Die unglaubliche "Glaubensgeschichte" meines Bruders

Alles rund um die Sondergemeinschaft Neuapostolische Kirche (NAK), die trotz bedenklicher Sonderlehren (u.a. Versiegelung, Entschlafenenwesen mit Totenmission, Totentaufe, Totenversiegelung und Totenabendmahl, Heilsnotwenigkeit der NAK-Apostel, Erstlingsschaft, ..), weiterhin "einem im Kern doch ... exklusiven Selbstverständnis", fehlendem Geschichtsbewusstsein und Aufarbeitungswillen, speziell für die Zeit des Dritten Reiches, der DDR, der Bischoffs-Botschaft ("... Ich bin der Letzte, nach mir kommt keiner mehr. ..."), sowie ihrer jüngsten Vergangenheit und unter erheblichem Unmut ehemalicher NAK-Mitglieder, auch Aussteiger genannt, die unter den missbräuchlichen Strukturen und des auf allen Ebenen ausgeprägten Laienamtes der NAK gelitten haben, weiterhin leiden und für die die NAK nach wie vor eine Sekte darstellt, im April 2019 als Gastmitglied in die ACK Deutschland aufgenommen wird.
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Jinn

Die unglaubliche "Glaubensgeschichte" meines Bruders

#1 Beitrag von Jinn » 06.01.2018, 15:10

Die unglaubliche Geschichte über den „Glauben“ meines Bruders

Zur Welt gekommen und aufgewachsen in einem neuapostolischen Elternhaus als ältester Sohn.
Früh im Alter von 2 Jahren, gleichzeitig mit der Geburt der Schwester Auffälligkeiten in der sozialen Kommunikation und den Verhaltensweisen. Nicht dumm oder geistig minderbemittelt, sondern eher „eigen“. Irgendwie immer „in seiner ganz eigenen Welt lebend“.
Hätte man wollen, man hätte schon damals herausfinden können, dass es sich um eine sehr seltene Form des Asperger-Syndroms handelt, wie ich mit von mir vielen kontaktierten Psychologen und Therapeuten nach und nach herausfand. Mein Bruder verweigerte jede Teilnahme und Hilfe.
Auch aufgrund dessen, was man ihm indoktriniert hatte, nämlich ihm unterstellten Eigennutz/Egoismus, selbstverantwortlicher Egozentrik, Ungelenkigkeit, Faulheit (Trägheit), Dummheit, stures Nichtgreifen, und vieles mehr.
Er war, auch typisch für das Syndrom, Linkshänder. In einer Zeit, „in der sich das für einen normalen Menschen einfach nicht gehörte“. Erst recht nicht für einen Neuapostolen.

Man trieb ihm seine angeborene Linkshändigkeit mit drastischen Methoden aus.
Er, der wie ich viele Male erlebte, alles andere als ungeschickt war, hatte sein Leben lang (unbewusst, weil eben indoktriniert) darunter zu leiden. Hätte er eine normale, gesunde Linkshänder Lebensgeschichte erleben dürfen, er wäre ein sehr geschickter und gewiefter Mechaniker, Handwerker oder Spezialist in irgendeinem Beruf geworden, indem seine Fähigkeiten gefragt gewesen wären. So "brachte" man ihn in irgendeinem, sich gerade anbietendem Beruf "unter", weil der Chef dort so gnädig war, einen "fast behinderten" Lehrling einzustellen.
Entsprechend wurde er auf das Übelste in seiner Lehr- und Berufszeit gegängelt, schikaniert und gedemütigt.

Hätte man ihn unter Betrachtung des Asperger-Syndroms und der auch schon damals vorgeschlagenen Behandlung seitens des (einmalig!) konsultierten Psychiaters wachsen und gedeihen lassen, wäre sein gesamter Lebenslauf mit hoher Wahrscheinlichkeit ein völlig anderer gewesen – und er hätte heute im Alter nicht mit den Folgen übermäßig zu kämpfen.

Was das Alles mit neuapostolisch zu tun hat?
Viel! Oder Alles! Alles sich daraus entwickelnde Negative.
Meine Eltern waren nicht „nur so“ neuapostolisch. Sie waren es mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen. Darüber hatte ich ein langes Gespräch mit meinem Bruder.*

Viele Jahre erging es mir so wie ihm: Ich hasste meine Eltern dafür, wie sie unsere Kindheit und Jugend durch ihren Sektenglauben verpfuscht hatten. Auf die Details will ich hier nicht eingehen. Sie dürften jedem, der in den 50er – 70er in einer akkuraten neuapostolischen Familie aufgewachsen ist reichlich bekannt sein.
Durch meinen Ausstieg aus NAK (Ich berichtete schon hier im Forum darüber. Er wurde seinerzeit durch die Rockenfelders und Co. ausgelöst.), und später dann, als das WWW erfunden worden war (Zuvor hatte man fast keine Möglichkeit an NAK-kritischen Lektüren zu kommen oder sich fundiertes, ehrliches und die tatsächlichen Vorgängen betreffendes Wissen anzueignen.), durch meine Kontakte zu anderen interessierten Aussteigern (wie z. B. Sigfried Dannwolf), aber auch durch die damals im WWW beginnenden Aktivitäten von viel mehr kritischen Aussteigern, die mit ihrer (oft unsäglichen) Vergangenheit fertig werden wollten, - durch all das hatte ich im Gegensatz zu meinem Bruder viel mehr Möglichkeiten und Chancen, „meine NAK-Lebensgeschichte“ zu verarbeiten.

Wer all die Zweifel, die Ängste (bis hin zur Existenz), das permanente schlechte Gewissen, die vielen „Macken“ kennt, die man als ehemals neuapostolischer Mensch durchleiden und durchleben muss, um endlich frei und wieder (einigermaßen) gesund zu werden, der weiß, dass man diese Zeiten der Qual tatsächlich keinem Aussteiger ersparen kann.

Der Glaube, schon als Kind in der Wiege so tief eingepflanzt, und das fest verankerte Wissen, dass es da einen (Gott) gibt, dem man Alles! zu verdanken hat, dass man selbst „Nichts“ ist ohne ihn, dass es tausendmal mehr Gründe gibt, warum er einem bestrafen müsste oder auch tatsächlich bestraft (je nach Auslegung Strafe oder Prüfung), einem, der Alles! sieht, hört und weiß, noch bevor man es selbst gedacht, gesprochen oder getan hat, dieser Glaube und dieses Wissen sitzt so unglaublich tief in einem drin, dass man es meiner Erfahrung nach alleine nicht schafft, sich selbst „umzupolen“.

Der Verstand erkennt und weiß all die Absurditäten, die dieser Sektenglaube beinhaltet, aber die Seele, tief in uns drin, versteht an dem Punkt gegen allen Aufbegehrens den Verstand nicht.
Es gibt viele individuelle Arten damit umzugehen, um zu von diesem kranken Irrsinn zu genesen.
Auf dieser Plattform des Forums ist das schön zu erkennen.

Die einen, hochintelligent, wahrlich wissenschaftlich, sich so tief in weltlichen, aber auch in theologischen Belangen auskennenden Betroffenen, arbeiten sich daran ab, wie es „laufen sollte/müsste“, damit aus der NAK doch noch eine „normale“ Religionsgemeinschaft wird.
Angesichts der phänomenal herausgearbeiteten, in noch so unscheinbare Details zur Sektengeschichte und diversen (von der NAK verheimlichten) Vorgänge eingehenden Beiträge denke ich oftmals: Wären diese Autoren nicht an die NAK geraten, es wären bahnbrechende und wegweisende hohe Würdenträger und Gelehrte in den offiziell anerkannten Kirchen dieser Welt geworden. Ihr hättet den Glauben nicht nur revolutioniert, Ihr hättet ihn ein für allemal auch "Normalsterblichen" zugänglich gemacht!

Die anderen, nicht weniger intelligent, aber vermutlich mit sehr viel stärkeren emotionalen Anteilen versehen, halten sich an dem fest, was für sie greif- und fühlbar ist: Alles, was aus und von der NAK kommt, tut ihnen nicht gut, erinnert sie an schlimmste Zeiten ihres Lebens und bringt sie, ob des oben beschriebenen Zwiespalts jedes Mal in arge Bedrängnis. Es verursacht nur noch Unwohlsein. Und bei manchen sogar schwerste Depressionen (nach dem Sinn des Lebens.)

Und dann gibt es noch Fälle, wie die meines Bruders.
Der (durch mich) Kenntnis von all den Ungereimtheiten, Lügen, wahnsinnigen und irreführenden Indoktrinationen, von den Unsummen, die durch „Gottes Diener“ veruntreut, verhökert, verprasst und in den Sand gesetzt wurden, hat.
Aber in dem die erfolgte Gehirnwäsche, und in diesem Fall auch die weit darüber hinaus wirkende „Verpolung“ seiner emotionalsten Bedürfnisse so stark ist, dass er selbst beim realen Anblick eines hurenden, betrügenden, lügenden, manipulierenden, narzisstischen und krankhafte egomanischen StAP immer noch an die Wirkung des Heiligen Geistes glauben (wollen) würde.

Mit meinem Bruder, dem man schwarz auf weiß, in Stein gemeißelt, unter Androhung des Todes u. v. m. das reale Wissen über diese Sekte einbläuen könnte, würde selbst dann noch, so wie jüngst, ein aufklärendes Glaubensgespräch so verlaufen …

Ich hielt mehrere Ausdrucke in den Händen, fundierte Beiträge hier aus dem Forum, die ich (u.a. berufsbedingt) gegenrecherchiert und auf ihren Wahrheitsgehalt in verschiedenen Quellen überprüft habe und ihm zum Lesen gegeben hatte.
„Und du hast das alles durchgelesen?“
„Ja natürlich! Gründlich sogar!“
„Du hast auch immer die Querverweise von mir gelesen, die auf andere, seriöse und bestätigende Quellen verweisen?“
„Ja, habe ich.“
„… und du gehst am nächsten Sonntag wieder in diese Sekte?“
„ … hm, ja, doch wahrscheinlich.“
„Warum denn nur? Erklär mir das bitte. Wie kannst du noch dahingehen und dir dieses stumpfsinnige, verlogene Geschwätz anhören, wenn du all das, was ich dir gezeigt und belegt habe, kennst und weißt?“
„ … hm, ich weiß nicht … „
„Bitte, erkläre es mir. Was bewegt dich dazu?“
„Ich weiß nicht. Es wird schon irgendetwas dran sein …“
„An was bitte? An dem, was ich dir gezeigt und belegt habe, oder an dem was die NAK vorgibt zu sein?“
„ … am Glauben …und an dem, was du mir zeigst“
„Also am neuapostolischen Glauben?“
„Ja …“
„Du bist also immer noch davon überzeugt, dass du als „Gotteskind“ exklusive Ansprüche auf den Himmel hast, so wie es dir die Apostel predigen?“
„Also nein, das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen!“ Jetzt wirkte er sehr entrüstet, weil er einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn hat: „Man muss sich doch bloß mal die vielen Menschen vorstellen, die niemals Gelegenheit hatten mit dem neuapostolischen Glauben in Berührung zu kommen! Das würde ja bedeuten, dass praktisch alle Naturvölker in ewige Verdammnis kommen würden.“
„Okay, das hast du anscheinend begriffen. Ich frage dich jetzt, glaubst du wirklich, dass Gott dem Stammapostel höchstpersönlich gegenüber gestanden ist und ihn ausgewählt hat?“
Langes Nachdenken: „Nein, das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen …“
„Aber du glaubst, dass ausgerechnet diese Brüder, von denen ich dir schon so viel über ihre linke, fast schon kriminelle Machenschaften berichtet habe, dir all deine Sünden, die sie dir deklamieren, abwaschen können?“
„ … ja … vielleicht …irgendetwas wird schon dran sein ..“

Mein Bruder sieht allein die Schuld an all seinem Leid, seinen vertanen Chancen und Fähigkeiten, bei unseren Eltern.
Dazu habe ich oben geschrieben:
„Meine Eltern waren nicht „nur so“ neuapostolisch. Sie waren es mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen. Darüber hatte ich ein langes Gespräch mit meinem Bruder.*“
Natürlich könnte man unter Berücksichtigung eines gesunden Wesens und Verstandes sagen: Wenn die Eltern dementsprechend mit ihren Kindern umgegangen sind, dann war das nicht die Schuld dieser Sekte.
Aber das ist mir zu kurz, zu wenig wissend (im Sinne von: tiefes Wissen über die neuapostolische Sekte und Wesensart) gedacht.

Als sie sich damals, mein Bruder war noch nicht ganz 3 Jahre alt, einen Psychiater konsultierten, taten sie das gegen den Rat des Vorstehers und Hauspriester der Gemeinde. Sie erzählten mir sogar viele Jahre später von ihrem schlechten Gewissen darüber, dass sie es getan hätten.
Hinterher wagten sie es dann aufgrund der phasenweise extrem auffallenden Symptome des Asperger Syndroms (von dem sie keinen blassen Schimmer hatten!) doch noch einmal mit dem Priester zu reden und ihm die Befürchtungen bzw. vermutliche Diagnose des Psychiaters zu erzählen.
Und was tat dieser neuapostolische Menschenknecht?

Er ließ sie alle zusammen hinknien und die Behinderungen meines Bruders „weg beten“.
Ich werde nie vergessen, wie mein Vater mir einmal in seinen diesbezüglich wenigen lichten Momenten sagte: „Weißt du, das war einfach unvorstellbar, was du über deinen Bruder herausgefunden hast. Ein neuapostolisches Kind hätte so etwas nicht haben können. Der liebe Gott hätte das alles wieder in Ordnung gebracht. Und wenn nicht, dann hätte man sich fragen müssen, an was es gelegen hat. Vielleicht haben wir zu wenig oder nicht innig genug gebetet? Vielleicht sind es die Sünden unserer Vorfahren?“

Meine Eltern haben eins zu eins (1:1) umgesetzt, was ihnen die Sekte gepredigt und der Hauspriester zur Einhaltung, Durchführung und Regulierung ihres Lebens, ihrer Ehe, ihrer Kindererziehung zum angeblichen Wohlergehens aller im Sinne eines durch und durch neuapostolischen, und damals (und für sie auch noch bis heute) jede sprichwörtliche Sekunde (jeden Moment) auf das Kommen von Jesus Christus hingewandten auserwählten Brautlebens, geraten und empfohlen hat.
Alles andere wäre für sie größte Sünde, Zweifel an ihrem Glauben, „Lau-Sein“ und Versagen als neuapostolische Christen gewesen.

Was ich bislang manchmal hier im Forum vermisse, in Bezug auf die Bischoff Botschaft, das ist, dass es ja nicht alleine nur hieß „Gott hätte einen unerforschlichen Ratschluss gezogen und seinen Willen geändert …“, aus den Erzählungen meiner gläubigen Eltern weiß ich, dass es in den Gemeinden vom Altar herunter auch hieß, dass „vermutlich die Ernte noch nicht für den Ratschluss des Herrn bereit war“.
Was nicht nur oftmals sehr konkret mit der „noch“ fehlenden Opferbereitschaft (money, money) und dem unterstellten Wankelmut von so manchem Schäfchen verbunden wurde.
Nicht Bischoff, nicht ein völlig unverlässlicher Gott, nein, die Schäfchen selbst waren, egal wie tief und innig sie glaubten, den neuapostolischen Glauben lebten und wahrlich Lebensopfer brachten, daran schuld, dass Jesus nicht gekommen war um seine Braut „heimzubringen“.
Dieses dauerhafte schlechte Gewissen, auch weil kein irdischer Mensch jemals im Sinne und nach dem Maßstab der christlichen Religion „vollkommen“ werden kann, haben sie 1: 1 an ihre Kinder weitergegeben – und wenn es sein musste, so wie es eben in diesen Jahrzehnten war, nötigenfalls mit dem Riemen, dem Topflöffel, dem Teppichklopfer, den Fäusten oder durch totalen Liebesentzug ganz real eingebläut.

Natürlich mit dem Segen der gesamten neuapostolischen Führungsriege (aus meiner Zeit: StAp Schmid, Streckeisen, Urwyler, AP Volz, Kühnle …Bischof Zuber, und was weiß ich noch für heilige Wahnsinnige…)
Selbst der Gemeindevorsteher und Hauspriester meiner Eltern prügelte seinen Bub kreuz und quer durchs Haus „im Auftrag und Namen des Herrn“, damit ein „anständiges neuapostolisches Gotteskind“ aus ihm werden konnte. Sogar dieser Gemeindevorsteher, der lange, lange vor allen „das blaue Fenster des Teufels“ sein eigen nannte und in einem, wie man damals munkelte, extra für die Neuapostolen erfundenen und angefertigten tiefen Eckschrank mit nach links und rechts vierflügelig aufklappbaren Türen aus edelstem Vollholz vor den Blicken derer Schäfchen versteckte, die zwecks seinem Segen zur Arbeitsstellenwahl, einem Arbeitsplatzwechsel, dem ins Auge gefassten Studium oder der Ausbildung ihrer Kinder, dem Segen für die richtige Braut- und Bräutigamenwahl u. v. m. mit ihm zusammen, in Anbetung um den wegweisenden Rat des „Allerhöchsten“ in unmittelbarer Nähe diese „Teufelsfensters“ niederknieten und beteten.
Was für ein Irr- und Wahnsinn!

Ich habe in meinen nunmehr über 6 Lebensjahrzehnten noch keine Antwort darauf gefunden, wie man so verblendet, so tief in diesen Sektensumpf verstrickt sein kann, unter rein rationalen Gesichtspunkten und mit all dem Wissen, dass ein „normaler“ Mensch heute eigentlich sein Eigen nennen kann.
Vielleicht ist die Wissenschaft irgend eines Tages so weit und findet das Areal im Gehirn des Menschen, dass für solche Irrwege zuständig und empfänglich, besonders aber dafür verantwortlich ist, dass die komplette Ratio von ihm ausgeschaltet und lahmgelegt wird?

Ich frage also hier in die Runde des Forums: Wie könnte ich unter Berücksichtigung all dieses Wissens, dem eigenen Erleben und dem lange dauernden Kampf meines Ausstiegs aus der Sekte meinen Eltern eine Schuld daran zuweisen, dass sie nur das taten, was ihnen diese Sekte ein Leben lang gepredigt und ins Gehirn, ja sogar in ihr tiefstes Dasein gewaschen hat?

Wie Ihr alle hier unschwer aus meinem Beitrag herauslesen könnt, gehöre ich nicht zu denen unter Euch, die ihre neuapostolische Leidensgeschichte unter theologisch-wissenschaftlichen Gesichtspunkten ab- und aufarbeiten können, sondern eher zu den emotional tief verletzten und geschändeten Opfern dieser Sekte. Nichts von dem, was ich in mühseliger, langer Arbeit zusammen mit Therapeuten rekonstruiert habe, ist erfunden, sondern entspricht auch laut Rückversicherung vieler Zeitzeugen aus meiner näheren Umgebung der reinen Wahrheit. (Manchmal dachte ich von mir selbst, dass ich "nicht ganz dicht" im Oberstübchen wäre.)

Sicher, wie bei allem, was uns Menschen geschieht, könnte man nun sagen: Das hat der eine so, und der andere ganz anders wahrgenommen.
Das ist vergleichbar wie mit einem Zahnarztbesuch. Der eine empfindet fürchterliche Schmerzen dabei – den anderen juckt es nicht. Rein faktisch aber, „müsste“ das Bohren und Schleifen schon Schmerzempfinden auslösen. Die Frage ist dann nur: Ist der eine viel schmerzempfindlicher, als der andere, oder ist dieser andere viel abgestumpfter in seiner Wahrnehmung?

Herzlichst
Jinn

Schwäble
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Re: Die unglaubliche "Glaubensgeschichte" meines Bruders

#2 Beitrag von Schwäble » 06.01.2018, 16:32

Hallo Jinn

Klar haben wir nicht genug gebetet und als "Braut" noch nicht bereit. Ausserdem hat auch das letzte Schaf den Weg noch nicht in den Stall gefunden. Nichts Anderes wurde vom Altar gepredigt.
Auch meine Eltern wollten nichts falsch machen und haben in jeder Lebenslage Rat beim Vorsteher oder Priester eingeholt. Dabei mussten sie doch eigentlich auch sehen, dass diese ihre eigenen Ratschläge nicht befolgt haben. In Bezug auf Musik hören, Bücher lesen usw. Ich durfte auf diesen Rat hin nicht mal zu den Donkosaken - hatte es schon mal geschrieben, mit dem Argument, dass ich ja dort nicht mitsingen würde...
Da war ich so 12 Jahre alt ..das hätte ja auch meinen Eltern zu denken geben müssen. Aber das kam alles aus dem hl. Geist.
Meine Eltern wussten es nicht anders....aber sage mir Niemand, das wären Auswüchse der Eltern gewesen. Das habe ich alles selbst gehört vom Altar.

Das kann der Stap. Vielleicht Jüngeren weiß machen, die das nicht mehr kennengelernt haben

Grüßle vom Schwäble

Jinn

Re: Die unglaubliche "Glaubensgeschichte" meines Bruders

#3 Beitrag von Jinn » 06.01.2018, 18:07

Hallo Landsmann,

da wir beide offenbar aus derselben Gebietssekte (ge)kommen (sind), weißt Du, wie's damals hier zuging.

Es ist hier schon mehrfach angesprochen worden: Die (meist) alten Herren haben sich sehr weitreichend in die Angelegenheiten ihrer Schäfchen eingemischt.
Nur bei den eigenen Nachkommen gab es Ausnahmen. Da durfte der Sohnemann gerne mal Arzt (Wochenenddienste!) werdeb oder die Tochter gar ins Verlagsgeschäft (die bösen kritischen Medien) gehen.
Aber der Nachkommenschaft des Gefolges hat man gerne die Zukunftschancen mit "Gottes Ratschlägen" verbaut.
Viele können davon ein Lied singen.

Und zu den Don-Kosaken in den Chor gehen, um Himmels Willen! Das ging ja gar nicht! Die waren nach meiner damaligen Wahrnehmung nah dran an den "Bolschewiken". Also sozusagen die Todfeinde der eher (immer noch) sehr Nazi-orientierten NAK-Gemeinschaft.

Herzlichst
Jinn

fridolin
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Re: Die unglaubliche "Glaubensgeschichte" meines Bruders

#4 Beitrag von fridolin » 06.01.2018, 19:55

Hi, Jinn deine Geschichte ist schon berührend.
Das wegbeten der Apostel habe ich auch hautnah mitbekommen im Bekanntenkreis.
Der Apostel hat sich doch tatsächlich angemaßt er könne als Beauftragter Gottes ungute Gedanken weg zu beten, quasi mit Garantie. Als der Schuss später noch hinten los ging, haben sie alle blöd geguckt. War nix mit den Apostelgarantien. Ich glaube da könnte noch mancher hier im Forum einiges dazu aus eigenem Erleben zu erzählen. Bestimmte Dinge hätten in den Händen von dazu ausgebildeten Fachleuten gegeben werden müssen. Aber die Herren waren davon überzeugt, wenn es sein muss Tod und Teufel austreiben zu können. Welch ein Irrsinn. :D
Das irre ist daran, wir haben ihnen den Schwachsinn auch noch abgenommen. Sonst hätten die sich nicht mit solchen Taten brüsten können. :D

fridolin
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Re: Die unglaubliche "Glaubensgeschichte" meines Bruders

#5 Beitrag von fridolin » 06.01.2018, 22:25

@Jinn
Was ich bislang manchmal hier im Forum vermisse, in Bezug auf die Bischoff Botschaft, das ist, dass es ja nicht alleine nur hieß „Gott hätte einen unerforschlichen Ratschluss gezogen und seinen Willen geändert …“, aus den Erzählungen meiner gläubigen Eltern weiß ich, dass es in den Gemeinden vom Altar herunter auch hieß, dass „vermutlich die Ernte noch nicht für den Ratschluss des Herrn bereit war“.
Was nicht nur oftmals sehr konkret mit der „noch“ fehlenden Opferbereitschaft (money, money) und dem unterstellten Wankelmut von so manchem Schäfchen verbunden wurde.
Nicht Bischoff, nicht ein völlig unverlässlicher Gott, nein, die Schäfchen selbst waren, egal wie tief und innig sie glaubten, den neuapostolischen Glauben lebten und wahrlich Lebensopfer brachten, daran schuld, dass Jesus nicht gekommen war um seine Braut „heimzubringen“.
Jinn greifen wir doch mal wieder die gute alte NAK Botschaftsgeschichte auf und wärmen sie kurz an.

1960 mit dem unerwarteten plötzlich Tod von Stammapostel Bischoff kam keine Phase der Läuterung
auf. Für die Gläubigen war sein Tod überraschend. Die Herren wussten aber schon vorher das Bischoff sterbenskrank nieder lag. Wie sollte da auch eine Läuterung geschehen, dafür war alles zu sehr verstrickt. Augen zu und durch und Schuldzuweisungen an Gott war die Devise der damaligen Herren. Hat ja auch bestens funktioniert. :D

Die verkündeten Märchen von der persönlichen Begegnung Bischoff und Jesus, musste unter allen Umständen, jedenfallls zu der Zeit, am Leben gehalten werden.
http://www.naktalk.de/
In der Wächterstimme, Ausgabe 15. April 1955, ist zu lesen:
"Der Sohn Gottes stand dem Stammapostel gegenüber, wie er auch dem Saulus damals gegenüberstand; nur mit dem Unterschied, dass der Stammapostel, der größte und treueste Knecht Gottes in unserer Zeit, nicht nur seine Stimme hörte, sondern auch seine Gestalt sah."
Das mit dem unerforschlichen Ratschlußplan und der Willensänderung Gottes und vielleicht waren die Gläubigen als Ernte noch nicht reif genug, gehen auf das Konto des Nachfolger im Amt des Stammapostels. Der erdreistete sich anschließend nach dem Tod von Bischoff zu behaupten Stammapostel Bischoff hätte sich auf keinen Fall geirrt. Die Gründe der Nichterfüllung liegen wo anders dran, nicht bei Bischoff.

Wie hat Bischoff noch laut tönend ganz anders geschwellt in seiner Amtszeit, der Reifegrad die Braut Christi hat den höchsten Stand der Entwicklung erreicht. Auf der Zunge mal zergehen lassen, den höchsten Stand der Entwicklung. Eine noch weitere höhere Entwicklung konnte es demnach nicht mehr geben. Der höchste Stand ist der Höchste und Schmidt erzählt nun das Gegenteil. :D
Weil der höchste Stand der Braut erreicht war unter der Führung von Bischoff, sollte es eilends heimwärts zum Vaterhaus gehen. Das Warten hat bald ein Ende. Die Wiederkunft geschieht noch zu meinen Lebzeiten versprach Bischoff lautstark. Das hätte Jesus ihm bei einer Begegnung mitgeteilt und versprochen. Fast 10 Jahre bis zum fast zum 90 zigsten Lebensjahr von Bischoff wurden hunderttausende mit dieser Botschaft überschüttet.
Das alles geschieht noch zu meinen Lebzeiten, wer treu meinen Worten glaubt, der geht mit mir heim ins Vaterhaus. Der braucht den leiblichen Tod nicht mehr zu schmecken. Ich bin der letzte ordinierte Stammapostel der NAK. Nach mir wird es keinen weiteren Stammapostel mehr geben, weil nicht mehr gebraucht. Ich werden nicht sterben. Die Treuen werden mit mir überkleidet und werden mit mir zusammen heimgeholt ins Vaterhaus. Wenn die Heimholung der Braut vollzogen ist, wird hier auf Erden das große Verderben für die zurückgebliebene Menschheit anbrechen, wie nie zuvor gewesen auf dieser Erde. Die Treusten der Treuen werden sich im Himmel 3/12 Jahre lang den Hochzeitfeierlichkeiten hingeben, der Bräutigam und die Braut werden sich vereinen. Hier auf Erden wird richtig Blutzoll gezahlt während des Hochzeitsfeiern. Die weniger treuen NAkler die nicht heimgeholt würden, sollten dem Blutzoll entwischen können. Sie wären in der „Wüste“ geführt worden an einem sicheren Ort und hätten dort die 3,5 Jahre sicher verbringen können. Während die ganz treuen im Himmel Hochzeit feiern werden und sich hier auf Erden eine Tragödie für die Menschheit vollziehen würde. Nach den 3,5 Jahren sollte seine Braut, eher seine angeheirateten Frau, zurück zur Erde kommen und dann dort für nächsten tausend Jahre die Regierungsschäfte über die Menschheit übernehmen. Königliche Priester sollte sie genannt werden.
Das Internet ist voll mit den ganzen Geschichten, wer will kann das auf entsprechenden Seiten selbst nachlesen.
Nichts hat sich erfüllt, die NAK stand vor einem plötzlichen Trauma. Jesus nicht gekommen, Bischoff
gestorben, die angebliche Braut Christi immer noch da. Wie geht es weiter. Schwierig, schwierig, mehr als schwierig. Der Traum geplatzt, Hunderttausende enttäuscht. :D

Zu gute halten möchte ich Schmidt, dass er sich auf gut deutsch gesagt, als neuer Chef den es laut Bischoff nie hätte geben dürfen, in einer äußert „ beschissenen Lage“ befand. Ohne seinen Weitermachphrasen und dürftigen Erklärungsversuchen hätte die NAK wahrscheinlich nicht überlebt. :?

Schmidt ein Stammapostel der nie zum Stammapostel ordiniert wurde.
http://www.naktalk.de/
10.07.1960 Apostel Walter Schmidt übernimmt in einem feierlichen Gottesdienst in Frankfurt a. M. das Stammapostelamt.
(Quelle: Wächterstimme, 1. August 1960)
Er wird aber nie zum Stammapostel ordiniert.
Die Wächterstimme orgfree hat das gut ans Licht der Öffentlichkeit gebracht.
Am 10. Juni 1960 übernahm Schmidt das Stammapostelamt in einem feierlichen Gottesdienst in Frankfurt. Aber erst am 2. August 1960 wurde Schmidt von den neuapostolischen Aposteln zum neuen Stammapostel gewählt.
Hallo irgendwas stimmt da doch nicht in der Reihenfolge. Dann war Schmidt doch kein rechtsmäßiger Stammapostel, weil nie ordiniert. Seine Einführung als neuer Stammapostel, ein paar Tage nach dem unerwartetenTod von Bischoff, vollzog sich am 10. Juni 1960. Aber erst am 2. August wurde er von der Apostelversammlung zum neuen Stammapostel gewählt. Wie geht das denn ??? und fast keiner hat den kleinen feinen Trick bemerkt.
http://waechterstimme.orgfree.com/pr600802.html
http://waechterstimme.orgfree.com/seite1.html
http://waechterstimme.orgfree.com/seite2.html
Zuletzt geändert von fridolin am 06.01.2018, 23:08, insgesamt 5-mal geändert.

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Re: Die unglaubliche "Glaubensgeschichte" meines Bruders

#6 Beitrag von Bezirks-Elster » 06.01.2018, 22:54

Liebe Jinn,
das ist eine lange Lebensgeschichte. Leider mit vielen Emotionen versetzt, die einen Menschen runterziehen und die Seele belasten.

Kannst du vielleicht nochmal präzisieren, was du mit deinem Statement genau meinst?
Jinn hat geschrieben:Ich frage also hier in die Runde des Forums: Wie könnte ich unter Berücksichtigung all dieses Wissens, dem eigenen Erleben und dem lange dauernden Kampf meines Ausstiegs aus der Sekte meinen Eltern eine Schuld daran zuweisen, dass sie nur das taten, was ihnen diese Sekte ein Leben lang gepredigt und ins Gehirn, ja sogar in ihr tiefstes Dasein gewaschen hat?
Möchtest du deinen Eltern die Schuld geben, dass sie den Vorgaben der Glaubensgemeinschaft unreflektiert gefolgt sind und so dein und deines Bruders Leben verbaut haben? Oder möchtest du eher mit ihnen Frieden schließen? Leben sie noch oder sind sie schon verstorben?

Ich kann viele Sachen mitfühlen, obwohl ich einige Jahrzehnte später auf die Welt kam. Aber die NAK-Erziehung prägt eben. Ich habe dennoch eine andere Einstellung. Die einzige Erwartungshaltung, die ich an meine Eltern habe, ist, mich geboren und aufwachsen gelassen zu haben (mir das pure Leben ermöglicht zu haben). Wenn ich mit vielen Sachen mit ihnen nicht konform gehe, bin ich doch der Meinung, sie haben das Beste herausgeholt, was sie konnten. Ich hoffe übrigens, dass meine Kinder mich ähnlich in einigen Jahrzehnten beurteilen werden.
Irgendwann habe ich selbst Verantwortung für mein Leben übernommen - bei mir im "reifen Alter von 4 Lebensjahrzehnten". War eben ein Spätzünder. Aber ich habs gepackt, glaubensmäßig autonom zu sein.

Und bezüglich dem folgenden Satz, ich denke die Zeit war damals eine ganz andere (Unterstreichung von mir). Eine obrigkeitshörige Nachkriegszeit (1965) mit Kenntnissen aus der jetzigen Informationszeit (2018) bewerten zu wollen, kann nicht gut ausgehen.
Jinn hat geschrieben:Er war, auch typisch für das Syndrom, Linkshänder. In einer Zeit, „in der sich das für einen normalen Menschen einfach nicht gehörte“. Erst recht nicht für einen Neuapostolen.
"Liebe Geschwister, `im Natürlichen` gibt es den Bewehrungsstahl ....."
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Re: Die unglaubliche "Glaubensgeschichte" meines Bruders

#7 Beitrag von Bezirks-Elster » 06.01.2018, 23:07

fridolin hat geschrieben:Zu gute halten möchte ich Schmidt, dass er sich auf gut deutsch gesagt, als neuer Chef den es laut Bischoff nie hätte geben dürfen, in einer äußert „ beschissenen Lage“ befand. Ohne seinen Weitermachphrasen und dürftigen Erklärungsversuchen hätte die NAK wahrscheinlich nicht überlebt. :?
Hi fridolin, eigentlich kann ich nichts dazu sagen, weil ich damals noch nicht auf der Welt war. Ich kenne die besagte Zeit und ihren Zeitgeist eben nicht.
Aber ich glaube zutiefst, wenn die Verantwortlichen dem Heiligen Geist Raum gegeben hätten, hätten sie sich einige Zeit eingeschlossen. So wie die englischen Apostel der KAG in den 1830ern. Von mir aus für 6 Wochen oder so was. Die Bischöfe, Priester, Diakone hätten die AUfgabe bekommen, die Gläubigen in der Zeit der Orientierungslosigkeit zusammen zu halten. Nach der Klausur wären die APostel wieder unter das Glaubensvolk getreten und hätten verkündigt: Es ist was ganz dummes passiert, wir können es nicht erklären, ein Irrtum, es tut uns leid, wir bitten als leitendes Amt um Buße, Gott weiss allein die Stunde, wenn er seinen Sohn schickt usw. Folgende Dinge laufen jetzt anders: a) ...b) ... c) ....

Beschissene Lage hin oder her - für Aufrichtigkeit und Wahrheit ist es nie zu spät. Ich denke, die NAK hätte es gut überlebt.

Wie gesagt, nur Hirngespinste meinerseits.....
"Liebe Geschwister, `im Natürlichen` gibt es den Bewehrungsstahl ....."
Co-Predigt zum Thema "Bewährung" in einer deutschen Landeshauptstadt im Jahr 2015

fridolin
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Re: Die unglaubliche "Glaubensgeschichte" meines Bruders

#8 Beitrag von fridolin » 06.01.2018, 23:41

Aber ich glaube zutiefst, wenn die Verantwortlichen dem Heiligen Geist Raum gegeben hätten, hätten sie sich einige Zeit eingeschlossen. So wie die englischen Apostel der KAG in den 1830ern. Von mir aus für 6 Wochen oder so was. Die Bischöfe, Priester, Diakone hätten die AUfgabe bekommen, die Gläubigen in der Zeit der Orientierungslosigkeit zusammen zu halten. Nach der Klausur wären die APostel wieder unter das Glaubensvolk getreten und hätten verkündigt: Es ist was ganz dummes passiert, wir können es nicht erklären, ein Irrtum, es tut uns leid, wir bitten als leitendes Amt um Buße, Gott weiss allein die Stunde, wenn er seinen Sohn schickt usw. Folgende Dinge laufen jetzt anders: a) ...b) ... c) ....

Beschissene Lage hin oder her - für Aufrichtigkeit und Wahrheit ist es nie zu spät. Ich denke, die NAK hätte es gut überlebt.
Wie gesagt, nur Hirngespinste meinerseits.....
Wäre eine der Möglichkeiten gewesen. Das hätte dann vielleicht Hunderttausenden das Rückgrat gebrochen. Ende aus Nikolaus. :D
Vielleicht hätten sie sich eventuell durch eine Klausur aus dem vorhandenen Sumpf ziehen können, aber wahrscheinlich verbunden mit einem enormen Mitgliederverlust. Der war aber nach der damaligen angewendeten Methode nicht übergravierend und verhängnisvoll.
Gut heiße ich deshalb das damalige Vorgehen der Herren nicht. :D

Jedenfalls ist der Kirche das Schisma bis heute voll hinterher gerannt. Abschütteln ging nicht. :D
Heute sieht die Zukunft für die NAK düster und trübselig aus. In Afrika geht noch manches, aber wie lange noch??
Ich bin davon überzeugt das Ende der NAK als Kirche, wird in einer Stiftung für Mietobjekte-und Wohnungseigentum enden. :D

Hatikwa
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Re: Die unglaubliche "Glaubensgeschichte" meines Bruders

#9 Beitrag von Hatikwa » 07.01.2018, 00:30

lieber Jinn,
nur ganz kurz schreibe ich dir. Mehrmals habe ich heute Abend deine Geschichte gelesen und sie erschüttert mich.
Ich gehöre nicht zu den Aussteigern, die auf eine langjährige Zeit in der NAKI zurück blicken können. Darum konnte ich auch, so glaube ich es, die Notbremse ziehen, und wirklich mit einem "Ruck" aussteigen. Die NAKI - Vergangenheit verfolgte mich nicht so sehr, wie ich es hier von den meisten Fories lese. Mein Hirn war noch nicht ganz "rein" gewaschen,
und, wie ich meine, dadurch hatte ich viel Kraft, ein neues Leben zu beginnen, in dem ich heute zufrieden und glücklich lebe. Aber, da die NAKI mir ca. 20 Jahre meines jungen Lebens gestohlen hat, zähle ich mich zu der Gruppe, die sie komplett auslöschen will. Sie ist mittlerweile so orientierungslos geworden --- eine Ameisenstraße wirkt orientierungslos,
aber die Tierchen wissen alle, wo sie hin wollen und müssen. Mich macht es immer noch wütend, dieses salbungsvolle
"wir, wir, wir, wir, wir, --- wir wollen doch nicht, wir können gewiß sein, wir werden das Ziel erreichen, wir bleiben gehorsam, wir werden für die treue Nachfolge belohnt usw. ohne Ende lassen sich diese Phrasen weiter nennen.
Und selbst heute, nach allem, was du in deiner Kindheit und Jugend erlebt hattest: das wird bis heute so weitergeführt,
wohl nicht mehr mit so viel Gewalt, aber, die "gehorsame Nachfolge" gilt immer noch.
Ich glaube, zu deinem Bericht, daß deine Eltern nicht anders handeln konnten, sie waren im Riesenspinnennetz der Botschaft gefangen. Und das! und danach weitermachen, die Lügen, werde ich dieser Sekte nie verzeihen.
Darum will ich den Petitionsbericht, alles muß offen werden. Ach, ich schweife ab. Ich wollte ja nicht viel schreiben.

Lieber Jinn, gerne will ich dir helfen mit meinen Gedanken zu deiner Frage. Aber es geht mir ähnlich wie Bezirks Elster,
daß ich deine Frage nicht richtig verstehe. Würdest du das bitte noch einmal anders formulieren?

Hier auch noch danke an Florian für seinen Beitrag zur Botschaft. Ja, ich habe im Internet rauf und runter gelesen, was es nur zu lesen gab, und Orgfree ist mir gut bekannt.

Schlaft schön --- hatikwa

Jinn

Re: Die unglaubliche "Glaubensgeschichte" meines Bruders

#10 Beitrag von Jinn » 07.01.2018, 13:02

Werte Bezirks-Elster,

ja, meine Lebensgeschichte ist halt ebenso lang, wie es mein Alter vorgibt.
Leider mit vielen Emotionen versetzt, die einen Menschen runterziehen und die Seele belasten.
Um Ihnen ehrlich zu antworten, musste ich beim Lesen dieser Feststellung erst einmal sehr tief durchatmen.
Offenbar blasen Sie in ein mir wohlbekanntes Horn. (Wie auch in Ihren anderen versuchten Relativierungen*)

Es ist schwer vorstellbar, dass Religion und ihre religiösen Auslegungen nicht emotional sein kann, weil es der grundlegende Leitgedanke jeder Religion ist, die Emotionen der Menschen anzusprechen.
Wenn dabei dann etwas so gründlich schief geht, wie es bekannter Weise in der NAK geschehen ist (lt. Hatikwa u.v.a. auch heute noch), dann erwarten Sie, dass es einen Menschen aufbaut und die Seele frei macht?

Bezüglich meiner Frage „Wie könnte ich unter Berücksichtigung ….“ scheint es ein großes (sprachliches) Missverständnis zu geben.
Das „Wie könnte ich …“ war in diesem Fall meine ins Forum gestellte Ratlosigkeit darüber, dass mein Bruder seine ganze Wut und seinen Frust über all das Geschehene auf meine Eltern – und nicht auf die Sekte richtet.

Ich selbst, und das hat z.B. Hatikwa schnell begriffen, habe längst meinen Frieden, sowohl mit meinen Eltern, aber auch im Sinn „die Sekte belastet mich nicht mehr“ geschlossen.
Aber deswegen werde ich über all das Geschehene und sich auch heute noch Zutragende nicht schweigen!
Wissen Sie, werte Bezirks-Eltser, als Geschädigter und Leidtragender der NAK-Sekte lese und höre ich genau hin, wenn jemand darüber schreibt oder redet.
Mich erinnern diese feinen, subtilen, aber völlig ungeziemende Relativierungsversuche, von denen mir auch viele andere Aussteiger berichtet haben, (die Zeit damals war schuld, man muss auch verzeihen können, die NAK-Eltern haben doch alles nur gut mit ihren Kindern gemeint, u.v.a.m.), sehr an das Manipulationswesen der NAK-Sekte.
Ich habe dennoch eine andere Einstellung.
Die sei Ihnen gerne belassen, auch wenn ich das „dennoch“ (s.o. Subtilität) unpassend finde.
Ich vermute, dass Sie, als vermutlich gut integrierter Christ nach dem Motto an die Sache herangehen: „Wenn dich einer auf die linke Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin“
Vielleicht verstehen Sie (ich vermute nicht), aber bei vielen Aussteigern ist diese Schwelle der tiefsten Manipulation längst durchbrochen: Null-Toleranz für diese Seelenfänger und Seelenvernichter!

Wissen Sie, ich bin auch Vater eines prächtigen, freiheitlich und freidenkend aufgewachsenen Sohnes. Es würde mich sehr, sehr traurig stimmen, wäre seine einzige Erwartungshaltung in mich gewesen, ihn gezeugt und aufwachsen lassen zu haben.
Ich verwies in meinem Beitrag auch darauf, dass „man“ (also das Gefolge der NAK-Sektenführer) schon darüber Bescheid wusste, wenn deren Nachkommen ganz andere Lebens- und Berufschancen eingeräumt wurden, wie dem „unteren Gefolge“. „Man“ hat es also gewusst!
Dieses Wissen kann trotz der erfolgten Gehirnwäsche nicht gänzlich von Schuld freisprechen.
Irgendwann habe ich selbst Verantwortung für mein Leben übernommen - bei mir im "reifen Alter von 4 Lebensjahrzehnten". War eben ein Spätzünder. Aber ich habs gepackt, glaubensmäßig autonom zu sein.
Das freut mich für Sie!
Ihren Ausführungen entnehme ich, dass Sie in einem nicht gar so fanatischen NAK-Elternhaus groß geworden sind, wie es bei uns der Fall war. Vielleicht können Sie dann um so mehr einschätzen, wie viel mehr „Schmackes“ es erfordert hat, dort „sein Leben in die Hand zu nehmen“ und trotzdem ein ganz respektabler „normaler“ Mensch geworden zu sein.
Nur: Manche, siehe meinen Bruder, haben das halt unter den NAK-Voraussetzungen – und ihren ohnehin vorhandenen Behinderungen – nicht geschafft.
*Ironie on*Schwamm drüber! So war die Zeit! Da kann niemand nix dafür! Halt Pech gehabt ….*Ironie off*
Und bezüglich dem folgenden Satz,...
ich denke die Zeit war damals eine ganz andere (Unterstreichung von mir). Eine obrigkeitshörige Nachkriegszeit (1965) mit Kenntnissen aus der jetzigen Informationszeit (2018) bewerten zu wollen, kann nicht gut ausgehen.
Sie scheinen nicht viel Kenntnisse über „diese Zeit“ zu haben?
Ich kenne noch heute viele Schulkameraden und ehemaligen Kindheits- und Jugendfreunde (die ich erst einige Zeit nach meinem NAK-Ausstieg wirklich kennenlernen durfte!), darunter auch Linkshänder, die – eben ohne die NAK – völlig anders … ich schreibe mal „behandelt“ worden sind.

Kurzum: Nein, ich schiebe die Schuld an unserer Familienmisere nicht allein auf meine Eltern. Mein Bruder tut es. Er sagt zu mir: „Okay, die (seine Worte) Kirche war so und so damals, aber es gab ja auch Eltern, die nicht alles so 1:1 befolgten, wie es unsere Eltern getan haben.“
Er vermeidet also, m. E. aufgrund der sehr tiefsitzenden Manipulation der Sekte und dem daraus resultierenden schlechten Gewissen, allein schon den Gedanken daran, dass es genau anders herum war: Hätte es diese Sekte in unserem Leben nicht gegeben, wäre unsere Familie mit hoher Wahrscheinlichkeit völlig anders gemeinsam alt geworden und nicht noch bis heute Opfer und Leidtragende dieser Sekte.
Die, wie ich aus vielen Beiträgen hier immer wieder herauslese, auch heute noch alles tut, um Menschen in die Irre zu führen.

Herzlichst
Jinn

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