Katharina hat geschrieben:Das ist die Frage, die mich schon lange quält: wo ist meine Barmherzigkeit angemessen oder wo ist es ein unangemessener Eingriff? Wenn ich dem Bettler vor der Kirche einen Euro gebe und er sich dafür Alkohol oder Drogen kauft = angemessen oder unangemessen? Und mit Essen geben sich die Bettler leider nicht immer zufrieden, sie wollen einfach Geld haben.
Ist das Barmherzigkeit, wenn ich ihm sage, er soll doch in den Gottesdienst kommen oder zum anschließenden Kirchenkaffee oder Mittagessen?
Was hat Petrus mit dem "Bettler / Lahmen" vor der Tür des Tempels getan? s. Apostelgeschichte 3: Er sagte zu ihm: "
Silber und Gold habe ich nicht; was ich aber habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christ von Nazareth steh auf und geh umher." Das war Barmherigkeit pur. Aber wie können wir das in unserem Alltag umsetzen? Die meisten wollen sowas leider gar nicht hören. (Ist meine Erfahrung)
Wartend auf Antwort grüßt
Katharina
Liebe Katharina,
du wartest ja noch...
Deshalb versuche ich es mal mit einer Antwort auf deine schwierigen Fragen. Der Gedanke, der mir beim Lesen deiner Zeilen zuerst kommt, ist:
Wir bleiben ja Menschen.
Wir können nicht so berühren, wie Gott es kann (und so einfach oder banal das klingen mag - ich finde wichtig, dass uns das bewusst ist, dass wir es uns bewusst machen). Die zweite Frage, die wir uns dann stellen sollten, ist:
Was kann ich (Mensch) geben?
Und die nächste Frage wäre:
Was kann der andere, betreffende Mensch nehmen?
Zusammenfassend fange ich bei der letzten Frage an:
Auf rein menschlicher Ebene ist und bleibt meiner Meinung nach immer die Frage, ob ein Mensch sich helfen lässt (und das ist so viel seltener der Fall, als man annehmen mag...) und wie ihm tatsächlich geholfen werden kann.
Auf ebenso menschlicher Ebene bleibt gerade deshalb die Frage, was man selbst tun kann, ohne in ungünstige Beziehungen verstrickt zu werden und darunter selbst zu leiden. Deshalb finde ich deinen Gedanken, zum Kirchkaffee und Mittagessen einzuladen, "greifbar" und gut.
In der Beziehung zu Gott sehe ich das mittlerweile ähnlich: Auch Gott kann uns oder die betreffenden Menschen nur dort berühren, wo wir bzw. sie Berührung zulassen. Teresa von Avila sagte, dass Gott genau deshalb ein sehr gnädiger Gott ist: weil er uns entscheiden lässt, wie weit wir ihn in unser Leben lassen. Und weil er immer nur so weit zu uns kommt, wie wir uns ihm öffnen. ER hat mit uns Geduld ohne Ende ... seine Berührung bedeutet ja aber auch, dass sie Leben verändert. Und die Bereitschaft dazu bleibt nun mal bei jedem Einzelnen.
Wiederum zusammenfassen könnte man deine Fragen deshalb mit diesen Fragen:
Was kann ich Mensch(in) tun, damit der andere Mensch sich
angesprochen fühlt? Welche Aufmerksamkeit und Wertschätzung kann ich ihm geben, die ihn bestenfalls dazu motiviert,
aufzustehen und ...?
Und in der Beziehung zu Gott kann nur ER der berührende, helfende, eingreifende sein, den wir darum bitten können, dass er uns Impulse gibt, ob wir / was wir tun können oder nicht...
Deshalb denke ich: Je entspannter wir damit umgehen (im Bewusstsein unserer "kleinen Kraft"), desto mehr können wir - manchmal ganz spontan - davon aufbringen und tun.
Uff. Keine leichten Fragen...
Liebe Grüße
Anne