Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

Alles rund um die Sondergemeinschaft Neuapostolische Kirche (NAK), die trotz bedenklicher Sonderlehren (u.a. Versiegelung, Entschlafenenwesen mit Totenmission, Totentaufe, Totenversiegelung und Totenabendmahl, Heilsnotwenigkeit der NAK-Apostel, Erstlingsschaft, ..), weiterhin "einem im Kern doch ... exklusiven Selbstverständnis", fehlendem Geschichtsbewusstsein und Aufarbeitungswillen, speziell für die Zeit des Dritten Reiches, der DDR, der Bischoffs-Botschaft ("... Ich bin der Letzte, nach mir kommt keiner mehr. ..."), sowie ihrer jüngsten Vergangenheit und unter erheblichem Unmut ehemalicher NAK-Mitglieder, auch Aussteiger genannt, die unter den missbräuchlichen Strukturen und des auf allen Ebenen ausgeprägten Laienamtes der NAK gelitten haben, weiterhin leiden und für die die NAK nach wie vor eine Sekte darstellt, im April 2019 als Gastmitglied in die ACK Deutschland aufgenommen wird.
Nachricht
Autor
fridolin

Re: Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

#101 Beitrag von fridolin » 24.07.2017, 21:39

Bezirksapostel Koberstein drückte seine Begeisterung für Jesus sinngemäß so aus:
„ Jesus ist nicht nur ein Wegweiser. Er ist der Weg!
Wenn ich an Jesus denke, dann muss ich mich anschnallen, sonst könnte ich aus dem Anzug über die Kanzel springen.
Eine nackigen Bezirksapostel von der Kanzel aus durch die Kirche flitzend, dass wär's doch mal ein besonderer Gaudi :D :D :D


Matthias

Re: Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

#103 Beitrag von Matthias » 24.07.2017, 23:59

Ich möchte noch einmal zusammenfassen, was ich in diesem Forums-Thread an vermuteten verborgenen bzw. versteckten Gründen für das Nicht-Aussteigen bisher lesen konnte.

1. Da ist die Diagnose, sie würden sich selbst täuschen, und Gründe erfinden, warum sie denn bleiben müssten - in Wirklichkeit fehle ihnen der Mut zu gehen bzw. sie hätten Angst vor den Konsequenzen, Angst vor dem Scherbenhaufen ihrer kirchlichen Vergangenheit zu stehen oder einfach vor dem dann folgenden unbekannten Terrain.
Ja - ich halte es für möglich, dass das bei einigen zumindest in einer bestimmten Zeitspanne so ist. Nur was ist die Konsequenz daraus? Wie helfen wir diesen Menschen, die Selbsttäuschung zu beenden? Indem wir sie mit unserem Anspruch konfrontieren, besser als sie selbst zu wissen, was in ihnen vorgeht? Das würde doch jede weitere vertrauensvolle Kommunikation verhindern. Ein guter Therapeut zum Beispiel nimmt den Patienten ernst und kommuniziert mit ihm entsprechend. Vielleicht stellt er ein paar Fragen und er hört aktiv zu, um den Patienten dazu einzuladen, über sich selbst und seine Gedanken und Empfindungen gründlich nachzudenken. Der Patient muss selbst zum Schluss kommen, dass er sich selbst was vormacht. Nur, wenn er das selbst erkannt hat, ist er auch bereit, sich davon zu lösen. Wir können natürlich auch versuchen, ihnen die Ängste zu nehmen, indem wir als Aussteiger davon berichten, dass unser Ausstieg eine richtige Entscheidung war, bei der wir höchstens bedauern, dass wir diesen Schritt nicht früher getan haben. Dass wir neue soziale Kontakte gefunden haben, dass uns die jetzt erlebte Freiheit und die Tiefe in den Predigten viel mehr wert sind als alles, was wir beim Austritt vielleicht verloren haben usw.
Ich habe manchmal beim Lesen in den Foren den Eindruck, dass es leichter ist, jemanden die Diagnose „Angsthase - du machst dir doch nur was vor!“ um die Ohren zu schlagen als unvoreingenommen zu zu hören oder sich zu überlegen, was hilfreich sein kann.

2. Es wird unterstellt, sie würden aus egoistischen/narzisstischen Motiven bleiben, weil sie es genießen, als Amtsträger immer wieder im Mittelpunkt zu stehen und wichtig zu sein. Ja - auch ich habe den Eindruck, dass das bei einigen der Fall ist. Und das Krasse ist, dass ich mir nicht sicher bin, ob dies bei mir vielleicht auch eine Zeitlang der Grund meines Noch-Bleibens war. Aber: Der Egoisten-Vorwurf erinnert mich an den Unterricht bei meinem Deutsch- und Philosophie-Lehrer. Wir hatten viel darüber diskutiert, welche Motive wir einer Person in einem literarischen Text attestieren können und sind zur Erkenntnis gekommen, dass man jedem eigentlich immer eine altruistische Motivation absprechen und eine egoistische Motivation unterstellen kann. Selbst der sein Leben für andere opfert, tut das ja vielleicht nur, um selbst im Jenseits/Paradies dafür unermesslich belohnt zu werden oder um selbst in den Geschichtsbüchern unsterblich zu werden. Aber nicht immer gibt es eine gute Übereinstimmung zwischen den Motiven, die man von außen meint zu erkennen, und denen, die tatsächlich im Kopf des Subjekts drin stecken. Insofern ist das Unterstellen von egoistischen Motiven etwas ähnliches wie ein Totschlagargument - es ist leicht behauptet und praktisch nicht zu entkräften - außer durch die Glaubhaftigkeit der Person (was wiederum voraussetzt, dass man die Person gut genug kennt).
Auch hier stelle ich mir die Frage, wie geht man mit jemandem um, der sagt, er bleibe ja nur wegen den Geschwistern („die kann man ja nicht im Stich lassen“)? Ich denke, man merkt an der Art, wie er sein Amt ausübt ganz gut, ob er das aus Nächstenliebe macht oder ob er einfach das Gefühl braucht, gebraucht zu werden. An der Art, wie jemand hier im Forum schreibt, merkt man das viel schlechter, dazu muss man viel zu sehr zwischen den Zeilen lesen, was ja ziemlich unsicher ist. 
Vielleicht könnte man jemandem raten, doch einfach mal zu den Geschwister zu gehen, ihnen offen seine Zweifel zu äußern, ob er in der richtigen Kirche ist und sie zu fragen, was sie ihm raten würden - gehen oder bleiben? Wenn es ein Selbstdarsteller bzw. Wichtigtuer ist, werden sie ihm vermutlich raten, zu gehen …
Was vermutlich auch helfen könnte, ist, eine Aktivitätspause in der NAK zu empfehlen. Er soll sich einfach mal 3-6 Monate beurlauben lassen (er kann sich dann sagen, dass die Geschwister es so lange überleben werden) und - was wichtig ist! - eine andere Gemeinde besuchen. Ich denke, dass er dann merken wird, ob ihm das im Mittelpunkt stehen fehlt (ist allerdings schwierig, wenn er in anderen Kontexten, z.B. beruflich schon genug von dem Bedürfnis im Mittelpunkt zu stehen befriedigen kann). Ich würde vermuten, dass er in der Regel schnell merken wird, dass die Geschwister gar nicht so häufig nach ihm fragen, wie er das vermutet hätte. Als ich bedingt durch meine Hochzeit innerhalb des Ältestenbezirkes in eine andere Gemeinde wechselte (mit Erhalt des Amtsauftrags), weinten einige Geschwister und man konnte den Eindruck haben, dass ich ihnen sehr fehlen würde - sie haben es aber ganz gut verkraftet und sich nicht einmal noch bei mir gemeldet (sind auch bis heute treu geblieben). Ich würde also weniger in Frage stellen, ob ein Amtsträger auch wirklich ganz altruistisch für die Geschwister da sein will, sondern eher in Frage stellen, ob die Geschwister das wirklich so wollen oder so brauchen, wie er sich das vorstellt.

3. Es wird vermutet, dass ihnen einfach Wissen fehlt: Wissen über die Bibel, über Gottesbilder, über die Entwicklung des Christentums, Wissen über die destruktiven Strukturmerkmale der NAK und die Irrungen in der NAK-Geschichte. Ich glaube nicht, dass dies das Entscheidende sein muss. Ich kenne das von mir auch, dass man versucht, das zu verdrängen, was man an der NAK ablehnt. Man blendet das eben alles aus und versucht einfach dort, wo man ist und bei dem, was man macht, möglichst viel Jesus reinzupacken. Dann die Vergangenheit, die Kirchengeschichte (Christentum allgemein und NAK speziell) und Bibelkritik, psychologisch ihre Bedeutung. Die Gegenwart allein zählt. Ich bin der Meinung, dass ich selbst in der NAK genug darüber gelernt habe, wie christliches Verhalten aussehen sollte - und wenn ich genau diesen Maßstab an das anlegte, was ich in der Gegenwart an Verhalten der Kirchenleitung mitbekam, kam ich immer mehr zu dem Schluss, dass für mich zu wenig an Heiligem Geist zu spüren war (und dass ich mit dem, wozu ich mich vom Heiligen Geist inspiriert fühlte, in immer stärkeren Konflikt mit der NAK-Linie kam). Die erlebte alltägliche Gottferne in der NAK war für mich das Hauptargument. Ich weiß, dass für viele, die gingen, ein Haupt-„Augenöffner“ die Lektüre von Büchern war, die die Fundamente der NAK (und konservative bis fundamentalistische Glaubengrundsätze überhaupt) in Frage stellten. Vermutlich waren solche Texte auch in einer ziemlich frühen Phase für mich wichtig, um überhaupt erst mal das Gefühl „Wir allein sind die richtigen“ aus dem Kopf zu bekommen. Aber für eine Entscheidung „gehen oder bleiben“ waren diese für mich nicht mehr wichtig. Ich will hier aber gar nicht den Wert solcher Literatur in Abrede stellen! Wir sind hier aber nicht in dem Thread mit den Gründen zu gehen, sondern in dem Thread mit den Gründen zu bleiben. Also: Ein Grund zu bleiben kann diesbezüglich sein, dass das ganze Wissen aus der Bibel- und Religionskritik einfach ab einem bestimmten Punkt nicht mehr wichtig ist. Auch ich hatte mir einiges an theologischer Literatur und an Literatur über die Bibel besorgt und auch einiges davon gelesen. Vielleicht verhinderte der berufliche Stress, dass ich mehr Zeit mit solcher Literatur verbrachte, vielleicht war ich schon über einen kritischen Punkt hinweg, als ich die Bücher gekauft hatte, ich muss aber konstatieren, dass ich seit meinem Austritt nicht weiter in den Büchern gelesen habe. Was mich wohl am meisten beeinflusst hatte, waren Bücher in Richtung Mystik, Meditation, über die Erfahrungen, die Menschen dabei gemacht haben und die Art, wie diese von Gott erzählten. Und wenn man bedingungslose Liebe und die alleinige Existenz der Gegenwart zusammen nimmt, kann man ganz gut in einer NAK mit noch so falscher Vergangenheit und noch so vielen Systemfehlern bleiben - wenn man es denn will und man ein ausreichendes menschliches „Biotop“ in der Gemeinde vorfindet. Man kann aber auch leichter gehen. Daher denke ich, dass die genannte Thematik sowohl denen helfen kann, die bleiben wollen, wie auch denen, die gehen wollen (und wenn ich nach einem konkreten Hinweis gefragt werden würde, würde ich z.B. Bücher von Jörg Zink empfehlen).

R/S

Re: Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

#104 Beitrag von R/S » 25.07.2017, 07:05

Ich möchte den Gründen von Matthias, (noch) nicht auszusteigen bzw. der Glaubensheimat die Stange zu halten und weiter zu hoffen, noch einen für mich damals wichtigen Grund hinzufügen:
Es gab (gibt?) in der NAK vereinzelt Prediger, die ihren Seelsorgeauftrag und damit verbunden Predigtdienst ernst nahmen. So ernst, dass Gott bzw. eine göttliche Macht durch sie Gedanken erwecken konnte, die Antworten bildeten auf unmittelbare (und vom Prediger nicht zu wissende) Fragen. Vielleicht eignete sich gerade die unvorbereitete Laienpredigt besonders dazu, spontan erweckte Gedanken auf Seiten der Zuhörer oder Bitten um Weichenstellung etc. in ungeahnte Bahnen zu lenken.
Ich konnte (oder wollte) mir damals nicht vorstellen, dass es dieses Phänomen auch woanders geben könnte (wenn auch mindestens ebenso selten ...) und dass ich darum letztlich Gott die Stange halten würde, wenn ich - entgegen aller angelesenen oder erfahrenen Diskrepanzen - noch bliebe. Insofern war es auch bei mir so, dass die zunehmend oberflächlichen Predigten den berüchtigten letzten Tropfen bildeten im Bewusstsein, dass Gott hier nicht mehr länger wirklich im Mittelpunkt stehen konnte.
Dieses Bewusstsein hat mich auch in allen anderen Kirchen begleitet, weswegen ich heute einen großen Bogen um jede Art institutionalisierter Religion mache - die durch Lesen angeeigneten Kenntnisse über deren geschichtliche Missstände taten dann ein Übriges.
Und noch ein weiterer, wenn auch eher nebensächlicher Punkt war die Tatsache, dass es in der betreffenden Gemeinde absolut stille war vor und während der Predigt. Kein unruhiges Kindergehopse, keine lästigen Zuspätkommer, keine 'spirituellen' Unruheherde - einfach eine wunderbar kontemplative Stille, in der eigene Gedanken gedeihen konnten. Dann erst konnte bei mir Predigt wirken, weshalb vor allem das evangelische Lager (in meiner Gegend) für mich keine Alternative bildete.
Summa summarum: Gottesdienst als echtes Gotterleben (auch wenn dies äußerst selten der Fall war), das geht mir heute noch ab, auch wenn dieses Gotterleben ohne Gottesdienst ebenso möglich ist.

Johannes

Re: Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

#105 Beitrag von Johannes » 25.07.2017, 09:24

Lieber Matthias,

Danke für die Zusammenfassung aus deiner Sicht, aus der Sicht eines Aussteigers. Ich muss dazu noch einmal Stellung nehmen.
Zu Punkt eins: Hältst du es nicht für möglich, dass jemand wirklich ernsthaft den Ausstieg überlegt hat, aber sich dann ganz bewusst fürs Bleiben entschieden hat? Dass nicht der Ausstieg die logische Konsequenz war, sondern das Bleiben in der NAK am Schluss der Überlegungen gestanden ist. Und dass es nicht aus Angst vor dem Verlust der sozialen Kontakte, die Angst vor dem Ungewissen war, sondern, und das hört sich jetzt seltsam an, zum Teil der Mangel an Alternativen? Ich habe mir einige andere Kirchen angeschaut, aber keine hat sich als wirkliche Alternative zur NAK erwiesen. Ich weiss schon, jetzt erfolgt der Aufschrei von einigen: "Na klar, nichts ist so gut wie die NAK, die sind ja die einzig Wahren." Nein, das ist es nicht, ich habe größten Respekt vor anderen Kirchen, es ist wirklich nur der Punkt dass ich nirgendwo das Gefühl hatte, hier ist es viel besser. Und eines kannst du mir glauben, ich habe wirklich unvoreingenommen andere Kirchen bewusst, nicht mit der für NAK-Mitglieder üblichen Arroganz. Und zusätzlich kommt noch das Gefühl in der NAK gebraucht zu werden, aber dazu später.
Punkt drei, geschichtliches Wissen, theologisches Wissen, etc. Ich habe mich äußerst intensiv mit der Geschichte der NAK beschäftigt, ich kenne die Abspaltung oder sollte man besser sagen den Rauswurf aus der Katholisch-Apostolischen Kirche, ich kenne den Fall Geyer, ich kenne den von Stammapostel Niehaus verfassten Lebenslauf, ich kenne die Darstellung von Ap. Kuhlen bezüglich seiner Aufgabe des Stammapostelamtes, ich habe Michael Kochs ausführliche Geschichte der Botschaft gelesen. Ich habe mich auch mit nicht-NAK-Literatur beschäftigt, ich habe viel daraus gelernt für mich und auch vieles daraus weitergegeben, also ich bin durchaus bereit über den Tellerrand zu schauen. Also ich denke, ich habe auch da ein größeres Wissen als andere und bin trotzdem geblieben
Punkt zwei, die egoistisch/narzisstischen Gründe, die Selbstdarstellung als Amtsträger: In der Tat, das macht mir am Meisten Gedanken, ob es einzig das ist, was mich hält. Natürlich ist es angenehm, im Mittelpunkt zu stehen, wenn man in einen Gemeinde kommt von den Geschwistern freudig empfangen zu werden, predigen zu können und jeder muss zuhören. Aber ist es wirklich nur das, was mich hält? Ich traue mich sagen nein, weil dazu investiere ich auf der einen Seite viel zu viel Zeit und Gefühl, da steht die "Belohnung" nicht dafür. Und es sieht ja niemand, wenn ich jemand im Spital besuche, wenn ich mit jemand bete, der Schwierigkeiten hat. Es ist für mich eine Verpflichtung, wenn mich Geschwister bitten, für sie zu beten, auch wenn dann kein Dank dafür kommt. Und ich habe unfreiwillig, krankheitshalber, eine Auszeit von mehr als drei Monaten nehmen müssen, und es war genau das, was du beschrieben hast. Freude bei den Geschwistenr, dass ich wieder da bin. Und weisst du, ich könnte heute auf Grund meiner langjährigen Erfahrung und Praxis ohne viel Vorbereitung einen Gottesdienst halten, und ich mache es doch nicht. Ich bereite mich Stunden auf jeden Gottesdienst vor, und diese Vorbereitung ist Quer-Beet, alles was mir unterkommt. Ich weiss nicht, ob Geschwister da den Unterschied merken, aber ich merke es und es ist mir eine innere Verpflichtung. Und es kommt noch ein Punkt dazu, genau das, was R/S angesprochen hat, nur aus der umgekehrten Sicht. Ich habe das einfach schon zu oft erlebt, dass ich im Gottesdienst Gedanken ausgesprochen habe, die ich vorher so nicht gehabt hatte, und dann haben mir Geschwister bestätigt, das war genau das, was sie gebraucht haben. Ich habe das schon so oft erlebt, dass ich bei Seelsorgebesuchen beim abschliessenden Gebet plötzlich noch nie gefasste Gedanken geäußert habe, und wenn ich das schon vergessen habe, bin ich dann teilweise darauf angesprochen worden, dass sich das so erfüllt hat. Also ich habe das Wirken Gottes, das Wirken des Heiligen Geistes erlebt. Und ich habe ja eingangs beschrieben, dass es vor allem Äußerungen von Geschwistern waren, die mich zum Bleiben veranlasst haben. Die grosse Frage also, brauchen sie dich wirklich? Meine Antwort ist ja. Ich gebe mich da keinen Illusionen hin. Es gibt viele Geschwister, die mit mir wenig anfangen können, die mit den Gedanken, die ich in der Predigt äußere, wenig anfangen können. Die gibt es. Aber dann gibt es eben auch andere, denen der "Einheitsbrei", der zumindest bei uns schon weniger wird, eben nicht genügt, und die brauchen mehr. Auch da gebe ich mich keinen Illusionen hin, wenn ich heute nicht mehr da bin, dann bleiben die Geschwister sehr wohl in der NAK. Aber der Großteil von denen, das ist meine Einschätzung, würde die NAK nicht verlassen. Und wenn ich für die da bin, dann mache ich etwas Positives. Selbstdarstellung meinerseits? Vielleicht, um ehrlich zu sein, ich weiss es nicht, teilweise sicher, aber ist das nicht überall dabei? Aber wie gesagt, das ist der Punkt, worüber ich mir auch schon viele Gedanken gemacht habe.

fridolin

Re: Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

#106 Beitrag von fridolin » 25.07.2017, 09:38

Es gab (gibt?) in der NAK vereinzelt Prediger, die ihren Seelsorgeauftrag und damit verbunden Predigtdienst ernst nahmen. So ernst, dass Gott bzw. eine göttliche Macht durch sie Gedanken erwecken konnte, die Antworten bildeten auf unmittelbare (und vom Prediger nicht zu wissende) Fragen. Vielleicht eignete sich gerade die unvorbereitete Laienpredigt besonders dazu, spontan erweckte Gedanken auf Seiten der Zuhörer oder Bitten um Weichenstellung etc. in ungeahnte Bahnen zu lenken.
Das Phänomen ist leicht erklärbar. Der Mensch ist vielfältig in seinem Tun und Denken.
Jeder Mensch ist ein Individuum für sich selbst, im Tun und Denken und Handeln, Hoffen und Flehen.
Deshalb ist die Wahrscheinlichkeit groß und auch nicht verwunderlich, dass ein Prediger irgendwann genau die Probleme ansprechen wird, die gerade auf mich zu treffen. Wo ich mich mit schon längere Zeit beschäftigt habe, die mich bedrücken. Die der Prediger nicht kennt. Der Mensch ist eine Erscheinung, die sinnlich wahrgenommen werden kann. Die Trefferquote ist dadurch bedingt, extrem hoch.

Brombär

Re: Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

#107 Beitrag von Brombär » 25.07.2017, 11:35

Mir scheint es wichtig zu sein, deutlicher herauszustellen, dass ein Ausstieg aus der NAK vielerlei Gegebenheiten zu berücksichtigen hat.

Da ist zunächst die Lehre, die darin besteht, dass die Menschen „unserer Tage“ in der biblisch benannten Endzeit leben, für die Jesus seine Wiederkunft verheißen habe und ein wiederaufgerichtetes Apostelamt notwendig sei, dem Heiland Jesu Christ eine würdige Braut zu bereiten. Diese Braut besteht aus „würdig gewordenen“ Menschen-Seelen, die sich aufgrund des Versiegelungsakts (Handauflegung mit Eingliederungsansprache) in das Erlösungswerk Christi integrieren ließen.
Wer nicht bereit ist, diese Lehre zu akzeptieren, sollte sich von dieser Kirche verabschieden. Eine Lehrverkündigung halte ich in diesem „Fall“ für gänzlich ausgeschlossen. Wer diese dargestellte Lehre nach eigenem Gutdünken verändert, drängt sich erfahrungsgemäß „über kurz oder lang“ selbst aus der neuapostolischen Glaubensgemeinschaft. Es ist eine Frage der Zeit und der Lebensumstände.

Sodann besteht bei abwägenden Kirchenmitgliedern häufig eine Abhängigkeit (manchmal latent) zu den Glaubensvätern- und/oder Glaubens-Müttern“. Oft sind es die Eltern und vermutlich noch öfter die Großeltern, die „die Segenslinie“ begründet haben. Deren damalige Gründe, sich der NAK zuzuwenden, lasse ich hier beiseite.
Diese „Glaubensträger“ waren oder sind in den meisten Fällen die aller nächsten Familienangehörigen. Sie durch Ablehnung einer oft heiß umkämpften „Erwählungsfestmachung“ zu brüskieren, erscheint vielen als nicht erlaubte Kränkung, zumindest aber als Risiko, den Familienzusammenhalt nachhaltig zu stören. Leider bestehen solche Befürchtungen oft nicht zu unrecht, wenn auch nicht immer zurecht. Wer kann die Reaktionen schon im voraus so genau wissen?

Weiterhin ist es oft so, dass sich „Abwägende“ in einer Lebensphase befinden, in der sie sich schon über Jahrzehnte zum Vorbild, Stabilisator und Multiplikator der neuapostolischen Glaubenslehre gemacht haben, egal ob es sich als Amtsträger oder Erziehungsberechtigte handelt. Die Abkehr von der religiösen Erziehung ist z.B. nur äußerst schwierig mit einem gewachsenen Eltern-Kind-Vertrauen zu vereinbaren. Zu extrem sind hier die neuapostolischen Positionen ihrer „Endzeiterwartungen, als dass man so Mirnichts Dirnichts eine neue Marschrichtung vorzugeben vermag. Dabei ist zu beachten, dass man sich ja selbst in „ geschwächter Position“ befindet und sich oft selbst erst einmal sortieren muss.

Dann ist zu bedenken, dass die Gemeinschaft neuapostolischer Christen auf einem Bischoff´schen Dekret fußt. Dieses heißt „ Der Welt Freundschaft ist Gottes Feindschaft“.
Auch wenn heutzutage der Unsinn von der Verweigerung jeglicher lebensbejahender Aktivitäten erkannt ist, so sind doch deren Auswirkungen eindeutig nachweisbar. Zwischenzeitlich weiß man, dass das Zusammenscharen neuapostolischer Christen viel mehr den kaum vermittelbaren Glaubensinhalten geschuldet ist, als den Nachwirkungen des Bischoff-Dekrets. Die Lehre von der Auserwähltheit des Erlösungswerks unter neuapostolischen Aposteln ist weltoffenen Menschen eigentlich kaum mehr zu vermitteln. Das übrigens dürfte auch einer der ausschlaggebenden Gründe sein, weswegen die Gemeinschaft schrumpft. Der Vollendungscharakter der NAK-Lehre verhindert eine realistisch positive Lebensführung.

Ferner müssen „Abwägende“ im Falle einer Abkehr den Verlust liebgewordene Aufgaben bedenken. Insbesondere im Bereich des Musikalienwesens, aber auch als Organisatoren in mancherlei eingeführten Freizeitbeschäftigungen.

Innerhalb dieses Konglomerats verschiedener psychischer Abwehrmechanismen bei einer angedachten Distanzierung, ist die Tätigkeit als Amtsträger als relativ stabil zu betrachten, gleichwohl natürlich der Amtsträger i.d.R. eher zur Besinnung tendiert, wie der Qualitätsprüfer der Bockwurst für das jährliche Gemeindefest.
Aus - in der Familie gemachten Erfahrungen bin ich überzeugt, dass eine zunächst ehrliche Übernahme des Amts, nach einer gewissen Zeit auch zum "erfüllenden Hobby" werden kann. Mein leiblicher Vater - Vorsteher der Gemeinde einer süddeutschen Großstadt - erfüllte seinen Auftrag in einer - für die Familienmitglieder, nicht zu übersehenden Generalstabsmanier. Dabei erfüllte er aber nicht nur Vorgaben von „oben“ sondern er war auch, nach Bekunden vieler „Anvertrauter“, ein liebevoller Lehrer, Tröster und geschätzter Ratgeber. In dieser Erkenntnis wäre ihm alles, was auch nur nach Anflug eines Zweifel roch, höchst zuwider gewesen. Er sah sich als gesegneter Verfechter für die Sache des Herrn. Sein Leben war mit zunehmendem Alter nur noch IHM und der Ewigkeit zugewandt.
Dass ein solcher Mensch selbst berechtigte Einwände konsequent von sich wendet, kann ich nach allen gemachten Erfahrungen nachvollziehen. Ich selbst habe es irgend wann aufgegeben, ihn mit zwingend nachdenkungsbedürftigen Argumenten zu belästigen. Es wäre nicht fair gewesen, sein Lebenswerk zu zerstören. Deshalb war es für ihn richtig zu bleiben.

R/S

Re: Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

#108 Beitrag von R/S » 25.07.2017, 12:31

Brombär:
Da ist zunächst die Lehre, die darin besteht, dass die Menschen „unserer Tage“ in der biblisch benannten Endzeit leben, für die Jesus seine Wiederkunft verheißen habe und ein wiederaufgerichtetes Apostelamt notwendig sei, dem Heiland Jesu Christ eine würdige Braut zu bereiten. Diese Braut besteht aus „würdig gewordenen“ Menschen-Seelen, die sich aufgrund des Versiegelungsakts (Handauflegung mit Eingliederungsansprache) in das Erlösungswerk Christi integrieren ließen.
Wer nicht bereit ist, diesen Lehre zu akzeptieren, sollte sich von dieser Kirche verabschieden. Eine Lehrverkündigung halte ich in diesem „Fall“ für gänzlich ausgeschlossen. Wer diese dargestellte Lehre nach eigenem Gutdünken verändert, drängt sich erfahrungsgemäß „über kurz oder lang“ selbst aus der neuapostolischen Glaubensgemeinschaft. Es ist eine Frage der Zeit und der Lebensumstände.
Diese, aus der Erweckungsgeschichte überkommene Vorstellung von Endzeit, Wiederkunft Jesu und Heimholung einer Schar besonders Erwählter etc., habe ich als beweisbaren Irrtum der Religionsgeschichte ausreichend beschrieben (https://www.amazon.de/Gnaden-erwählt-Ne ... tiegelmeyr).
Gleichwohl bleibt festzuhalten, dass – entgegen der landläufigen Meinung – dieser (jeder!) Endzeitglaube deutlich fundamentalistische Züge in sich birgt, die – günstige äußere Bedingungen vorausgesetzt – nicht nur zu schweren individual-psychischen, sondern auch gesellschaftlichen Schäden führen können. Sie fallen damit im Grunde unter das gleiche Verdikt wie das extremistische Gewaltpotenzial anderer Glaubensrichtungen. Der wesentliche Grund: Alle fundamentalistischen Welt- und Gottesbilder nähren sich von der schwarz-weißen Dichotomie eines Entweder-Oder und damit von der falschen Vorstellung einer Gott gewollten Ungleichheit der Menschen. http://ezw.kjm6.de/nlgen/tmp/1500967754.html
Dabei ist nicht der Ausprägungsgrad der betreffenden fundamentalistischen Lehren primär entscheidend, sondern der Wunsch ihrer Anhänger, dass diese sich verwirklichen mögen. Hier den Spagat zu wagen, einer kleinen Gruppe innerhalb der eigenen Klientel zu dienen und gleichzeitig zu wissen, worauf die Sache an sich letztlich hinausläuft, halte ich für ein ziemlich waghalsiges Unterfangen – auch und gerade wenn vordergründig altruistische Motive die Auslöser sind.

Johannes

Re: Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

#109 Beitrag von Johannes » 25.07.2017, 12:59

Hier fängt sich die Diskussion schön langsam an, im Kreis zu drehen, so ist das mein Empfinden. Alle, die ausgestiegen sind, konnten halt irgendwann nicht mehr in der Kirche leben und haben diesen Ausstieg als Befreiung und Bereicherung empfunden. Und ein Grund dieses Ausstieges waren eben Lehrmeinungen innerhalb der Kirche, die irgendwann nicht mehr mitgetragen werden konnten. Und dabei findet hier innerhalb der Kirche, meines Empfindens nach, bereits ein Umdenken statt. Wenn hier nach wie vor von der baldigen Wiederkunft Jesu und der Endzeitgesinnnung die Rede ist, ich kann mich nicht erinnern wann ich derartige Gedanken vom Stammapostel zuletzt gehört habe. Also es wird bei weitem nicht mehr so gebetsmühhlenartig verbreitet wie früher. (nur zur Erklärung, ich bin sicher nicht mit allem einverstanden, was der Stammapostel so predigt, aber ich sehe hier doch einen ziemlichen Wandel, auch wenn der vielleicht nie offiziell vollzogen wird).
Und ich kann mit diesen Diskrepanzen leben, ohne mich innerlich allzu verrenken zu müssen, was die, die ausgestiegen sind, anscheinend nicht mehr konnten. Ich lebe in einem sehr aufgeschlossenen NAK-Umfeld, ich habe schon mit Aposteln über diese Problematik diskutiert und absolutes Verständnis und teilweise Zustimmung geortet, ich sehe nicht mehr alles so negativ.
Natürlich, noch einmal möchte ich das betonen, ist mir die ganze Problematik klar und ich verstehe die meisten Aussteiger und ihre Beweggründe. Aber nochmals, ich sehe auch genügend absolut kritische Geister, die ihren Platz in der Kirche gefunden haben und mit ihrer Kritik akzeptiert werden.
Und noch eine Anmerkung, sicher wird die Arbeit in der Kirche zum liebgewordenen Hobby. Allerdings möchte ich noch viele andere Dinge tun, für die ich im Moment auf Grund der Tätigkeit innerhalb der Kirche keine Zeit hätte. Sollte ich also die Amtsträgertätigkeit aufgeben, würde mir zweifellos etwas fehlen, aber fad würde mir sicher nicht werden.

R/S

Re: Überzeugende Gründe, NICHT aus der NAK auszutreten

#110 Beitrag von R/S » 25.07.2017, 13:45

Johannes:
Wenn hier nach wie vor von der baldigen Wiederkunft Jesu und der Endzeitgesinnnung die Rede ist, ich kann mich nicht erinnern wann ich derartige Gedanken vom Stammapostel zuletzt gehört habe. Also es wird bei weitem nicht mehr so gebetsmühhlenartig verbreitet wie früher.
Das ist sicherlich richtig. Zumindest wird der Endzeitglaube nicht mehr so fundamentalistisch wie früher gepredigt. Aber er ist nach wie vor glaubens- und systemtragendes Element der NAK, legitimiert er doch u.a. das neuapostolische Apostelamt, ohne welches die NAK keine NAK mehr wäre (http://www.nak-sued.de/meldungen/news/g ... -gemeinde/).
Wie aber, so stellt sich die Frage, kann ich als Prediger das ausblenden, ohne meine eigene Predigtlegitimation zu gefährden und zumindest einen Teil der Mitglieder vor den Kopf zu stoßen? Wie kann ich Geschwistern begreiflich machen, dass dieser Jesus nicht mehr zu welcher Art von Auferstehung in dieses Erdendasein kommen wird, sondern jeder Mensch in seinem Tod seine individuelle Auferstehung erlebt?
Wie schaffe ich es z.B. als Co.-Prediger bei einem Aposteldienst (statt Gottesdienst ...) der Predigt des Apostels nicht heftigst widersprechen zu müssen - ich jedenfalls kenne keinen Apostel, dem ich nicht zumindest hier und da deutlich widersprechen müsste ...?
Wie kann ich einer sog. Versiegelungszeremonie beiwohnen, wenn ich weiß, was für ein Humbug das Ganze ist?
Wie kann ich mich an menschlicher Mittlerschaft orientieren, wenn und wo ich weiß, dass Gott auf diese nicht angewiesen ist ...?
Der Fragen wären viele und ich kann nicht wirklich nachvollziehen, wie ein Amtsträger der NAK das mitmachen kann (ohne sich zu verrenken), wenn es mir als Zuhörer die Zehennägel hochbiegt ...?

Zurück zu „NAK - Neuapostolische Kirche“