Sag mal, wie hast du's mit der Moral?

Christliche Ethik
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Pagan

Re: Sag mal, wie hast du's mit der Moral?

#81 Beitrag von Pagan » 11.08.2013, 21:10

Matula hat geschrieben:Pagan, ich gebe dir in so weit recht, dass Christen keinesfalls bessere Menschen sind und sich besser im täglichen Leben verhalten, als " Nichtchristen ". Im Gegenteil, als Christ kann man oftmals viel von solchen " Nichtchristen " lernen.
Gute und schlechte Menschen gibt’s überall, bei Christen wie Nicht-Christen. Es ging und geht mir deshalb mehr darum, ob das Christentum den moralischen Massstab zu setzen vermag, den man ihm nachsagt. Ich meine: Nein!
Matula hat geschrieben:Ich halte es jedoch für ein wenig unlauter, nur bestimmte Stellen und Passagen aus der Bibel heraus zu picken ...
Danke für diesen Einwand, nur: Das ist doch genau das, was Christen tun, ich habe es vor ein paar Tagen auch schon als selektive Wahrnehmung angesprochen. Ich habe bereits am Anfang dieses Themas explizit darauf hingewiesen "Tatsächlich enthalten die Evangelien ein paar beachtenswerte Punkte. "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" ist da zu finden."
Im Folgenden habe ich dann aufgezeigt, dass der Gläubige sich selbst bescheisst sprich intellektuell unredlich ist, wenn er sich nur an diese paar Stellen klammert, die zudem nahezu in allen Fällen nicht originär jesuanisch (oder biblisch) sind, und alles andere meist sehr bewusst ausblendet, weil er es nicht wissen will. (wurde mir schon so gesagt, darüber könnte man auch wieder ein eigenes Thema eröffnen)
Matula hat geschrieben:Euren Frieden lasse ich euch, meinen Frieden den gebe ich euch...
Was ist denn sein Frieden? Wohl das Schwert und Zwietracht, sagte derselbe Jesus doch: "Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert." Und weiter: "Denn ich bin gekommen, den Menschen zu entzweien mit seinem Vater und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter."
Ich meine, die blutige Geschichte des Christentums hat aufgezeigt, wie viel der Frieden Jesus wert war und ist.

Viele weitere gravierende Widersprüche zwischen Aussagen und Forderungen und Taten dieses Jesus findest du überall, z.B. wenn ein Paulus sagt, dass dieser Gottessohn will, dass allen geholfen werde, was ja wiederum sehr lobenswert wäre. Richtig, wäre, aber nicht ist, denn welche perfide Äusserung macht dieser Jesus nach Markus selbst zum Thema: "... denen aber draußen widerfährt es alles in Gleichnissen, damit sie es mit sehenden Augen sehen und doch nicht erkennen, und mit hörenden Ohren hören und doch nicht verstehen, damit sie sich nicht etwa bekehren und ihnen vergeben werde." Was er den Unbekehrten für Höllenstrafen androhte, das ist sattsam bekannt!

Ich habe auch aufzuzeigen versucht, dass dieser beschriebene Jesus, Begründer einer zweifelhaften jesuanischen Moral, nicht mehr als ein Schaumschläger war, dies u.a. auch am Beispiel der Versöhnungsbereitschaft, die er zwar predigte (was ja durchaus lobenswert ist), selbst aber verfluchte der gleiche Jesus und drohte denen drakonische Höllenstrafen an, die ihm nicht nachfolgen wollten.
Was hatte Jesus dem Sünder am Kreuz denn zu verzeihen? Nichts, der tat ihm ja nichts. Aber vergab Jesus beispielsweise einem Judas? Nein, denn der Jesus des Matthäus sagte: "...doch weh dem Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird! Es wäre für diesen Menschen besser, wenn er nie geboren wäre."

Nein, Matula, ich habe nicht nur Negatives der Bibel hervorgehoben, ja habe sogar bewusst auf die Nennung von unvorstellbar blutigen Perversitäten der Offenbarung, an denen dieser Gottessohn auch beteiligt sein soll verzichtet.
Aber ich habe klar und eindeutig darauf hingewiesen, dass auch in dieser heiligen Schrift bei weitem nicht alles Gold ist, was glänzt, sondern wenn man genauer hinschaut, dass dann sehr viel moralischer Unrat auch im neuen Testament zum Vorschein kommt, sehr viel mehr, als Gläubige zugeben wollen.

Und was will ich damit sagen? Ganz einfach: Mir ist bis heute nicht klar, woher Christen für sich Leadership in Sachen Moral und Ethik reklamieren, warum Geistliche und Theologen meinen, in jeder Ethikkommission Einsitz nehmen zu müssen und noch so viele Ansprüche mehr, die Christen und christliche Organisationen stellen. Mir ist auch nicht klar, was Christen denn tatsächlich meinen, wenn sie von Christlichkeit und christlicher Moral reden. Mir ist nicht klar, wie Christen mit nicht zu überbietender Inbrunst verkünden können, dass ohne Glaube (natürlich ist der christliche gemeint) das Fundament für individuelle und gesellschaftliche Moral einstürzen würde oder wie Dostojewski verlauten liess, dass wenn Gott (natürlich auch der christliche) nicht existierte, wäre alles erlaubt.
Matula hat geschrieben:Ob und in wie weit die in der Bibel allesamt benannten Aussagen überhaupt von den jeweiligen Protagonisten so gesagt worden sind wie sie niedergeschrieben sind und/oder durch die einzelnen Schreiber und auch später durch Übersetzer möglicherweise hinein interpretiert worden sind, dass steht doch alles in den Sternen ...
Völlig einverstanden, Matula, vieles ist von Experten (auch oder gerade Theologen) daher schon als Fälschung und Lügengebilde aufgedeckt worden. Nur, wer von den damaligen Schreibern hätte denn ein Interesse gehabt, Jesus ausgerechnet mit seinen negativen Seiten darzustellen?? Es gilt sogar, dass das, was Jesus wenig positiv erscheinen lässt, was man ihm ungern zuschreibt, eher zutreffend sei als die guten Eigenschaften.

Matula

Re: Sag mal, wie hast du's mit der Moral?

#82 Beitrag von Matula » 12.08.2013, 07:18

Zitat Pagan:
Gute und schlechte Menschen gibt’s überall, bei Christen wie Nicht-Christen. Es ging und geht mir deshalb mehr darum, ob das Christentum den moralischen Massstab zu setzen vermag, den man ihm nachsagt. Ich meine: Nein!


Zitat Pagan:
Und was will ich damit sagen? Ganz einfach: Mir ist bis heute nicht klar, woher Christen für sich Leadership in Sachen Moral und Ethik reklamieren, warum Geistliche und Theologen meinen, in jeder Ethikkommission Einsitz nehmen zu müssen und noch so viele Ansprüche mehr, die Christen und christliche Organisationen stellen. Mir ist auch nicht klar, was Christen denn tatsächlich meinen, wenn sie von Christlichkeit und christlicher Moral reden. Mir ist nicht klar, wie Christen mit nicht zu überbietender Inbrunst verkünden können, dass ohne Glaube (natürlich ist der christliche gemeint) das Fundament für individuelle und gesellschaftliche Moral einstürzen würde oder wie Dostojewski verlauten liess, dass wenn Gott (natürlich auch der christliche) nicht existierte, wäre alles erlaubt.



Pagan, du schreibst als Antwort auf meinen Hinweis, dass es dir mehr darum ging, ob das Christentum den moralischen Massstab zu setzen vermag, den man ihm nachsagt und verweist darauf, dass es gut und schlechte Menschen überall gibt.

Dann sprichst du jedoch dann wieder die Christen an, die als einzelne Menschen schliesslich das Christentum leben und verklären.

Ich kann leider nur soviel zu dem Thema beisteuern und das ist nicht läppisch oder ironisch gemeint, dass ich nicht weiß, ob die einzelnen überlieferten Aussagen von Jesus auch tatsächlich zutreffend sind.

Es fällt schwer zu glauben, dass der gleiche Mensch einem den Tod und Teufel an den Leib wünscht und dann andererseits dem- oder derjenigen nur das Beste und Liebste, Glück und Segen wünscht.

Hast du diese Fragen einmal an Geistliche gestellt ? Wenn ja, was haben diese dazu geantwortet ?

Pagan

Re: Sag mal, wie hast du's mit der Moral?

#83 Beitrag von Pagan » 12.08.2013, 09:29

Matula, was ich ausdrücken wollte, ist:
Es geht mir nicht darum, einzelne Menschen und ihre Taten egal ob Christ oder nicht, hier als moralisch gut oder schlecht zu bewerten/verurteilen.
Mir geht es eben vielmehr um die bereits sinngemäss gestellten Fragen: Was ist christliche Moral angesichts der biblischen Aussagen überhaupt, was verstehen Christen unter christlicher Moral? Ist die christliche Moral tatsächlich, was sie vorgibt zu sein? Wie begründen Christen, dass christliche Moral allen anderen Moralvorstellungen überlegen sei, ja dass ohne (christlichen) Glauben der ethisch-moralische Nihilismus Einzug halten würde, wie uns Politiker, Theologen und Gläubige dauernd weismachen wollen?

Ich habe den Eindruck, dass weitaus die meisten Christen sich darüber nie wirklich Gedanken machten. Um es mit einem Buchtitel zu sagen: Denn sie wissen nicht, was sie glauben. (F. Buggle)

Ich habe weiter den Eindruck, dass gerade christliche Kirchen in moralischer Beziehung keinesfalls Vorbilder sind, siehe dazu auch die NAK bezüglich ihres Verhaltens zur VAC (was ja Auslöser dieses Diskussionsthemas war). Versöhnung ist eben immer nur was für die anderen.
Matula hat geschrieben:Hast du diese Fragen einmal an Geistliche gestellt ? Wenn ja, was haben diese dazu geantwortet ?
Ich habe nicht so sehr viel Theologen in meinem Bekanntenkreis ;-) Daher hoffe ich auf Feedback und Stellungnahmen der Leser

Matula

Re: Sag mal, wie hast du's mit der Moral?

#84 Beitrag von Matula » 12.08.2013, 11:09

Zitat Pagan:
Ich habe nicht so sehr viel Theologen in meinem Bekanntenkreis ;-) Daher hoffe ich auf Feedback und Stellungnahmen der Leser



Vielleicht kann Cemper weiterhelfen ! :wink:

Pagan

Re: Sag mal, wie hast du's mit der Moral?

#85 Beitrag von Pagan » 12.08.2013, 13:30

Matula hat geschrieben:Vielleicht kann Cemper weiterhelfen ! :wink:
Wer oder was Cemper ist, weiss ich nicht.

Aber jeder hier hat sich doch bestimmt schon auf Christlichkeit, christliches Verhalten, christliche Moral etc. berufen, hat festgehalten, dass ein Verhalten "unchristlich" sei. Was ist denn unter "christlich" zu verstehen, worauf basieren solche Aussagen? Das müsste doch jeder Christ beantworten können, dazu brauchts keine Theologen ;-)

Pagan

Re: Sag mal, wie hast du's mit der Moral?

#86 Beitrag von Pagan » 13.08.2013, 10:27

Pagan hat geschrieben:
Matula hat geschrieben:Hast du diese Fragen einmal an Geistliche gestellt ? Wenn ja, was haben diese dazu geantwortet ?
Ich habe nicht so sehr viel Theologen in meinem Bekanntenkreis ;-) Daher hoffe ich auf Feedback und Stellungnahmen der Leser
Das mit den Theologen stimmt natürlich, aber ich habe als Ersatz die eine oder andere theologische Ausarbeitung zum Thema gelesen. :lol: Ich führe hier nicht aus, was da üblicherweise zur Moral zu finden ist, meine vorherigen Fragestellungen lassen deutlich darauf schliessen. Ersatzweise zitiere ich, was der populäre Hans Küng schreibt in seinem Buch "Was ich glaube". Für einmal hebt er sich damit wohltuend vom theologischen Mainstream ab:

"Es erscheint mir inakzeptabel, dass die Angehörigen anderer Religionen und erst recht Atheisten und Agnostiker gar keinen festen Standpunkt in ihrem Leben, kein Lebensvertrauen zu erreichen vermöchten. Dass der Glaube an den – christlichen – Gott also Voraussetzung wäre für ein jegliches Ja zur Wirklichkeit und für jegliches Ethos.

Es gibt schließlich Menschen, die haben ein Lebensvertrauen, ohne gleichzeitig einen religiösen Glauben zu besitzen. Lässt sich doch nicht bestreiten, dass sie, der Erde verbunden, das Leben genauso gut oder manchmal sogar besser als bestimmte Gläubige bestehen können. Sie schöpfen ihr Grund- vertrauen aus menschlichen Beziehungen, aus produktiver Arbeit, aus wissenschaftlicher oder politischer Tätigkeit, aus einem humanen Ethos.

Daraus folgere ich: Aus ihrem Grundvertrauen heraus können auch Atheisten und Agnostiker ein echt menschliches, also humanes und in diesem Sinn moralisches Leben führen. Mit anderen Worten: Aus Atheismus folgt nicht notwendig ein Nihilismus. An diesem Punkt muss ich Dostojewski widersprechen: Auch wenn Gott nicht existierte, ist keineswegs alles erlaubt!"

Vielleicht noch etwas, worüber ich heute morgen in einem welt.de-Artikel stolperte. Ich meine, es kennzeichnet einen wesentlichen Unterschied zwischen christlicher und atheistischer/humanistischer Ethik:
"Ein Atheist glaubt, dass eine Klinik statt einer Kirche gebaut werden sollte. Ein Atheist glaubt, dass eine Tat getan werden muss, statt ein Gebet zu sprechen. Ein Atheist strebt nach Beteiligung am Leben, nicht nach Flucht in den Tod." Madalyn Murray

Heinrich

Re: Sag mal, wie hast du's mit der Moral?

#87 Beitrag von Heinrich » 13.08.2013, 15:28

Treffen sich zwei Atheisten im Himmel.
Fragt der eine: "Du hier?"
Erwidert der Andere: "Das fragt gerade der Richtige!"

Matula

Re: Sag mal, wie hast du's mit der Moral?

#88 Beitrag von Matula » 13.08.2013, 15:36

Zitat Pagan:
Ein Atheist glaubt, dass eine Tat getan werden muss, statt ein Gebet zu sprechen.


Ein Christ glaubt, dass eine Tat getan werden muss, in dem man betet und arbeitet !

Pagan

Re: Sag mal, wie hast du's mit der Moral?

#89 Beitrag von Pagan » 13.08.2013, 19:09

Matula hat geschrieben:Zitat Pagan:
Ein Atheist glaubt, dass eine Tat getan werden muss, statt ein Gebet zu sprechen.


Ein Christ glaubt, dass eine Tat getan werden muss, in dem man betet und arbeitet !
Und bis der Christ fertig gebetet hat, ist das Kind vom Lastwagen platt gefahren ... :cry:

In anderne Fällen hoffe ich, dass Beten nicht allzu viel Schaden anrichtet: KLICK. Beten kann offensichtlich die Gesundheit gefährden :shock:

Übrigens, ich bin immer noch dafür, dass du dich wie von mir vor ein paar Tagen vorgeschlagen (von mir aus auch mit ein freiwilligen Unterstützern) einem ernsthaften Gebetstest unterziehst. Jesus verhiess ja: "Alles, um was ihr in meinem Namen bittet, werde ich tun." Du hast doch dafür bestimmt genug Gottvertrauen, oder?

Pagan

Re: Sag mal, wie hast du's mit der Moral?

#90 Beitrag von Pagan » 14.08.2013, 06:14

Das mit dem Beten ist übrigens auch so eine Sache. Wie schnell geht ein "Ich bete für Sie." über die Lippen. Der Beter kann sich dann beruhigt zurücklehnen, er hat ja "geholfen" (wenigstens sich und seinem Gewissen).
Nicht erst die verlinkte Studie zeigt, dass Fürbitten nichts nützen. Schon im 19. Jahrhundert wies Galton nach, dass die Angehörigen der königlichen Familie, für die doch das ganze Volk täglich um ein langes Leben betete, von den untersuchten Gruppen am wenigsten lang lebte. Fürbitten waren also schon damals kontraproduktiv :mrgreen: (Galton hat natürlich nur nachgewiesen, dass Fürbitten nicht bewirkten, was intendiert war)

Für mich ist dieses Beten daher ein Punkt, der durchaus zum Thema intellektuelle Unredlichkeit (man macht sich selbst etwas vor) und damit zu Ethik und Moral passt. Auch ich habe schon mehrere Gläubige gebeten, einen konkret überprüfbaren [!] Gebetstest zu machen. Bis jetzt hat niemand den Worten Jesu "Alles, um was ihr in meinem Namen bittet, werde ich tun." so vertraut und sich auf einen Test eingelassen. Scheinbar ist das (negative) Ergebnis trotz mehrer diesbezüglicher Zusagen Jesus auch für Gläubige vorhersehbar. Und so habe ich dann grosse Zweifel an der Ernsthaftigkeit eines "Ich bete für Sie" und ähnlichen Floskeln.

Das nur noch zum Beten resp. Beten und Arbeiten.

Noch als Ergänzung: Ich finde Fürbitten insofern positiv, weil es (hoffentlich) die Aufmerksamkeit/Sensibilität der Betenden schärft.

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