Öffentliche Theologie

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Andreas Ponto
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Re: Öffentliche Theologie

#11 Beitrag von Andreas Ponto » 27.10.2012, 11:14

Ich kann mich nur wiederholen.
Hier wurde das Thema Theologie - Öffentliche Theologie aufgeworfen und nicht Kirche im Ganzen und sowieso und überhaupt.
Und in Fragen dazu wurde von mir nachgebohrt, wo diese konkret und erlebbar werden kann und nach einem möglichen Effekt dieser öffentlichen Theologie auf Gemeinde gefragt.

Eure Prognosen zu Kirchen jeglicher Art und deren grundsätzlich verwerflichen Taten und deren grundsätzlich und generellen Sinnlosigkeit, haben damit nach meiner Wahrnehmung recht wenig bis nichts zu tun. Es erscheinen mir sehr reflexartige und pauschalisierende Urteile, die dem tatsächlichen Handeln und Tun von Kirchen in unserer Gesellschaft in keiner Weise gerecht werden.

Seid ihr, tergram und Lory der Ansicht, dass es in Zukunft in der Mehrheit Menschen ohne Glauben geben wird?
Ohne auf der Suche nach Sinn?
Dass es eine Gesellschaft ohne Moral- und Ethikfragen geben wird?
Dass sich jegliche Theologie erübrigt haben wird?

Nochmal - mir geht es hier um Öffentliche Theologie und nicht um Kirche.
Vielleicht könntet ihr das in einer möglichen weiteren Diskussion berücksichtigen.

tergram

Re: Öffentliche Theologie

#12 Beitrag von tergram » 27.10.2012, 11:29

centaurea, ich bitte darum, zu differenzieren. Ich bin nicht in vollem Umfang Lory's Meinung und hätte die Worte anders gewählt.

Ich hatte statistische Fakten genannt, auf die du leider nicht eingegangen bist. Darüber hinaus schreibe ich hier stets meine subjektive Meinung und kennzeichne sie auch als solche. Ich hoffe, ich kann deine Intention hinreichend berücksichtigen.

Zu deinen Fragen: Selbstverständlich werden sich Menschen immer mit den großen Fragen des Lebens beschäftigen. Wenn aber die Kirchen, deren Kernkompetenz die Theologie ist, gesellschaftlich nicht (mehr) akzeptiert werden, wer sollte dann die Themen der Theologie übernehmen? Ich sehe keine gesellschaftlich relevante Gruppe heranwachsen. Was denkst du, wer dieses Feld übernehmen könnte/sollte/wird?

Ergänzend: Etwa 40% der Deutschen glauben nicht (mehr) an einen Gott. Brauchen diese Menschen Theo-logie?

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Andreas Ponto
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Re: Öffentliche Theologie

#13 Beitrag von Andreas Ponto » 27.10.2012, 11:55

tergram hat geschrieben:....
Ergänzend: Etwa 40% der Deutschen glauben nicht (mehr) an einen Gott. Brauchen diese Menschen Theo-logie?
Ob die Statistik stimmt oder nicht kann ich nicht beurteilen. Aber als Fakt würde ich sie nicht hinstellen. Lediglich als Statistik.
Wenn du diese Zahl "40% der Deutschen" nimmst und gehst global, dann wird sich diese Zahl extrem stark dezimieren bzw. relativieren.
Aber auch in Deutschland bleiben immerhin 60%.

Zumal die Wechselfälle des Lebens dazu führen, dass sich die Dinge im Laufe eines Lebens stark verändern.
Mit dem Thema Glauben und Gott kommt jeder in in seinem Leben in Berührung und dann braucht es Theologie.
Weiter sind diese 40% nicht immer konstant die selben Personen. Es ist definitiv eine wechselnde Zusammensetzung von Personen.
Und selbst mit Atheisten führe ich hervorragende Diskussionen zu Gott, Glaube und Religion.
Will sagen - auch diese setzen sich damit auseinander.
In größeren Zeiträumen gedacht, stelle ich die Behauptung auf, dass die Fragen nach Sinn, Gott und Glaube zunehmen werden.
Auch in Deutschland.

Kurz: Ja es braucht Theologie! Es betrifft 100% - auch der Deutschen!

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Andreas Ponto
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Re: Öffentliche Theologie

#14 Beitrag von Andreas Ponto » 27.10.2012, 12:32

Uni Bamberg - Dietrich-Bonhoeffer-Forschungsstelle für Öffentliche Theologie
"Wie in Christus die Gotteswirklichkeit in die Weltwirklichkeit einging, so gibt es das Christliche nicht anders als im Weltlichen..."
(Dietrich Bonhoeffer, Ethik, DBW 6, 44)
„Auf der Flucht vor der öffentlichen Auseinandersetzung erreicht dieser und jener die Freistatt einer privaten Tugendhaftigkeit. Er stiehlt nicht, er mordet nicht, er bricht nicht die Ehe, er tut nach seinen Kräften Gutes. Aber in seinem freiwilligen Verzicht auf Öffentlichkeit weiß er die erlaubten Grenzen, die ihn vor dem Konflikt bewahren, genau einzuhalten. So muss er seine Augen und Ohren verschließen vor dem Unrecht um ihn herum. Nur auf Kosten eines Selbstbetruges kann er seine private Untadeligkeit vor der Befleckung durch verantwortliches Handeln in der Welt reinerhalten. Bei allem, was er tut, wird ihn das, was er unterlässt, nicht zur Ruhe kommen lassen.“
(Dietrich Bonhoeffer, Ethik, DBW 6, 66.)

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Re: Öffentliche Theologie

#15 Beitrag von Loreley 61 » 27.10.2012, 12:49

Selbstverständlich wird es immer Gläubige geben. Glaube sehe ich als positiv an. Nur es braucht dazu weder Theologie noch Kirche. Ich denke, die Menschen (viele) sind sehr spirituell (ich auch) und stellen sich natürlich die Sinnfragen. Doch wahrscheinlich wird es ein mehr und mehr individueller Glaube sein - ohne Dogmen. Patchwork kommt auch noch hinzu. Dazu gabs bei CID mal einen interessanten Artikel mit einem Bericht über die neue Spiritualität mit Theologe und Priester Willigis Jäger.

http://www.west-oestliche-weisheit.de/w ... trait.html
Willigis Jäger verkörpert eine konfessionsunabhängige zeitgenössische Spiritualität, die den spirituell Suchenden des 21. Jahrhunderts Antworten auf ihre drängenden Fragen gibt.

Als Zen- und Kontemplationsmeister ist er sowohl von der christlich-abendländischen Mystik als auch dem östlichen Zen geformt und geht gleichzeitig über beide Konfessionen hinaus auf das, was allen spirituellen Wegen des Westens und des Ostes zugrunde liegt.
Ähnlich ihm, hoffe ich dabei auf ein Verschwinden der Religionsgrenzen. Zumindest hat er mit seinem Benediktushof großen Zulauf.Er trifft den Zeitgeist. Und der ist m.E. überkonfessionell und nicht mehr ausgrenzend. Alles sind Wege zu Gott. Auch der individuelle - ohne Dogmen, ohne Bindung,......Man kann sagen, der Mensch wird jeder nach "seiner Fason selig werden". Während eine ganz bestimmte Theologie nur einengt und den Blick über den Tellerrand durchaus behindern kann. Dieses "Nur wir" ist, so glaube ich, am verschwinden - zumindest im Westen.

LG, Lory
Unsere Gedanken und Gefühle werden durch unsere Überzeugungen geformt.
Was du tief in dir und oft unbewusst denkst, das zeigt die größte Wirkung in deinem Leben.
Brauche nichts ... wünsche alles ... und wähle, was sich zeigt!
______
Namaste

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Andreas Ponto
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Re: Öffentliche Theologie

#16 Beitrag von Andreas Ponto » 27.10.2012, 13:00

ok Lory, das ist dann ein eigenes Thema, wie z.B.: "Braucht es Theologie" wert und hat mit dem Thema "Öffentliche Theologie" hier nichts zu tun, da von dir Theologie abgelehnt wird.

Übrigens geht es bei Öffentlicher Theologie im Sinne Dietrich Bonnhoeffer's darum, dass sich der christliche Teil der Menschen vorbehaltlos und ohne Bedingungen in die Gesellschaft einbringt und sich eben nicht zurückzieht, aus- und abgrenzt.

So habe ich das zumindest verstanden.

Maximin

Re: Öffentliche Theologie

#17 Beitrag von Maximin » 27.10.2012, 14:36

:) Lieben Freunde,
Theologie was ist das? Wikipedia meint u. a.: „Theologie (griechisch θεολογία theología, von θεός theós ‚Gott‘ und -logie) bedeutet übertragen „die Lehre von Gott“ oder Göttern im allgemeinen, und die Lehren vom Inhalt des christlichen Glaubens und seinen Glaubensdokumenten im besonderen. Der moderne Theologiebegriff hat seine Heimat im Christentum, während einige Religionen keine Theologie kennen.“

Hier kommt es m. E. auf ein bestimmtes Wort an. Da steht. „…die Lehre von Gott“. Ich sage, dass da besser stehen sollte: „… die Lehre über Gott!“ Warum…?

Ein evangelischer Hilfsprediger begann seine Sonntagspredigt etwa so: „Wir alle haben ja alle ein mehr oder weniger problematisches Verhältnis zu Gott.“ Im Stillen habe diesem Kirchenbeamten heftig widersprochen: „Nein, ich habe durchaus kein problematisches Verhältnis zu Gott. Vielmehr habe ich heftige Probleme mit seinem Bodenpersonal!“

Dieser m. E. missglückte Predigteinstieg besagten Hilfspredigers geschah in der Öffentlichkeit einer lutherischen evangelischen Kirchengemeinde in Berlin-Lichterfelde. Ich weiß nicht wer diesem Mann, außer mir innerlich, noch widersprochen hat. Auch gab es nach dem Gottesdienst keine Diskussionen oder Proteste. Die Leute gingen, wie üblich, schweigend und nach allen Seiten jovial lächelnd nach Hause.

Nein! So eine Aussage von der Kanzel wie diese: „Wir alle haben ja alle ein mehr oder weniger problematisches Verhältnis zu Gott.“, die gehört nicht nur schweigend und vielleicht zähneknirschend hingenommen zu werden, sondern inmitten der Gemeinde öffentlich besprochen zu werden.

Die Lehre von Gott wird seit Jahrhunderten in theologischen Fakultäten diskutiert, dort festgeschrieben und schließlich für einige Zeit für allgemein verbindlich erklärt. Die Lehre über Gott, die gehört hingegen mitten hinein in die allgemeine christlichen Versammlung.

Warum…? Je mehr sich die Theologen in ihren universitären Zirkeln streiten, sich darin lange festfahren, um sich schlussendlich auf faule Kompromisse zu einigen, um so mehr entfernen die sich von den Leuten in den Reihen. Am Ende versteht sie niemand mehr mit der Folge, dass sich die Leute in den Reihen von den Kirchenbetrieben enttäuscht, weil nicht ernstgenommen, abwenden.

Die Lehre von Gott geht jeden Christenmenschen etwas an. Das Verhältnis zu Gott ist und bleibt ein Zweierverhältnis. Da ist ER, hier bin ich! Wenn ER mir begegnen will, dann kommt es darauf an, ob ich dieser Begegnung zustimme oder nicht. Ich habe in dieser Sache nämlich alle Freiheiten dieser Welt.

Die Öffentlichkeit in einer christlichen Gemeinde ist mir andererseits ein nützliches Angebot, meine persönlichen Gottesvorstellungen und Gotteserfahrungen mit anderen auszutauschen, andere Gotteserfahrungen und Gottesvorstellungen kennen zu lernen und die dabei gewonnenen Ansichten und Einsichten für mich zu bedenken und ggf. auch zu nutzen.

Schaffen wir also die „kirchlichen Obrigkeiten“ rigoros ab und nehmen die Parole: „Kirche von unten“ wortwörtlich? Nein! Eine Gemeinschaft, will sie nicht in Chaos und Anarchie versinken, die benötigt einer gewissen Ordnung.

Die kirchlichen Obrigkeiten müssen sich aber verständlicher machen als bisher und sie müssen unbedingt von ihrem hohen Ross hinabsteigen. Sie müssen, besser als bisher, zuhören lernen und den Leuten in den Reihen auf´s Maul schauen. Gewiss nicht, um denen (noch) listiger nach dem Munde zu reden, um den Eindruck zu erwecken, dass man deren individuelle Gottesvorstellungen und Gotteserfahrungen wenigstens ein bisschen ernst nimmt.

Hier, in unsrem Forum, wird immer wieder einmal die Frage gestellt: „Kirche – wozu?“ Nix dagegen! Denn wer christliche Gemeinschaft nicht (mehr) braucht, der wird (hoffentlich) gute Gründe dafür haben. Nur so jemand muss sich dann allerdings auch die Frage gefallen lassen:„Auf welche Weise er mit dem lebendigen Gott verkehrt?“

Sagt so jemand: „Diesen Gott gibt es ja gar nicht. Er ist lediglich eine Erfindung von leider lebensuntüchtigen Menschen, die sich nach einer übergeordneten Allmacht sehen.“

Tja, den vergleiche ich mit einer Gebärenden, die mit einer Steißendlage ihres Ungeborenen schmerzhaft fertig werden muss. Keine Sorge, auch solche Geburtskomplikationen können mit ärztlicher Erfahrung und Hilfe überwunden werden.

Anders sieht es aus, wenn jemand mit seinem Dickschädel durch die Wand brechen will. Bestenfalls, schlimmstenfalls, holt sich so jemand eine blutige Beule oder eine mehr oder weniger schlimme Gehirnerschütterung mit heftigen Kopfschmerzen bzw. mit sogar bleibenden Schäden.

Nö, unser Schädel ist nicht dafür geschaffen Mauern zu durchbrechen. Das hat nur einer vermocht: „Jesus Christus.“ Denn der blieb nicht in den Himmeln. Er ging freiwillig in die menschliche Niedrigkeit. Er blieb auch nicht in der Wüste. Nö, er ging mitten unter die Menschen, schaffte Gemeinschaft mit ihnen und zwischen ihnen. Das ist zunächst mal alles...!

Liebe Grüße, landauf und landab, vom Maximin :wink:

Cemper

Re: Öffentliche Theologie

#18 Beitrag von Cemper » 27.10.2012, 15:58

tergram hat geschrieben:Ergänzend: Etwa 40% der Deutschen glauben nicht (mehr) an einen Gott. Brauchen diese Menschen Theo-logie?
An welchen Gott glauben 40 % nicht (mehr)?
Welche Theo-logie brauchen diese Menschen?

Was ist hier eigentlich gemeint, wenn nach "Gott" und "Theologie" gefragt wird?

Wenn man unter Gott das versteht, was uns unbedingt angeht, und wenn man unter Theologie den Versuch versteht, das, was uns unbedingt angeht, gedanklich zu durchdringen und praktische Konsequenzen zu ziehen, dann braucht jeder Theologie (oder könnte sie gebrauchen ...).

Ansonsten: Klick: Gott braucht uns. Atheistisch an Gott glauben

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Loreley 61
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Re: Öffentliche Theologie

#19 Beitrag von Loreley 61 » 27.10.2012, 17:38

Ist doch ne tolle Frau gewesen, diese Frau Sölle - oder denken Sie anders über sie, Herr Cemper? Soviel Tiefgang findet man selten bei männl. Theologen.
Unsere Gedanken und Gefühle werden durch unsere Überzeugungen geformt.
Was du tief in dir und oft unbewusst denkst, das zeigt die größte Wirkung in deinem Leben.
Brauche nichts ... wünsche alles ... und wähle, was sich zeigt!
______
Namaste

Cemper

Re: Öffentliche Theologie

#20 Beitrag von Cemper » 27.10.2012, 20:51

Loreley, Ihr letzter Satz ist eine gewagte Behauptung. Aber beeindruckend war die Dame gewiss. Ich kannte sie persönlich und hatte dadurch mehrfach Gelegenheit zum direkten Kontakt etwa auf Akademietagungen. Sölles theol. Positionen kann ich freilich nicht teilen; ich habe auch den Eindruck, dass sie ihre Theologie an entscheidenden Stellen selber skeptisch gesehen hat und - pointiert gesagt - ins Literarische "geflüchtet" ist. Sölles politische Ansichten kann ich selbstverständlich teilen - wer kann das nicht? Nur: Auf dem Gebiet der Politik geht es um konkrete Fragen, Analysen, Entscheidungen und um die Verteidigung oder die Gewinnung von Machpositionen. Als Politikerin konnte ich mir diese politische Frau nicht vorstellen.

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