Die unglaubliche "Glaubensgeschichte" meines Bruders

Alles rund um die Sondergemeinschaft Neuapostolische Kirche (NAK), die trotz bedenklicher Sonderlehren (u.a. Versiegelung, Entschlafenenwesen mit Totenmission, Totentaufe, Totenversiegelung und Totenabendmahl, Heilsnotwenigkeit der NAK-Apostel, Erstlingsschaft, ..), weiterhin "einem im Kern doch ... exklusiven Selbstverständnis", fehlendem Geschichtsbewusstsein und Aufarbeitungswillen, speziell für die Zeit des Dritten Reiches, der DDR, der Bischoffs-Botschaft ("... Ich bin der Letzte, nach mir kommt keiner mehr. ..."), sowie ihrer jüngsten Vergangenheit und unter erheblichem Unmut ehemalicher NAK-Mitglieder, auch Aussteiger genannt, die unter den missbräuchlichen Strukturen und des auf allen Ebenen ausgeprägten Laienamtes der NAK gelitten haben, weiterhin leiden und für die die NAK nach wie vor eine Sekte darstellt, im April 2019 als Gastmitglied in die ACK Deutschland aufgenommen wird.
Nachricht
Autor
Jinn

Re: Die unglaubliche "Glaubensgeschichte" meines Bruders

#61 Beitrag von Jinn » 15.01.2018, 09:26

Danke in die Runde für das reichliche Feedback!

Dann will ich mal der Reihe nach antworten:

Guten Morgen holytux,
Sie stören mich überhaupt nicht und dürfen mir gerne Ihre Gedanken zum Thema hier schreiben!
Wenn Sie, was ich aus mehreren Ihrer Beiträge immer wieder herausgelesen habe, recht eifrig stets dafür appellieren, dass Wut und Hass keinen Heilung bringen kann, dann glaube ich, dass Sie meine Intention, weswegen ich vor der NAK-Sekte so eindringlich, eben auch anhand der eigens erlebten Beispiele, warne, überhaupt nicht verstanden haben.

Ich hege keinen Hass gegen diese Sekte, und schon gar nicht gegen deren, aus meiner Perspektive leider verirrten (oder verwirrten) Mitglieder. Und Wut? Beides, Wut und Hass sind für mich sehr stark wirkende Eigenschaften, die ich im Zusammenhang (mit der Sekte) eigentlich eher nicht empfinde.
Ich darf aber schon feststellen, dass es vonseiten der Sekte schon immer, wenn ein Aussteiger die Missstände, das sektiererische Wirken und die gar nicht christlichen Machenschaften der Sekte beim Namen nannte, immer gleich von „Wut und Hass“ gesprochen wurde.

Ehrlich gesagt geht es mir auch überhaupt nicht um die „die glücklich und selig in der NAK leben und sich möglicherweise bis in den Tod durch ihren Glauben sich getragen fühlen“.
Mir geht es darum noch unwissende, Glauben (und Halt) Suchende vor diesen Seelenfängern (also den NAK-Predigern) zu warnen und ihnen deutlich zu machen, was sie erwarten kann, wenn sie dem Werben nachgeben werden.
Eben so, wie Sie meinen, mich vor dem Weg der Wut und Hasses warnen zu müssen, so warne ich vor dem Weg der in die NAK-Sekte führt, indem ich erzähle, was ich mit der Sekte erlebt habe.

Interessant, nicht nur an Ihrem Appell, auch an dem Anderer (die vermutlich noch auf die eine oder andere Art und Weise mit der NAK verbandelt sind), ist, dass man bei Aussteigern, die s. o. ehrlich von ihren Erlebnissen mit der Sekte berichten, stets sofort sehr negative besetzte Eigenschaften, wie Hass, Wut, Verbitterung, Neid u.v.m. ins Spiel bringt.
Da gibt’s m. E. einen Zusammenhang damit, wie der NAK-Glaube wirkt, ggf. auch nach-wirkt.

Werte Bezirks-Elster,

Sie trällern bei der Erwiderung auf Berichte von NAK-Sekten-Aussteigern dann wieder ein völlig anderes Lied.
Sie appellieren an Mitgefühl, wo Mitgefühl das ungeeignetste Handwerkszeug ist, um sich der NAK-Sekte zu erwehren.
Sie sind „traurig“, reden von Ihrem „Bedauern über die viele kostbare Energie, die da verschleudert wird“ (wenn man vor der NAK-Sekte warnt), und wollen wahrscheinlich nur eines: Dass sich alle Menschen in Liebe und Eintracht umarmen, vor allem, dass die Opfer ihren Tätern auf die Wange küssen.

Ob das für Sie der richtige Weg ist, um verantwortungsvoll mit Glauben (hier christlichem Glauben) umzugehen, können nur Sie für sich selbst entscheiden.
Mein Weg ist es schon aus Vernunftgründen nicht, besonders aber deswegen nicht, weil ich halt ganz in christlicher Fürsorge nicht möchte, dass anderen Mitmenschen ähnliches geschieht, wie es mir mit der NAK-Sekte geschehen ist.

Lieber mitfühlender Svendrup,

ja, Sie kennen aufgrund unseres Alters das „Wirken“ der NAK-Religion.
Genauso wie ich, möchten und können Sie Ihren alten Eltern keinen Vorwurf darüber machen, dass sie nun einmal im Netz der Sekte gefangen sind. Da wir trotz allem nicht vergessen haben, wie „NAK“ wirkt und Besitz vom ganzen Menschen ergreift, vor allem aber in praktisch alle Lebensbereiche eines Menschen m. E. nachhaltig und sehr entgegengesetzt einer natürlichen Entwicklung eingreift, dürfen wir, wovon ich zutiefst überzeugt bin, klare Stellung zu der NAK-Führungsriege einnehmen.

Ich danke Ihnen für Ihre Wünsche, aber wie ich schon schrieb, bin ich Agnostiker, verlasse mich also eher weniger bis gar nicht auf Erlebnisse mit Gott, sondern nehme einfach nur dankbar die Geschenke meines Lebens in Empfang.
Was nicht geschehen kann und wird: Dass sich die Erlebnisse und die Folgen, die durch die NAK-Sekte entstanden sind, abmildern werden. Unsere Familie, so wie man sich eine Familie wünschen würde, ist von dieser Sekte praktisch in ihren familiären Eigenschaften zerstört worden.

Werter R/S,

Sie betonen den „wichtigen Aspekt“ von Bezirks-Elster. Also die „große, schöne und leider verschleuderte Energie“ der NAK-Aussteiger, die vor der Sekte warnen.
Das klingt … wichtig.
Ist es aber nicht.

Weil Sie offenbar nicht sehen können, dass das eine (wie man heute zu der Sekte steht) und das andere (Frustverarbeitung) miteinander gar nichts zu tun haben.
Meinen „Frust“ verarbeite ich nicht mit den mir auch heute noch nahestehenden Sektenmitgliedern, und schon gar nicht, indem ich Verständnis für das Wirken der Sekte neu verstehen lerne.
Auch Sie weisen den NAK-Aussteigern gerne und oft negierende Eigenschaften zu. Sie meinen, so liest es sich, dass Sie „den Weg“ gefunden haben, wie ein NAK-Aussteiger mit den Folgen einen NAK-Mitgliedschaft umzugehen hätte.

Sie gehen sogar soweit, dass Sie meinen, man könne NAK-Glauben „nicht persönlich“ erleben.
Verzeihung, das ist natürlich großer Humbug, weil Religion immer eine sehr persönliche Angelegenheit im Leben eines Menschen ist. Oder aber, Sie betrachten Ihren religiösen Weg sehr abstrakt, dann brauchen wir auch über die eventuellen abstrakten Folgen dieses Weges nicht diskutieren.

Lieber Boris,

bei Ihnen steht gegenseitiges respektieren im Vordergrund.
Eine, wie Sie sicher dann in Ihrer NAK-Zeit erleben mussten, sehr einseitige Angelegenheit im Zusammenhang mit der NAK-Sekte.
Meine Rechte, meine natürliche Menschwerdung, mein jugendliches Heranwachsen und die damit verbundenen eigenen Entwicklungen, meine Wünsche und tatsächlichen Bedürfnisse wurden von der NAK-Sekte in keiner Weise respektiert. Im Gegenteil: Man versuchte sie mit „Gottes Hammer“ auszutreiben.

Ich habe ja auch ein Selbstbild und einen Selbstwert. Nämlich, indem ich so durchs Leben schreite, dass mich aufgrund meiner menschlichen Eigenschaften und Fähigkeiten andere auch respektieren und achten können. Nicht aus Angst und Ehrfurcht (wie es in der NAK verstanden wird) sondern, weil man mich „wertschätzt“.
Wie könnte ich, weil ich sehr freiheitsliebend bin und immer für ein weitgehend autarkes Leben eines jeden Menschen eintrete, jemals diese Sekte „respektieren“?

Ein bisschen lesen sich Ihre Zeilen so, als würden Sie „Respekt“ mit „Akzeptanz“ verwechseln.
Weil, „je mehr wir Respekt vor anderen, auch unserer Meinung nach falschen Meinungen aufbringen können, desto einfach wird „fast alles“, ist ein m. E. fataler Trugschluss.
Ich dagegen suche mir schon sehr bewusst und bedacht die Meinungen aus, vor denen ich Respekt haben kann. Akzeptieren, dass andere Menschen eine andere Meinung haben, ist dagegen – für mich – völlig normal, solange deren Meinung nicht in die Rechte und Bedürfnisse anderer Menschen eingreift, oder sie gar bestimmen möchte.

Gemessen an dem, wie ich die NAK-Sekte erlebt habe und auch heute noch relativ viele (alten) NAK-Mitglieder erlebe, ist meine Toleranz fast schon "göttlich" grenzenlos. :wink:

Herzlichst
Jinn

Boris

Re: Die unglaubliche "Glaubensgeschichte" meines Bruders

#62 Beitrag von Boris » 15.01.2018, 17:53

Lieber Jinn,

ich muss ihnen leider rechtgeben. Respekt wurde meist nur eingefordert.
Ich meinte auch eher im Kreis der Familie, da mir in Ihrem Familienleben die unguten Entwicklungen leidtaten.

Selbst dort fiel es mir zu Beginn meines Ablöseprozesses schwer. Die Enttäuschung über die, aus meiner Sicht, Naivität meiner Eltern hatte mich wütend gemacht. Aber bei uns in der Familie haben beide Seiten gelernt, den jeweils anderen trotz seiner Verschiedenheit weiter zu lieben. Und so ist mit gutem Willen aus meiner Sicht Respekt entstanden, wo zu Beginn der Phase natürlich nur Akzeptanz war.
Vermutlich ist jetzt sogar größerer Respekt seitens meiner Eltern vorhanden, da ich meinen Standpunkt sachlich begründen kann und sie eigentlich nur etwas Phantasiertem nacheifern. Insgeheim haben sie das schon ein Stück weit begriffen.

Ich persönlich finde Wut übrigens als etwas Normales und Alltägliches. Wenn man sie wegredet oder schlechtredet, finde ich das ungünstig.

LG Boris

Benutzeravatar
Bezirks-Elster
Beiträge: 284
Registriert: 24.03.2017, 17:13

Re: Die unglaubliche "Glaubensgeschichte" meines Bruders

#63 Beitrag von Bezirks-Elster » 16.01.2018, 00:33

Jinn hat geschrieben:.....Werte Bezirks-Elster,

Sie trällern bei der Erwiderung auf Berichte von NAK-Sekten-Aussteigern dann wieder ein völlig anderes Lied.
Sie appellieren an Mitgefühl, wo Mitgefühl das ungeeignetste Handwerkszeug ist, um sich der NAK-Sekte zu erwehren.
Sie sind „traurig“, reden von Ihrem „Bedauern über die viele kostbare Energie, die da verschleudert wird“ (wenn man vor der NAK-Sekte warnt), und wollen wahrscheinlich nur eines: Dass sich alle Menschen in Liebe und Eintracht umarmen, vor allem, dass die Opfer ihren Tätern auf die Wange küssen.

Ob das für Sie der richtige Weg ist, um verantwortungsvoll mit Glauben (hier christlichem Glauben) umzugehen, können nur Sie für sich selbst entscheiden.
Mein Weg ist es schon aus Vernunftgründen nicht, besonders aber deswegen nicht, weil ich halt ganz in christlicher Fürsorge nicht möchte, dass anderen Mitmenschen ähnliches geschieht, wie es mir mit der NAK-Sekte geschehen ist......
Lieber Jinn, unsere Diskussion erfreut mich schon mehr. Wir sind noch nicht übereinander, aber das ist nicht schlimm ....

Den Satz mit dem "trällern" bekomme ich jetzt nicht einsortiert, den lass ich mal.
Apell an Mitgefühl gegenüber der NAK - hhmmm, habe ich das so gesagt? Ich sehe die Hierarchiehöhrigkeit und das Konzept des "betreuten Denkens" als sehr problematisch an. Andersherum habe ich dort viele liebe Menschen kennengelernt, ich habe als Amtsträger mitgearbeitet, habe mit aufgebaut, viele schöne Momente gehabt, das tut dann sehr weh, wenn einer das - aus meiner Sicht unreflektiert - verbal zerstört und dabei nicht differenziert.

Ich bin auch nicht traurig, wenn jemand mit viel Energie vor der "NAK-Sekte" warnt. Nee, ich denke an meine Zeit der professionellen Begleitung zurück. (Ich kann SIe doch zu einem großen Teil selber gut verstehen!). Ich wollte mich auch oft im Selbstmitleid aufhalten, meine unguten Erinnerungen und Verletzungen immer und immer wiederholen. Irgendwann hat mein Begleiter mich da sanft weggeholt. Ich sollte definieren, was ich nun machen wollen würde. Was meine neuen Lebensziele seien. Welche neue Gottesbild ich mir nun aufbauen wolle. Mit welchen Menschen ich neue, gute Verbindungen aufbauen möchte. Darum die Traurigkeit, andere Lebensentwürfe zu sehen, die mir nicht als frei erscheinen. Für sachlich vorgebrachte Warnungen in ich sehr offen.

Die christliche Fürsorgepflicht für andere - OK, das kann man so sehen. Ich in da entspannter. Ich meine, jeder solle erstmal selber sehen, was für ihn gut ist. Wir leben ja hier nicht in China oder Nordkorea wo das ungleich schwieriger ist. Und die Entwicklung der NAK in Europa schließt ja darauf, dass die Leute heutzutage vermehrt bei sich sind und nicht mehr ihren Verstand an der Garderobe abgeben.

Aus meiner Sicht gibt es einen ganz großen Prozentsatz an Leuten, für die ist es das beste, in der NAK zu sein. Die nicht groß über die Zusammenhänge der Welt nachdenken wollen, die gute Gemeinschaft haben wollen, die gesagt bekommen wollen, ob sie eher einen VW oder einen Opel kaufen sollten. Wenn ich die dort zwangsweise rausholen würde - wem habe ich dann gedient? Hätte ich dann einen Mehrwert geschaffen?

Zum Schluss noch etwas, was Boris gerade anspricht. In meinem Ablöseprozess stand zuerst auch mal das Hören auf die innere STimme im Vordergrund. Gut zu sich selber zu sein. Emotionen wahrnehmen. Gefühle beschreiben, man was war das schwer für mich!

Von daher ist Wut und Agression erstmal was ganz natürliches und ich kann mich glücklich schätzen, solche Empfindungen spüren und ausdrücken zu können.

Wie auch immer, dummerweise haben sich bei mir die negativen Gefühle und Emotionen (Ärger, Abneigung, Niedergeschlagenheit, Enttäuschung, ...) viel stärker gemacht als die guten, aufbauenden. Von daher musste ich erstmal üben, positive Gefühle (Freude, Sympathie, Zuneigung, Zufriedenheit, ....) selbst in mir wahrzunehmen.

Irgendwann nach Monaten haben wir dann daran gearbeitet, was Viktor Frankl "Selbstdistanzierung" nennt. Also, ich habe dieses und jenes Gefühl, aber ich bin nicht mein Gefühl. Z.B. ich bin jetzt richtig sauer, weil das und jenes passiert ist, aber ich umsorge und tröste mein Inneres liebevoll. Ich kann mich von mir selbst etwas distanzieren und mich 2 Meter neben mich hinstellen.

Und zum Schluss kam dann "der Sinn". Was ist der Sinn meines Lebens? Was will ich erreichen? Was hat Gott mir mir vor? Wo braucht er mich? Wo habe ich Fortschritte gemacht? Wo drifte ich in alte Verhaltensmuster ab? Wo gebe ich der NAK und meinen Eltern noch die Schuld anstatt heute mein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Selbstermächtigung und Selbstkompetenz.

Ich hoffe, ich kam bei dem kleinen Spaziergang durch meine Historie nicht oberlehrerhaft rüber. Das soll vielmehr zeigen, dass mir vieles der "Austeigerschelte" selbst wohl vertraut ist, wenngleich ich in einem eher liberaleren NAK-Umfeld augewachsen war und ich vom Botschaftsdesaster z.B. erst kurz vor zwanzig gehört habe (außerhalb der NAK, versteht sich :wink: )
"Liebe Geschwister, `im Natürlichen` gibt es den Bewehrungsstahl ....."
Co-Predigt zum Thema "Bewährung" in einer deutschen Landeshauptstadt im Jahr 2015

Jinn

Re: Die unglaubliche "Glaubensgeschichte" meines Bruders

#64 Beitrag von Jinn » 16.01.2018, 11:25

Liebe Bezirks-Elster,

es freut mich natürlich, wenn Sie sich an unserer Korrespondenz erfreuen können und sich nicht ärgern müssen!

„Trällern“ war lediglich ein rhetorischer Kunstgriff im Bezug zu Ihrem Nicknamen. Außerdem mag ich zwitschernde Vögelchen, :D nicht zuletzt, weil sie den Frühling und Sommer ankündigen.

Es versteht sich (für mich), dass auch in einer noch so dunklen Zeit (NAK-Zeit) lichte und helle Momente gab. Sonst wäre es mit hoher Wahrscheinlichkeit überhaupt nicht möglich, solche Zeiten auszuhalten.
Im Nachhinein kann ich für mich schon feststellen, dass ich diese Begegnungen, Gespräche und erfreuliche Situationen mit meinen Mitmenschen im allgemeinen auch ganz ohne die NAK erlebt hätte. Sicher liegt das auch an meiner relativ kontaktfreudigen Art, die solche Erlebnisse ermöglicht.
Ich musste im Nachhinein sogar feststellen, dass mir in meiner NAK-Zeit viele solcher schönen Momente mit anderen Mitmenschen verwehrt worden ist.

Aus Ihrer Sicht, das habe ich einfach zu akzeptieren, weil es ja „Ihre Sicht“ ist, bin ich unreflektiert und undifferenziert in meiner Nachbetrachtung meiner NAK-Zeit.
Aus meiner Sicht heraus, habe ich erst nach meinem NAK-Ausstieg gelernt, was Reflektion und Differenzierung überhaupt bedeutet.
Was ich dabei (bei Ihnen oder bei mir?) zerstöre, ist mir beim Lesen Ihrer Zeilen nicht klar geworden. Was mich anbetrifft: Man kann ja nichts zerstören, das von der NAK-Sekte schon längst zerstört worden ist.

So, wie Sie die christliche Fürsorge ganz entspannt sehen, sehe ich wahrscheinlich meinen Antrieb und die Energie, die ich in meine Warnungen vor der NAK-Sekte aufwende, mehr als entspannt. Eher schon beiläufig, aber eben trotzdem, wenn angewendet, nachdrücklich.
Vor Selbstmitleid, da vertraue ich meinen damaligen professionellen Begleitern, bin ich glücklicherweise verschont geblieben.
Selbstmitleid hat ja mit der deutlichen und konkreten Benennung von Verletzungen, Diffamierungen und eben Zerstörungen nichts zu tun. Ich halte mich dabei an die erlebte Faktenlage. Wenn jemand andere Erlebnisse in der NAK hatte, dann würde ich die niemals in Abrede stellen.

Angesichts meiner zerstörten Herkunftsfamilie war anfangs natürlich, wie auch Boris schreibt, schon Wut und großer Ärger vorhanden.
Das ist nur natürlich, und (Boris schrieb dazu ebenfalls) Wut und Ärger sollte man nicht an der falschen Stelle, wie es in der NAK-Sekte gang und gäbe ist, unterdrücken.
Aber letztlich bringt einem Wut und Ärger nicht weiter.

Ich glaube, bzw. ich kann es nur erahnen, dass wir uns hier im Forum allein deswegen oft missverstehen, weil die einen – nach ihrer NAK-Zeit – weiter an „Gott“ und „Glauben“ festgehalten oder danach gesucht haben, während andere nicht nur in Bezug auf die NAK, sondern auch in Bezug auf Gott und Glauben losgelassen haben.
Ich habe hier allerdings noch nie gelesen, dass jemand, der z. B. wie ich Agnostiker ist, traurig darüber war, dass ein anderer an dies oder jenes glaubt, vielleicht sogar danach lebt.

Wäre ich darin sehr spitzfindig, vielleicht würden Sie „reflektierend“ dazu sagen, dann würde ich schon eine gewisse Arroganz dahinter sehen, weil es sich manchmal so liest, als wären die, die glauben, etwas Besseres, als die, die nicht glauben.
Wobei Sie, als gut reflektierter gläubiger Mensch schon erkennen müssten, wie schwierig das mit dem Glauben an Gott ist, wenn Sie schreiben „Welche neue Gottesbild ich mir nun aufbauen wolle.“
Weil dann ja, eben weil Sie „Ihren Gott aufbauen wollten“, Ihr Gott nicht notwendigerweise „mein Gott“ sein muss oder ist. Es ist dann sozusagen Ihr "eigens für Sie geschaffener Gott".

Erstaunt bin ich über die Zentrierung von Lebensziele und Glaube schon.
Schließlich gibt es ein Menge an anderer Lebensziele, die man sich vorstellen könnte. Auch nicht wenige sehr wohltätige Menschen haben mit Glauben nichts am Hut.
Dass Sie aber „neue und gute zwischenmenschliche Verbindungen“ so eng mit Glauben verknüpfen, sehe ich sehr problematisch im Leben eines Menschen. Sicher auch, weil ich erlebt habe, was passiert, wenn dann das soziale Umfeld, das „nur“ mit dem Glauben verbunden ist, wegbricht.

Ich jedenfalls nehme jeden Mensch völlig unabhängig von seinem Glauben und seinen Lebenszielen völlig unvoreingenommen zunächst an, solange er anderen Mensch nicht schadet oder beabsichtigt, ihnen zu schaden.
Im Kontext dazu, liest es sich für mich merkwürdig, wenn Sie mir schreiben, dass Sie praktisch alle Menschen, die „sich nach ihrer NAK-Zeit keinen neuen Gott aufgebaut haben“ als unfrei betrachten.

Auch Ihre Empfehlung über „sachlich vorgebrachte Warnungen“ kann ich nicht wirklich teilen. Ich schrieb dazu hier schon: Glauben und Religion ist eine höchst persönliche, individuelle und auch intime Angelegenheit, die unter „sachlichen Gesichtspunkten“ überhaupt nicht bewertbar sein kann.
Da schließt das eine das andere nahezu aus. Sonst wäre es ja nicht „Glauben“ sondern belegbares Wissen.

Wenn es – was ich im Kern stark bezweifle – heute ein andere Entwicklung bzgl. der NAK gibt, bei der die Mitglieder „ihren Verstand nicht an der Garderobe abgeben“, dann, so meine ich, müsste die NAK längst dicht gemacht haben. Weil aus meiner Sicht, rein verstandesmäßig kein rational denkender und wertender Mensch jemals der NAK-Religion auf den Leim gehen würde.

Ich würde mir niemals anmaßen, beurteilen zu wollen, was für andere „das Beste“ wäre oder ist. Aber aus meinem Erleben heraus sehe ich es schon zwingend als meine Aufgabe jeden, der mich dazu befragt, vor allen Nebenwirkungen zu warnen, die dann mit hoher Wahrscheinlichkeit auftreten, wenn er sich der NAK anschließt.

Verstehen Sie mich bitte richtig, wenn ich schreibe: Sie müssten, als gut reflektierter Mensch schon die Arroganz und Überheblichkeit erkennen können, die Sie ausdrücken, wenn Sie beurteilen wollen, was für andere Menschen das Beste ist, und dazu auch gleich wertend beurteilen, dass „die ja sowieso über nichts nachdenken und am liebsten (von oben herab) ihr Leben von jemand anderem diktiert bekommen haben wollen."

Wieso Sie die Warnung vor irgendetwas gleich mit „zwangsweiser Unterbindung“ verbinden, erinnert mich, aber das nur am Rande, an manchen Ideologen, der heutzutage unterwegs ist. Etwa wie mit dem Rauchen, Autofahren, Energieverbrauch u.v.a.m. Man verbietet den Leuten etwas, das man selbst nicht haben möchte, und erlaubt nur noch all das, was man selbst haben möchte.
Da denke ich immer an den weisen Spruch von Kant: „"Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt".

Vielleicht werden Sie verstehen, wenn ich am Schluss Ihres Beitrags erstaunt bin, wenn Sie nun plötzlich schreiben: „Gut zu sich selber zu sein. Emotionen wahrnehmen. Gefühle beschreiben, man was war das schwer für mich!“
Weil Sie ja zuvor ja mehrheitlich dafür eingetreten sind, dass „all die vergeudete Energie“, also Gefühle wie Wut, Aggression und Ärger Sie traurig stimmt. Nun aber schreiben Sie, dass es sogar glücklich macht, wenn Sie zu solchen Empfindungen fähig sind.
Das verwirrt mich.

Herzlichst
Jinn

Benutzeravatar
Bezirks-Elster
Beiträge: 284
Registriert: 24.03.2017, 17:13

Re: Die unglaubliche "Glaubensgeschichte" meines Bruders

#65 Beitrag von Bezirks-Elster » 16.01.2018, 14:24

Moin Jinn,

will gleich mal antworten, wenn auch etwas kürzer, da ich noch unterwegs bin ....
Aber bevor der Thread woanders hin weitergeht ......

Keine Sorge, wenn ich mich ärgere oder traurig bin. Sind "nur" meine Gefühle. Ist vielleicht auch noch eine Spätfolge meiner Hausaufgaben, eng bei meinen Gefühlen zu sein.

Ja, was wurde denn zerstört. Da habe ich noch gar nicht so tief nachgedacht. Zuerst mal mein herkömmliches Gottesbild. Auch wenn viel Mist in der NAK ist, ein Großteil ist auch gut. Ich finde es irgendwie ungerechtfertigt, nur die negativen Seiten vielleicht etwas zugespitzt und abwertend durchzukauen, wobei immer noch ein Großteil der Menschen (wie auch AT) versucht, ihr Leben nach Gott auszurichten. Ich möchte meine Bewertung jedenfalls in Waage halten.

Selbstmitleid - Faktenlage. Finde ich für mein Teil recht schwierig. reine Fakten wären: Apostel XY sprach am xx.xx.19xx den Satz "........." in der Tonlage .... Hz am Ort ...." Usw. Alles darüber hinaus wäre meiner ANsicht nach schon wieder Interpretation, Motive, Apelle, ..... (Ich spreche für mich, ich meinte damals die Fakten zu nennen - mein Begleiter meinte, ich wälze mich gerade in Selbstmitleid)

Ich wollte als "Way-forward" am Glauben an Gott festhalten. ich bin in einem solchen Koordinatensystem aufgewachsen und es war stimmig für mich. Das Herauslösen aus der NAK war eigentlich ein "Unfall". Das war zu Beginn der Therapie gar nicht beabsichtigt. Von daher bitte nicht falsch verstehen, ich möchte es (den Gottesglauben) so für mich. Alle anderen Menschen, Andersgläubige, Agnostiker, Ungläubihe, ... sind mir willkommen, sie will ich nicht umstimmen. manchmal bin ich selber ein kleiner Agnostiker....

Mit dem neuen Gottesbild bin ich noch gar nicht so recht weit gekommen. Ich stecke noch dort fest, dass es ja mein Bild ist, und real nichts mit Gott zu tun haben muss. Bin noch zu sehr geprägt, dass die NAK mir weismachen wollte, dass nur sie das richtige Gottesbild kennt.

Lebensziele- Glaube. Ist meine Definition. Ich sollte regelmäßig definieren, was mir wichtig ist und wohin ich mich entwickeln möchte. Das Teamwork "gute Beziehungen zu Menschen - Glaube an Gott" entspringt meinen Zielen für mich. Muss sich niemand anderes dran halten.
Jinn hat geschrieben:......Im Kontext dazu, liest es sich für mich merkwürdig, wenn Sie mir schreiben, dass Sie praktisch alle Menschen, die „sich nach ihrer NAK-Zeit keinen neuen Gott aufgebaut haben“ als unfrei betrachten.
.........
Verstehen Sie mich bitte richtig, wenn ich schreibe: Sie müssten, als gut reflektierter Mensch schon die Arroganz und Überheblichkeit erkennen können, die Sie ausdrücken, wenn Sie beurteilen wollen, was für andere Menschen das Beste ist, und dazu auch gleich wertend beurteilen, dass „die ja sowieso über nichts nachdenken und am liebsten (von oben herab) ihr Leben von jemand anderem diktiert bekommen haben wollen."....
Nee, das meine ich so nicht. Unfrei sind für mich nur Menschen, die lange in unguten Gedankenkreisläufen feststecken. Ein ungläubiger Mensch kann sehr frei sein.

Mag sein, dass der zweite zitierte Sinnzusammenhang etwas arrogant wirkt. Da beziehe ich mich auf die NAKler um mich herum, mit denen ich zu tun hatte. Vielelicht so 200 Personen. Vielleicht waren darunter 10...15, die aufgeschlossen, interessiert und kritisch waren. Zu den anderen passte das o.g. Statement. SIe waren dennoch liebenswerte Menschen. Aber wie schon oben zitiert, eine Sichtweise aus meiner Brille. Ich kann in niemanden reinschauen.....

Gut zu sich selber sein und Gefühle spüren - das konnte ich zu Beginn meines Hilfegesuchs nicht. Ich war komplett zu. Das musste ich über Monate lernen und das klappt heute schon besser. EIne Meisterschaft werde ich darin aber nie erringen....
"Liebe Geschwister, `im Natürlichen` gibt es den Bewehrungsstahl ....."
Co-Predigt zum Thema "Bewährung" in einer deutschen Landeshauptstadt im Jahr 2015

Sverdrup

Re: Die unglaubliche "Glaubensgeschichte" meines Bruders

#66 Beitrag von Sverdrup » 16.01.2018, 17:58

Jinn hat geschrieben:Danke in die Runde für das reichliche Feedback!

Dann will ich mal der Reihe nach antworten:
......

Lieber mitfühlender Svendrup,

ja, Sie kennen aufgrund unseres Alters das „Wirken“ der NAK-Religion.
Genauso wie ich, möchten und können Sie Ihren alten Eltern keinen Vorwurf darüber machen, dass sie nun einmal im Netz der Sekte gefangen sind. Da wir trotz allem nicht vergessen haben, wie „NAK“ wirkt und Besitz vom ganzen Menschen ergreift, vor allem aber in praktisch alle Lebensbereiche eines Menschen m. E. nachhaltig und sehr entgegengesetzt einer natürlichen Entwicklung eingreift, dürfen wir, wovon ich zutiefst überzeugt bin, klare Stellung zu der NAK-Führungsriege einnehmen.
Ich danke Ihnen für Ihre Wünsche, aber wie ich schon schrieb, bin ich Agnostiker, verlasse mich also eher weniger bis gar nicht auf Erlebnisse mit Gott, sondern nehme einfach nur dankbar die Geschenke meines Lebens in Empfang.
Was nicht geschehen kann und wird: Dass sich die Erlebnisse und die Folgen, die durch die NAK-Sekte entstanden sind, abmildern werden. Unsere Familie, so wie man sich eine Familie wünschen würde, ist von dieser Sekte praktisch in ihren familiären Eigenschaften zerstört worden.
............

Herzlichst
Jinn
werte(r) Jinn,
Ihrer Schlussfolgerung (Fettung von mir ) stimme ich absolut zu. Ich habe mich zunächst immer wieder gefragt, wie es möglich ist, dass im Namen Gottes solche Dinge, nicht nur aber auch wie, in der NAK geschehen. Das ist vorbei. Eine klare Stellung gegen die Machenschaften des Nakiclans ebenso wie gegen die des Vatikans. Ich gehe mittlerweile weiter: wer alle diese unglaublichen Verhältnisse aus eigener Erfahrung kennt, der darf nicht einfach nur voller Betroffenheit und in vermeintlicher christlicher Demut schweigen, so wie es Bavianer & Co gern hätten. Er ist verpflichtet, wenn er denn seine Nächsten liebt, diese vor solchen (Entschuldigung für die Wiederholung) unglaublichen Machenschaften zu warnen und sollte sich bemühen, seine Nächsten daraus zu befreien.

Jinn

Re: Die unglaubliche "Glaubensgeschichte" meines Bruders

#67 Beitrag von Jinn » 16.01.2018, 18:59

Guten Abend Bezirks-Elster,
Aber bevor der Thread woanders hin weitergeht ......
Wo soll er denn hingehen? 8)
Keine Sorge, wenn ich mich ärgere oder traurig bin. Sind "nur" meine Gefühle. Ist vielleicht auch noch eine Spätfolge meiner Hausaufgaben, eng bei meinen Gefühlen zu sein.
Vielleicht ist auch nur die Ausdrucksweise falsch, und Sie meinen eher „dass es schade ist, wenn …“?
Ja, was wurde denn zerstört. Da habe ich noch gar nicht so tief nachgedacht.
Da seit meinem Ausstieg aus der NAK lange Zeit vergangen ist, in der ich mich auch um die Aufarbeitung der Geschichte mit Hilfe professioneller Therapeuten kümmerte, habe ich im Gegensatz zu Ihnen natürlich sehr viel über den angerichteten Schaden nachdenken und nachfühlen können.
Tatsache ist allein schon aufgrund des Ist-Zustandes in meiner Herkunftsfamilie, dass die Familie, die sich m. E. eigentlich Kinder wünschen würden, durch den NAK-Glauben praktisch zerstört wurde.
Sicher, man kann sagen, wären meine Eltern nicht …so und so … in ihrer Glaubensauffassung mit uns umgegangen ….hätten unsere Eltern nicht aufgrund ihres Glaubenslebens dies und das getan, von uns gefordert …usw. – dann wäre alles ganz anders gekommen.
Aber, eben aufgrund des damals(! Das ist mir insofern wichtig, dass es „damals“, also in den Jahren von ca. 1950 – 1980, so gewesen ist.) vorherrschenden Glaubensinterpretation (in der NAK-Süddeutschland) war es halt so, nicht nur in unserer Familie.

Man könnte auch heute sagen, wäre ich nicht der, der ich bin, dann wäre alles anders gekommen, hätte ich anders empfunden, anders wahrgenommen …. usw.
Letztlich würde all dieses „wenn und hätte“ darauf hinauslaufen, dass sich die NAK schlicht nicht darüber im Klaren ist, was für einen Schaden sie anrichtet bzw. anrichten kann.
Solche Überzeugungstäter sollte man m. E. wahrlich nicht auf die Menschheit loslassen, finden Sie nicht?

Dass ich heute Agnostiker bin, hat noch einen völlig anderen, sehr persönlichen Grund, den ich zumindest momentan hier nicht diskutieren möchte. Aber soviel dazu: Auch bei und in diesem persönlichen Grund und wie die Konsequenzen daraus für mich lauteten, hatte die NAK großen Anteil.

Ja, was soll ich dazu schreiben? So wie Sie heute erst einmal nachdenken müssen, um einen Schaden feststellen zu können, muss ich erst einmal nachdenken, um etwas wirklich Positives zu finden, das ich mit meiner NAK-Zeit verbinden könnte.
Wenn Sie es ungerechtfertigt finden, wenn Betroffene ihre Zeit in der NAK heute auf die eine oder andere Art und Weise, meinetwegen auch durch „das abwertende Durchkauen“ auf- oder abarbeiten, dann kann ich nur sehr wertneutral feststellen: Sie werden doch von niemandem gezwungen, das zu lesen oder sich dazu zu äußern, oder?
Ich möchte meine Bewertung jedenfalls in Waage halten.
Das könne Sie gar nicht, und siehe Ihrer eigenen Beiträge, geht das auch für mich nirgendwo hervor, dass Sie dazu fähig wären.

Sie schreiben mir, nicht nur zum Thema „Selbstmitleid“ und „Faktenlage“, so wie es sich für mich liest, von dem, was Sie erlebt, gefühlt und wie Sie damit umgegangen sind oder umgehen.
Zur Reflektion, die Sie ja eingefordert haben, gehört m. E. auch, dass man unterscheiden kann (oder lernt), was man selbst empfindet, und dass dies sich bei jemand anderem ganz anders verhalten kann.
Schauen Sie, wenn für Sie alle Erlebnisse und Konsequenzen, die sich daraufhin für Sie bis hinein in Ihr heutiges Leben ergeben und entwickelt haben, nichts weiter als ein „Unfall“ war, dann glaube ich nicht, dass diese Auswirkungen wirklich gravierend in Ihr Leben eingegriffen haben. Zumindest ist es schwer vorstellbar, so wie Sie das ganz „relaxt“ hinnehmen. Halt ein bedauerlicher Unfall …nicht mehr, nicht weniger.

Aber Betroffene wie ich, denen eben die Kindheit, Jugend bis hinein ins Erwachsenenalter durch die NAK „versaut“ wurde, die werden das bestimmt nicht als „Unfall“ hinnehmen können. Und wenn, dann als einen, bei dem buchstäblich ganze Amputationen, Vernichtung von Selbstwertgefühl, Selbstsicherheit, maßgebliche wichtige Emotionen usw. im Wesen und Leben eines Menschen zerstört – und bewusst von der NAK erwünscht vorgenommen und „ausgerottet“ wurden.
(Sie lesen ja offenbar die Aussteigerberichte, dann könne Sie viele, beliebig herausgesuchte davon nehmen und den immensen Schaden nachlesen.)
Aber auch dazu bin ich mir sehr bewusst, dass die Bewertung dieser Schäden, je nach Glaubens- oder Nichtglaubensstand, ganz unterschiedlich relativiert werden kann: Warten auf "die Gotteskinder" noch viele tausend Jahre, in denen sie zum Lohn und Dank (für den angerichteten Schaden?) herrschaftlich regieren und dahinsausen können,
habe ich halt nur 1 (ein) Leben, und davon ist mir ein großer Teil von der NAK kaputtgemacht worden.
manchmal bin ich selber ein kleiner Agnostiker....
... ja, so ein bisschen ahnte ich es schon. So wie ich auch immer mal wieder von den „Lauen“ in der NAK schrieb. Das ist halt dann die Lebensphilosophie und Vorstellung vom eigenen Lebens(sinn), die ich nicht teilen möchte. Also immer „so ein bisschen da und dort verortet zu sein“.
Bei mir ist’s relativ einfach: Ich bin’s oder ich bin’s nicht.
Mit dem neuen Gottesbild bin ich noch gar nicht so recht weit gekommen. Ich stecke noch dort fest, dass es ja mein Bild ist, und real nichts mit Gott zu tun haben muss.
Naja, ich stelle mir das auch wahrlich nicht leicht vor, sich selbst so einen „Gott zu bilden“. Vorsichtig ausgedrückt entspricht Ihre Erschaffung Ihres Gottes so gar nicht den traditionellen, herkömmlichen Religionen. Ich wäre mit diesem Konzept ziemlich überfordert und es wären mir angesichts 7,5 Milliarden Menschen auf der Erde ehrlich gesagt ein bisschen zu viel persönliche Götter, die da unterwegs sind.
Wobei ich die griechische Göttersaga sehr mag. Das sind ja Götter, die durch ihre Verbandelungen bis hin zu körperlichen Kopulationen sehr eng einen Bezug zum Mensch haben.
Lebensziele- Glaube. Ist meine Definition.
So erfreulich unterschiedlich sind wir Menschen! Mir wäre Ihre Definition ein bisschen zu simpel, aber das ist ja der Sinn von Lebenszielen, dass sich jeder seins aussuchen kann und darf.

… im Weiteren, aber das hatten wir s. o. schon, schrieben Sie, um das dann, zumindest in Teilen wieder ganz anders gemeint zu haben, wie Sie es geschrieben haben.
Mal ehrlich: Das ist schon ein wenig wie die gesamte NAK-Vorgehensweise und NAK-Philosophie. Einfache (unreflektierte) Leute wie ich sagen dazu: „Was geht mich mein G’schwätz von gestern an?“
Wobei die zeitlich Distanz (jetzt – gestern) schon eine deutlich längere ist.

Wie aber kommen Sie darauf, im Kontext zu diesem Thread hier, dass „andere in einer Gedankenschleife hängengeblieben sind“, nur weil diese hier aus ihrem Erleben und ihren Erfahrungen berichten?
Ihre Einschätzung und Bewertung „der NAKler um Sie herum“ spricht jetzt nicht gerade von dem Amtsverständnis, das einer haben sollte, wenn er so ein NAK-Amt bekleidet und mir seinerzeit eingetrichtert wurde. Es spricht halt dann doch wieder für die viele Statements von Betroffenen hier in diesem Forum, dass die gesamte NAK-Leitung (und viele ihrer Untertanen) ein … sehr merkwürdiges Verständnis zu ihrem „Job“ haben.

Alles in Allem: Über Ihre, wie Sie sicher zugeben müssen, „Be- und Abwertungen“ hinaus zu dem bislang Geschriebenen, erscheinen Sie (eben anhand des Geschriebenen) für mich wie ein immer noch Suchender, an den Folgen (oder schon immer) der NAK-Zeit ganz schön noch zu Knabbernder und gar nicht „soooo relaxt“ wie Sie dies eingangs herausstellen wollten.

Ich wünsche Ihnen wirklich und ehrlich, dass Sie Ihren Weg und Ihr Lebensziel finden! Vergeuden Sie hoffentlich nicht zu viel Energie bei und in der Schaffung Ihres eigenen Gottesbildnisses. Beispiele, wie so etwas enden könnte, weil es halt nie endet, kennt man zu Genüge.

Herzlichst
Jinn

Benutzeravatar
Bezirks-Elster
Beiträge: 284
Registriert: 24.03.2017, 17:13

Re: Die unglaubliche "Glaubensgeschichte" meines Bruders

#68 Beitrag von Bezirks-Elster » 17.01.2018, 01:01

Guten Abend Jinn,
es gibt immer noch leichte Verständigungsschwierigkeiten zwischen uns. Sie verstehen Dinge anders, wie ich sie meine.
Ich gehe auf einige nochmal ein.

"Sie sind nicht fähig, Ihre Bewertung in Waage zu halten" >>> ich denke schon. Es ist meine Bewertung und ich kann meinem Geist erlauben und verbieten Dinge zu denken oder zu unterlassen. Ich kann ihn zwingen, auch immer die 2. Seite zu hinterfragen. a) ein Pegidamensch ist ein "nationaler Populist" - und ein Mensch, der Ängste vor der Zukungt hat / b) ein schnauzbärtiger Diktator hat Mitte des 20. Jh Millionen Menschen umgebracht - und die Autobahn erfunden / c) mein Steak schmeckt sehr lecker - dafür musste ein Tier sein Leben geben / d) ich schreibe hier mit einem Laptop - wenn der recycelt wird, kochen indische Billiglohnarbeiter die chemischen Substanzen über offenem Feuer aus dem Elektronikschrott raus .... usw....
Wenn ich beide Seiten sehe, muss ich mein Weltbild nicht alle paar Jahre ändern.

Und da sind wir schon beim Gottesbild. Ich bin der Meinug, dass jeder sein eigenes Gottesbild hat. Durch Organisationen wie die RKK, NAK usw. werden Gottesbilder multipliziert, so dass viele ein ungefähr gleiches haben. Auch der Agnostizismus ist eine Weltanschauung. Ich habe ein Weltbild. Ich habe ein Gottesbild. Ich habe ein Bild von Jinn. Ich habe ein Bild von JG Bischoff. Meine unablässige Arbeit ist es, das Delta zwischen meinem Bild und der Realität möglichst gering zu halten.

Ich sagte nicht, dass das was die NAK mir angetan hatte, ein Unfall war. Ich meinte, dass mein Herauslösen aus der NAK ein Unfall war. Ich habe die Therapie gemacht, weil einiges in meinem Leben nicht ideal war. Die NAK war zu 50% Thema. Der Rest die Familie - Eltern und Partner. ALles ziemlich verworren und miteinander verflochten. Die Auszeit von der NAK sollte im Grunde nur 3....6 Monate dauern. Sie hat mir aber geholfen, Dinge anders zu sehen und mich von der NAK zu lösen, wenn gleich ich formal nicht ausgetreten bin. Das Nicht-wieder-eingliedern war der besagte "Unfall".

Lebensziele - Glaube, da haben wir glaube ich auch wieder aneinander vorbei geredet. WIe gesagt, wenn ich zuviel bei den Sitzungen über meine NAK-Erfahrungen geschwafelt hatte, wurde ich sanft zurückgeholt und sollte erklären, wie meine Zukunft idealerweise aussähe und was ich aktiv angehen möchte. Dann waren 50% meiner Ziele, gute Beziehungen zu Menschen zu haben und 50% der Ziele, weiterhin an Gott zu glauben, die Familie christlich zu erziehen usw.
"Mir wäre Ihre Definition ein bisschen zu simpel" >>> meine genauen Ziele habe ich ja hier im Wortlaut nicht wiedergegeben. Auch wenn ich als Elster relativ anonym bin, ist das was ganz persönliches, etwas, was ich in Monaten aufgebaut habe. Wenn das im Internet zerrissen wird, neee, das tut nicht not. Einen heiligen Raum für etwas Verletzliches muss ich mir noch erlauben dürfen.

"Wie aber kommen Sie darauf, im Kontext zu diesem Thread hier, dass „andere in einer Gedankenschleife hängengeblieben sind“, nur weil diese hier aus ihrem Erleben und ihren Erfahrungen berichten?" >>> wenn ein User im abwertenden Kommunikationsstil über Organsisationen und ihre Funktionsträger berichtet, geht bei mir eine Warnlampe an. Und dann sage ich mir, schade, derjenige hängt gerade fest. (es ist doch nicht so, dass ich perfekt bin. Ich hänge auch oft irgendwo fest. Und dann tue ich mir auch leid)

Ich hatte gestern von Viktor Frankl geschrieben. Der gute Mann hatte mal ein Buch geschrieben "Trotzdem ja zu Leben sagen". Dort beschreibt er seine Erfahrungen als jüdischer Psychologe im Konzentrationslager. Das ist hammerharte Kost. Aber das ist so fein geschrieben, emotional aber trotzdem sachlich. Ohne irgendwelche Pejorativa.

Ja, ich bin ein Suchender. Und es kann gut sein, dass ich in 40 Jahren als Suchender ins Grab gehe. Dann ist das so in Ordnung. Mich tröstet, dass sogar die legendäe Mutter Theresa ganz oft dunke Momente hatte und in ihrer Suche oft einsam war.
Trotzdem kann ich doch anderen Gutes tun, oder?
"Liebe Geschwister, `im Natürlichen` gibt es den Bewehrungsstahl ....."
Co-Predigt zum Thema "Bewährung" in einer deutschen Landeshauptstadt im Jahr 2015

Jinn

Re: Die unglaubliche "Glaubensgeschichte" meines Bruders

#69 Beitrag von Jinn » 17.01.2018, 19:27

Guten Abend Bezirks-Elster,

es scheint so, als reden wir unterschiedliche Sprachen, jedenfalls verwirrt mich das Hin und Her, also dass ich etwas lese, das dann wieder von Ihnen ganz anders gemeint war, um dann die neue Version zu lesen und gar nicht mehr sicher zu sein, ob ich überhaupt noch der Deutschen Sprache beim Lesen fähig bin.

Das Beispiel von der „Waage“ und Ihren Bewertungen verdeutlich vielleicht das Sprach-Wirrwarr.
Waagen sind i. d. R. genormt. Egal ob Sie sie benutzen oder ich, eine Waage muss bei uns beiden das Gewicht anzeigen, das wir auf sie legen. Ist es bei Ihnen anders, als bei mir, dann stimmt die Waage bei einem von uns nicht mehr.
Die Frage ist dann nur noch: Bei wem ist sie korrekt, und bei wem ist sie falsch geeicht.

„Bewertungen“ persönlicher Art, wie dieses (heut anscheinend moderne, aber strunzdoofe) Beispiel mit PEDIGA, sind eben persönlich und deswegen von Ihrem Empfinden, auch ggf. von Ihrem Befinden, Ihrer bisherigen Erfahrungen u.v.a.m. eingefärbt.
Sie sind schlicht subjektiv, diese Bewertungen.
Sie können zwar durchaus die andere Seite „sehen“ – aber deswegen verändert sich Ihre Subjektivität in keiner Weise.

Zu Ihrem Modell, dass sich jeder seinen Gott selber zusammenbasteln soll/darf/muss, ist m. E. schon alles geschrieben. Mir ist diese Modell zu viel des Guten, weswegen ich damit nichts anfangen kann.

Wenn Ihre Ablösung von der NAK „ein Unfall“ war, dann nur zu: Gehen Sie zurück, lassen Sie ihre Glaubenskarosserie von den NAK-Schlossern wieder korrekt zusammenschustern, und gut is.
Es soll Unfälle geben, die in der Rückschau eine Bereicherung für die Verunfallten waren. Meist ist es aber schon so, dass sie eher zu Schädigungen beigetragen haben, weswegen sie eben „UN-Fall“ und nicht „Glücks-Fall“ heißen.
Einen heiligen Raum für etwas Verletzliches muss ich mir noch erlauben dürfen.
Also … ja … was soll ich dazu schreiben? Ich habe Sie nicht bedrängt, oder?
wenn ein User im abwertenden Kommunikationsstil über Organsisationen und ihre Funktionsträger berichtet, geht bei mir eine Warnlampe an. Und dann sage ich mir, schade, derjenige hängt gerade fest. (es ist doch nicht so, dass ich perfekt bin. Ich hänge auch oft irgendwo fest. Und dann tue ich mir auch leid)
Daran wiederum können Sie, wir schrieben über Reflektion (vielleicht ist auch mal eine Reflektion von außen nötig, um da klar zu sehen), erkennen, wie tendenziell sehr subjektiv und persönlich Ihre „Bewertungen“ sind.
Ihre Warnleuchte, egal wie heilig Ihr selbstgebastelter Gott auch sein mag, ist nicht die Warnleuchte von anderen. Sie assoziieren etwas aus Ihrer persönlichen Erfahrung und Prägung heraus auf andere, die damit gar nichts am Hut haben. Was weiß ich? Vielleicht ist Ihre Warnlampe grün, und außer Ihnen sieht kein Mensch sonst diese Warnsignale?

Alles in Allem: Ich habe nun indirekt die Antwort auf meine Frage: „Wo soll denn dieser Thread (Ihrer Meinung nach) hingehen?“ erhalten.

Herzlichst
Jinn

Benutzeravatar
Bezirks-Elster
Beiträge: 284
Registriert: 24.03.2017, 17:13

Re: Die unglaubliche "Glaubensgeschichte" meines Bruders

#70 Beitrag von Bezirks-Elster » 17.01.2018, 22:50

Hallo Jinn,
ich nochmal ganz kurz. Ist ja der Thread der `unglaublichen Glaubensgeschichte von Jinns Bruder, den will ich nicht in irgendeine Richtung von mir drängen. Ich ziehe mich dezent aus dem Thread hier zurück, allein schon aus em Grund, dass mein Zeiteinsatz des Schreibens enorm ist. Ich will auf meine 7h Nachtschlaf kommen .... :wink:
Auch meine ich, dass meine Beiträge hier keinen großen Mehrwert bewirken.
Alles in allem finde ich aber gut, dass wir uns hier gut unterhalten konnten, wenn auch der Start etwas holprig war.

Bei der Waage habe ich diese alte Balkenwaage vor Augen, das Zeichen von Justitia. Bin ein Freund von etwas Austariertem, auch wenn andere sich eher wünschen würden, dass ich polarisieren sollte.

Gibt es Bewertungen, die nicht persönlich sind? Sogar bei meiner Bewertungstabelle in der Diplomarbeit waren mindestens die Prioritäten und die Punkte, die ich pro Kriterium vergeben habe, persönlich geprägt. Obwohl Maschinenbau nun wahrlich kein Schwafelfach ist...

Meine Warnlampe ist meine Warnlampe und nicht die eines anderen bzw. die Digitalwarnlampe WL000102344661, die serienäßig im Golf wie auch im Toaster drin sind. Sorry, war ein Spaß.

Damit gebe ich nun dieses Thema - war ja zuletzt ein Dialog zwischen Jinn und BE - frei in eine Richtung, die die anderen Fories bestimmen.

Gut´s Nächtle
"Liebe Geschwister, `im Natürlichen` gibt es den Bewehrungsstahl ....."
Co-Predigt zum Thema "Bewährung" in einer deutschen Landeshauptstadt im Jahr 2015

Antworten

Zurück zu „NAK - Neuapostolische Kirche“