Ich bin Apostel von Beruf

Eigene Gedichte zum Lesen für Alle
Antworten
Nachricht
Autor
shalom

Ich bin Apostel von Beruf

#1 Beitrag von shalom » 05.06.2012, 16:32

      • Ich bin Apostel von Beruf

        Ich bin Apostel von Beruf.
        Ein dreifach Hoch dem, der dies‘ gold‘ne Handwerk schuf.
        Denn auch in den größten Nöten
        Gibt es immer was zu beten.
        Immer wieder gibt es Pannen
        An PC‘s und Renditespannen:
        Ich bin Apostel von Beruf.

        Neulich hab‘ ich einen Priester ordiniert,
        Der hat gut und gern zwanzig Jahre funktioniert.
        Dann war er vierzig Jahre alt
        Und der heiße Glaube kalt.
        Na, da hab‘ ich’s gleich kapiert,
        Und sofort einen neuen installiert.
        Und da fragt mich ein Knilch hinterher,
        Ob das denn preiswerter wär‘.
        Da antwort‘ ich blitzeschnell:
        „So ein uraltes Modell
        Stellt unsere Firma heute nicht mehr her,
        Und Ersatzteile gibt‘s schon längst nicht mehr.“

        Ich bin Apostel von Beruf.
        Ein dreifach Hoch dem, der dies‘ gold‘ne Handwerk schuf.
        Selbst in schweren Wirtschaftskrisen
        Find‘ ich Toren in den Miesen,
        Ist ein Abfluss abzudichten,
        Und ein Urkult einzurichten:
        Ich bin Urinstinktapostel von Beruf.

        Gestern Mittag hat ein Beter angeklopft,
        Bei ihm sei wohl der Glaubenskanal verstopft.
        Ich erneu‘re rasch die „Dichtung“,
        Und dann stimmt auch schon die Richtung,
        Wenn man einen Stopfen in die Röhre pfropft,
        Kann es sein, dass der Kümmerer motzt.
        Doch wahrscheinlich hat die Segenslinie gepennt
        Darum zog ich die Gemeind aus - bis auf s Hemd
        Als Selbstbildapostel voll in meinem Element
        Himmel Herrgott Schrumpfsakrament
        Und schnell den Anlageberatern noch was angedichtet.
        Es gibt nichts, was ein Apostel nicht richtet.

        Ich bin Apostel von Beruf.
        Ein dreifach Hoch dem, der dies‘ gold‘ne Handwerk schuf.
        Immer werden Opfer tropfen,
        Sind Anlagenlöcher zu stopfen.
        Immer gibt es was zu schweifen,
        Abzubau‘n und einzureißen:
        Ich bin Apostel von Beruf.

        Letzte Pfingsten war es, glaub‘ ich, um halb acht,
        Da rief ein Mann an, völlig aufgebracht:
        Bei ihm hätt’ ein Tor gebrochen,
        Er selbst hätt’s gerochen,
        Und es sprudelt, gluckert das es kracht.
        „Prima“, sagte ich: „das wird sofort gemacht.“
        An einem entschlafenen Novembertag
        Bracht‘ ich ihm erstmal den Katechismusvoranschlag.
        Noch kommt er zur Kirche - automobil
        Und zum GD-live-stream steht er infantil,
        Denn vor Juni tu‘ ich keinen Hammerschlag.
        So hat jeder seine Seelsorgen heutzutag‘.

        Ich bin Apostel von Beruf.
        Ein dreifach Hoch dem, der dies‘ gold‘ne Handwerk schuf.
        Es gibt immer ein paar Luschen
        Abzubau‘n und blind zu kuschen,
        Es gibt immer was zu profaniern,
        Und am Markt zu inserieren:
        Ich bin Apostel von Beruf.

        Am Freitag kam eine Reklamation,
        Ein Konsument rügte die Installation,
        Immer, wenn er Glauben zapfe,
        Sammle Faulgas sich im Napfe,
        Und klingle zufällig das Telefon,
        Gab es manche heftige Detonation.
        Ich löste das Problem höchst elegant,
        Indem ich Telefon und Amt verband.
        Wenn es jetzt beim Hörer läutet,
        Weiß er, dass sich die Schlange häutet
        Und durch diesen Kunstgriff meisterlicher Hand,
        Ist jetzt jede Explosionsgefahr gebannt.

        Ich bin Apostel von Beruf.
        Ein dreifach Hoch dem, der dies‘ gold‘ne Handwerk schuf.
        Denn in Kirchen, Hütten, Tempeln,
        Gibt es Mütter und was zu stempeln,
        Selbst neben Gotteshäusern, alten, stolzen,
        Gibt es auf Rasen immer was zum bolzen:
        Ich bin Apostel von Beruf (wir kicken gern für unsern Herrn).

        Gründlichsein ist jeden Apostels Pflicht.
        Bei der Botschaft war die Leitung nicht ganz dicht.
        Mit dem Nachzieh‘n des Gewindes
        des kirchenrechtlich unselbständigen Gesindes,
        war längst noch nicht alles in Butter liebes Gotteskind,
        Denn auch die Kritiker bekamen davon Wind.
        Folglich habe ich von allen Ecken der Erde ach
        Den Glauben neu verlegen müssen und hab‘ danach
        Auch den Katechismus gleich noch mit erneuert,
        Was die Sache zwar enorm verteuert,
        Aber dafür sagt mir auch kein ACK’ler nach,
        Dass ich als Apostel auf halber Stelle halbe Arbeit mach‘.

        Ich bin vollselbstbildsinniger Apostel von Beruf.
        Ein dreifach Hoch dem, der dies‘ gold‘ne Handwerk schuf.
        Linker Hand die Glaubenswerkzeugtasche,
        Satellitenschlüssel, Opferkasten,
        Rechter Hand meine Profanierungszange,
        So wird mir so schnell nicht bange:
        Ich bin Apostel von Beruf.

        Und braucht man keine Apostel mehr,
        Na, dann werd‘ ich halt Sanierungs- und Finanzdienstleister.

        (Frei nach Reinhard Mey „Ich bin Klempner von Beruf“)

        Hoch lebt sich’s in der Apostelei – frisch, fromm und steuerfrei.

        Chor bitte AGBS 350.

        Stehet auf, ihr Gotteszeugen!

        Stehet auf, ihr Gotteszeugen,
        Werfet hoch das Profanier…!
        Lasset aller Welt uns zeigen
        Unsers Bundes hohe Gier!
        Ja, in unsers Apostels Namen
        Glauben wir, was uns beschert,
        Wir opfern, spenden und sagen Amen,
        wie’s der Schweizer uns gelehrt.

        (Frei nach Neuapostolischem Gesangbuch AGB Nr.: 350. Strophe 1)
s.

Antworten

Zurück zu „Eigene Gedichte“