Karlheinz Deschner ist tot

Wie alles anfing
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Pagan

Re: Karlheinz Deschner ist tot

#21 Beitrag von Pagan » 12.04.2014, 21:21

centaurea hat geschrieben:Zum Beispiel gehen Theologen ernsthaft davon aus, dass u.a. diese Worte authentisch sind:
[...]
Da lässt sich kaum dran rütteln und lässt n.a. auch auf die tatsächliche Existenz Jesu schließen.
Rütteln und Schütteln lässt sich daran schon, wenn man weiss, worauf eine solche Beurteilung basiert, nämlich meist auf sogenannten Differenzkriterien.
Ernst Käsemann war der Begründer der Methode des Differenzkriteriums, mit dem man bis heute meint echte Jesusworte herausfinden zu können. Jesusworte gelten dabei dann als echt, wenn sie
a) dem damaligen Judentum radikal widersprechen und
b) nicht mit Bedürfnissen der damaligen Gemeinde zu erklären sind.

Dein Beispiel "Es stehen einige hier, die werden den Tod nicht schmecken, bis sie sehen das Reich Gottes kommen mit Kraft." scheint zu dem Zeitpunkt, als Jesus das gesagt haben könnte (Achtung, nicht zum Zeitpunkt der Evangelienschreibung!) durchaus dem Bedürfnis der Gemeinde entsprochen zu haben, was das Wort dann als unechtes Jesuswort dastehen liesse. Nun ja, man weicht dann einfach aus und sagt, dieses Wort wäre Jahrzehnte nach Jesu Tod nicht niedergeschrieben worden, wäre es kein echtes Jesuswort gewesen.

Ob solche Kriterien wirklich genügen, um echte oder unechte Jesusworte zu erkennen und daraus die Existenz Jesus abzuleiten? Ich auf jeden Fall würde darauf keinen Pfifferling verwetten!

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Andreas Ponto
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Re: Karlheinz Deschner ist tot

#22 Beitrag von Andreas Ponto » 13.04.2014, 06:40

Es ist auf Grund des Entstehungsdatums des Markus-Evangelium sehr wahrscheinlich, dass der Verfasser Zugriff auf Informationen aus erster Hand hatte. Ebenso die Quelle Q, die von den Verfassern des Matthäus und Lukas Evangeliums neben dem Markusevangelium als weitere Quelle verwendet wurden.

Gerade weil sich diese Worte Jesu nicht erfüllt haben, aber zentraler Bestandteil der 3 Synoptiker sind, ist es a) unwahrscheinlich dass diese wider besseren Wissens mehrfach aufgeschrieben, weitergereicht und so breit rezipiert wurden und b) es in späteren Generationen, als die erste Generation nicht mehr war und deren Erfüllung offensichtlich ausblieb, notwendig wurde neue Erklärungen und Deutungen für diese Worte zu finden.

Eine ganze Reihe ernst zu nehmender Theologen denkt so, andere nicht. Man sollte aus meiner Sicht offen sein die verschiedenen Sichtweisen und Argumentationslinien zu kennen und in der Lage sein diese jeweils für sich stehen zu lassen.

Weder das eine läßt sich beweisen noch das Gegenteil. Das ist in der gesamten Geschichtsforschung so, nicht nur in der Bibelforschung. Aber man muss zur Kenntnis nehmen, dass die heutigen Methoden sehr zuverlässig, selbstkritisch und weitreichend sind und kaum ein Geschichtsfeld intensiver erfoscht ist als die Bibel.

Was man selbst für wahr oder wahrscheinlich hält, hängt dann ganz wesentlich von der eigenen persönlichen und subjektiven Sicht auf die Dinge ab. Jeder muss verfügbare Erkenntnisse und Forschungsergebnisse irgendwie in sein eigenes Gedankenkonstrukt einbauen, kompatibel machen mit der eigenen Weltsicht oder Gründe finden, warum man diese ablehnen kann.

Pagan

Re: Karlheinz Deschner ist tot

#23 Beitrag von Pagan » 13.04.2014, 11:17

centaurea hat geschrieben:Eine ganze Reihe ernst zu nehmender Theologen denkt so, andere [Anmerkung Pagan: genau so ernst zu nehmende] nicht.
Danke, das wollte ich eigentlich hören :wink: , ist diese Aussage doch schon ziemlich anders als dein vorheiges "Da lässt sich kaum dran rütteln".
Es lässt sich eben sehr wohl daran rütteln, denn es ist alles nichts weiter als ein grosses Mutmassen, das wohl fast ausschliesslich von der Interessenlage der heute Ratenden gesteuert ist, und das dann ganz nach dem Motto "Wir wissen zwar nichts, aber das behaupten wir umso heftiger!"
centaurea hat geschrieben:Es ist auf Grund des Entstehungsdatums des Markus-Evangelium sehr wahrscheinlich, dass der Verfasser Zugriff auf Informationen aus erster Hand hatte. Ebenso die Quelle Q ...
Hast du dir auch schon mal Gedanken darüber gemacht, warum der Verfasser der ältesten NT-Schriften, Paulus (dessen Briefe teilweise älter sind als die Evangelien), der nach biblischem Bekunden tatsächlich Zugriff hatte auf Informationen aus erster Hand, nämlich bei den Jüngern Jesus selbst, die er ja nach eigenem Bekunden auch tatsächlich getroffen hat, trotzdem erkennbar kaum etwas über (den historischen) Jesus wusste und keine seiner (echten oder unechten) Jesusworte verwendete, ja diesen Jesus bewusst und erklärtermassen ignorierte? Ich meine, Jesus war Gottes Sohn, und Paulus behauptete, sein Apostel zu sein. Da mutet das schon äusserst seltsam an, nicht wahr?

Auch die Existenz dieser Logienquelle Q ist keinesfalls gesichert, es gibt keine Funde, die ihre Existenz belegen würden. Man nimmt lediglich auf der Basis der Zwei-Quellen-Theorie an, dass es sowas gegeben hat, wobei eben auch das eine Theorie und nicht mehr ist (im Englischen wird es als Hypothese, sprich "Two-Document Hypothesis" bezeichnet). Meiner Ansicht nach wird hier allerorten nur im Dunkeln gestochert in der vagen Hoffnung, irgendwann mal einen "Diamanten" zu finden. Solange beschränkt man sich darauf, zu behaupten, was man nicht weiss.
centaurea hat geschrieben:Weder das eine läßt sich beweisen noch das Gegenteil. Das ist in der gesamten Geschichtsforschung so, nicht nur in der Bibelforschung.
Das ist wie soeben auch geschrieben völlig richtig. Aber die Reichweite der vermeintlichen Ergebnisse ist dann schon eine völlig andere. Im Christentum haben Milliarden Menschen auf solche Worte und Erzählungen gebaut und bauen noch heute und haben ihr Leben nicht nur danach ausgerichtet, sondern auch geopfert und in vielen Fällen auf vieles oder alles verzichtet, obwohl die ganze christliche Lehre und ihre Dogmen mit nicht eben geringer Wahrscheinlichkeit erfunden sind. Allein dass sich sehr viele Kirchenherren damals wie heute, die sich als Gesandte und Stellvertreter Gottes ausgeben, sich oft "einen Sch..." um die Lehren Jesus kümmern, sollte aufhorchen lassen. Darauf hat, um mal wieder auf das Thema zurückzukommen, Karlheinz Deschner immer wieder hingewiesen.

Zumindest, und das muss einfach immer wieder hervorgehoben werden: Es gibt selbst für die Existenz Jesus keine belastbare Evidenz und daher noch viel weniger für seine Worte und Lehre!
Es sind eben nur Mutmassungen und menschliche Projektionen hinauf in einen sonst reichlich leeren Himmel.

Ambrosia

Re: Karlheinz Deschner ist tot

#24 Beitrag von Ambrosia » 13.04.2014, 22:09

Pagan hat geschrieben:Karlheinz Deschner ist tot!

Die Süddeutsche.de schrieb im November letzten Jahres über Deschner: "Er ist extrem hart mit den christlichen Kirchen ins Gericht gegangen, bewusst einseitig und nicht immer ganz wissenschaftlich. ...
Georg Denzler, der selber kirchenkritische Texte herausgegeben hat schreibt dazu:
„Er (Deschner) kennt kein Quellenstudium, er trifft eine höchst einseitige Literaturauswahl, interpretiert gedruckte Quellen ohne Berücksichtigung des Zusammenhangs, nimmt Einzelereignisse für das Ganze und täuscht einen gelehrten Anmerkungsapparat vor, bei dem oft nicht zu kontrollieren ist, was behauptet wird.“ An anderer Stelle urteilt er, Deschner sei „der kenntnisreichste unter den advocati diaboli“, doch mangele es ihm an historischem Denken und historischem Urteilen
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Karlheinz_Deschner

da scheinen sich wohl zwei gefunden zu haben ...

und irgendwie muss ich grad an meinen alten Klassenlehrer denken, sein O-Ton:
"Ihr seid die optimale Klasse für alle Refrendare .... Ihr versucht ernsthaft, auf jede noch so bescheuerte Frage eine sinnvolle Antwort zu geben."
Zuletzt geändert von Ambrosia am 13.04.2014, 22:57, insgesamt 1-mal geändert.

Rolf

Re: Karlheinz Deschner ist tot

#25 Beitrag von Rolf » 13.04.2014, 22:32

Bitte keine unsachliche und primitive Polemik :!:

Ambrosia

Re: Karlheinz Deschner ist tot

#26 Beitrag von Ambrosia » 13.04.2014, 22:46

Unsachliche primitive Polemik wäre wohl eher gewesen, wenn ich auch in Fettschrift rumgebrüllt hätte ....

Rolf

Re: Karlheinz Deschner ist tot

#27 Beitrag von Rolf » 13.04.2014, 23:38

Gerog Denzler:

An anderer Stelle urteilt er, Deschner sei „der kenntnisreichste unter den advocati diaboli.“ doch mangele es ihm an historischem Denken und historischem Urteil.


____________

Wo die Auffassungen verschieden/unterschiedlich sind, kann man sie kaum jemanden zum Vorwurf machen.

Meine hier kritisierte "Fettschrift" halte ich aber immerhin noch für sehr dezent. :shock:

Ambrosia

Re: Karlheinz Deschner ist tot

#28 Beitrag von Ambrosia » 14.04.2014, 08:54

Rolf hat geschrieben:Gerog Denzler:

An anderer Stelle urteilt er, Deschner sei „der kenntnisreichste unter den advocati diaboli.“ doch mangele es ihm an historischem Denken und historischem Urteil.


____________

Wo die Auffassungen verschieden/unterschiedlich sind, kann man sie kaum jemanden zum Vorwurf machen.

Meine hier kritisierte "Fettschrift" halte ich aber immerhin noch für sehr dezent. :shock:
Georg heisst der Mann, mit Grog hat das nix zu tun ....

Es macht aber schon einen Unterschied, ob man seine Ansichten sachlich fundiert darstellen kann, oder ob man wild, unsachlich, ohne fachliche Untermauerung wild und wüst einen Allgemeinplatz nach dem nächsten polemisch in den Raum stellt ... und sich dann noch stolz in die Brust schmeisst und behauptet viiieeel Muniton zu haben ... :roll:

bisher kamen nur Zisselmännchen, ich warte noch auf die Chinaböller ....

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Re: Karlheinz Deschner ist tot

#29 Beitrag von tosamasi » 14.04.2014, 09:27

Ambrosia, mal ganz im Ernst, zur Sachlichkeit trägst du auch nicht viel bei. In erster Linie greifst du persönlich an. :mrgreen:
Nur der Einfältige fürchtet die Vielfalt
tosamasi

Ambrosia

Re: Karlheinz Deschner ist tot

#30 Beitrag von Ambrosia » 14.04.2014, 09:32

tosamasi hat geschrieben:Ambrosia, mal ganz im Ernst, zur Sachlichkeit trägst du auch nicht viel bei. In erster Linie greifst du persönlich an. :mrgreen:
Das kommt halt immer drauf an, welche Sprache mein Gegenüber spricht, ich passe mich da gerne an :mrgreen:

Und das vom Pagan-Fanclub viel Sachlichkeit kommt habe ich auch nicht wirklich erwartet :mrgreen:

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