Da StAp. Lebers Predigt in Dessau ja bei GK und hier einigen Staub aufgewirbelt hat, habe ich mich entschlossen, einmal meine Eindrücke zu schildern.
Es war das erste Mal, daß ich Wilhelm Leber live erlebt habe. Und ich war ernüchtert. Denn während man Richard Fehr eine gewisse Ausstrahlung, ja Charisma, nicht absprechen kann, wirkt Leber einfach nur als bleich und farblos, aber nicht willenlos. Fehr war ein Geistlicher, Leber ist ein Technokrat.
Damit ist aber nicht gesagt, daß er emotionslos wäre, im Gegenteil, während der Predigt gestikulierte er ständig mit dem Zeigefinger seiner rechten Hand herum, so daß er mehrfach mit dem Mikrofon kollidierte. Auch sprach er eher mit Donnern und Brausen statt im leisen Säuseln, weshalb die Lautsprecheranlage im Kirchensaal überfordert und während der gesamten Zeit übersteuert war.
Der musikalische Höhepunkt des Tages war das letzte Chorlied vor Beginn des GD: Felix Mendelssohn-Bartholdys "Verleih uns Frieden, gnädiglich, Herr Gott, zu unsern Zeiten. Es ist doch ja kein andrer nicht, der für uns könnte streiten". Was danach kam, war dann nicht mehr besonders friedlich oder friedensstiftend.
Zu Lebers Predigt: Das von ihm zunächst genannte Trostwort wurde in traditioneller NAK-Manier ausgelegt. Züchtigungen und Prüfungen dienen den Formen der Seele. (Ob das jemandem weiterhilft, dem eine schwere OP bevorsteht?)
Auch sonst ging es konventionell weiter. Das einzige aus meiner Sicht noch bemerkenswerte war eine (kirchenpolitische) Aussage zum Thema Treue und Sakramente, wo er - mit finsterem Gesichtsausdruck - sagte, daß die NAK an ihrem Verständnis der Hl. Versiegelung nichts ändern werde.
Co-Predigt Bez.Ap. Thansatikno: Das war eher eine Showeinlage, NAK-retro gewissermaßen. Er sagte, man müsse kein Dr. oder Prof. sein, um treu zu sein. (Hierzulande heißt es dafür, man solle den Verstand an der Garderobe abgeben.) Und auch der NAK-typische Seitenhieb auf die anderen christlichen Konfessionen durfte nicht fehlen. Thansatikno berichtete von einem Gespräch mit einem jungen Bruder, der berichtet hatte, daß seine Freunde nicht freudig auf die Wiederkunft Christi warten würden. Darauf entgegnete der Bez.Ap., daß sie ja auf das Kommen Christi als Richter warten würden - was kein Grund zur Freude sei -, er als NAKi aber auf das Kommen des Bräutigams warten würde, worüber man sich freuen solle.
Am meisten habe ich selbst aus dem Predigtbeitrag des Ap. Loy (BaWü) mitgenommen. Im Gegensatz zu seinen beiden Vorrednern sprach er leise, bedacht und ohne Phrasen - und hat so wirklich die Seelen der Zuhörer berühren können. (Letzteres wurde mir mehrfach bestätigt.) Z.B.: "Wer nicht regelmäßig betet, der betet auch nicht unregelmäßig."
Zu Beginn sagte Loy in einem Anflug von feiner Ironie, heute habe uns der Stammapostel besonders liebevoll und ohne erhobenen Zeigefinger gedient. (
Das Gegenteil war der Fall gewesen. - Ist Loy sonst auch so?)
Dem zuständigen Bez.Ap. Klingler blieb - wie mittlerweile üblich - ein eigener Predigtbeitrag leider verwehrt. So konnte er nur durch einige Gedanken und die Liedauswahl im Rahmen der Abendmahlsfeier ein paar ausgleichende Akzente setzen.
Ansonsten stimmt meine Gesamteinschätzung des GD mit dem auf GK veröffentlichten überein:
Die Botschaft, die er [...] an die neuapostolischen Gläubigen am letzten Sonntag in Dessau richtete, lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: „Treu sein.“ Augenscheinlich traf er damit jedoch nicht den Nerv und das Empfinden aller Geschwister. Ganz im Gegenteil. In ersten Reaktionen vor Ort nach dem Gottesdienst hieß es beispielsweise: „Ich freue mich am Mittwoch auf den Gottesdienst mit unserem Vorsteher, der ist liebevoll.“ Oder: „Eine Predigt unseres Stammapostels wie aus den 60´er Jahren.“
http://www.glaubenskultur.de/premiumartikel-971.html
Und auch der weiteren Einschätzung von T. Andrä muß ich beipflichten:
Kann man sich in einer Kirche wohlfühlen, wenn einem im Stakkato die Aufforderung erreicht: „Treu sein“? Spricht daraus nicht ein offensichtliches Misstrauen und die Angst der Kirchenleitung, dass die Mitglieder untreu werden? Misstrauen und Angst in einer Gemeinschaft schaffen bekanntlich ein schlechtes Klima und verstärken so sogar eher den Effekt, den man eigentlich abzuwenden versucht.
http://www.glaubenskultur.de/premiumartikel-971.html
So wurden denn die hochgespannten Erwartungen, die hier in der Region an den StAp-Besuch geknüpft worden waren, kaum erfüllt. Einige üben sich zwar pflichtschuldig in Freudensprüngen von der angeblich großen Geisteskraft in Lebers Predigt, aber insgesamt scheint mir das Echo doch eher verhalten zu sein.
Das war ein früher typischer NAK-GD, wie ich ihn heutzutage nicht mehr erwarten würde. Geschwister, es geht zurück! Das wurde mir am 17.08. endgültig klar. Aber vielleicht bin ich auch überkritisch und die meisten Geschwister fühlen sich NAK-typisch "beseligt und beglückt".
Noch ein Gedanke zu dieser Beobachtung Andräs:
Auffällig das gleichzeitig die durch den Krieg zwischen Georgien und Russland erst jüngst in Not geratenen Menschen, unter ihnen auch Mitglieder der NAK, mit keinem Wort der Fürbitte bedacht wurden.
http://www.glaubenskultur.de/premiumartikel-970.html
Das ist hier ja - leider - üblich! Wenn man der in Not geratenen Menschen überhaupt gedenkt, dann beschränkt sich die Fürbitte i.d.R. auf die betroffenen Mitglieder der NAK. Hier hat sich vor ein paar Monaten - zur Zeit der Debatte um die explodierenden Lebensmittelpreise auf den Weltmärkten - ein Priester sogar dazu verstiegen, nur zur Fürbitte für betroffene NAKis aufzufordern, damit diese überleben könnten und so zu einem Zeichen der Wirksamkeit Gottes unter dem Menschen werden.
Im Umkehrschluß heißt das: Alle anderen dürfen ruhig krepieren.
Im GK-Artikel wird auch die Anwesenheit der pensionierten NAK-Prominenz erwähnt. Die Anlässe hierfür waren der 80. Geburtstag Siegfried Karnicks und die Silberhochzeit der Eheleute Korbien.
Der eigentliche Skandal in diesem Zusammenhang ist ein anderer. Am Samstag fand in der Dessauer Marienkirche ein Konzert von Schulchor und Orchester statt. Allerdings war der Zuhörerkreis sehr begrenzt: die Apostel und Bezirksämter (aktiv und i.R.), Familie Karnick und die Ehepartner der mitwirkenden Musiker. Ansonsten war niemand eingeladen, obwohl die Marienkirche mehr Platz geboten hätte: weder die Geschwister aus dem Bezirk Dessau, die am Sonntag aus Platzgründen zuhause bleiben mußten (dort war Übertragung) noch sonstige, die ggf. auch eine Karte gekauft hätten.
Organisiert hat das Konzert Bischof Petereit, Chefmusiker in Sachsen-Anhalt und seit kurzem auch Öffentlichkeitsbeauftragter für Mitteldeutschland. Überhaupt fand die Planung und Vorbereitung des Konzerts im Geheimen statt, so daß zunehmend Unmut unter den Geschwistern laut wurde. Ich denke, daß war das erste (und hoffentlich einzige) Desaster Petereits im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit.
Abschließend noch eine Beobachtung. Seit seiner Pensionierung scheint sich um Richard Fehr ein gewisser Starrummel entwickelt zu haben, den er auch ein wenig genießt. Das konnte man auch in Dessau sehen. Er zeigt eine Lockerheit, die man früher bei ihm nie wahrgenommen hat. Gönnen wir ihm den Ruhestand.