Der Tanz um das goldene Kalb

Alles rund um die Sondergemeinschaft Neuapostolische Kirche (NAK), die trotz bedenklicher Sonderlehren (u.a. Versiegelung, Entschlafenenwesen mit Totenmission, Totentaufe, Totenversiegelung und Totenabendmahl, Heilsnotwenigkeit der NAK-Apostel, Erstlingsschaft, ..), weiterhin "einem im Kern doch ... exklusiven Selbstverständnis", fehlendem Geschichtsbewusstsein und Aufarbeitungswillen, speziell für die Zeit des Dritten Reiches, der DDR, der Bischoffs-Botschaft ("... Ich bin der Letzte, nach mir kommt keiner mehr. ..."), sowie ihrer jüngsten Vergangenheit und unter erheblichem Unmut ehemalicher NAK-Mitglieder, auch Aussteiger genannt, die unter den missbräuchlichen Strukturen und des auf allen Ebenen ausgeprägten Laienamtes der NAK gelitten haben, weiterhin leiden und für die die NAK nach wie vor eine Sekte darstellt, im April 2019 als Gastmitglied in die ACK Deutschland aufgenommen wird.
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Paul

Der Tanz um das goldene Kalb

#1 Beitrag von Paul » 08.06.2008, 20:18

In den letzten Monaten hat der Hinweis auf das Apostelamt (das der NAK natürlich :wink:) in den hiesigen Gottesdiensten wieder stark zugenommen. Man könnte meinen, nach dem 4. Dezember sei der Geist von J.G. Bischoff aus seiner Flasche befreit worden und wabere nun wieder durch die Gemeinden. Die NAK bewegt sich zurück!

Zunächst ein paar Beispiele zur Illustration dieses Trends:
- Ein Dienstleiter bezeichnet das Apostelamt in seinem Gebet als „Quelle des Lebens“.
- Ein Bez.Ev. zählt das Apostelamt zu den heiligen Dingen – genauso wie z.B. den Hl. Geist. Danach hat er gebetet: „Herr, wir danken dir für den Bezirksapostel und den Apostel und dafür, daß sie uns zum Herzen des Stammapostels führen“.
- Im gleichen GD verstieg sich ein Priester dazu, daß die Geschwister auf einen bevorstehenden Besuch des St.Ap. Leber genauso intensiv warten müßten wie auf die Wiederkunft des Herrn. (Zwischenbemerkung: Das gab es doch schon mal! Anfang des 20. Jh. Lehrte die NAK tatsächlich, daß Christus bereits in der Gestalt des jeweiligen Stammapostels wiedergekommen sei. Ganz klar Retro, würde ich sagen …)
- Selbst bei Trauerfeiern empfindet man keinerlei Scham mehr dabei, die nicht neuapostolischen Hinterbliebenen mit dem Satz abzuwatschen, nur wenn sie den Aposteln der NAK nachfolgen würden, hätten sie Chance, ihre verblichene Mutter evtl. einmal wiederzusehen. Ein „schöner“ Trost!
- Der wohl dümmste Satz stammt von Leber und wird von unteren ATs gern wiederholt: „Wir sind eine apostolische Kirche und wollen dies nicht verschweigen“. (Also: Apostel als Selbstzweck.)
- Der bisherige Tiefstpunkt: Ein Priester hat bereits mehrmals erklärt, daß Apostelamt (der NAK!) gehöre zu den unverrückbaren „Eckpunkten des Evangeliums“.

Ein eigenartiges Evangelium hat sich die NAK da zurechtgebastelt. Ein Pseudoevangelium, in dem die Gesandten für genauso wichtig erachtet werden wie der Sender. Letzterer ist nur – siehe das am 04.12. präsentierte Selbstbild – dazu da, die Gesandten zu legitimieren und hat sonst keine eigene Funktion. Darauf hat auch Leber im Pfingstgottesdienst deutlich hingewiesen: die Gemeinschaft ist wichtiger als die individuelle Gottesbeziehung.

Ich habe den Eindruck, daß Apostelamt ist nach wie vor (und wieder zunehmend) das Goldene Kalb, um das sich der NAK-Reigen munter dreht. Die Apostel gewissermaßen als profilgebendes Alleinstellungsmerkmal im Ökumenewettbewerb. :roll:

Und dabei stehen die Apostelmanager auf den Hochaltären und lassen sich besingen wie eh und je. „Die Gewißheit des ewigen Lebens hat mir Gott durch Apostel geschenkt ...“ und „Gnadenamt, führ du dein Kind …“ sind nach wie vor sehr beliebte Chorlieder, obwohl in ihnen Menschenverehrung betrieben wird und Gott nur eine Randfigur bleibt. (Folgte man übrigens dem Text des zweiten Liedes, dann wären NAKis keine Gotteskinder, sondern Apostelkinder. :wink:) Veranstaltungen, in denen so geträllert wird, sind für mich keine Gottesdienste mehr, sondern Götzendienste! Das goldene Kalb …

Warum brauchen die NAKis ihre Apostel so sehr und legen ihnen so viel Bedeutung bei?

Ein möglicher Grund liegt wohl in der Geschichte. Die Wurzel der NAK liegen im Schisma von 1863, in dem sich die Hamburger Gemeinde der KAG von den englischen Aposteln getrennt hat. Der Hauptgrund des Konflikts lag bekanntlich in der heimlichen Rufung neuer Apostel durch den Propheten Geyer. Während die engl. Apostel ihr Werk als etwas zeitlich befristetes angesehen haben (wenngleich sie hofften, daß sie noch die Wiederkunft Christi erleben würden; gleichzeitig wurden aber Vorkehrungen für die „Zeit der Stille“ getroffen), sieht man in der NAK (und ihrem Vorläufer, der ACAM), das Apostelamt als eine dauerhafte Einrichtung an.

Mit der Trennung von den KAG hat sich auch dessen Bedeutung verschoben. Die englischen Apostel haben ihre Aufgabe in der Sammlung der zerstreuten Christenheit gesehen; in der NAK wurde das Apostelamt zu einer Instanz mit selbständiger Bedeutung, andauerndem Auftrag, erheblicher Macht und angeblicher Heilsnotwendigkeit. Eine Rücknahme seiner Bedeutung würde auch heute die Wurzeln der NAK als „apostolische Kirche“ untergraben (und würde nebenbei auch die menschlichen Allüren der obersten NAK-Funktionäre beschneiden). Ihr Apostolat – und nicht der dreieinige Gott – ist der Dreh- und Angelpunkt des neuapostolischen Selbstverständnisses!

Ein theologisch noch pikanterer Punkt für das Übergewicht der Apostel in der NAK liegt m.E. in der Frage nach der apostellosen Zeit vom 1. bis zum 19. Jahrhundert. Auch diese Frage war für die englischen Apostel kein so großes Problem, denn sie sahen ihren Auftrag in der Christenheit des 19. Jh. Nicht so die NAK: Da für sie das Apostelamt eine Dauereinrichtung ist, können sie die apostellose Zeit nicht erklären. (Apostel muß es immer geben, zur Not müssen sie auch gegen den Willen der amtierenden berufen werden.)

Brisant wird dieses Denken durch die bekannte Verheißung Jesu an Petrus: „… auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen“ (Mt 16,18). Aus Sicht der NAK hat es also die Hölle – entgegen den deutlichen Worten des Herrn – doch vermocht, die Kirche Christi zu überwältigen, denn ohne Apostel keine Kirche. Diese „Erfahrung“ lehrte die NAK nun, daß man sich auf Gott, seinen Sohn und den Heiligen Geist nicht wirklich verlassen könne. Mithin war es durchaus konsequent, diese drei Personen der Gottheit beiseite zu räumen oder sich gar untertan zu machen (so geschehen mit dem Hl. Geist bei der früheren Versiegelung). Gott allein ist also kein Garant für die Kirche, auf seine Verheißungen ist kein Verlaß. Er tut somit besser daran, sich im Hintergrund zu halten und ansonsten seine Gesandten (oder die, die sich dafür halten) mal machen zu lassen. (Die Gesandten waren und sind in der NAK mindestens genauso wichtig wie der Sender – siehe Pfingsten.)

Damit steht aber auch eines fest: Die NAK ist Menschenwerk und nicht – wie von ihr selbst immer wieder behauptet – Gottes Werk.

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