NAK - Macht und Freiheit: Erfahrungen und Interpretationen eines Ex-Priesters der NAK Taschenbuch von Markus Lechner

Alles rund um die Sondergemeinschaft Neuapostolische Kirche (NAK), die trotz bedenklicher Sonderlehren (u.a. Versiegelung, Entschlafenenwesen mit Totenmission, Totentaufe, Totenversiegelung und Totenabendmahl, Heilsnotwenigkeit der NAK-Apostel, Erstlingsschaft, ..), weiterhin "einem im Kern doch ... exklusiven Selbstverständnis", fehlendem Geschichtsbewusstsein und Aufarbeitungswillen, speziell für die Zeit des Dritten Reiches, der DDR, der Bischoffs-Botschaft ("... Ich bin der Letzte, nach mir kommt keiner mehr. ..."), sowie ihrer jüngsten Vergangenheit und unter erheblichem Unmut ehemalicher NAK-Mitglieder, auch Aussteiger genannt, die unter den missbräuchlichen Strukturen und des auf allen Ebenen ausgeprägten Laienamtes der NAK gelitten haben, weiterhin leiden und für die die NAK nach wie vor eine Sekte darstellt, im April 2019 als Gastmitglied in die ACK Deutschland aufgenommen wird.
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Musikuss
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Re: NAK - Macht und Freiheit: Erfahrungen und Interpretationen eines Ex-Priesters der NAK Taschenbuch von Markus Lechner

#21 Beitrag von Musikuss » 16.08.2024, 15:17

Viola hat geschrieben:
01.08.2024, 10:45
Hallo in die Runde,
Hallo liebe Viola,

mich würde interessieren: wie lange ist es her, dass du aus der NAK ausgetreten bist?

Ich bin ungefähr in deinem Alter und seit jeher in meiner Gemeinde aktiv, u.a. als Amtsträger. Ich verfolge die Entwicklungen in den deutschen Gebietskirchen intensiv (da gibt es unterschiedliche Tempi und Mentalitäten), informiere mich aber auch über Entwicklungen in anderen Kirchen. Ich finde, dass sich in den vergangenen 25 Jahren enorm viel in der NAK getan hat. M.E. erheblich mehr, als in anderen Kirchen möglich gewesen wäre. Innerkirchlich (im Verhältnis Kirchenleitung - Gläubige) war das durchaus sehr anspruchsvoll und im Bezug auf das Taufverständnis gab es seinerzeit eine Zerreißprobe auf höchster Ebene.

Geschichten, wie die von dir geschilderte (Berufswahl), kenne ich auch. Im Seelsorgegespräch mit Senioren höre ich auch Geschichten, wo sich mir die Nackenhaare sträuben.

Diese Art von Machtmissbrauch durch Geistliche, Lehrkräfte, Eltern etc. kann ich mir heute allerdings nicht mehr vorstellen. Zum Einen lässt sich heute keiner mehr in die persönliche Lebensführung dreinreden. Zum Anderen gibt es mittlerweile ein umfangreiches Schulungsangebot für Amtsträger, Lehrkräfte und Gemeindemitglieder, die besondere Funktionen ausüben. Grundlage ist in jeder Gebietskirche ein Leitbild ("Dienen und Führen"); im Einführungsseminar geht es um das Menschen- und Gottesbild, Kirchen- und Amtsverständnis und ein erheblicher Teil nimmt das Thema Kommunikation ein. Vortragende sind dabei keine hochrangigen Amtsträger, die das aufs Auge gedrückt bekamen, sondern bspw. Kommunikationsexperten, Mediatoren etc., die aus der täglichen Praxis berichten können und auch praktische Übungen mit den Teilnehmern machen.

Dem potentiellen Thema des sexuellen Mißbrauchs stellt man sich kirchlicherseits: die deutschen Gebietskirchen fordern von Amtsträgern und Funktionsträgern, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, mittlerweile ein Führungszeugnis, es gibt Seminare zur Achtsamkeit hinsichtlich übergriffigem Verhaltens (das kann ja bereits subtil stattfinden), und jeder muss einen Verhaltenskodex unterschreiben.

Insofern ist die NAK mE bereits auf einem guten Weg.

Was Demokratie angeht, müsste man genauer definieren, was man diesbezüglich will - und was möglich bzw. sinnvoll ist. Ich kenne viele Gemeinden, in denen ein hoher Beteiligungsgrad besteht und die Gemeindegremien für die vielen Tätigkeitsbereiche einer Gemeinde eingeführt haben; die Gremien arbeiten und entscheiden eigenständig, besprechen sich aber natürlich ein bis zweimal pro Jahr mit der Gemeindeleitung. In finanziellen Dingen (Anschaffungen, bauliche Gegebenheiten) kommen Impulse aus der Gemeinde, die der Vorsteher entweder umsetzen kann oder weitergibt. Sicher ist die Geschichte mit den Gremien nur dort möglich, wo es genügend engagierte Gemeindemitglieder gibt. Personelle Besetzungen von Amtsträgern sind bisher tatsächlich nicht demokratisch; ich weiß, dass sich die Entscheidungsträger das nicht einfach machen und auch auf Gemeinde- und Bezirksebene darüber ein intensiver Austausch stattfindet, wer geeignet sein könnte. Die Kirchenleitung wird traditionell ebenfalls nicht basisdemokratisch gewählt. Aus unserem traditionellen Selbstverständnis heraus wäre die Wahl von Amtsträgern und Kirchenleitung wohl auch etwas, was sich die Wenigsten Kirchenmitglieder vorstellen könnten. Selbst wenn man eine demokratische Ausgestaltung zuließe, hätte man wahrscheinlich Probleme, jemanden zu finden, der sich zur Wahl stellt.

Das Apostelamt als autokratisch zu bezeichnen, geht mir zu weit. Das mag früher auf den einen oder anderen zugetroffen haben, es kommt aber eine neue Generation nach, die mW in einem sehr offenen Dialog mit Bezirks- und Gemeindeleitungen steht, ebenso mit den Kirchenmitgliedern. Denkverbote, wie du und ich sie aus der Kindheit oder Jugend kennen, haben da keinen Platz mehr. Das schließt nicht aus, dass es eine geistliche Führung gibt bzw. dass diese notwendig ist. Die Heilsnotwendigkeit des Apostelamts ist aus NAK-Sicht die "sichere Bank", spricht aber mittlerweile nicht mehr den anderen Kirchen die Wirksamkeit von Amt und Geist ab.

Soweit mal meine Innensicht zu deiner Aussensicht auf die NAK.

Viele Grüße vom Musikuss

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Re: NAK - Macht und Freiheit: Erfahrungen und Interpretationen eines Ex-Priesters der NAK Taschenbuch von Markus Lechner

#22 Beitrag von Andreas Ponto » 18.08.2024, 22:37

Viola hat geschrieben:
01.08.2024, 10:45
... Summa summarum halte ich es allerdings für wenig wahrscheinlich, dass die NAK sich wie vom Autor erhofft, reformiert. Um es kurz zu machen, ich halte eine solche Reform beim gleichzeitigen Festhalten am Apostelamt und dem, wofür es gemeinhin steht, für unmöglich. Das eine (Apostelamt) schließt für mich das andere (Reform, Mitsprache der Basis, Aufbrechen von Hierarchien, etc.) aus. Ohne Apostelamt allerdings gibt es keine NAK mehr. Ich glaube, dass dies eine Zerreißprobe für die Kirchenleitung ist und ich glaube nicht, dass sie diese langfristig wird lösen können.

...

Es ist die Masse und Anzahl dieser Erfahrungen, die dieses Verhalten als systemischen Machtmissbrauch kennzeichnen.

...

2. Ich nenne dies „systemischen Machtmissbrauch“ nicht, weil ich konfrontativ argumentieren möchte, sondern weil das System der NAK, die starren Hierarchien und die Absolutheit des Apostelamts mit seiner alleinigen, gottgegebenen Entscheidungsgewalt, genau diesem Machtmissbrauch Vorschub leisten. Wie heißt es so schön „der Fisch stinkt vom Kopf her“. ...

...

Liebe Viola,

herzlichen Dank für deinen Beitrag, den ich so nur unterstreichen kann. Ich bin Mitte 50 und habe mich vor 13 Jahren von der NAK verabschiedet. Aus meiner Sicht keine Chance auf Reformfähigkeit, geschweige denn Reformwillen waren damal der Anlass für mich mich evangelisch zu werden.

Musikuss versucht aus meiner Sicht deinen Beitrag unzulässig zu relativieren: Früher war das vielleicht hie und da mal so, aber heute ist alles ganz anders...
... Diese Art von Machtmissbrauch durch Geistliche, Lehrkräfte, Eltern etc. kann ich mir heute allerdings nicht mehr vorstellen. ...
Mag sein, aber dann halt in anderer Form und auf subtilere Weise.
... Das Apostelamt als autokratisch zu bezeichnen, geht mir zu weit. ...
Doch, es ist absolut und autokratisch. So sehe ich das ebenfalls.
... Die Heilsnotwendigkeit des Apostelamts ist aus NAK-Sicht die "sichere Bank", ...
Siehst du?!
Was für eine Verblendung, Selbstherrlichkeit und geistlicher Missbrauch. Dieser Mist wird von sogenannten Aposteln den eigenen Schäfchen eingeflöst:
Wenn ihr bei uns bleibt und uns folgt, werdet ihr selig werden. Aus meiner Sicht Missbrauch und Irreführung zugleich; und in Reinform.

Ich möcht mit einem in der NAK ziemlich geläufigen Wort antworten: "Geist stirbt nicht!"

Das Machtsystem NAK hat sich nicht gewandelt und wird sich nicht wandeln. Es kann sich nicht wandeln - es hat sich lediglich neue Kleider zugelegt.

Und dazu fallen mir zwei weitere Sätze ein:
  • "Der Wolf im Schafspelz" und
  • "Des Kaisers neue Kleider"
LG
Andreas


P.S.: Auch bei der FeG kann ich das Wort "Frei" nicht nachvollziehen. Für mich persönlich wäre das vom "Regen in die Traufe" ...

Viola
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Re: NAK - Macht und Freiheit: Erfahrungen und Interpretationen eines Ex-Priesters der NAK Taschenbuch von Markus Lechner

#23 Beitrag von Viola » 20.08.2024, 13:38

Lieber Musikuss,

es hat ein bisschen gedauert, aber ich möchte gerne auf einige Punkte deiner Antwort eingehen.
mich würde interessieren: wie lange ist es her, dass du aus der NAK ausgetreten bist?
Das hat nichts mit dem Zeitpunkt meines Austritts zu tun. Wie bei vielen hier bin auch ich in einer neuapostolischen Kirche aufgewachsen und in meiner Familie und meinem kirchlichen Bekanntenkreis bin ich die Einzige, die ausgetreten ist. Ich bin also nach wie vor informiert und bekomme hautnah mit, was in unserem Kirchenkreis hier so vonstatten geht. Insofern würde ich in meinem Fall nicht von einer Aussensicht sprechen, auch wenn ich natürlich die Gottesdienste oder andere Veranstaltungen nicht besuche, abgesehen natürlich von Jubiläen, Taufen, Inruhesetzungen oder dergleichen.
Ich bin ungefähr in deinem Alter und seit jeher in meiner Gemeinde aktiv, u.a. als Amtsträger. Ich verfolge die Entwicklungen in den deutschen Gebietskirchen intensiv (da gibt es unterschiedliche Tempi und Mentalitäten)
Hier kann ich zustimmen: betrachtet man einzelne Gemeinden im Vergleich klaffen die Entwicklungen teilweise recht eklatant auseinander. Im Zweifel sind jedoch alle progressiven, auf Teilhabe ausgerichteten Bemühungen auf Gemeindeebene von dem Wohlwollen übergeordneter Ämter abhängig. Genau diese „Amtsabhängigkeit“ (die nicht nur das Apostelamt betrifft) steht meiner Meinung nach einer grundlegenden Reform im Wege. Diese Sichtweise ist sicherlich meinem Kirchenverständnis und dem wie ich „Gemeinde“ verstehe geschuldet. An dieser Stelle muss – oder sollte – sich jeder Christ wahrscheinlich im Laufe des Lebens einmal ernsthaft mit der Frage beschäftigen, was das „Evangelium“, die Botschaft Christi, in ihrem Kern wirklich ausmacht. Ist das eine Botschaft der Hierarchie, des Amtes, der Dominanz und der Institutionen? Oder ist das was Evangelium ausmacht nicht vielmehr, dass all diese menschlich aufgepfropften Dinge von dem ureigenen Wesen der Botschaft Christi aufgehoben und transzendiert werden? Natürlich braucht man Organisation, Regeln und Formen, die das Zusammenleben und das Verwalten bzw. die Durchführung der Sakramente innerhalb der Gemeinde und Kirche ordnen. Ich persönlich finde diese evangelische Botschaft für mich am ehesten hier in der Landeskirche und im protestantischen Glauben. All die oben aufgezählten Punkte sind eben auch ein Grund warum ich mich z.B. nicht zur römisch-katholischen Kirche bekennen könnte.
Diese Art von Machtmissbrauch durch Geistliche, Lehrkräfte, Eltern etc. kann ich mir heute allerdings nicht mehr vorstellen.
Das möchte man sich natürlich nicht vorstellen. Die Frage ist, ob Mechanismen bzw. Prozesse implementiert wurden, die solchem Machtmissbrauch vorbeugen? Und wenn ja, welche das ganz genau im Detail sind. Es ist nunmal leider so, dass sich das Gefühl von Macht im religiösen Kontext grundsätzlich aus einem göttlichen Sendungsbewusstsein ableitet. Das ist irgendwo auch ein theologisches Problem. Und meinem Dafürhalten nach sind hierfür Konfessionen prädestiniert, die ihre postulierte göttliche Sendung und Bevollmächtigung als vorrangig empfinden. Ich denke, das ist in der NAK nach wie vor der Fall. Dazu muss man nur den Katechismus aufmerksam lesen. Noch einmal: ich sage nicht, dass dies allein ein Problem der NAK ist. Ich bin aber nach wie vor nicht überzeugt, dass sich die NAK mit den Wurzeln dieses Problems wirklich tiefgehend auseinandergesetzt hat. Hier ist z. B. die katholische Kirche ein gutes Stück weiter. Hier wurden mittlerweile von vielen Diözesen Anlauf- und Beratungsstellen für von religiös-geistlichem oder sexuellem Missbrauch Betroffenen eingerichtet. Auch wird sich des Themas immer mehr in der Forschung und im Studium, sowohl fachspezifisch im Theologiestudium als auch in der Pastoralausbildung angenommen.
Zum einen lässt sich heute keiner mehr in die persönliche Lebensführung dreinreden.
Dann gehöre ich wohl zu den armen Irren, die sich haben dreinreden lassen.
Der Satz ist zutiefst entlarvend, diffamierend und verurteilend. Es ist also nicht das Fehlverhalten eines Laienpriesters, der sich in seinem Sendungsbewusstsein gefällt und dem Ratsuchenden mit dem Verlust des ewigen Heils droht, sondern mein persönliches Versagen dieses zugelassen zu haben. Für mich reinster neuapostolischer Geist.
Zum anderen gibt es mittlerweile ein umfangreiches Schulungsangebot für Amtsträger, Lehrkräfte und Gemeindemitglieder, die besondere Funktionen ausüben. Grundlage ist in jeder Gebietskirche ein Leitbild ("Dienen und Führen"); im Einführungsseminar geht es um das Menschen- und Gottesbild, Kirchen- und Amtsverständnis und ein erheblicher Teil nimmt das Thema Kommunikation ein. Vortragende sind dabei keine hochrangigen Amtsträger, die das aufs Auge gedrückt bekamen, sondern bspw. Kommunikationsexperten, Mediatoren etc., die aus der täglichen Praxis berichten können und auch praktische Übungen mit den Teilnehmern machen.
Es ist natürlich gut und lobenswert, dass es mittlerweile entsprechende Schulungen gibt. Ich denke dennoch, dass die seelsorgerliche Qualität generell in der NAK deutlich niedriger anzusiedeln ist als in den Landeskirchen, speziell der Evangelischen. Ich möchte nicht bestreiten, dass es gewiss hier wie auch dort Ausnahmen von der Regel gibt, so wie überall. Einerseits ist das sicherlich das Resultat der professionelleren Ausbildung evangelischer Theologen und Seelsorger. Andererseits bieten z. B. die evangelischen Landeskirchen und auch die römisch-katholische Kirche eine Vielzahl von übergeordneten und unabhängigen Beratungsstellen für eine Vielzahl von Problematiken an (wie bereits oben erwähnt). Diese Stellen bezeichne ich als unabhängig, weil sie der täglichen Gemeindearbeit an zentraler Stelle übergeordnet sind und unabhängig von den Ortsgemeinden agieren. Auf subjektiver Ebene möchte ich zudem noch anmerken, ohne dass ich hier generalisieren kann, denn ich habe das ja nicht wissenschaftlich erhoben, dass ich die Erfahrung gemacht habe, dass die Schweigepflicht in den Landeskirchen und auch der römisch-katholischen Kirche deutlich gewissenhafter befolgt wird.
Dem potentiellen Thema des sexuellen Mißbrauchs stellt man sich kirchlicherseits: die deutschen Gebietskirchen fordern von Amtsträgern und Funktionsträgern, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, mittlerweile ein Führungszeugnis, es gibt Seminare zur Achtsamkeit hinsichtlich übergriffigem Verhaltens (das kann ja bereits subtil stattfinden), und jeder muss einen Verhaltenskodex unterschreiben.
Hierzu kann ich nichts anmerken. Es ist gut, dass die Amts- und Funktionsträger dahingehend sensibilisiert werden. Sind auch die Gläubigen sensibilisiert worden und haben sie Ansprechpartner und unabhängige Stellen an die sie sich bei Fehlverhalten wenden können? Wo finden sie diese Stellen? Werden diese Stellen öffentlich gemacht oder geht das wieder die gemeindeinterne Ämterstufe hoch und runter?
Was Demokratie angeht, müsste man genauer definieren, was man diesbezüglich will - und was möglich bzw. sinnvoll ist. Ich kenne viele Gemeinden, in denen ein hoher Beteiligungsgrad besteht und die Gemeindegremien für die vielen Tätigkeitsbereiche einer Gemeinde eingeführt haben; die Gremien arbeiten und entscheiden eigenständig, besprechen sich aber natürlich ein bis zweimal pro Jahr mit der Gemeindeleitung. In finanziellen Dingen (Anschaffungen, bauliche Gegebenheiten) kommen Impulse aus der Gemeinde, die der Vorsteher entweder umsetzen kann oder weitergibt.
Und wieder hängt die Umsetzung vom Gutdünken eines einzelnen, übergeordneten Amtes ab.
ich weiß, dass sich die Entscheidungsträger das nicht einfach machen und auch auf Gemeinde- und Bezirksebene darüber ein intensiver Austausch stattfindet, wer geeignet sein könnte.
Es ist schön, dass das im Ämterkreis (mittlerweile) engagiert diskutiert wird. Die betroffenen Gemeindemitglieder haben dennoch an diesen Diskussionen so weit ich es sehe keinerlei Anteil oder werden auch nur angehört. Wäre das nicht gerade auf Gemeindeebene sinnvoll? Ich kann schon nachvollziehen, dass man Bedenken hat, dass auf diese Art und Weise Persönlichkeitsrechte verletzt werden könnten. Ich frage mich nur, warum nicht wenigstens kommuniziert wird, warum ein bestimmtes Amt wohin auch immer vergeben wird. Man kann doch die Pro-Gründe ganz offen kommunizieren, ohne jemand anderem auf die Füße zu treten? Ich habe hier nach wie vor den Eindruck, dass alle Entscheidungen hinter verschlossenen Türen unter dem mystischen Schleier der Gottgewolltheit getroffen werden.
Die Kirchenleitung wird traditionell ebenfalls nicht basisdemokratisch gewählt. Aus unserem traditionellen Selbstverständnis heraus wäre die Wahl von Amtsträgern und Kirchenleitung wohl auch etwas, was sich die Wenigsten Kirchenmitglieder vorstellen könnten.
Das stimmt selbstverständlich. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz und, auf die Gefahr hin mich zu wiederholen, jeder muss sich fragen: was ist Kirche für mich? Was ist Gemeinde? Was ist Evangelium?
Selbst wenn man eine demokratische Ausgestaltung zuließe, hätte man wahrscheinlich Probleme, jemanden zu finden, der sich zur Wahl stellt.
Das heißt im Umkehrschluss jemand wird gezwungenermaßen ins Amt gedrängt? Sorry, falls das provokant rüberkommt, aber ich frage mich was das was du schreibst grundsätzlich bedeutet. Bin mir nicht sicher wie ich das verstehen soll.
Das Apostelamt als autokratisch zu bezeichnen, geht mir zu weit.
Wie würdest du es denn bezeichnen?
Das mag früher auf den einen oder anderen zugetroffen haben, es kommt aber eine neue Generation nach, die mW in einem sehr offenen Dialog mit Bezirks- und Gemeindeleitungen steht, ebenso mit den Kirchenmitgliedern. Denkverbote, wie du und ich sie aus der Kindheit oder Jugend kennen, haben da keinen Platz mehr. Das schließt nicht aus, dass es eine geistliche Führung gibt bzw. dass diese notwendig ist.
Aber darf diese geistliche Führung auch in Frage und Zweifel gestellt werden? Darf über Entscheidungen diskutiert werden? Oder verleugne ich dann fast schon automatisch Gottes Willen und setze mein Seelenheil aufs Spiel?
Die Heilsnotwendigkeit des Apostelamts ist aus NAK-Sicht die "sichere Bank", spricht aber mittlerweile nicht mehr den anderen Kirchen die Wirksamkeit von Amt und Geist ab.
Dann ist es ja keine Notwendigkeit mehr, oder? So ein bisschen nach dem Motto: na ja, Gott kann ja noch eingreifen, wenn er will. Das macht für mich irgendwie gar keinen Sinn und ist einfach ein Punkt, den ich nicht nachvollziehen kann. Für mich hat Christus schon das Heil gespendet – einmal vollbracht, vollgültig, ewiggültig. Ein Mensch, ein Amt kann nicht mehr machen als was Christus schon vollbracht hat.
Soweit mal meine Innensicht zu deiner Aussensicht auf die NAK.
Ich möchte noch kurz anmerken: danke, dass du dir die Zeit genommen hast zu antworten und deine Sicht zu schildern und zwar auf sehr angenehm sachliche und konstruktive Weise.

Gruß,

Viola
Zuletzt geändert von Viola am 20.08.2024, 16:21, insgesamt 1-mal geändert.

Viola
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Re: NAK - Macht und Freiheit: Erfahrungen und Interpretationen eines Ex-Priesters der NAK Taschenbuch von Markus Lechner

#24 Beitrag von Viola » 20.08.2024, 16:03

Lieber Andreas,

Ich sehe das wie du und möchte noch einmal ein paar Dinge herausgreifen und näher darauf eingehen.
Andreas Ponto hat geschrieben:
18.08.2024, 22:37
herzlichen Dank für deinen Beitrag, den ich so nur unterstreichen kann. Ich bin Mitte 50 und habe mich vor 13 Jahren von der NAK verabschiedet. Aus meiner Sicht keine Chance auf Reformfähigkeit, geschweige denn Reformwillen waren damal der Anlass für mich mich evangelisch zu werden.
Ich stimme dir zu – ich habe ja bereits deutlich gemacht, dass ich die NAK nur für wenig reformierbar halte. Zumindest nicht in dem Umfang, der für mich persönlich akzeptabel war; das wäre dann am Ende eine völlig andere, protestantische Kirche. Vielleicht darf ich der Verständlichkeit halber, einmal kurz den Prozess skizzieren, über den ich in die EKD fand. Mein Weg führte über eine tiefe Unzufriedenheit mit der fehlenden Teilhabe der Gemeinde an allen Entscheidungen und der kompletten Unfähigkeit der Bezirksleitung zu jeglicher Art von offener Kommunikation auf Augenhöhe (vom Blumenschmuck bis zur Einsetzung eines völlig überforderten Vorstehers, die letztendlich zur Zersetzung der Gemeinde führte, um nur zwei Beispiele zu nennen) hin zu einer fundamentalen Auseinandersetzung mit der Theologie, die die NAK für sich für gültig erklärt. Natürlich bin ich auch schon vorher über einige Diskrepanzen in Lehraussagen oder im Gottesdienst gestolpert. Diese wurden entweder stets weggewischt oder aber man reagierte auf Nachfragen mit „Liebesentzug“ oder Gaslighting-Strategien. Irgendwann fragte ich mich: „Glaube ich jetzt nicht mehr an Gott, an Jesus Christus und sein Evangelium? Ist das mein Problem? Oder glaube ich nur nicht mehr dem, was diese Kirche über Gott sagt?“ Ich bin dann durch die Beschäftigung mit der Reformation und insbesondere Martin Luthers zu meinem ganz eigenen Turmerlebnis gekommen. Eigentlich habe ich das Gefühl meine Zeit in der NAK in geistiger Umnachtung, in einem geistigen Ödland oder Gefängnis verbracht zu haben. Hauptsächlich waren meine Kindheit und mein Erwachsenleben in der NAK von Zweifeln und Ängsten geprägt; Zweifel nicht gut genug zu sein, nicht genug Opfer zu bringen, Ängste wenn ich es einmal nicht in den Gottesdienst, zur Gesangsstunde schaffte (Stichwort: Segens- oder Gnadenentzug; eigentlich wurde eine Werksfrömmigkeit gepredigt und gefordert). Insbesondere das Verpassen des Abendmahls wurde für mich zum Prüfstein meines Glaubens: was wenn ich das Abendmahl verpasse und der Herr kommt? Die Angstspirale drehte sich einfach unaufhörlich weiter, bis ich einfach alles, was mit Gott oder Kirche zu tun hatte nur noch verweigerte. Dabei war ich allerdings zutiefst unzufrieden und so stellte ich mir irgendwann die obigen Fragen. Seitdem hat sich für mich eine ganz neue Welt im Glauben aufgetan. Zusammenfassend kann man es wohl so beschreiben: durch persönliches Fehlverhalten der Kirche und der in ihr tätigen Amtsträger hat mich meine Unzufriedenheit und meine Verzweiflung zum mündigen Glauben geführt. Im Grunde ist nicht meine persönliche Enttäuschung über einzelne Ungerechtigkeiten ausschlaggebend für meinen Austritt gewesen, sondern die Erkenntnis, dass ich das was in der NAK gelehrt wird eigentlich nicht glaube bzw. ich sogar denke, dass es in gravierenden Punkten dem Evangelium widerspricht.
Musikuss versucht aus meiner Sicht deinen Beitrag unzulässig zu relativieren: Früher war das vielleicht hie und da mal so, aber heute ist alles ganz anders...
Es wird im Grunde keine Verantwortung für Fehler übernommen. Es gibt keinerlei offene Aufarbeitung oder gar aufrichtige Reue, sondern nurmehr Lippenbekenntnisse. Ich komme zu diesem Schluss, weil die Kirchenleitung immer, wenn Fehlverhalten angesprochen oder thematisiert wird nach wie vor mauert - relativiert wie du sagst - und versucht Verantwortung auf die Betroffenen abzuwälzen. Außerdem unternimmt sie kaum etwas, um effektiv vorzubeugen oder sich auf einen offenen Dialog einzulassen. Da werden Betroffene dann in Vier-Augen-Gesprächen von verschiedenen Amtsträgern „bearbeitet“, seelsorgerliche Gespräche werden ohne Einverständnis innerhalb des Amtsträgerkreises weitergegeben und die, die sich des Fehlverhaltens schuldig gemacht haben, gehen unbehelligter Dinge den schönen geraden, neuapostolischen Weg. Betroffene werden marginalisiert und ausgegrenzt, Täter hofiert. Das wurde über Jahrzehnte so gehandhabt und nach wie vor wird darüber der Mantel des Schweigens gedeckt. Und, lieber Musikuss nichts für ungut, genau dieses Verhalten spricht auch aus einigen Stellen deines Beitrags. Man will nichts gesehen und von nichts gewusst haben; es waren immer die anderen. Und wenn es dann doch passiert, dass Mitgliedern das Leben verbaut wird – tja, warum lassen die sich auch dreinreden? Irgendwie ist man in der NAK, wenn man wirklich an deren Lehren glaubt und diese versucht umzusetzen, immer der reinen Willkür ausgesetzt. Frei nach dem Motto: Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?
Mag sein, aber dann halt in anderer Form und auf subtilere Weise.
Hier kommt die spezifisch neuapostolisch tradierte Symbolik und Bildsprache zum Tragen. Das ist eine an vielen Stellen alarmierend manipulative Sprechweise, die man in vielen - viel zu vielen - Gottesdiensten oder auch im persönlichen Gespräch nach wie vor antrifft. Hier kann man ganz einfach Zusammenhänge triggern ohne sich nach außen die Hände schmutzig zu machen. In dem Zusammenhang habe ich mich übrigens vor kurzem gefragt, warum eigentlich so wenig neuapostolische Gottesdienste online übertragen werden? Also frei zugänglich online, z.B. auf YouTube, wie es auch während Corona gehandhabt wurde. Stattdessen wird da umständlich mit iptv und Zugangscodes hantiert - muss das wirklich sein? Warum denn? Man müsste doch froh sein, die neuapostolische Botschaft für alle zugänglich zu machen. Das ist doch der Sendungsauftrag Jesu Christi! Das ist doch die sichere Bank zum Heil! Warum wird das so verdruckst gehandhabt? Da sind die katholische und evangelische Kirche nicht so verhalten. Auch wüsste ich gerne, kann es aber nicht nachprüfen, inwiefern die Gottesdienstberichte in der neuapostolisch wortgetreu wiedergegeben werden?
Doch, es ist absolut und autokratisch. So sehe ich das ebenfalls.
Ich finde dafür auch nach langem Nachdenken keine andere Begrifflichkeit.
Siehst du?! Was für eine Verblendung, Selbstherrlichkeit und geistlicher Missbrauch. Dieser Mist wird von sogenannten Aposteln den eigenen Schäfchen eingeflöst:
Wenn ihr bei uns bleibt und uns folgt, werdet ihr selig werden. Aus meiner Sicht Missbrauch und Irreführung zugleich; und in Reinform.
Ja, ich stimme dir auch hier zu. Das ist eben das Resultat aus der „(…) Heilsnotwendigkeit des Apostelamts [ist] aus NAK-Sicht die ‚sichere Bank‘ “ wie Musikuss in seinem Beitrag schrieb.
Das Machtsystem NAK hat sich nicht gewandelt und wird sich nicht wandeln. Es kann sich nicht wandeln - es hat sich lediglich neue Kleider zugelegt.
Genau das ist ja das grundlegende Problem: wie soll sich dieses System mit dem Anspruch, dass es für sich und sein Apostelamt erhebt, ändern? Das ist für mich als proklamierte die katholische Kirche auf einmal: „Ach ja, wir brauchen eigentlich gar keinen Papst. Apostolische Sukzession haben wir wohl zweitausend Jahre überbewertet. Wir wollen jetzt flache Hierarchien und ein Priestertum aller Gläubigen.“
Und dazu fallen mir zwei weitere Sätze ein:
  • "Der Wolf im Schafspelz" und
  • "Des Kaisers neue Kleider"
Ja, auch hier stimme ich dir zu. Ich halte vieles von dem, was als Reform deklariert wird, für Kosmetik. Allerdings muss ich auch sagen, dass ich manchmal den Eindruck gewinne, dass einige Amtsträger, auch auf höheren Ebenen, mit diesen „Reförmchen“ (frei nach den bekannten „Gebötlein“ Richard Fehrs) Bauchschmerzen haben. Und zwar nicht, weil ein konservativer Habitus sich an ihnen stößt, sondern weil sie im Grunde Schwierigkeiten haben, dieses widersprüchliche Lehrgerüst mit dem Evangelium in Einklang zu bringen. Kann auch sein, dass das nur mein Eindruck ist, aber manchmal habe ich, aus der Außensicht wohlgemerkt, das Gefühl es gärt an vielen Stellen.
P.S.: Auch bei der FeG kann ich das Wort "Frei" nicht nachvollziehen. Für mich persönlich wäre das vom "Regen in die Traufe" ...
Wieder Zustimmung: auch bei der FeG wird vielerorts ein Evangelium der Angst und der Ausgrenzung gepredigt, dass die eigenen Gläubigen über andere erhebt und gleichzeitig begrenzt, alles unter dem Deckmantel der Familiarität und starken Gruppenzugehörigkeit; manchmal kann man hier ein regelrechtes Lovebombing erleben - meiner Meinung nach sind dies sektenähnliche Manipulationsstrategien. Auch die Exegese, die die FeG an vielen Stellen betreibt, halte ich persönlich für kontrovers. Aber das ist wieder ein eigenes Thema. Sicherlich ist die evangelische Landeskirche nicht der Himmel auf Erden und auch hier finden sich keine rein paradiesischen Zustände. Ich habe hier aber eine Offenheit, Akzeptanz und Toleranz kennengelernt, einen Mut sich mit schwierigen Themen auf allen Ebenen auf Augenhöhe auseinanderzusetzen – das sind Dinge, die ich nach allem, was ich in der NAK erlebt habe, wirklich von ganzem Herzen wertzuschätzen weiß.

LG

Viola

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