Was ist religiöser Missbrauch - was nicht?

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tosamasi
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Re: Was ist religiöser Missbrauch - was nicht?

#31 Beitrag von tosamasi » 06.05.2011, 13:21

Gaby, ich schließe mich Cemper an, ich habe lange (oder noch nie?) einen so abgeklärten, unaufgeregten -also gänzlich unpolemischen- Beitrag eines ehemaligen Naklers gelesen. Oft geht es eben auch um gekränkte Eitelkeiten und so eine Art Abrechnung.
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Andreas Ponto
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Re: Was ist religiöser Missbrauch - was nicht?

#32 Beitrag von Andreas Ponto » 06.05.2011, 18:02

Vielen Dank Gaby für deinen persönlichen Bericht.

Ich z. B. fühle mich durch die NAK überhaupt nicht missbraucht, obwohl ich sicher auch missbraucht wurde. Ich hab es geschehen lassen, wollte es und beklage mich jetzt auch nicht. Alles, was ich dort getan, geglaubt und gesagt habe, habe ich aus voller eigener Überzeugung getan. Ich denke auch heute nicht mit Bitterkeit darüber nach.

Aber, in diesem Thema geht es mir um etwas anderes. Es geht nicht um die NAK (Sonst hätte ich es dort eingestellt - und das habe ich, denke ich, von Anfang an sehr deutlich gemacht).
Es gibt im christlichen Umfeld nicht wenige Menschen, denen es völlig anders ergangen ist als du es beschrieben hast und ich es erlebt/empfunden habe, sondern, die durch geistigen/religiösen Missbrauch in grosse persönliche und existentielle Not geraten sind und aktuell geraten.

Wie du richtig sagst, kann geistiger/religiöser Missbrauch in jeder christlichen (oder sonstigen religiösen) Umgebung geschehen (Gemäss dem Forum thematisieren wir hier aber nur Missbrauch im christlichen Kontext).

Aber das gerade muss, wo möglich verhindert werden. Es muss nach meiner Ansicht thematisiert werden. Es ist nicht als Gott gegeben hinzunehmen.

Um was geht es mir also?

Was ist geistlicher/religiöser Missbrauch und was nicht? Woran kann man das festmachen?

Wie und woran kann ich erkennen, ob ich mich so einem System, einer Person, Gemeinde, Gruppe ausgesetzt habe, mitten drinn stecke, oder gar selbst Verantwortlicher/Verursachender bin?


Es geht also um eine bewusstmachen der Systeme, der Systematik und der in diesen Systemen ablaufenden Prozesse, Dynamiken, Handlungen und Reflexe.

Wozu?

Zum Einen hinsichtlich der verantwortlichen Leiter:
Christlichen Leitern, Gruppen, Gemeinden und Kirchen Ihre Verantwortlichkeit deutlich machen und wo möglich ein Nachdenken, eine Korrektur in der eigenen persönlichen Verhaltensweise erwirken und diese zu bewegen systemische Änderungen wo möglich zu bewirken.

Zum Anderen gegenüber den Missbrauchten:
Menschen, die das Gefühl haben, dass irgend etwas in Ihrem Umfeld und dem Umgang mit Ihnen selbst nicht stimmt (erlebte Grenzverletzung), eine kleine Unterstützung / Orientierung geben.
Dass diese dadurch vielleicht den Mut bekommen:
- durch geistigen/religiösen Missbrauch hervorgerufene Grenzverletzungen zu erkennen und
- für die Zukunft zu beenden/verhindern, sich dieser zu wehren.
- entweder durch klärende, abgrenzende Gespräche oder
- durch ein sich selbst Herausnehmen aus dem System
- und wo nötig sich um therapeutische Hilfe zu bemühen.

Es geht also in keinem Fall darum irgend eine Gruppe oder Gemeinschaft oder gar Person anzuzählen, sondern darum das Thema geistiger/religiöser Missbrauch zu thematisieren.

Geistiger/religöser Missbrauch ist leider vielfach tabuisiert oder banalisiert und wird oft als gegeben hingenommen und unter den Teppich gekehrt.
Oft kommt dann noch das "selbst schuld" ins Spiel oder "man weiss ja nicht so genau, was da alles lief"...

Dies wird aber der Bedeutung und der Präsenz im christlichen Kontext nicht gerecht.

Das darf aus meiner Sicht nicht sein und so nicht bleiben.

LG

Andreas

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Re: Was ist religiöser Missbrauch - was nicht?

#33 Beitrag von Comment » 06.05.2011, 18:30

Hallo Gaby,

ich denke, man muss hier genau hinschauen, welche Jahre in der jüngsten NAK-Geschichte gemeint sind.

Heute sieht's in der Tat anders aus als noch vor Jahrzehnten. Ich habe die Zeit Bischoffs als Kind und Jugendlicher mitgemacht, als junger Mann die Ära Schmidt und Streckeisen.

Dazu sage ich kurz: Gott sei Dank, dass das vorbei ist! Es war schon extrem, wie diese sog. Gottesmänner mit ihren Helfershelfern die Gemeinden seelsorgerisch traktierten. Die predikal vorgenommene Verteufelung des gesellschaftlichen Lebens in unseren Landen in der NAK war extrem. Und bei vielen Älteren in den Gemeinden wirkt die damals auf die 'bösen Folgen der Welt' ausgerichtete Bepredigung noch heute nach. Es ist so, man kann es nicht wegreden.

Klar, es gab auch andere Religionsgemeinschaften und auch Elternhäuser ausserhalb der NAK, in welchen Sektierertum und Pietismus frohe Urständ feierten. Doch das ändert nichts daran, dass die NAK sich mit Schuld beladete, was die Behandlung ihrer Mitglieder angeht.

Das umso mehr, als die NAK durch ihren zwischenzeitlichen von Jahr zu Jahr gesteigerten Wandel in ihren Anschauungen die 'Welt und ihr Getümmel' betreffend, sich rakdikal geändert hat. Daraus lässt sich nur eines ablesen: Was sie zuvor im Widerspruch dazu stehend lehrte, war nichts Christliches; es war durch nichts zu rechtfertigende Abschottung der Mitglieder von jeglichem kulturellen und gesellschaftlichem Leben. Der Blick zurück auf das eigene Leben, ein Leben in der damaligen NAK, ein Leben, das von sektiererisch gelehrtem Verzicht auf das wirkliche Leben gekennzeichnet war, bereitet doch noch Schmerz ob des gepredigten und entsprechend gehandhabten Verzichts auf so viele Dinge, die man nach Streckeisen immer mehr kennen und lieben gelernt hat als so schön erlebt. Das hätte man doch auch als Jugendlicher alles haben können, wenn da nicht die böse Kirche ...

Und heute ist nun alles anders. Die Jüngeren, die die 'alte' Zeit nicht erlebten, haben oftmals kein Verständnis für die Situation der älteren Geschwister in damaliger Zeit. Die Jüngeren haben im Gegensatz zu den Alten das Glück, in einer veränderten Welt und auch in einer insoweit angepassten NAK zu leben, in welcher die Obrigkeit nicht mehr extrem den bestimmenden Platz einnimmt wie es zuvor noch war, die sich auch zurückgenommen hat, völlig unnötige Verbote und Drohungen möglichst vermeidet. Wer sich als Kind der 'neuen Zeit' in der NAK nicht mit den heutigen Lehren dieser Kirche identifizieren kann, weil er durch die modernen Möglichkeiten im Internet usw. 'schlau' machen konnte, der geht eben fort aus der NAK. Auch wenn das vielleicht aus mancherlei Gründen, z.B. wegen freundschaftlicher oder familiärer Bindungen schwer sein mag, er wird doch im Normalfall versuchen, sich nach und nach und schliesslich ganz zu lösen von ihr. Und wenn er es nicht schafft, ja, da stimme ich Ihnen zu, dann kann er der NAK nicht die Schuld für sein Dilemma so ohne weiteres geben! Wenn er schliesslich bei der Abnabelung psychische Probleme bekommt und diese vermehrt mit sich herumschleppt, dann kann es sein, auch darin stimme ich Ihnen zu, dass er sie in einer anderen religiösen Gemeinschaft auch hätte bekommen können.

Ich kann nur jedem raten, seinen Gesichtskreis auf religiösem Gebiet durch Inanspruchnahme der zahlreichen Möglichkeiten einschl. der im Internet, in welchem ich viele gute Ratschläge und brauchbare Erfahrungsschätze rezeptieren konnte, zu weiten. Das stärkt den Mut, um neue Wege einzuschlagen. Niemand muss sich heute verrückt machen lassen durch noch so traktierende religiöse Anschauungen. Es ist für jeden an der Zeit, nüchtern sich mit den Lehraussagen der 'alten Herren' zu befassen, die zwar nicht mehr gegen die 'Lust der Welt' predigen, was sich kontraproduktiv unter den Jüngeren (und auch inzwischen Älteren!) auswirken würde, aber nunmehr permanent sich selbst als einzige Heilsbringer predigen und damit den Versuch einer religiösen Ankettung der Menschen an ihre Organisation unternehmen. Hier heisst es, sich nicht betören zu lassen. Und ich sehe, dass dieses mehr und mehr auch NAK-lern gelingt, dieser seelische Befreiungsschlag. Erfreulich erscheint mir diese Entwicklung.

Die Alten, um die muss niemand mehr sich sorgen, die sind ohnehin bald durch natürlichen Tod aus den Gemeinden fort, auch wenn unter ihnen noch solche sind, die an der NAK leiden, sie werden dann endgültig, so ist zu hoffen, davon erlöst sein, wenn sie die Augen verschliessen.
Es geht heuer in erster Linie um die Generationen nach ihnen - es ist zu wünschen, dass sie den Kopf hochhalten, aufmerksam und selbstbewusst ihren Weg gehen, über den Tellerrand hinwegschauen, anderen Christen respektvoll und anerkennend gegenübertreten, mit ihnen kommunizieren, vielleicht auch in ihre Kirchen und Gottesdienste hineinschnuppern und sich nicht scheuen, ggf. auch den Wechsel in eine andere Gotteswelt zu wagen.

Herzliche Grüße
Com.

Maximin

Re: Was ist religiöser Missbrauch - was nicht?

#34 Beitrag von Maximin » 06.05.2011, 20:33

Centaurea,
Du wirst es gewiss respektieren können, dass ich in dem einen bestimmten Punkt anderer Meinung bin als Du. Da hilft auch nicht Gabys hervorragender Beitrag als Brückenbau. Na und? Werden wir leben, werden wir sehen…! Am Ende antwortet uns unser hoffentlich unbeschädigtes Gewissen.
Micha grüßt friedlich + + +

shalom

Re: Was ist religiöser Missbrauch - was nicht?

#35 Beitrag von shalom » 07.05.2011, 07:32

Cemper hat geschrieben:Gaby - ich habe eben Ihren Eintrag gelesen und gedacht KLICK.
Werte Friedenstaube und Gaby,

auch ich las Ihr nachdenkliches Posting und schließe mich gerne den o. a. Gedanken meines Vordenkers an (bei mir hat es "Klick" gemacht) :wink: .

shalom

Gaby

Re: Was ist religiöser Missbrauch - was nicht?

#36 Beitrag von Gaby » 07.05.2011, 11:04

Erst einmal danke für die Reaktionen auf meine Gedanken zu dem Thema :-)
Da ich gestern nachmittag und heute "volles Haus" hatte/habe, werde ich mich wohl erst Montag früh rückmelden können ... so "zwischen Tür und Angel" zu antworten liegt mir nicht so ... wünsche allen ein schönes sonniges Wochenende ...

Laßt es Euch gut gehen

Gaby

Re: Was ist religiöser Missbrauch - was nicht?

#37 Beitrag von Gaby » 09.05.2011, 09:23

Hallo Comment,

der Besuch ist fort, die Konfirmationsfeier von gestern ist nun auch schon wieder Vergangenheit, der Alltag hat mich wieder und ich habe endlich Zeit zu antworten.
Nun, meine Ära war ganz kurz nur STA Streckeisen und danach STA Urwyler.
Also wohl auch schon eine Zeit, die etwas offener war als die Deine.
Wie in den Foren erfahren, sind die Erfahrungen von Bezirk zu Bezirk wohl zudem auch unterschiedlich. Im Bezirk des Bezirkapostel Schumacher sen. herrschte damals schon ein sehr strenges Regiment.
Auch bei mir galt, sage mir mit wem Du umgehst und ich sage Dir wer Du bist. Kontakte außerhalb der NAK hatte man nur zu dem Zweck zu haben, damit man diese Menschen eventuell auf die NAK aufmerksam macht, ihnen die Möglichkeit gibt "Gottes Werk" kennenzulernen. Die "Weltmenschen" (egal ob Christ oder nicht) befanden sich im Gegensatz zu einem selbst natürlich auf dem breiten Weg des Verderbens. Kino, Konzerte, Diskotheken, Bremer Freimarkt, Schützenfest ... alles Dinge, die wie ich erzählt bekam für ein "Gotteskind" fatale Folgen hätten haben können.
Auch nachdem ich nicht mehr zur Kirche ging, fühlte ich mich an diesen Orten aber oft irgendwie Fehl am Platze, fühlte mich dort nicht wohl.
Lag das nun aber ausschließlich an der "Verteufelung dieser Orte" wie mir vermittelt wurde, oder auch einfach mit daran, dass ich eher ein Typ bin, der sich an ruhigeren Orten wohler fühlt, große Menschenmengen möglichst meidet?
Angst vor den Folgen spielt zumindest in heutiger Zeit keinerlei Rolle mehr bei mir. Mit dem Kinobesuch z. Bsp. hatte ich schon nach relativ kurzer Zeit keinerlei Probleme mehr.
Vielleicht trauere ich auch aus dem Grund nicht meiner "verlorenen Jugend" nach, weil ich denke, ich hatte auch ohne diese Dinge trotz der Einengung der NAK eine schöne Jugendzeit.
Und vor meiner NAK Zeit in einem streng katholischen Dorf aufgewachsen hatten Jugendliche im Übrigen soviele Freiheiten auch nicht. Man stand immer unter Beobachtung, auch dort "wußte" man genau, wie katholische Christen zu sein hatten.
Sicher ist meine Jugend aus dem Grund anders als von manchem anderen Jugendlichen verlaufen der sämtliche Freiheiten genoss, aber aus heutiger Sicht nicht unbedingt schlechter.
Allerdings hatte ich meine sehr aktive Zeit in der NAK mit Mitte 20 schon hinter mir ... danach ging ich eine Zeit lang nur noch sporadisch in die Gottesdienste, irgendwann dann nur noch bei besonderen Anlässen bzw. später gar nicht mehr.
Die NAK und ich, das passte irgendwie nicht mehr zusammen. Mein Vorteil war (was das Wegegehen sehr erleichtert hat), dass zwar einige (aber nicht alle) sozialen Kontakte außerhalb meiner Familie durch das Verlassen der NAK wegbrachen, aber meiner Familie meine religiöse Orientierung Gott sei Dank vollkommen gleichgültig war bzw. ist. Dieses soziale Netz blieb also erhalten.
Und das ist etwas, worüber m.E. einige neuapostolische Christen vielleicht einmal nachdenken sollten. Warum bricht man den Kontakt zu Ehemaligen oft komplett ab? Im ehemaligen neuapostolischen Bekanntenkreis erlebt, wenn sich jemand entschied von der NAK Abstand zu nehmen. Sind diese plötzlich durch den Austritt oder durch ihr nun noch nur formelles Mitglied sein komplett andere Menschen geworden?
Warum geht es denn wie tosamasi treffend geschrieben hat auch oft um gekränkte Eitelkeiten und so eine Art Abrechnung, wenn Ehemalige der NAK am liebsten ihre Daseinsberechtigung absprechen wollen?
Weil es oft massive zwischenmenschliche Verletzungen gibt, wenn jemand innerhalb der Gemeinschaft nicht mehr so funktionieren will, wie es von ihm erwartet wird.
Und das ist etwas @ centaurea was für mich z. Bsp. auch einen sektenähnlichen Charakter aufzeigt. Menschen werden nur akzeptiert, wenn sie im Sinne der Gemeinschaft funktionieren. Funktionieren sie nicht mehr, werden sie fortan "geächtet", an den Rand gedrängt, zumindest sobald man merkt, diese halten fest an ihrer Entscheidung.
Durch das GK Forum seinerzeit veranlasst (worüber dort diskutiert wurde ließ mich mehr oder weniger hoffen, in der NAK habe sich doch etwas verändert ... was natürlich ein Trugschluß war) besuchte ich 2003 - 2005 noch wieder einige Gottesdienste in der NAK. Letztlich führte meine erneute Auseinandersetzung mit der NAK dann aber dazu, dass ich Anfang 2006 endgültig einen Schlussstrich setzte und austrat aus der NAK.
Für die heutige Jugend in der NAK freue ich mich ganz einfach, dass diese weitesgehend mehr Freiheiten haben als unsereiner damals.
Bei AT Kindern sieht das nach meinen Erfahrungen aber auch heute noch immer nicht so rosig aus ... halt die Vorbildfunktion ... es gibt zwar oft keine direkten Verbote, aber subtil wird immer noch vermittelt wie ein "Gotteskind" zu sein hat. Der äußere Schein spielt in der NAK nach meiner Beobachtung immer noch eine sehr große Rolle. Der Erwartungsdruck ist groß. Was könnten die MItgeschwister über mich denken, wenn ich dies und das tue, wenn das und das ist .... dieser Druck kann Jugendlichen auch heute noch ganz schön zu schaffen machen.

>>es ist zu wünschen, dass sie den Kopf hochhalten, aufmerksam und selbstbewusst ihren Weg gehen, über den Tellerrand hinwegschauen, anderen Christen respektvoll und anerkennend gegenübertreten, mit ihnen kommunizieren, vielleicht auch in ihre Kirchen und Gottesdienste hineinschnuppern und sich nicht scheuen, ggf. auch den Wechsel in eine andere Gotteswelt zu wagen.<<
>>Und ich sehe, dass dieses mehr und mehr auch NAK-lern gelingt, dieser seelische Befreiungsschlag.<<

Wie ich auch schon schrieb, das was sich mancher neuapostolische Christ in seiner Kirche wünscht gibt es woanders schon ... kann ich also wirklich nicht mehr damit leben, dass meine Kirche nicht so ist wie ich sie mir vorstelle, merkt man eine Gemeinschaft tut einem seelisch nicht gut, muss man eine ENTSCHEIDUNG treffen ... darum geht es m.E. letztendlich und dies kann einem niemand anders abnehmen.

Gaby

Re: Was ist religiöser Missbrauch - was nicht?

#38 Beitrag von Gaby » 09.05.2011, 10:23

Um was geht es mir also?

Was ist geistlicher/religiöser Missbrauch und was nicht? Woran kann man das festmachen?

Wie und woran kann ich erkennen, ob ich mich so einem System, einer Person, Gemeinde, Gruppe ausgesetzt habe, mitten drinn stecke, oder gar selbst Verantwortlicher/Verursachender bin?

Es geht also um eine bewusstmachen der Systeme, der Systematik und der in diesen Systemen ablaufenden Prozesse, Dynamiken, Handlungen und Reflexe.


Für mich driftet eine Kirche in eine sektenähnliche Gemeinschaft ab, wenn Gott zu einem Moralapostel degradiert wird, der nichts besseres zu tun hat, als ähnlich wie bei "Big Brother is watching you" jeden Christen ganz genau zu beobachten, wie ein Buchhalter alle Verfehlungen des Lebens festzuhalten, um dann später über einen richten zu können. Gnade so gut wie kein Thema ist.
Mit dieser Glaubensvermittelung bekommt Kirche ein Druckmittel in die Hand, zumindest wenn sie ihren Mitgliedern dann noch klar macht, NUR sie allein kann dafür sorgen, dass man bei Gott auf Grund seiner Verfehlungen nicht auf immer und ewig in Ungnade fällt. So ein Druckmittel gibt man natürlich nicht gerne aus der Hand. Eine christliche Kirche aber, die einen Glauben vermittelt, der Menschen nicht angstfrei glauben lassen kann, hat m.E. den Sinn des Evangeliums verfehlt. Destruktive Glaubensvermittelung halt.
Bedeutet Christ zu sein in einer Kirche den äußeren Schein zu wahren ist wichtiger als die Entwicklung des inneren Glaubens, hat das für mich etwas mit Scheinheiligkeit und Frömmelei zu tun.
Ein Beispiel: Kinder wollen in der Regel ausprobieren. Natürlich können sie dabei bildlich gesehen auch auf die Nase fallen. Verwehre ich ihnen aber, ihre eigenen Erfahrungen zu sammeln, nehme ihnen immer wieder die Entscheidung ab, behindere ich Kinder in ihrer Entwicklung, erziehe sie zur Unselbständigkeit.
Lasse ich nun etwas was ich eigentlich gern tun würde nur, weil ich dann dem äußeren Schein der von mir erwartet wird nicht entspreche, bringt mich das in einen Konflikt, weil letztlich die innere Überzeugung fehlt. Ich bin dann nicht "echt". Ich funktioniere dann zwar im Sinne der Gemeinschaft, werde aber im schlimmsten Fall in Depressionen verfallen, Selbstzweifel bekommen, innerlich zerrissen sein, weil meine innere Einstellung nicht mit meiner äußeren Handlung übereinstimmt.
Und wenn eine christliche Kirche einem Christen gleich welcher Konfession das Heilige Abendmahl bzw. die Eucharistie (also die Gemeinschaft mit Jesus Christus verwehrt) ist das für mich ein " religiöser Machtmißbrauch" mit dem man die Menschen versucht unter Druck zu setzten.
Ich gehe im Prinzip also davon aus, dass gleich in welcher Konfession man sich befindet religiöser Mißbrauch (seelisch sowie psychisch) immer stattfinden kann.
Hierarchische Strukturen, die Macht und Verantwortung delegieren fördern m.E. den religiösen Mißbrauch erheblich, weil in der Regel die "von Gott erwählten und erleuchteten" Seelsorger mehr oder weniger der sachlichen und persönlichen Kritik entzogen werden. Das ganze System erstarrt dadurch oft, wird in der Entwicklung gehemmt. Geht man davon aus, dass einige Menschen in der Gemeinschaft ganz besonders "heilig" und "erleuchtet" sind, sind Manipulationen an den Mitgliedern Tür und Tor geöffnet. Wenn Kritik in der Gemeinschaft unterbunden wird, würden bei mir mittlerweile sämtliche Alarmglocken anfangen zu klingeln ...

Maximin

Re: Was ist religiöser Missbrauch - was nicht?

#39 Beitrag von Maximin » 10.05.2011, 12:43

Religiöse Gewalt findet meist hintergründig statt. In vielen Fällen bemerken sie die Betroffenen gar nicht und wenn doch, wird die Gewalt nicht als solche empfunden, sondern als eine bewahrende Schutzleistung von religiösen Autoritäten.

Keine Frage, religiöse Gewalt betrifft meine Seele. Vielleicht bemerke ich die Manipulation erst sehr spät. Meist zu spät, um mich mit eigener Kraft aus der Umklammerung zu befreien.

Ich fand einen Beitrag, der sich mit psychischer Gewalt beschäftigt und sie in erschreckender Weise beschreibt. Hier ein Auszug: „Oft denkt man bei dem Wort Gewalt nur an die körperliche. Doch seelische Gewalt ist oft genauso grausam oder sogar noch schlimmer als physische. Deshalb ist es wichtig, auch diese zu erkennen und sich dagegen zu schützen."

Quelle: http://survivor.homepagestart.de/psychi ... 33326.html

Adler

Re: Was ist religiöser Missbrauch - was nicht?

#40 Beitrag von Adler » 10.05.2011, 17:28

Religiöser Mißbrauch in Reinkultur

"Ich kann mir vorstellen, dass der eine oder andere nicht sicher ist, ob die Neuapostolische Krche Gottes Werk ist. Sind solche Zweifel nicht wie eine Krankheit?"


Quelle: UF Nr. 9/2011; aus der dort abgedruckten Predigt des Herrn Dr. Leber

Das unterschwellige suggerieren von Angst und Schuldgefühlen wie es in dem zitierten Satz zum Ausdruck kommt, ist ein eideutiger Hinweis auf religiösen Mißbrauch.

LG Adler

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