Hans Küng: Lebensende selbst bestimmen

Christliche Ethik
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Troubadix

Hans Küng: Lebensende selbst bestimmen

#1 Beitrag von Troubadix » 06.11.2013, 17:53

Kein Mensch ist verpflichtet, Unerträgliches als gott-gegeben gott-ergeben zu ertragen!

Ich will niemand meine Auffassung von Sterbehilfe aufdrängen, mir aber auch von niemandem meine Freiheit zur Rückgabe des Lebens nehmen lassen. Ich möchte jedenfalls, wenn ich nicht plötzlich vom Tod überrascht werde, nach guter Vorbereitung bewusst sterben, wenn es an der Zeit ist.

Ich will nicht als Schatten meiner selbst weiterexistieren.

Ich will auch nicht in ein Pflegeheim abgeschoben werden, sondern zu Hause, in Tübingen oder in Sursee, sterben.

Die frei verantwortete Rückgabe eines definitiv zerstörten Lebens unter unerträglichem Leiden ist nicht ‚vorzeitig’.


Das sind Aussagen des bekannten Theologen Hans Küng in seinem neuesten und vermutlich letzten Buch "Erlebte Menschlichkeit - Erinnerungen". Küng ist heute Mitglied der schweizerischen Sterbehilfeorganisation Exit und bereit, seinem Leben selbst ein Ende zu setzen. Für mich ein weiser Entscheid.

Silke Gorklo

Re: Hans Küng: Lebensende selbst bestimmen

#2 Beitrag von Silke Gorklo » 06.11.2013, 19:32

es korrespondiert nicht mit dem 5. Gebot , wie ich pers. finde.

LG Silke

tergram

Re: Hans Küng: Lebensende selbst bestimmen

#3 Beitrag von tergram » 07.11.2013, 11:34

Silke, warst du schon auf Palliativstationen? In Hospizen? Kennst du die Grenzsituationen menschlichen Elends und Leids von Angesicht zu Angesicht? Wie viel Erfahrung hast du im Umgang mit Sterbenden, mit deren Angehörigen, mit Trauernden?

Aktive Sterbehilfe kann ebenso wie der selbst herbeigeführte Tod ein Akt der Nächstenliebe, des Erbarmenes und der erlösenden Gnade sein.

Wer diese Grenzerfahrungen bisher nicht machen musste, sei dafür dankbar und hüte sich vor jedem Urteil.

Kristallklar
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Registriert: 16.07.2011, 13:15

Re: Hans Küng: Lebensende selbst bestimmen

#4 Beitrag von Kristallklar » 07.11.2013, 13:01

Danke tergram.

Silke Gorklo

Re: Hans Küng: Lebensende selbst bestimmen

#5 Beitrag von Silke Gorklo » 07.11.2013, 15:45

Ja ,ich habe meine Mutter sterben sehn im Krankenhaus und meine Oma und kenne die Kinderkrebstation von innen . In einem Hospiz habe ich nur mal vor Weihnachten mit Freunden musiziert.


Ja und kenne das Elend ,wenn man an Schläuchen liegt, und Drainagen im Bauch hat und auch alle sinnl. Eindrücke, die damit verbunden sind, wenn ich die Augen schliesse , sehe ich meine Mutter da vor mir liegen mit allem was damals so an ihr "dran steckte. Einzelheiten in der Schilderung erspare ich euch und geht auch keinen was an.

Dennoch bin ich gegen Selbsttötung , definitiv : JA!!! Schmerzlindern okay, Elend verlängern nein.....aber auch nicht aktiv jemanden ins Jenseits befördern. Gott ist Herr über Leben und Tod und sonst keiner.

agape

Re: Hans Küng: Lebensende selbst bestimmen

#6 Beitrag von agape » 07.11.2013, 15:58

Was Bleibt
Bild Foto: weltethos.org

Hallo Troubadix,

schön, dass Du Küng hier mal wieder zum Thema machst.
Ich habe das Buch auch gelesen.
Zu allen bereits bekannten Themen die dort zu Kerngedanken zusammengefasst sind, kam eben dieses des selbstbestimmten Sterbens hinzu.
So wie es aussieht wird es wahrscheinlich sein letztes Buch bleiben - es ist sein Testament für diejenigen, die sich stets mit ihm befasst haben und die es demnächst (via Welt-Ethos (jetzt unter Ex-Bundespräsident Köhler angesiedelt)), noch interessieren wird.
Der Ökumene blieb er treu und sieht sogar eine Annäherung - nicht nur auf Basisebene, sondern notgedrungen auch auf Leitungsebene.
Seine Auffassung über selbstbestimmtes Sterben teile ich, respektiere natürlich jede andere Auffassung. Am ENDE wird diese Entscheidung bei einem selbst bleiben. Ich denke es ist wichtig an dieser Stelle über eine Patientenverfügung nachzudenken, damit im Notfall nicht die ohnehin schon geplagten Angehörigen die Entscheidung über eine lebenserhaltende Apparatemedizin nicht auch noch treffen müssen.

Ich denke natürlich auch an Margot Käßmann, die sich gegen eine Sterbehilfe ausgesprochen hat, dafür die Palliativmedizin und Hospizarbeit mehr im Vordergrund als Orte menschenwürdigen Sterbens als Alternative beworben haben wollte.
Wie gesagt: Die Entscheidung sollte mMn bei dem Betroffenen selbst bleiben dürfen.

Brombär

Re: Hans Küng: Lebensende selbst bestimmen

#7 Beitrag von Brombär » 07.11.2013, 17:43

Silke Gorkio schrieb:

Dennoch bin ich gegen Selbsttötung , definitiv : JA!!! Schmerzlindern okay, Elend verlängern nein.....aber auch nicht aktiv jemanden ins Jenseits befördern. Gott ist Herr über Leben und Tod und sonst keiner.

Auch gelinderter Schmerz kann eine sehr schlimme Tortur sein und das Elend verlängern. Oder gibt es das weitestgehend schmerzfreie Sterben, wie das zuweilen behauptet wird und wird dafür in jeder Einrichtung gesorgt?

Bb.

tergram

Re: Hans Küng: Lebensende selbst bestimmen

#8 Beitrag von tergram » 07.11.2013, 18:35

Es gibt weitaus mehr entsetzliche Belastungen, als Schmerz. Schmerz ist mit den heutigen Möglichkeiten recht gut in den Griff zu bekommen. Andere Schrecken sind es nicht.

Im übrigen ist eine Patientenverfügun zwar sinnvoll und nützlich, hat aber in D nichts mit aktiver Sterbehilfe zu tun - und um diese geht es bei Herrn Küng und in diesem Thread ja. Die Patientenverfügung gestattet passive Sterbehilfe in eng gefasstem Rahmen, also durch Unterlassen und Linderung.

Wer in D sein Leben aktiv selbst, durch Ärzte oder Angehörige beenden möchte, der hat dazu keine legale Möglichkeit. Ihm bleibt nur der Suizid, sofern man dazu noch in der Lage ist, oder die Reise in die Niederlande oder die Schweiz, sofern noch möglich.

Jeder möge für sich entscheiden.

Jeder möge sich aber in diesen Grenzbereichen des Seins davor hüten, über andere zu richten.

Troubadix

Re: Hans Küng: Lebensende selbst bestimmen

#9 Beitrag von Troubadix » 07.11.2013, 23:27

Silke Gorklo hat geschrieben:es korrespondiert nicht mit dem 5. Gebot , wie ich pers. finde.
Hebräisch heisst es im 5. oder 6. Gebot je nach Zählweise "ratsah", was nicht töten sondern morden bedeutet, also töten aus niedrigen Motiven. Die Stuttgarter Erklärungsbibel sagt klar: Das Gebot richtet sich gegen die Tötung von Unschuldigen als kriminelle Handlung (Mord).

Es wird im Alten Testament auch nicht für Töten in Notwehr (2.Mose 22, 1) gebraucht und sowieso nicht für das Töten von fremden Völkern inkl. deren Frauen und Kinder. Geschützt werden sollten mit dem Gebot nur Angehörige des eigenen Volkes. Feinde und Andersgläubige waren davon ausgenommen, wie die vielen Tötungsweisungen in der Bibel bezeugen. Die Bibel und damit Gott gebietet sogar die Todesstrafefür einige Vergehen!

Das als Hintergrund zum 5. Gebot.

Und wer gesehen hat, wie Menschen nicht nur Schmerzen leiden, sondern auch alles, was sie liebten und gerne taten verlieren und sogar ihr allerletzte Würde auch noch verloren geht, der wird verstehen, wenn dieser Mensch nicht mehr leben will. Wer einem vielleicht sogar sehr geliebten Menschen hilft in solchen Umständen aus dem Leben zu scheiden, der handelt nicht aus niedringen Motiven, der mordert nicht.

tergram

Re: Hans Küng: Lebensende selbst bestimmen

#10 Beitrag von tergram » 07.11.2013, 23:48

Danke Troubadix.
Hier für Silke eine fachkundige Ausarbeitung zu "Du sollst nicht töten":

http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/6703

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