Opfer und Täter

Christliche Ethik
Nachricht
Autor
uhu-uli

Opfer und Täter

#1 Beitrag von uhu-uli » 08.08.2008, 15:12

:roll:
Zuletzt geändert von uhu-uli am 11.08.2008, 18:12, insgesamt 1-mal geändert.

Pritzebilsky

#2 Beitrag von Pritzebilsky » 10.08.2008, 00:35

Tatyana, was soll das denn?
Ich traue mich nicht, zu richten, weder die Opfer, noch die Täter...

Könnte mir vorstellen, das sowas von Neonazis kommt. Oder von absoluten Dumpfbacken. Für keins von beidem halte ich dich. Wer aber glaubt, nicht in der Lage zu sein, die widerlichsten Verbrechen, die das 20. Jahrhundert erlebt hat, verurteilen zu können, muss sich fragen lassen, was in ihm/ihr vorgeht.

Versuchst du vielleicht christlich zu denken? Dann versteh ich's, denn Christen waren es immer wieder, die nicht einmal die schrecklichsten Gräuelaten verurteilt haben, ob es sich nun um Völkermord, Judenverfolgung oder andere Gemetzel gehandelt hat.

Tatyana

#3 Beitrag von Tatyana » 10.08.2008, 12:46

Pritzi, die Greueltaten verurteile ich. Aber ganz klar. Nur versuche ich gelegentlich, Teufels Advokat zu spielen und Gründe zu finden für die, die bestimmte Taten begehen. Wobei ich hier wiederum das auch nicht als Entschuldigung verstanden wissen möchte. Jemand, der Kinder mißbraucht, ist nicht dadurch entschuldigt, daß er selbst als Kind...im Gegenteil, er sollte es besser wissen. Jemand, der betrunken Auto fährt und einen anderen dabei umbringt, hätte ich gern doppelt bestraft. Und jemand, der einen anderen Menschen quält...da fällt mir auch nix Christliches zu ein. Aber ich versuche eben nicht nur komplett einseitig die Schuld zu sehen, sondern auch, daß es Gründe gibt, aus denen Taten begangen werden und Motive.

Clemens

#4 Beitrag von Clemens » 10.08.2008, 13:59

Pritzebilsky hat geschrieben:Tatyana, was soll das denn?
Ich traue mich nicht, zu richten, weder die Opfer, noch die Täter...
Könnte mir vorstellen, das sowas von Neonazis kommt. Oder von absoluten Dumpfbacken. Für keins von beidem halte ich dich. Wer aber glaubt, nicht in der Lage zu sein, die widerlichsten Verbrechen, die das 20. Jahrhundert erlebt hat, verurteilen zu können, muss sich fragen lassen, was in ihm/ihr vorgeht.

Versuchst du vielleicht christlich zu denken? Dann versteh ich's, denn Christen waren es immer wieder, die nicht einmal die schrecklichsten Gräuelaten verurteilt haben, ob es sich nun um Völkermord, Judenverfolgung oder andere Gemetzel gehandelt hat.
Hallo Pritze,

Christen haben sehr wohl gegen den Völkermord an den Juden gekämpft; publizistisch, in Predigten und mit aktivem Widerstand. Und das z.T. von höchster Stelle. Tausende Geistliche kamen in KZs. So verurteilte die preußische Bekenntnissynode von 1935 die "rassisch-völkische Weltanschauung", in welcher "Blut und Rasse, Volkstum, Ehre und Freiheit zum Abgott würde." Nach der Kanzelverlesung dieser Zeilen wurden in Preußen rund 700 Pfarrer kurzfristig verhaftet. Kurz vor der Machtergreifung (1931/32) war von katholischer Seite die absolute Unvereinbarkeit von Nationalsozialismus und Katholizismus festgestellt worden. Eine Doppelmitgliedschaft war zunächst nicht möglich. Später hat man sich leider öfters blenden lassen (wie viele andere gesellschaftliche Gruppen auch), eine Gleichschaltung der Kirche ist jedoch nie gelungen.
Es gehört aber wohl heute zum guten Ton, Christen aufgrund fragwürdiger Quellen und ideologischer Determinierung für so ziemlich alles Schlechte in Geschichte und Gegenwart verantwortlich zu machen.

Apropos Geschichte: Wann im Verlauf der Weltgeschichte endete eine atheistische Staatsdoktrin nicht in einem Massenmord? Terreur 1793/94, Russische Revolution 1917, Stalinismus, Faschismus, Nationalsozialismus, Maoismus, Kambodscha, Nordkorea...
Und dies alles geschah nach dem Zeitalter der Aufklärung. In einer Zeit also, in welcher die Menschenrechte heutiger Ausprägung bereits historische Evidenz gewonnen hatten. Nenne mir nun umgekehrt einen einzigen Staat im 19. oder 20. Jhdt., in welchem eine christlich geprägte Regierung am Werk war und es zu solchen Auswüchsen kam.

MfG Clemens

Pritzebilsky

#5 Beitrag von Pritzebilsky » 10.08.2008, 16:09

Hallo Clemens,

zuallererst einmal hab ich eine Antwort von Tatyana erwartet oder eine Stellungnahme der anderen Fories hier zu dem Sachverhalt, dass hier jemand aus dem Forum schreibt, er könne die faschistischen Täter nicht richten= nicht verurteilen (und wenn Tatyana "Täter" schreibt, dann verstehe ich nicht "Mittäter", wie manchmal die um die Verbrechen wissende, aber passiv bleibende Bevölkerung bezeichnet wird). Täter sind der Lagerkommandant, der das Kind aufhängen ließ, Täter sind die Ärzte, die grauenhafte Menschenversuche mit Gefangenen angestellt haben, Täter ist der Soldat, der der Mutter bei der Selektion das Baby entrissen hat und es an einer Mauer zerschmettert hat, wie jeder weiß ließen sich diese Beispiele fast endlos fortsetzen. Und diese Täter und ihre Handlungen kann sie nicht verurteilen??? Ja, warum denn nicht?

Aber vielleicht kommt ja noch eine Antwort, nicht jeder ist jeden Tag im Internet oder findet die nötige Zeit dazu.

Was ich über die christliche Haltung (s.o.) gesagt habe, bezog sich auch nicht nur auf die moderne Zeit. Die christliche, römisch-katholische Kirche hat sich von Beginn an der Judenverfolgung und -vernichtung befleißigt, die Spanier waren hochchristlich motiviert bei ihrem Völkermord. Und was die Haltung der christlichen Kirchen während der NS-Zeit angeht, so verstehe ich gar nicht mehr, wie man da immer wieder die einzelnen Protesaktionen als stellvertretend für christlichen Widerstand auszugeben versucht. Nur mal ein Zitat, das du stellvertretend für eine erdrückende Fülle von Belegen gleichen Inhalts nehmen kannst (und lass dich bitte nicht vom Titel des Buches abschrecken, nur die Fakten sind hier bedeutsam):

"Die Kirchen protestierten nicht gegen die Beseitigung des demokratischen Rechtsstaates mit Presse-, Rede- und Versammlungsfreiheit. Sie protestierten nicht gegen die unzähligen Justizmorde an Kommunisten und Liberalen. Sie protestierten nicht gegen die KZ, die bereits 1933 errichtet wurden. Sie protestierten nicht gegen die Überfälle auf Österreich, die Tschechoslowakei, Polen, Dänemark, Norwegen, Belgien, Holland, Frankreich. Jugoslawien und die Sowjetunion. Im Gegenteil! Bis 1945 wurde der göttliche "Lenker der Schlachten" in allen Gottesdiensten um Segen für den Führer und sein Menschenmaterial angefleht.
Auch gegen die nationalsozialistische Judenpolitik leisteten die Kirchen keinen Widerstand....
" *

Kennst du die "Kriminalgeschichte des Christentums" von Deschner? Der überwiegend mit kirchlichen Dokumenten die kriminellen Machenschaften belegt? Quer durch die Jahrtausende?

Es zeugt nur vom schlechten Gewissen, wenn Christen versuchen, die katastrophale und blutige Bilanz ihrer Geschichte hinwegzudeuteln. Das bringt nichts für die Glaubwürdigkeit und schlägt noch einmal den Opfern hinterher.

So fanden unter christlichen Staatsmännern und Frauen und mit Hilfe der Kirchen auch gerade im 19. Jahrhundert die ekelhaftesten Kolonialkriege (Versklavungen) und gerade in der Frühzeit des Industriekapitalismus auch die abscheulichsten Schindereien von Kindern und Erwachsenen im Arbeitsprozeß statt.

Aber genug davon, wieder einmal wäre hier ein anderer Thread zuständig. Du gehst ja auch gar nicht auf mein Thema ein (Kardinalfehler Nr. 1 in Foren), im Rahmen dessen ich nur ganz allgemein die Verbrechen des Christentums anführe, um ironisch auf Tatyanas Bemerkung zu reagieren.

Auch das gängige Verweisen auf staatlichen Terror entlastet noch lange nicht das Christentum und wäre einen ganz eigenen (zugegeben sehr spannenden) Vergleich in einem Extra-Thread wert.

Ich gebe zu, dass auch ich nicht Tatyanas Beiträgen mit meiner punktuellen Kritik gerecht werde, aber ihre so "großmütig" dahergesprochene Bemerkung, sie könne weder Opfer (Opfer richten??) noch Täter richten, finde ich doch sehr provozierend.

Gruß
Pritzebilsky

* Joachim Kahl: Das Elend des Christentums. Rowohlt TB aktuell; S. 40/41

Maria Magdalena

#6 Beitrag von Maria Magdalena » 10.08.2008, 16:18

Pritzebilsky hat geschrieben:Ich gebe zu, dass auch ich nicht Tatyanas Beiträgen mit meiner punktuellen Kritik gerecht werde, aber ihre so "großmütig" dahergesprochene Bemerkung, sie könne weder Opfer (Opfer richten??) noch Täter richten, finde ich doch sehr provozierend.
P., warum ist das provozierend? Wenn dem so wäre, dann wäre Jesus Christus auch provozierend gewesen und für Dich nicht nachvollziehbar. Aber er sagte doch: "Richtet nicht, dann werdet ihr auch nicht gerichtet."

Was sagst Du dazu?

Maria.

simpel

#7 Beitrag von simpel » 10.08.2008, 16:37

***
Zuletzt geändert von simpel am 24.03.2009, 17:07, insgesamt 1-mal geändert.

Pritzebilsky

#8 Beitrag von Pritzebilsky » 10.08.2008, 16:47

Hallo Maria,

Jesus hat alles verflucht und ewige Verdammnis angedroht, wenn's ihm danach war, sogar einen unschuldigen Feigenbaum, die Pharisäer und Schriftgelehrten und viele mehr.

Du magst dich auch nicht gegen Naziverbrecher aussprechen?

Gibt ja sehr tolerante Fories hier.

Ich halte sie für das größte Dreckspack, das je auf dieser Erde rumgelaufen ist! Jesus hätte ihre Seelen in 100 000* Säue fahren lassen und sie in eine tiefe Schlucht gestürzt.

Was sagst du dazu?

Grüße
Pritzebilsky

*symbolische Zahl!

Tatyana

#9 Beitrag von Tatyana » 10.08.2008, 16:48

Pritzilein, blätter doch mal eine Seite zurück, ich habe nämlich VOR Clemens geantwortet. Also kein Grund zu motzen...

Ergänzend würde ich übrigens gerne noch anführen, daß NIEMAND, wirklich niemand, von uns sagen kann, wie er in bestimmten Fällen reagieren würde. Um mit deinen Worten zu sagen, ob wir nicht ALLE unter bestimmten Zu- und Umständen zu Mittätern würden, zu denen, die schweigen. Oder sogar zu denen, die aktiv etwas tun, was ein Anderer für durchaus unethisch halten könnte und würde.
Buddhisten finden es unethisch, Rindfleisch zu essen. Oder manche halten es sogar für absolut geschmacklos, überhaupt Fleisch zu essen, könnte es doch die reinkarnierte Großmutter sein.
Das mag jetzt etwas sehr salopp von mir herüberkomen. Aber Ethik ist immer eine Frage des eigenen Standpunktes, kein allgemein verbindliches Gut. Es gab (gibt?) Völker, da galt es als ehrenhaft, seine getöteten Feinde möglichst gut zubereitet zu verzehren...

Tatyana

#10 Beitrag von Tatyana » 10.08.2008, 16:50

Pritzebilsky hat geschrieben:
Du magst dich auch nicht gegen Naziverbrecher aussprechen?

...

Ich halte sie für das größte Dreckspack, das je auf dieser Erde rumgelaufen ist! Jesus hätte ihre Seelen in 100 000* Säue fahren lassen und sie in eine tiefe Schlucht gestürzt.

Was sagst du dazu?

Grüße
Pritzebilsky

*symbolische Zahl!
...und Gott hat sie fröhlich vor sich hinmorden lassen, ohne einzugreifen. Ist er also Schuld? Genau darum geht es hier...

Gesperrt

Zurück zu „Ethik“