Seien Sie chorisch nicht so pessimistisch. Es wird schon ein Morgenrot kommen! Und wenn Ihr verehrter Priester Sch. mal wieder predigt, dann lassen Sie Ihren Chor dieses Lied singen, in dem vom Wort des Lebens und vom Morgenrot die Rede ist:
Wort des Lebens, lautre Quelle, die vom Himmel sich ergießt,
Lebenskräfte gibst du jedem, der dir Geist und Herz erschließt;
der sich wie die welke Blume, die der Sonnenbrand gebleicht,
dürstend von dem dürren Lande zu der Quelle niederbiegt.
Ohne dich, was ist die Erde? Ein beschränktes, finst’res Tal,
ohne dich, was ist der Himmel? Ein verschloßner Freudensaal.
Ohne dich, was ist das Leben? Ein erneuter finstrer Tod.
Ohne dich, was ist das Sterben? Nachtgrau’n ohne Morgenrot.
Wort des Lebens, du erleuchtest, doch erwärmst du auch zugleich;
eine Hölle offenbarst du, aber auch ein Himmelreich,
furchtbar schreckest du den Sünder aus der dumpfen, trägen Ruh’;
doch aus Liebe sprichst du wieder dem Bußfert’gen Gnade zu.
Einen Richter lehrst du fürchten, der mit rechter Waage wägt;
doch auch einen Vater lieben, der mit Langmut alle trägt,
einen Gott, der den Geliebten ew’gen Sohn zum Opfer gibt,
der an ihm die Sünde richtet, und in ihm die Sünder liebt.
Und nach dem Gottesdienst reichen Sie Ihrem verehrten Priester wieder die Hand und sagen ihm, dass der Text dieses Liedes von einem evang. Pastor aus Hannover stammt. Philipp Spitta heißt er - und er ist der Vater des berühmten Bachforschers. Aber das wissen Sie ja alles. Vermute ich.
Ihr Heinrich
CEMPER MORGENROT von NACHTGRAU