Der Kardinalirrtum Jesu

Für Zweifler und andere gute Christen
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Querdenkermicha

Der Kardinalirrtum Jesu

#1 Beitrag von Querdenkermicha » 30.07.2012, 21:03

Hallo allerseits,

eigentlich wollte ich meinen Beitrag im "Endzeit"-Thread unterbringen, allerdings ist dieser für weitere Antworten warum auch immer gesperrt, so dass ich hier ein neues Thema eröffne:
Maximin hatte einen knappen Aufriss über die Peinlichkeiten neuapostolischer Endzeit-Predigt geliefert und nahegelegt, dass er ein Paulus-Zitat auf die heutige Zeit bezogen wissen will.
Abschließend stand u.a. die Frage im Raum, ob alle "Schriftstellenklauberei" umsonst sei.
Dazu meine ernüchternde Antwort: ja! Schließlich hat sich mutmaßlich bereits Jesus in seiner Naherwartung des Reiches Gottes geirrt. Ich zitiere H.-W. Kubitza aus "Der Jesuswahn. Wie die Christen sich ihren Gott erschufen. Die Entzauberung einer Weltreligion durch die wissenschaftliche Forschung" (Marburg 2011):

"Die neutestamentliche Forschung ist sich einig, dass der Hauptinhalt der Predigt Jesu in der Ankündigung des nahen Gottesreichs bestand, wie es z.B. in Mk 1,15 ausgedrückt wird: 'Das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen.' Der Reich-Gottes-Begriff begegnet in den synoptischen Evangelien relativ häufig im Munde Jesu, man findet ihn als Zusammenfassung seines Wirkens in einzelnen Logien ebenso wie in größeren Gleichnisreden, die das Kommen des Reichs Gottes zum Inhalt haben. Dass der historische Jesus wirklich vom Reich Gottes gesprochen hat, ergibt sich für die Forschung u.a. daraus, dass dieses zentrale Anliegen Jesu für die spätere Kirche eine immer geringere Rolle gespielt hat. Für die ersten christlichen Gemeinden war Jesus selbst Inhalt der Verkündigung, der Begriff Reich Gottes tritt auffällig zurück. Schon für Paulus spielt die Reich-Gottes-Vorstellung kaum mehr eine Rolle, und im Johannesevangelium verhält es sich ebenso. Zudem ist die Vorstellung eines Reiches Gottes in einem heidenchristlichen Umfeld nur schwer verständlich. Der Begriff setzt ein jüdisches oder judenchristliches Umfeld voraus. Eben diese mangelnde Verständlichkeit und die deutliche Rücknahme der Verwendung dieser Vorstellung sprechen dafür, dass wir es hier mit einem Teil der ipsissima vox, der ureigentlichen Verkündigung Jesu zu tun haben. Jesus hat das nahe Kommen des Reiches Gottes verkündigt. Die Kirche hat dann aber nicht das Reich, sondern Jesus verkündigt. [...]
Jesus hat das baldige Reich Gottes verkündigt. Er hat sich damit im zentralen Thema seiner Verkündigung geirrt, denn das Reich Gottes, dessen Ankunft er als nahe bevorstehend gepredigt hat, ist nicht gekommen.
So verkündet Jesus nach Mk 9,1: 'Es stehen etliche hier, die werden den Tod nicht schmecken, bis sie das Reich Gottes kommen sehen in Kraft.' Seine Jünger hat er zur Verkündigung ausgesandt mit den Worten: 'Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen, bis der Menschensohn kommt!' (Mt 10,23). Und in Mk 13,30 bekräftigt er: 'Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis dies alles geschehen sein wird.'
Für die Historizität dieser Worte spricht, dass sie sich schon bei Abfassung des ältesten Evangeliums quasi als falsch herausgestellt hatten und überholt waren. [...]
Rudolf Bultmann fasst so stellvertretend für die neutestamentliche Forschung zusammen: 'Es bedarf keines Wortes, daß sich Jesus in der Erwartung des nahen Weltendes getäuscht hat.' (Rudolf Bultmann, Das Urchristentum, S.22)
Nach 2000 Jahren warten die Christen immer noch auf die Zeitenwende, die ihnen ihr Herr fälschlicherweise als unmittelbar bevorstehend angekündigt hat. Und man darf den Kirchen mit Recht die Frage stellen, wie der Sohn Gottes, als den sie ihn ja verkündigen, sich so habe irren können."
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Ergänzt sei in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass über zwei Milliarden Christen Jahr für Jahr am Geburtstag ihres Herrn und Heilandes anscheinend ohne von der blutigen Realität um sie herum getrübt zu werden in das Weihnachtslied einstimmen, in dem es heißt: "Tochter Zion, freue dich! Siehe, er kommt, dein Friedefürst!"

Gaby

Re: Der Kardinalirrtum Jesu

#2 Beitrag von Gaby » 02.08.2012, 17:01

>>2,18 Die Juden nun antworteten und sprachen zu ihm: Was für ein Zeichen der Vollmacht zeigst du uns, daß du dies tust? 2,19 Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Brecht diesen Tempel ab, und in drei Tagen werde ich ihn aufrichten. 2,20 Da sprachen die Juden: Sechsundvierzig Jahre ist an diesem Tempel gebaut worden, und du willst ihn in drei Tagen aufrichten? 2,21 Er aber sprach von dem Tempel seines Leibes. Jh 2,13-21;<<

Für jemanden der am Buchstaben "klebt" ist auch diese Stelle unverständlich ...

gemeint ist hier nicht der irdische Tempel ... diese Stelle ist ein Synonym für Jesu Tod und Auferstehung ... der Tempel = Jesu Leib der getötet wird, die Auferstehung = der Aufbau des Tempels in drei Tagen.

Es könnte doch durchaus auch so verstanden werden, dass es eben nicht um den biologisch leiblichen Tod derjenigen die damals lebten ging bei der Aussage "werden den Tod nicht schmecken", sondern um den spirituell/geistigen Tod ... nur mal so angedacht ...

Comment

Re: Der Kardinalirrtum Jesu

#3 Beitrag von Comment » 03.08.2012, 07:36

Es könnte doch durchaus auch so verstanden werden, dass es eben nicht um den biologisch leiblichen Tod derjenigen die damals lebten ging bei der Aussage "werden den Tod nicht schmecken", sondern um den spirituell/geistigen Tod ... nur mal so angedacht ...
Werte Gaby,

Ihre Interpretation ist schon deshalb nicht schlüssig, weil sie von einem generell vorhandenen 'spirituell/geistigen Leben' ausgeht, das regelmäßig wieder erstirbt (den 'spirituellen/geistigen Tod' erleidet) - außer bei den 'etlichen hier Stehenden'. Dann wäre in der Jesu-Aussage auch noch die Befristung dieser Ausnahmesituation zu sehen, ausgedrückt durch das 'bis ...', was bei Ihrer Interpretation bedeuten würde, dass der 'spirituelle/geistige Tod' der Ausnahmen letztlich doch eintreten werde.

Also die Deutung, Jesu habe in der Aussag einen 'spirituellen/geistigen Tod' gemeint, ergibt m.E. keinen Sinn.

LG
Com.

Gaby

Re: Der Kardinalirrtum Jesu

#4 Beitrag von Gaby » 03.08.2012, 09:01

Comment, vielleicht habe ich mich unverständlich ausgedrückt. Meine Gedanken gehen in diese Richtung ... ob dies nun mit dem "normal" christlich vermittelten Glauben zusammengeht oder nicht steht auf einem anderen Blatt. Außerdem gibt es zu dieser Bibelstelle auch innerhalb der Christenheit unterschiedliche Auslegungen wie ich gelesen habe.

Jesus starb und ist wieder auferstanden, hat also den (seinen eigenen) körperlichen Tod überwunden. Werden wir jetzt geistig "wiedergeboren", werden wir dem Leib Christi zugefügt (das ist ja wohl auch christliche Lehre) ... da Jesu aber den Tod überwunden hat, gilt das für den, der zum Leib Christi gehört letztlich doch auch, oder? Mit Jesu haben wir den Tod überwunden, "werden diesen nicht schmecken". Menschen die vor Jesu gelebt haben und körperlich gestorben sind haben "den Tod geschmeckt", da Jesu den Tod noch nicht überwunden hatte.
Ich glaube eben wie bei der Bibelstelle mit dem Tempel, dass das mit "werden den Tod nicht schmecken" nicht wörtlich sondern im übertragenen Sinn gemeint sein könnte.

tergram

Re: Der Kardinalirrtum Jesu

#5 Beitrag von tergram » 03.08.2012, 09:31

...was aber mit den sonstigen biblischen Hinweisen auf eine Wiederkunft Christi nicht zusammenpasst.

Sowohl die Aussage der Engel bei der Himmelfahrt (sinngemäß: So wie ihr ihn auffahren seht, werdet ihr ihn wiederkommen sehen...) als auch die Aussage von Jesus selbst (Ich werde wiederkommen und euch zu mir holen, auf dass ihr seid...) passen nicht zu einer Interpretation im übertragenen Sinn. Das sind doch, so verstehe ich es jedenfalls, klare und eindeutige Aussagen.

Tatsache ist: Sie sind unerfüllt.

Comment

Re: Der Kardinalirrtum Jesu

#6 Beitrag von Comment » 03.08.2012, 10:28

Gaby,

wir dürfen uns nicht so sehr vom biblischen Wortlaut entfernen, sonst reden wir am Ende über ganz etwas Anderes als dort zum Ausdruck gebracht.
Es ist die von Jesus angeführte Befristung des Zustands 'Tod nicht schmecken', die bei der Klärung, was er denn meint, nicht aussen vor bleiben darf. Er sagte ja: '.... Tod nicht schmecken, *bis dass sie sehen das Reich Gottes mit Kraft kommen*
Also die Worte sagen doch genau das: da ist etwas nicht von ... bis ... , oder positiv ausgedrückt: da ist etwas von ... bis ..., nämlich: das am Leben bleiben

Com.

Gaby

Re: Der Kardinalirrtum Jesu

#7 Beitrag von Gaby » 03.08.2012, 12:46

Wie passt dann aber diese Bibelstelle dazu?
Johannes 11, 25 - 26

(25) Jesus sprach zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben; wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er gestorben ist;
(26) und jeder, der da lebt und an mich glaubt, wird nicht sterben in Ewigkeit. Glaubst du das?

Wenn man die Bibelstelle "den Tod nicht schmecken" im Johannes-Evangelium im Zusammenhang liest, fällt übrigens noch etwas auf ...

51Wahrlich, wahrlich ich sage euch: So jemand mein Wort wird halten, der wird den Tod nicht sehen ewiglich. 52Da sprachen die Juden zu ihm: Nun erkennen wir, daß du den Teufel hast. Abraham ist gestorben und die Propheten, und du sprichst: "So jemand mein Wort hält, der wird den Tod nicht schmecken ewiglich." 53Bist du denn mehr als unser Vater Abraham, welcher gestorben ist? Und die Propheten sind gestorben. Was machst du aus dir selbst?

Jesus hat lt. Johannes nicht gesagt "den Tod nicht schmecken" (was ja bedeutet man erlebt den Tod), sondern den Tod nicht sehen ewiglich ... und man sieht den Tod nicht ewiglich, weil Jesus den Tod überwunden hat, das körperliche Sterben hat er aber m.E. nicht überwunden ... ich denke immer noch, man sollte nicht so sehr am Buchstaben der Bibel kleben ... gerade auch weil man weiß, dass die Evangelien nicht zeitnah aufgeschrieben wurden und Übersetzungsfehler auch nicht ausgeschlossen sind.

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Re: Der Kardinalirrtum Jesu

#8 Beitrag von Comment » 03.08.2012, 16:16

Gaby, es erscheint in der Bibel so manches recht widersprüchlich. 8)

Manche Begriffe aus der Bibel werden einmal so, dann wieder anders verstanden. 'Sterben' heißt dann 'in den leiblichen Tod gehen', an anderer Stelle wird 'sterben' oder 'den Tod schmecken' im übertragenen Sinn verstanden: 'von Gott getrennt sein'.

Um auf das Eingangs-Posting zurückzukommen: Aus dem NT ist herauszulesen, dass die Jünger Jesu, ebenso Paulus und andere Gläubige der ersten Zeit mit der Wiederkunft Jesu noch zu ihrer Lebenszeit rechneten. Sollten sie alle Jesus falsch verstanden haben? Oder hat Jesus sich ungenau ausgedrückt? :?:

Gaby

Re: Der Kardinalirrtum Jesu

#9 Beitrag von Gaby » 03.08.2012, 22:25

Comment, da gibt es sicherlich verschiedene Auffassungen/Auslegungen zu ... hier z. Bsp. einige ...

http://www.efg-hohenstaufenstr.de/downl ... _sehen.pdf

Wo ich mich etwas drin wiederfinden kann ist folgende Sicht dazu:

>>vielleicht versteht er das Wort vom „Nicht schmecken des Todes“ so, daß der Nachfolger im Wissen um den überwundenen Tod und seine Auferweckung sterben darf.<<


Wer zum Leib Christi gehört stirbt zwar körperlich, trotzdem hat der Tod selbst für ihn keine Bedeutung, weil Jesus diesen seit der Auferstehung überwunden hat ...

tergram

Re: Der Kardinalirrtum Jesu

#10 Beitrag von tergram » 04.08.2012, 09:01

Gaby,

meinst du wirklich, dass es komplizierter Überlegungen bedarf, um die Worte Jesu zu verstehen? Er sprach sie doch zu ungebildeten Menschen, seinen Jüngern. Was ein Fischer vom See Genezareth, der weder lesen noch schreiben konnte und keinerlei Bildung hatte, vor 2000 Jahren verstehen konnte, sollten wir doch auch verstehen können, oder?

Die Sätze sind einfach, klar und bedürfen keiner Auslegung. Jesus wird doch gewollt haben, dass seine Jünger ihn verstehen.

In meinen Augen wurschteln sich Christen mit diesen gedanklichen Basteleien an der Problematik vorbei, dass die Zusagen Jesu nicht eingetroffen sind.

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