Stell dir vor, es wird ein Gott geboren ...

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Ale

Re: Stell dir vor, es wird ein Gott geboren ...

#21 Beitrag von Ale » 21.06.2013, 14:24

Pagan,

die Textkritiker sprechen von Abweichungen, und gerade nicht von Widersprüchen. Das ist ein - in unserem Zusammenhang wichtiger - Unterschied!

Allerdings denke ich, dass wir unser kleines Scharmützel nun lassen sollten. Ich habe verstanden, dass Sie nicht der Meinung sind, dass es Jesus von Nazareth gegeben hat. Ich halte diese Vermutung für falsch. Gründe / Argumente und Fundstellen für ein Weiterhören / -lesen / -graben hatte ich genannt.

A.

Pagan

Re: Stell dir vor, es wird ein Gott geboren ...

#22 Beitrag von Pagan » 21.06.2013, 16:47

Ale hat geschrieben:die Textkritiker sprechen von Abweichungen, und gerade nicht von Widersprüchen. Das ist ein - in unserem Zusammenhang wichtiger - Unterschied!
DIE Textkritiker? Wieviele biblische Textkritiken und -kritiker kennst du? Aber streiten wir doch nicht um des Kaisers Bart. Der Duden meint zur Bedeutung von "Widerspruch" u.a. "fehlende Übereinstimmung zweier oder mehrerer Aussagen" resp. bei "widersprüchlich" findet sich analog dazu "nicht übereinstimmend" ... Dazu kommt u.a. noch, was in der einen Schrift vorhanden und der anderen nicht und umgekehrt.
Ale hat geschrieben:Ich habe verstanden, dass Sie nicht der Meinung sind, dass es Jesus von Nazareth gegeben hat. Ich halte diese Vermutung für falsch. Gründe / Argumente und Fundstellen für ein Weiterhören / -lesen / -graben hatte ich genannt.
Ich gehe vielmehr davon aus, dass du erkannt hast, dass du weder haltbare Argumente noch Existenzbelege einbringen kannst. Wenigstens bisher deutet nichts darauf hin.
Dagegen habe ich aufgezeigt, dass allein schon gegen die Auferstehung so vieles spricht, dass es gegen jede Vernunft ist, sowas ohne wirklich gute Gründe zu glauben. Nicht umsonst bezeichnet Lüdemann die Geschichten um die Auferstehung unmissverständlich als Humbug, und viele namhafte Theologen (einige habe ich bereits zitiert) pflichten ihm inhaltlich bei, auch wenn sie sich einer moderateren Ausdrucksweise bedienen. Aber du selbst hast Lüdemann ins Spiel gebracht.

Was spricht denn dafür, dass es diesen biblischen Jesus, den von einer Jungfrau geborenen Gottessohn gab? Wenig bis nichts, meine ich. Alles, was dieser Jesus verkündet haben soll, war z.T. lange vor Anbeginn unserer Zeitrechnung (und damit vor der behaupteten Geburt dieses Jesus) bekannt, Jungfrauengeburten gabs bei anderen "Gottessöhnen" auch schon vorher, so wie eigentlich fast alles von und über ihn irgenwelche Parallelen und Ähnlichkeiten mit älteren Personen und Legenden hat. Nicht zu vergessen: Seine Hauptbotschaft, das nahe Reich Gottes, hat sich als gravierender Irrtum erwiesen! Alles in allem für einen Gottessohn wahrlich kein überzeugender Auftritt! Und dann nimmt man ihm auch noch die Auferstehung.

Übrigens, du hast noch keine Stellung genommen zu meiner Feststellung, dass die in der Bibel genannten Jünger und auch der als Paulus bekannte Gründer des Christentums nie Bezug auf ein leeres Grab nahmen, obwohl sie dieses Argument doch so dringend hätten brauchen können. Es scheint, dass ausgerechnet diesen Männern eine leibliche Auferstehung nicht bekannt war.
Worauf stützt denn da wohl "dein" Lane Craig die Behauptung, das leere Grab sei Fakt? Und woher nimmt Craig die Gewissheit, dass ein und dieselben uralten Schriften heute zuverlässiger sein sollten als vor 100 Jahren? Auf diese und weitere Punkte und Fragen bist du bis jetzt nicht eingegangen.

Pagan

Re: Stell dir vor, es wird ein Gott geboren ...

#23 Beitrag von Pagan » 22.06.2013, 10:18

Joseph Ratzinger alias Papst a.D. Bendedikt XVI. schreibt in seinem ersten Jesus-Buch: "Sie [die Evangelien] brauchen ihn [den "Gottessohn"] nicht mit Fleisch zu umkleiden, er hatte wirklich Fleisch angenommen." Und einige Abschnitte weiter: "Denn für den biblischen Glauben ist es wesentlich, dass er sich auf wirklich historisches Geschehen bezieht. ... Wenn also Geschichte, Faktizität in diesem Sinn, wesentlich zum Glauben gehört, dann muss er sich der historischen Methode aussetzen - der Glaube selbst verlangt das."
Aber es führt kein Weg an der Erkenntnis vorbei, dass der christliche Glaube bis heute die vom Papst a.D. legitimierte historische "Vorprüfung" nicht bestanden hat.

Jeder Gläubige, würde er für sich den Mythos eines Gottessohnes, der diesem Jesus umgehängt wurde, nur für kurze Zeit abstreifen, würde angesichts der (nicht existenten) Faktenlage sowie der teilweise eklatanten Widersprüche und Fragwürdigkeiten in heiligen Schriften misstrauisch werden. Er würde sich bestimmt fragen: Was soll denn von einem angeblichen Gottessohn gehalten werden, dessen Werden, Leben, Wirken und Sterben von höchst wunderlichen und auf jeden Fall Aufsehen erregenden Ereignissen und Geschichten geprägt sein soll und der trotzdem nur in Schriften seiner Anhänger auftaucht? Die Verfassserschaft dieser Schriften ist fragwürdig, die ältesten der existierenden Schriften oder Fragmente davon werden auf ca. 100 Jahre [!] nach dem vermeintlichen Tod dieses Jesus datiert und sind mehr oder weniger fehlerhafte oder gar absichtlich veränderte Abschriften von Abschriften von Abschriften. Was genau da ursprünglich mal geschrieben wurde, weiss man logischerweise nicht, auch wenn mann trotz fehlender Originale so tut, als wüsste man es.
Das Problem, das Gläubigen entsteht, weil Religionswissenschaftler, Theologen, Historiker, Archäologen, Literaturwissenschaflter etc. die fehlende Historizität aufzeigen und dem christlichen Glauben damit den Grund entziehen, das liegt nicht an den Forschern, sondern daran, dass der biblische Jesus wohl nie die historische Figur war, als die er dargestellt wurde und weiterhin wird.

Pagan

Re: Stell dir vor, es wird ein Gott geboren ...

#24 Beitrag von Pagan » 26.06.2013, 14:59

Ob am Anfang des Christentums der historische Jesus stand oder nicht, ist eigentlich ein untergeordneter Aspekt. Allein das Wissen, dass eine leibliche Auferstehung, d.h. eine Wiederbelebung eines sogar erst kurze Zeit toten Körpers medizinisch-biologisch unmöglich ist, genügt bereits, um dem Christentum die Basis zu entziehen. Dank milliardenfacher Erfahrung bei Mensch und Tier ist die Unumkehrbarkeit des Todes empirisch gesichert, ausser es würde jemand tatsächlich das Gegenteil beweisen können. Solange spielt es auch keine Rolle, ob Jesus überhaupt gelebt hat.
Paulus schildert die Erkenntnis daraus in den mehrfach zitierten Worten plastisch: "Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsere Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich. ... Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube nichtig."

Stichwort Christus: Es ist spannend, wie sich die Lehre vom Christus bis heute halten konnte, obwohl die Bibel als heilige Schrift der Christen die von ihr propagierte Lehre selbst widerlegt. Der Althistoriker Bilik in Zusammenhang damit, dass Jesus (als Christus) nach seinem Tod den Jüngern erscheint, um ihnen zu erklären, dass es sich in Wirklichkeit ganz anders verhält als er als Jesus gelehrt habe: "Nur die wenigsten logisch denkenden Menschen werden dieses Szenario als wahrscheinlich ansehen. Wenn es dennoch zutreffen sollte, muss man immerhin eines zugestehen: Dieser Gott hat zumindest Sinn für Humor."
Da die Lehre Jesus sowieso durch Paulus' Lehre vom Christus abgelöst wurde, spielt es also auch aus diesem Grund keine Rolle, ob Jesus gelebt hat und ob es echte Jesusworte gibt.

Pagan

Re: Stell dir vor, es wird ein Gott geboren ...

#25 Beitrag von Pagan » 29.06.2013, 10:20

Einige Leser vertrauen bestimmt sogar in unserer aufgeklärten Zeit viel mehr den biblischen Berichten denn irgendwelchen wissenschaftlichen Erkenntnissen, die gegen eine Auferstehung sprechen.

Nun denn, der heilige Paulus, wie ihn Mitschreiber Maximin gerne nennt, sammelt in 1. Kor 15 die Argumente, die für eine Auferstehung sprechen sollen. Nur von einem leeren Grab weiss er, wie schon andernorts gesagt, so wenig wie die alle anderen "Prediger" und Briefeschreiber jener Zeit. Hätte Paulus davon gewusst, hätte er ein derart starkes Argument bestimmt nicht verschwiegen.
Auch bei den Befragungen von Anhängern Jesus vor dem Hohen Rat ist nie die Rede vom leeren Grab, obwohl doch gerade dieser hohe Rat gemäss Matthäus selbst aus erster Hand über die Auferstehung informiert war.
Die Erzählungen vom leeren Grab in den Evangelien sind ein beredtes Zeugnis dafür, dass die Bibel in manchen Belangen nicht über den Status eines Märchenbuches hinauskommt. Zu vieles stimmt bei diesen Auferstehungserzählungen nicht überein, ja widerspricht sich.
Ich will hier nicht in Details gehen, viele Fragwürdigkeiten und Widersprüche in den Erzählungen über die Auferstehung hat Hermann Samuel Reimarus (Pfarrerssohn, Professor für orientalische Sprachen, er studierte auch Theologie u. Philosophie) in den von Lessing herausgegebenen Wolfenbütteler Fragmenten schon im 18. Jahrhundert äusserst scharfsinnig und detailliert dargelegt. Raimarus meint dazu (nach Strauss), "dass die wenigen Zeugen der Auferstehung Jesu in keiner einzigen vorgegebenen Erscheinung unter sich selbst einig sind, wann, wievielen, wie oft, wo, auf was Art er erschienen, und was endlich aus ihm geworden sei" und fragt mit Recht, wie eine ganze Religion "auf ein an sich unglaubliches Factum gebaut werden können, dass solche Leute bezeugen, die sich untereinander selbst widerlegen?"

Ich kann allen Lesern nur empfehlen, die vier Evangelienberichte über das leere Grab miteinander zu vergleichen, wenn möglich mit Hilfe von Reimarus. Vielleicht machen sich danach Ale und andere Gedanken darüber, wie sehr man das biblische "Wort Gottes" verdrehen und ver-interpretieren muss, um basierend auf solchen Lügen-Geschichten das leere Grab als Fakt zu behaupten wie das Lane Craig tut.

Pagan

Re: Stell dir vor, es wird ein Gott geboren ...

#26 Beitrag von Pagan » 02.07.2013, 14:18

Es sind ausschliesslich Schriften des neuen Testamentes, die uns Informationen über Jesus geben, also nur Schriften von Anhängern. Von ausserbiblischen Autoren und Geschichtsschreibern haben wir nichts von Belang, schon gar nichts was uns eine Geschichtlichkeit Jesus glaubhaft machen könnte.

Trotz Bedenken wäre es falsch, die Evangelien nur als erlogen, gefälscht oder als fromme Märchen zu bezeichnen, auch wenn es in manchen Belangen zutrifft. Es gibt Passagen, die sind auch objektiv glaubhaft wie z.B. die Lehre Jesus vom baldigen Kommen des Reiches Gottes. Nach allem, was wir wissen, sind die Evangelien Jahrzehnte nach Jesus Tod verfasst worden. Welchen Sinn hätte es, wenn die Evangelisten eine derartige Botschaft erfunden hätten, die sich ja zu der Zeit schon als falsch herausgestellt hatte?

Heisst glaubhaft nun auch eine zuverlässigere und glaubwürdigere christliche Botschaft? Im genannten Beispiel definitv nein! Genau damit ist nun sogar biblisch glaubhaft dargelegt, dass Jesus Hauptbotschaft ein absolut fataler Irrtum war, der einem Gottessohn niemals unterlaufen dürfte.

Wie können es drehen und wenden wie wir wollen: Die Historizität Jesus ist und bleibt trotz einzelner glaubhafter Stellen (Entschuldigung, aber die gibts auch Grimms Märchen) insgesamt fragwürdig. Die heilige Schrift "belegt" keinen Jesus, der mit irgendeiner der verschiedenen christlichen Vorstellungen von ihm übereinstimmt.

Luca
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Re: Stell dir vor, es wird ein Gott geboren ...

#27 Beitrag von Luca » 29.10.2013, 16:28

Ale hat geschrieben:Gründe / Argumente und Fundstellen für ein Weiterhören / -lesen / -graben hatte ich genannt.
Das Wesentliche haben Sie haben nicht erklärt, denn warum sollen die Bibeltexte heute vertrauenswürdiger sein als vor 100 oder 1000 Jahren? Sie haben auch keine nichtbiblische Quelle genannt, die Jesu Existenz glaubhaft erscheinen lässt.

Schade Ale, dass Sie sich erneut auf französisch aus einer Diskussion davonschleichen wie Monate zuvor im "Evolutionsthread", als es dort argumentativ eng wurde.

Mich würde eine Fortsetzung dieser Diskussion hier interessieren (auch derjenigen über die Evolution :wink: ).

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