denkenistwichtig hat geschrieben: ↑30.09.2022, 03:18
Offenbar sind die Streiter:innen von Junia heute und alle anderen Frauen voll einverstanden und glücklich, dass sie eine Frauenbeteiligung für Europa und Amerika erstritten haben - aber dass gleichzeitig die Diskriminierung von Frauen in der NAK Afrika fortgesetzt wird (86% der NAK-Mitglieder leben in Afrika). Ich meine, dass man/Frau einem Stammapostel auf die Sprünge helfen muss, der diesen Unfug höchstpersönlich und gegen Gottes Gleichberechtigungswillen absegnet. Aber vielleicht kommt ja noch eine Reaktion.
Berechtigte Annahme, ich würde wie folgt differenzieren.
Der progressive Block
Auf der einen Seite sehe ich die jungen progressiven Befürworter/innen nach dem Muster wie "Junia heute" oder die diversen NAK-Podcaster von "Agape Christi" oder "Beyond The River", die eine klare Werteorientierung in Sachen Gleichstellung für sich haben (wenn auch nicht notwendigerweise die gleiche) und aus ihren Herzen keine Mördergrube machen bzw. was sie von der Gesellschaft an Gleichstellung erwarten, wollen sie nach ihren Massstäben auch in der Kirche verwirklicht sehen. Und das auch mehr oder minder offen vertreten. Bei dieser Gruppe bin ich mir recht sicher, dass sie gerade von dem (doch recht unerwarteten und weitgehenden) Teilsieg zehren und endlich mal wieder ein positives Zeichen dafür sehen, doch nicht in der völlig falschen Religion geboren worden zu sein.
Auch wenn ich erwarte, dass es vorübergehend wieder etwas ruhiger um diese Gruppe wird, sie wird sich bestimmt nicht auflösen. Diese werdem begleiten
wollen, wie diese Frauenordination tatsächlich gelebt wird, wo Frauen dann auch wirklich mitreden dürfen und wie die NAK mit Diskriminierung umgeht und umgehen wird. Wir können fest davon ausgehen, dass die Konflikte vor allem dann aufbrechen, wenn die erste Frau im Ämterzimmer sitzt und die Männer um sie herum merken, dass dieselben Schenkelklopfer jetzt gefühlt nicht mehr gehen und diese Frauen sich sogar mal erdreisten, einen Einwand zum Textwort-Verständnis des Dienstleisters einzuwerfen. Das sage ich übrigens nicht aus Zynismus gegenüber der NAK, sondern aus der gesellschaftlichen Realität, dass Frauen mit hoher Exposition in Politik und Medien öfter und aggressiver attackiert werden (auch dazu wurden in den Zeitungen mehrere Studien zitiert).
Was auf einem anderen Blatt steht, ist wie sie sich einbringen werden: Still im Hintergrund weiterarbeiten, forsch nach vorne und mehr fordern oder ob sie wie Maria 2.0 doch noch irgendwann mit den Füssen abstimmen, bleibt abzusehen.
Die gemässigte Mitte
Damit meine ich Menschen, die grundsätzlich um jeden Schritt der NAK-Entsektung froh sind und im Nachhinein immer abfeiern, wie toll sich ihre NAK doch geöffnet und verändert hat, in der Rückschau aber nie zugeben wollen, dass ja dann offensichtlich früher Dinge völlig verkehrt liefen oder zumindest was die strukturellen Ursachen dafür waren. Diese Leute bekunden jetzt ihre Pro-Statements, hätten aber auch nicht offen gemeckert, wenn Schneiderlein gar nichts oder was ganz anderes gesagt hätte. Sie verteidigen ihre Haltung nicht oder nur noch sehr bedingt mit "Erkenntnissen aus dem Heiligen Geist" oder "Vertrauen gegenüber den Aposteln", sondern haben die NAK einfach als unhinterfragbare Prio Nr 1 in ihrem Leben durch die Eltern kennengelernt und bleiben dabei aus emotionaler Identifikation mit dem Verein. Sie haben nur bedingt eine eigene Vorstellung von Gleichstellung und würden anders wie die erste Gruppe
nicht grundsätzlich sagen, dass es keinen Unterschied zwischen Welt und NAK gegeben darf in dieser Frage.
Diese Menschen werden die News aus Sambia und dem Kongo sehr irritieren, aber höchstens vereinzelt zu einer Haltung leiten, dass die NAK hier mit Gestaltungsanspruch (sprich: Gleichstellung nach Afrika bringen) eingreifen sollte.
Die getreuen Boomer
Hier meine ich Menschen, die zu den geburtenreichen Jahrgängen der Nachkriegsgenerationen gehören und sich insofern als gläubiger als der Durchschnitts-Naki verstehen, dass sie die Geistleitung der Apostel und die Notwendigkeit von so etwas wie Glaubensgehorsam voraussetzen und von anderen auch einfordern, teilweise sogar sehr direkt. Sie sind genau die Art von Mensch, die von einem GD nichts anderes berichten wollen als wie überglücklich sie über den erhaltenen Segen sind und jede noch so unverfängliche Diskussion über Zustände in der NAK mit "Seid doch mal dankbar, in der NAK sind immer alle so undankbar" abwürgen. Beim Thema Frauenordination haben sie sich vor dem 20. September so positioniert: Frauen, die für Frauenordination sind, sollten sich zurückhalten denn damit offenbaren sie, dass nicht der göttliche Ruf massgebend ist für sie und vielleicht auch nur nach einem Amt streben. Oder - wie nac-today-Hofschreiber Andreas Rother, ein typischer Vertreter dieser Zunft - nannten es "Hybris", wenn man sich überhaupt eine klare Meinung in dieser Frage erlaubt, ohne sie ganz klar an die aus Gottes Gnaden erwählte Führung abzutreten.
Einige von ihnen werden die Frauenordination gut finden, einige nicht. Sie bejubeln die Entscheidung nicht, kommen aber teilweise raus, sobald reaktionäre Kritiker/innen mit Bibelsprüchen oder Gebrabel von Genderwahn kommen und die Loyalität gegenüber der Kirche in Frage gestellt sehen. Solange sie voll im Glauben stehen, sind sie im eskalierenden Commitment und werden bis zur Schmerzgrenze jede Kirchenentscheidung mittragen, fast egal in welche Richtung.
Würde die NAK in Übersee aktiv pro Gleichstellung auftreten, hätte diese Gruppe innerlich vermutlich die grössten Probleme, weil sie Glaubensgehorsam leben wollen und sich darüber irritieren würden wie weltlich-politisch die NAK eigentlich noch wird...
Zum
reaktionären Block ("macht den Sch**ss rückgängig") traue ich mir noch keine Aussage zu, dafür habe ich zu wenige Reaktionen gesehen und es verwundert im gesellschaftlichen und medialen Klima in Europa einfach nicht, dass diese Gruppe jetzt ganz kleine Brötchen backt...die meckern im Hintergrund und werden meiner Einschätzung nach typisch-menschlicher Art ihren inneren Konflikt dann nach aussen tragen, sobald es Konflikte in Verbindung mit Frauen-ATs gibt, bei denen man nicht klare Farbe bekennen brauch ("Die predigt ja merkwürdiges Zeug", "die spricht so leise und hat einfach kein Selbstvertrauen", "die geniesst wohl nichts mehr als im Rampenlicht zu stehen", "was fällt der Vorsteherin eigentlich ein meinen seit 20 Jahren unveränderten Türhüter-Plan durcheinander zu werfen"...)
Unnötig zu erwähnen: für diese Leute wäre das Fass wohl zum Überlaufen gebracht, wenn die NAK als Kämpferin für Gleichstellung in aller Welt auftreten würde...
Meine Einschätzung aus Reaktionen vor und nach dem 20. September, dieses Mal für den deutschsprachigen Raum
gegensätzliche Einschätzungen wären sehr willkommen!