Nach Teilnahme an NAK-Gottesdiensten Fragen zur Lehre der NAK

Alles rund um die Sondergemeinschaft Neuapostolische Kirche (NAK), die trotz bedenklicher Sonderlehren (u.a. Versiegelung, Entschlafenenwesen mit Totenmission, Totentaufe, Totenversiegelung und Totenabendmahl, Heilsnotwenigkeit der NAK-Apostel, Erstlingsschaft, ..), weiterhin "einem im Kern doch ... exklusiven Selbstverständnis", fehlendem Geschichtsbewusstsein und Aufarbeitungswillen, speziell für die Zeit des Dritten Reiches, der DDR, der Bischoffs-Botschaft ("... Ich bin der Letzte, nach mir kommt keiner mehr. ..."), sowie ihrer jüngsten Vergangenheit und unter erheblichem Unmut ehemalicher NAK-Mitglieder, auch Aussteiger genannt, die unter den missbräuchlichen Strukturen und des auf allen Ebenen ausgeprägten Laienamtes der NAK gelitten haben, weiterhin leiden und für die die NAK nach wie vor eine Sekte darstellt, im April 2019 als Gastmitglied in die ACK Deutschland aufgenommen wird.
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fragender
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Nach Teilnahme an NAK-Gottesdiensten Fragen zur Lehre der NAK

#1 Beitrag von fragender » 24.05.2022, 00:03

Dieser Beitrag passt hier vom Titel nicht wirklich. Habe jedoch kein passendes Thema gefunden. Mein echtes Interesse betrifft die Lehre der NAK

Guten Abend Zusammen, ich verfolge seit mehreren Monaten von Zeit zu Zeit dieses Forum. Von Anfang an lese ich auch sehr gerne die zahlreichen Beiträge zu Neuapostolischen Kirche. Diese sind ja auf diesem Forum äußerst konzentriert.

Wie sicher vielen Mitgliedern der „großen“ Gebietskirchen ist für mich die NAK noch nicht als Teil der ökumenischen Kirchen wahrnehmbar geworden. Ein Blick ins Internet zeigte: die nächste NAK Gemeinde ist nicht weit entfernt. Neugierig durch die zahlreichen Schilderungen der Aussteiger habe ich den nächsten Gemeindegottesdienst besucht.

Ohne jede (Vor-)Ahnung nahm ich an einem Entschlafenengottesdienst unter Beteiligung eines Apostels teil. Ich war schlicht überwältigt von den Eindrücken dieser Veranstaltung. Zugegeben hat dies mein Interesse ungeheuerlich angeheitzt. Aus mehreren Gründen schaffe ich es zu keinem weiteren regelmäßigen Gottesdienstbesuch. Mein letzter Kontakt zur Neuapostolischen Kirche war der gestrige Gottesdienst des „Stammapostels“ via Youtube. Ich bin mir nicht sicher, ob eine weitere Auseinandersetzung mit dieser Kirche für mich gewinnbringend und „gut“ ist. Vielleicht traut sich die Forum Gemeinde eine Einordnung meiner Eindrücke zu.

Eindruck Nr. 1:
Die Rhetorik des Stammapostels und der "einfachen Apostel" wirkt auf mich fast schon mystisch (gerade wenn inhaltlich über die Wirkung des heiligen Geistes). Das fasziniert mich. Wenn ich jedoch genau hinhöre stellen sich bei mir inhaltliche aber auch emotionale Fragen. Von Anfang an nehme ich neben der geheimnisvollen Mystik auch eine unterbewusst verpackte Kritik an den Gläubigen war. Immer wieder wird Bezug auf die Glaubenstreue genommen. Quasi wie in den 90ern bei mir in der Kirche, als unser Pfarrer über die schimpfte, die nicht mehr kommen. Schon damals habe ich mich gefragt: warum die Anwesenden (Gläubigen = freiwillig Anwesenden) damit konfrontieren. Gerade gestern war es wohl dem Stammapostel nicht bewusst, dass in seiner Wortwahl und Rhetorik sehr negative Vibes mitschwingen. Auf mich wirkt diese Art der Rhetorik nicht konstistent. Von unseren Pastoren bin ich mittlerweile gewohnt dass eine „Wohlfühlatmosphäre“ mitschwingt.

Eindruck Nr. 2:
Inhaltlich haben mich die Predigten der NAK von Anfang an „herausgefordert“. Sie unterscheiden sich doch meist vom Mainstream. Da das Thema „Auferstehung“ und „Christi Wiederkunft“ in nahezu jeder Predigt aufgegriffen wird, wurde ich angeregt über meinen eigenen Glaubensvorstellungen nachzudenken. Lustiger Weise musste ich mir eingestehen, dass ich vom zentralen Versprechen Jesu keine wirkliche Vorstellung habe. „In Gottes Gnade, wird schon passen“ war meine bisherige Meinung. Durch die sehr konkreten Vorstellungen der NAK gibt es reichlich Stoff zum Nachdenken. Besonders anregend wirkt auf mich schon fast mystische Andeutungen einer großartigen Zukunft als Brautgemeinde Gottes. Wenn ich daran denke mit welchen, teils martialischen Bildern von Hölle und Fegefeuer ich bisher konfrontiert war, dann sind die Schilderungen der Predigten hier so positiv und "easy". Das baut auf und man möchte direkt dabei sein.

Eindruck Nr. 3:
Die Predigten der NRK Prediger sind sehr konkret und orientiert am Kern der Bibel. Am vergangenen Sonntag hat der Stammapostel meiner Ansicht nach das Thema des Bibeltextes auch wieder auf den eigentlichen Kern bezogen. Als ich den Bibeltext gehört habe keinen sofort meine eigenen Vorstellungen zu wirken. Ich hätte in meiner Kirche wahrscheinlich eine Predigt über das Bild der Reinigung und des Lebens durch das angesprochene Wasser erhalten. Durch die neu apostolische Prägung predigte der Stammapostel über das Wirken des Heiligen Geistes.

Verunsichert hat mich, dass der Stammapostel tatsächlich predigte, dass der Glaube die Voraussetzung für den Empfang des Heiligen Geistes ist. Hier mache ich für mich zum ersten Mal inhaltlich einen kleinen Knicks. Das war sicherlich inhaltlich nicht gemeint, mir kam es aber so vor als ob sich der Stammapostel versucht hat auf das Niveau der „einfachen“ Gläubigen niederzulassen. In meiner Heimatgemeinde hab ich auf den Eindruck dass die Predigten eher hoch gestochen und an ein gebildetes Akademiker Publikum ausgerichtet sind. Für mich ist es keine Frage des Glaubens ob ich in der Lage bin den Heiligen Geist zu spüren. Man kann das definitiv nicht planen, sondern das kommt so gut wie immer komplett überraschend. Für mich war die Aussage des Stammapostels etwas zu einfach gedacht und letztlich kam diese Aussage für mich einer de-mystifizierung des Heiligen Geistes gleich.

Leider gab es eine weitere Aussage, die… schien dem Stammapostel sehr wichtig, da er Sie noch einmal laut sagen musste. Zweifel ist im Glaubensleben fehl am Platz. Ich habe viel hin und her überlegt aber hier glaube ich ist der Stammapostel mit seiner Aussage daneben liegt. Auch wenn er sich sicherlich an ein nicht ganz so anspruchsvolles Publikum orientiert hat kann man eine solche Aussage so nicht stehen lassen. Ich habe in meinem Glaubens Leben oft Zweifel gehabt und bin daran gewachsen.

Eindruck Nr. 4
Mein dritter und letzter Eindruck, den ich mit euch teilen möchte ist, dass viele Aussagen fast schon exklusiv auf den Wortgebrauch in der NAK abgestimmt sind. So schien mir der Stammapostel in seiner geistigen Predigt wenig übrig zu haben für die Weite der Christenheit. Dabei vermittelte sich mir beabsichtigt oder nicht den Eindruck, dass dies bedingungslos in der Gemeinde und Kirche erfolgen muss. Dabei fielen im direkten Zusammenhang Begriffe, die meines Wissens nach fast ausschließlich in der Neuapostolischen Kirche verwendet werden: die Versiegelung und das Wirken der Apostel (als Voraussetzung zum Empfang des Heiligen Geistes). Gerne hätte ich diesen Absatz nochmals nachgehört, aber das Video ist heute bei Youtube nicht mehr zu finden.

Ich fragte mich seit gestern ob die Inhalte so wirklich kompatibel mit der Ökumene sind. Beabsichtigt oder nicht deutete der Stammapostel an, dass die Wirkung des Heiligen Geistes und dessen Heilswirkung nur von getauften und versiegeln Christen empfangen werden kann. Ich mag mich irren, vielleicht taucht der Link zum Nachhören noch mal auf.

Alles in allem bin ich mir nicht sicher ob ich den Kontakt zur NAK intensivieren sollte. Es gibt viele positive Aspekte, die mich echt neugierig machen. Aber es tauchen bei mir auch Fragen auf, die ich geklärt haben möchte. Ich möchte mir sicher sein dass die investierte Zeit für mich eine „gute“ ist. Ich bin froh und dankbar für eure Antworten und Einschätzungen.

LG
der fragende

Schwäble
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Re: Die Glaubensleere der NAK

#2 Beitrag von Schwäble » 24.05.2022, 08:38

Lieber Fragender
möchte mich nur kurz zu Eindruck 4 äußern: Die Weite der Christenheit kommt meiner Meinung nach nicht in der NAK vor, nur die von einem Apostel versiegelten haben den Heiligen Geist.

Habe ein halbes Leben gebraucht um mich davon zu lösen, was ich schon mit der Muttermilch eingetrichtert bekommen habe

Gruß vom Schwäble

fridolin
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Re: Die Glaubensleere der NAK

#3 Beitrag von fridolin » 24.05.2022, 11:56

Lieber Fragender
möchte mich nur kurz zu Eindruck 4 äußern: Die Weite der Christenheit kommt meiner Meinung nach nicht in der NAK vor, nur die von einem Apostel versiegelten haben den Heiligen Geist.
Sie lehrt auch, nur in der NAK gibt es die vollgültige Sündenbegebung und die NAK Apostel sind für
die ganze Christenheit gegeben. In der NAK wird auch die Braut Christi ausgebildet , die der Herr in seinem himmlischen Hochzeitssaal heimhohlen wird. Die Grundvoraussetzung um zur Braut Christi zu gehören, ist die neuapostolische Versiegelung. durch einen NAK Apostel. Die gibt es aber nur, wenn du neuapostolisch wirst. Die Taufe reicht nicht. Ist so ein Alleinstellungsanspruch Ökumenefähig?
Unsere NAK hat auch mal ca.10 Jahre lang ein Dogma gelehrt das einer ihre Stammapostel persönlich
von Angesicht zu Angesicht mit dem Herrn Jesus gesprochen hat. Jesu hat bei diesem Gespräch dem Stammapostel verspochen hat, noch zu seiner Lebzeiten wieder zu kommen. Und er sei der der letzte
Stammapostel der NAK und wird die Braut heimführen. Nichts geschah, der Stammapostel starb und
Jesus ist nicht erschienen. Der nächste Stammapostel den es eigentlich hätte nicht mehr geben dürfen.
erklärte dann den Gläubigen der NAK, Gott hätte aus uns unerforschlichen Gründen seine vorherigen Plan geändert. :D
Zuletzt geändert von fridolin am 24.05.2022, 12:12, insgesamt 1-mal geändert.

gwendolin
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Re: Die Glaubensleere der NAK

#4 Beitrag von gwendolin » 24.05.2022, 12:04

Hallo fragender,

Deine Gedankengänge finde ich sehr interessant.

Als NAKler von Geburt an habe ich mir eine sehr kritische Sicht auf die NAK angewöhnt. Ich bin noch aktiv, aber auf meine eigene Art und Weise. Wie bei so vielen kritischen (Ex-)Neuapostolischen Christen ist mein Hauptproblem das Exklusivitätsdenken. Manche Führende - gerade der StAP JLS - wollen davon weg, wissen aber nicht wie, ohne die alte Lehre zu verlassen. Einen Neubeginn traut man sich nicht. Daraus entstehen solche Gottesdienste wie der von Dir geschilderte. Offensichtlich befürchtet man, man würde die ältere Generation von Gläubigen verlieren, wenn man sagen würde, dass man früher falsch gelegen war. Daraus entsteht heute manch skurrile Situation.

Meine persönlich/subjektive Meinung zu Deinen Eindrücken:

1) Die NAK hatte sich ein Nachfolge-/Vorangängerprinzip angewöhnt. Der Gläubige soll sich so verhalten, wie der Amtsträger das vormacht. Obwohl dieses Konzept sobunsinnig wie toxisch ist - Nachfolge kann sich nur auf Jesus Christus beziehen - hält sich dieses Prinzip hartnäckig in der Kirchenleitung. Man kann feststellen, dass dieses Prinzip vor allem in den oberen Hierarchieebenen zu finden ist. Auf Gemeindeebene hört man das schon weniger. Natürlich tendenziell zu sehen, da gibt es sicher jede Menge Ausnahmen. Du hast aus meiner Sicht eines der zentralen Probleme der NAK festgestellt, an dem sich viele der (mitdenkenden) aktiven Gläubigen ebenfalls ärgern. Tatsächlich stelle ich gerade auf lokaler Ebene aber auch in der NAK eine Tendenz zur "Wohlfühlatmosphäre" fest, das sich in der Zukunft noch intensivieren könnte. Man muss einfach näher zusammenrücken, wenn man überleben will. Was wohl noch einige Zeit bleiben wird, ist die Diskrepanz zwischen Kirchenleitungsebene und Gemeindeebene.

2) Die Themen "Wiederkunft Christi" und "Auferstehung Christi" sind tatsächlich der "selbst verstandene Markenkern" der NAK. Damit will man sich von den anderen Christen abgrenzen. Diese an sich tatsächlich positive Botschaft wird aber leider überbetont. Vor allem hält man gerade hier auch am Exklusivgedanken fest. Glaubensartikel #8 sagt, dass nur neuapostolische (also durch einen lebenden Apostel) versiegelte Christen dabei sein können. Das widerspricht natürlich jeglichem ökumenischen Gedanken. Spricht man mit Mitgliedern glaubt niemand mehr, dass das nur für NAK-Mitglieder gelten kann. Aber man weigert sich halt, das zu ändern. Es gibt keinen biblischen Beleg. Man kombiniert sinnlos verschiedene Bibelstellen, verkauft es als neuapostolische Exegese und dann ist das eben so.
Würde man diese Exklusivität auflösen, wären die Themen "Wiederkunft Christi" und "Auferstehung Christi" tatsächlich sehr tröstliche Ereignisse, über die sich viele positive Gedanken realisieren ließen. Ich für meinen Teil mache das auch so...

3) Für das Thema "Heiliger Geist" gelten in der NAK ebenfalls einige unbiblische Sonderlehren. Hier fehlt es einfach an den theologischen Grundlagen. Dies wird auch von der NAK nicht bestritten. Es gibt keine theologische Ausbildung in der NAK. Ob das schlimm ist, muss jeder für sich selbst entscheiden.
Auf der positiven Seite ist daher das Bemühen um eine zuhörerfreundliche, verständliche Sprache zu nennen. Das sehe ich selbst auch sehr positiv. Selbst wenn dadurch vieles zu vereinfacht dargestellt wird, kann man als Zuhörer besser mitgenommen werden als wenn man das Gesprochene erst gar nicht versteht.
Das Thema Zweifel hat in der NAK eine lange Geschichte. Früher wurde das sogar mit Sünde gleichgesetzt. Man versteht einfach nicht, dass der Zweifel zum Glauben unbedingt notwendig ist. Ansonsten würde man ja aufhören, zu denken. Also auch hier gibt es noch viel zu tun...

4) Dein Eindruck zur Ökumene täuscht Dich auch hier nicht. Ich habe den Eindruck, dass der Stammapostel viel ökumenischer denkt als er es sich sagen traut. Es scheint zu diesem Thema erhebliche Differenzen mit den Bezirksaposteln zu geben. Diese Differenzen haben die NAK aktuell zum Entwicklungsstillstand bei diesem Thema gebracht. Ein bisschen erinnert das an manche Differenz zwischen Papst und den Kardinälen. Nur das der Stammapostel sich nicht für unfehlbar hält.

Deine Frage war ja, ob es sich lohnt, sich tiefgehender mit der NAK zu beschäftigen.
Das ist schwer zu beantworten. Wie Du siehst, trügt Dich Dein Eindruck in vielen Dingen nicht. Die Altlasten wiegen in großen Teilen der NAK noch sehr schwer.
Es gibt Gebietskirchen, wie z.B. in Österreich, in denen der Umwandlungsprozess schon wesentlich weiter fortgeschritten ist. Dies ist den Predigten deutlich anzumerken. Das gibt mir immer wieder mal ein bisschen Hoffnung, dass es nicht überall so schwierig ist wie aktuell bei uns in Deutschland.
Wenn Du nicht zu viele Schwierigkeiten mit dem Exklusivgedanken hast, könnte es Dich eventuell schon bereichern. Wenn Du erwartest, dass in der NAK alles viel besser ist als in Deiner Kirche, wird das vermutlich nicht funktionieren.

Viele Grüße,
gwendolin

diegedankensindfrei
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Re: Die Glaubensleere der NAK

#5 Beitrag von diegedankensindfrei » 24.05.2022, 12:08

Lieber Fragender,

Danke für deine ausführliche Schilderung. Solche Eindrücke 'von außen' helfen mir als gebürtigem NAKler, meine Erfahrungen innerhalb und außerhalb des Systems besser einzuordnen.
Wenn du schon länger in diesem Forum unterwegs bist, weißt du wahrscheinlich, dass der Blickwinkel auf die NAK hier ein kritischer ist. Positive Ansichten zu dieser Glaubensgemeinschaft wirst du hier wohl kaum finden. Natürlich hat das valide Gründe, aber als Freund fundierter Recherche möchte ich dich auf den möglichen Information Bias aufmerksam machen.
Vielleicht noch etwas zu meinem persönlichen Hintergrund:
Ich bin in einer NAK-Familie aufgewachsen. Habe mich lange Zeit eifrig und ehrlich darum bemüht, den Anforderungen dieses Glaubens gerecht zu werden und 'geistig zu reifen'. In einem ethnisch und religiös heterogenen Umfeld lebend, habe ich aber gleichzeitig großes Interesse für andere Kulturen und Religionen entwickelt. Den über die Jahre wachsenden Zweifeln und Widersprüchen versuchte ich mit noch intensiverer Glaubens- und Gebetspraxis zu begegnen. Ich war aktiv eingebunden in meiner Gemeinde, durch Familie, Musik und Kinderunterricht fest im NAK-Umfeld verankert. Trotzdem blieb mein Glaube nach außen hin immer irgendwie schambehaftet. Ich fühlte mich im Alltag oft als Außenseiter. Das in der NAK damals noch intensiv propagierte 'Zeugnis geben' fiel mir nie leicht.
Meinen Glauben ernsthaft in Frage zu stellen, wäre sozialem Selbstmord gleichgekommen. Folglich hat mir mein Selbsterhaltungstrieb diesen Schritt nicht erlaubt bis - beginnend vor knapp drei Jahren - mehrere Umbrüche mich von meinem gewohnten kirchlichen und familiären Umfeld vorübergehend fast vollständig trennten. Ich begann zu hinterfragen und zu recherchieren, so wie ich es in anderen Lebensbereichen inzwischen gelernt hatte. Ich richtete wiederholt meine Fragen an Gott, wie es mir gepredigt wurde - und bekam keine Antwort. Ich erlaubte mir endlich, mich mit anderen Nicht(mehr)gläubigen auszutauschen...
Heute verstehe ich mich nicht mehr als religiös, abgesehen von gelegentlichen Empfindungen, die unserer unwissenden evolutionären Vergangenheit entstammen und die zu leugnen nicht gut für mein Gefühlsleben wäre. Aus familiären Gründen besuche ich jedoch noch wöchentlich die Gottesdienste.

Zu deinen Eindrücken möchte ich folgendes Feedback geben:

zu 1.: Was du hier als Mystik ansprichst verstehe ich nicht so ganz. Ich kann es mir nur so erklären, dass in der NAK diverse Dogmen noch als unumstößliche Wahrheit gelehrt werden, die in den großen christlichen Religionen bereits etwas 'aufgeweicht' sind. Bezüglich der Kritik an der Glaubenstreue gebe ich dir vollkommen recht. Aufgrund meiner persönlichen Geschichte ist das natürlich ein Stachel, der mir immer noch weh tut. Aber auch schon vorher hatte ich oft das Gefühl, ständig kritisiert zu werden, aber nie gesagt zu bekommen, was ich besser machen könnte.

zu 2.: Das Thema 'Erste Auferstehung' ist von jeher ein zentrales Alleinstellungsmerkmal der NAK und eng verknüpft mit ihrem Exklusivitätsanspruch. Nach der klassischen Lehrmeinung ist dieses Event nur einer privilegierten Gruppe von NAK-Mitgliedern vorbehalten. In letzter Zeit wurde diese Lehre aber auch teilweise aufgeweicht. Mein persönlicher Eindruck ist, dass man diesem kritischen Thema in manchen Gemeinden inzwischen auch gerne mal aus dem Weg geht...
Was Hölle und Fegefeuer angeht habe ich keinen unmittelbaren Vergleich, an drastische Schilderungen kann ich mich aber nicht erinnern. Vielleicht ist das ein Grund dafür, dass ich seit meinem Abfall vom Glauben untypischerweise eher noch weniger Angst vor dem Tod habe als vorher?

zu 3.: Die Ausrichtung an der Bibel hat in meinen Augen zwei Seiten. Als Extrembeispiel möchte ich hier an den Kreationismus erinnern, auch wenn diese Lehre von der NAK nicht vertreten wird. Aber auch hier werden manche Dinge noch immer wörtlich verstanden, die mit einem wissenschaftlich fundierten Weltbild einfach nicht vereinbar sind.
Was den Heiligen Geist betrifft, dieser wird nach NAK-Lehre durch das Sakrament der Heiligen Versiegelung gespendet, welches wiederum nur von einem lebenden Apostel gespendet werden darf. Also auch hier wieder: klarer Exklusivitätsanspruch.
Die Stigmatisierung von Zweifel hat übrigens dazu geführt, dass ich über all die Jahre nie den Mut hatte, meine persönlichen Zweifel irgendjemandem anzuvertrauen.

zu 4.: Mit dem Exklusivitätsanspruch hast du vollkommen Recht, siehe oben. Und natürlich ist dieser nicht mit Ökumene vereinbar. Das ist ja auch der Grund warum sich die NAK so schwer damit tut.

Ob du in der NAK wertvolles für dich findest, würde ich eher bezweifeln. Ich will dich aber keinesfalls davon abhalten, sie dir genauer anzusehen. Die Angst vor dem Unbekannten ist schließlich die beste Quelle von Falschinformationen. Und manchmal erkennt man im Fremden auch einen Spiegel der eigenen Wirklichkeit.
Ich habe mich einmal, angeregt durch eine flüchtigen Bekanntschaft, mit dem Glauben der Mormonen auseinandergesetzt. Nach kurzem Überfliegen des Wikipedia-Artikels dachte ich mir: "Wie kann man so einen Schwachsinn eigentlich glauben...?" Der nächste Gedanke, sehr zu meinem Unbehagen, ließ nicht lange auf sich warten: "Und was für einen Schwachsinn glaube ich eigentlich...?!"

Herzliche Grüße
Sandra
Zuletzt geändert von diegedankensindfrei am 24.05.2022, 18:02, insgesamt 3-mal geändert.
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fridolin
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Re: Die Glaubensleere der NAK

#6 Beitrag von fridolin » 24.05.2022, 12:32

https://www.naktalk.de
Unter verschiedenes zu finden
n der Wächterstimme, Ausgabe 15. April 1955, ist zu lesen:
"Der Sohn Gottes stand dem Stammapostel gegenüber, wie er auch dem Saulus damals gegenüberstand; nur mit dem Unterschied, dass der Stammapostel, der größte und treueste Knecht Gottes in unserer Zeit, nicht nur seine Stimme hörte, sondern auch seine Gestalt sah."
Eine von den etlichen gelehrten Dogmen Altlasten. Wir haben leider einiges an gelehrten Altlasten.
Die angebliche Exklusuvität war immer richtig förderlich am wirken. Nur erfüllt hat sich nie was. Die NAK ist auf ihre angebliche Exklusivität gegründet worden, das einzige Erlösungswerk Werk Gottes zu sein. Das heißt fortwährende Exlusivitäten die im Bedarfsfall auch vorherige andere ersetzen, gehören zur Nahrungskette. Die angebliche Exklusivität gehört innerhalb der NAK zur Nahrungskette.
Sie muss diese Exklusivität liefern, sonst bricht das System zusammen. Sie ist da in einer selbstgebauten Zwickmühle und dem kann sie nicht entrinnen. Sie ist auf dem "Nur Wir" getrimmt und darauf ist die Lehre aufgebaut, der viele absolut vertrauen wollen. Nur die NAK hat ein Problem bei dem "Nur Wir". Sie ist nicht die einzige die das " Nur Wir " lehren. :D

gwendolin
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Re: Die Glaubensleere der NAK

#7 Beitrag von gwendolin » 24.05.2022, 14:39

Die angebliche Exklusivität gehört innerhalb der NAK zur Nahrungskette.
Sie muss diese Exklusivität liefern, sonst bricht das System zusammen. Sie ist da in einer selbstgebauten Zwickmühle und dem kann sie nicht entrinnen. Sie ist auf dem "Nur Wir" getrimmt und darauf ist die Lehre aufgebaut, der viele absolut vertrauen wollen. Nur die NAK hat ein Problem bei dem "Nur Wir". Sie ist nicht die einzige die das " Nur Wir " lehren. :D
Die Frage ist nur, bricht das System wirklich zusammen, wenn man ihm die Exklusivität entzöge?
Die Gläubigen brauchen die Exklusivität nicht. Die aktuelle Führung glaubt, dass es ohne Exklusivität nicht geht.
Die Frage ist nur, warum hält die Führung daran fest? Es würde sich ja gar nichts ändern.
Die Leute sind in der NAK geblieben, obwohl sich damals die Bischoff-Botschaft nicht erfüllt hat.
Dagegen ist das doch eher eine "Kleinigkeit"... :D

diegedankensindfrei
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Re: Die Glaubensleere der NAK

#8 Beitrag von diegedankensindfrei » 24.05.2022, 17:51

gwendolin hat geschrieben:
24.05.2022, 14:39
Die Gläubigen brauchen die Exklusivität nicht. Die aktuelle Führung glaubt, dass es ohne Exklusivität nicht geht.
Die Frage ist nur, warum hält die Führung daran fest? Es würde sich ja gar nichts ändern.
Die Leute sind in der NAK geblieben, obwohl sich damals die Bischoff-Botschaft nicht erfüllt hat.
Dagegen ist das doch eher eine "Kleinigkeit"... :D
Vielleicht braucht so manches Führungsmitglied die Exklusivität ja für sein eigenes exklusives Ego? Du stellst ja selbst fest, dass es bei diesem Thema erhebliche Differenzen gibt. Für Manchen wäre es vielleicht ein gewaltiger Reputationsverlust, vom Führer der einzig wahren christlichen Gemeinschaft abzusteigen zum Führer einer nicht wirklich bedeutsamen (Ex?)-Sekte mit erheblichen Altlasten. Vielleicht ist es angesichts der ohnehin schrumpfenden Mitgliederzahl für Manchen einfacher, diese als Zeichen der Zeit abzutun und damit die eigene Besonderheit noch zu bestärken, anstatt sich selbst einzugestehen, dass man eventuell einen Fehler gemacht haben könnte?

Ich möchte niemandem zu nahe treten, aber es ist durchaus logisch begründbar, dass religiöse Führungspositionen einen verlockenden Tummelplatz für narzisstische Persönlichkeiten darstellen.
Wir haben zwei Leben - das zweite beginnt, wenn wir erkennen, dass wir nur eines haben. - Konfuzius

Hatikwa
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Re: Nach Teilnahme an NAK-Gottesdiensten Fragen zur Lehre der NAK

#9 Beitrag von Hatikwa » 24.05.2022, 21:31

guten Abend zusammen,

danke für die aktuellen Beiträge. Sie berühren mich sehr, auch wenn sie immer noch nach vielen Jahren
die Wunden aus meiner NAK - Zeit treffen. Ich erkenne mich in den Erfahrungsberichten wieder.

Zu Gwendolins Frage, warum "die Führung an ihrer Exklusivität festhält", antworte ich:
Die NAK hat in ihrer Geschichte noch nie etwas anderes angeboten, als nur ihre Exklusivität.
Sie kann diese nicht aufgeben, denn sie hat nichts anderes für ein mögliches christliches Leben zu bieten.

Ich bin als 20 - jährige 1970 neuapostolisch geworden und blieb es 14 Jahre. Seit etwa 15 Jahren lese ich
mit Entsetzen, dank Internet, die Hintergründe dieser exklusiven Gemeinschaft.

Ich freue mich auf weitere Beträge
herzlichst --- hatikwa

fridolin
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Re: Nach Teilnahme an NAK-Gottesdiensten Fragen zur Lehre der NAK

#10 Beitrag von fridolin » 25.05.2022, 08:08

Zu Gwendolins Frage, warum "die Führung an ihrer Exklusivität festhält", antworte ich:
Die NAK hat in ihrer Geschichte noch nie etwas anderes angeboten, als nur ihre Exklusivität.
Sie kann diese nicht aufgeben, denn sie hat nichts anderes für ein mögliches christliches Leben zu bieten.
Ja, die NAK bietet Exklusivität an. Weil sie der Überzeugung ist, das Erlösungswerk Christi zu sein und Gottes Sprachrohr. Darauf ist sie gegründet worden. Aber eine persönliche Überzeugung ist nicht immer automatisch mit einer absoluten Wahrheit verbunden. Sie hat schon mehrere wechselnde Exklusivitäten verkündet. Hat sich das vorherige gelehrte nicht erfüllt, kommen neue Exklusivitäten. Und das macht sich nun in dem nicht mehr übersehenden Rückgang der aktiven NAK Mitglieder bemerkbar. Kirchengebäude müssen deshalb profaniert werden. Weil die aktiven Mitglieder fehlen.
Wie kann der Rückgang der aktiven, der rapide zu genommen hat gestoppt werden. Das unten stehende ist meiner Ansicht ziemlich krass und garantiert der falsche Weg. Damit holt man in der heutigen Zeit so gut wie niemanden mehr zurück und stoppt auch letztendlich nicht das für immer Fernbleiben. :D
https://nak-aussteiger2010.beepworld.de ... e-welt.htm
1.3.2015 in Berlin: Also, wer an die Apostel glaubt, darf sich auf die Fürbitte Jesu berufen. Gott betet für uns, damit wir eins sind, eins werden. Wer nicht mehr so an die Sendung glaubt, wer nicht mehr an das Erlösungswerk glaubt, wer so langsam zurückgeht, wird zum Feind. Wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut und das heißt dann sehr schnell ganz konkret: Wer nicht sammelt, der zerstreut.

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