Doch wenn der Menschensohn kommen wird, meinst du, er werde Glauben finden auf Erden? (Lukas 18, 8 )

Liebe Grüße von Eurem Micha :wink:

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#9 Beitrag von evah pirazzi » 27.11.2007, 14:44

Warten auf den wiederkommenden Jesus

Obwohl es kein Thema im NT gibt, das intensiver erwähnt wird ist leider heute selbst unter Christen der Unglaube an die Wiederkehr Christi weitverbreitet.

Dabei ist die Erwartung der Wiederkunft geradezu ein Gradmesser für unsere lebendige Beziehung zu Jesus. Für all jene, die von der Liebe zu Christus erfüllt sind, kann es im Grunde keine frohere und tröstendere Botschaft geben als die von der Wiederkunft Christi.

Wenn man sich vorstellt, Jesus kommt und stößt nur auf Desinteresse, Verleugnung und Ablehnung, obwohl er tagtäglich angebetet und in unzähligen Gotteshäusern verehrt wird, stimmt das traurig.

Jesus mahnte seine Anhänger hinsichtlich seiner Wiederkunft zur Wachsamkeit (Matthäus 24:42). Der Tag des Herrn werde kommen "wie ein Dieb" (2. Petrus 3, 10). Des Menschen Sohn werde zu einer Stunde erscheinen, in der man ihn nicht erwarte (Lukas 12:39-40) und hoffte daher, seine Anhänger nicht unvorbereitet vorzufinden (Markus 13:35-36).

Für mich steht fest, dass Christus ein sicheres Versprechen Seiner Wiederkehr bibelbezeugt hinterlassen hat (R. A. Torrey, Dekan des Bibelinstituts von Los Angeles, Kalifornien, verzeichnet in seinem Buch The Return of the Lord Jesus mehr als 250 Stellen), einschließlich der Worte in der Offenbarung des Johannes, wo es im vorletzten Vers heißt:

‘Es spricht, der solches bezeugt: Ja, ich komme bald. Amen, ja komm, Herr Jesus!’ (Offenbarung 22:20)

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Re: VERTRAUENDES WARTEN...

#10 Beitrag von evah pirazzi » 30.11.2007, 19:13

Maximin hat geschrieben: Ich komme schon noch rüber mit meinen Erkenntnisständen.
Micha,

vielleicht magst du uns deine Erkenntnisse ja schon mal mitteilen, dann könnten wir auf der Grundlage weiterfabulieren.

:wink:

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