R/S hat geschrieben:Guten Abend Bruder Wieland,
ich denke, kein Täter kann sich bei seinen Opfern "entschuld(ig)en". Der Täter kann um Verzeihung/Vergebung bitten, was allerdings auch erst dann sinnvoll, ja überhaupt erst möglich ist, wenn er seine Taten bereut und für bestmögliche Wiedergutmachung sorgt.
Alles andere ist - wie auch bei dieser populistisch aufgemachten VAG-/NAK-"Versöhnung" - im Prinzip nur "Lippengeplärr". Im Abstand von zwei Generation tun sich noch dazu persönlich Unbeteiligte relativ leicht, eine Entschuldigung auszusprechen. Vor allem, wenn dieser Entschuldigung keinerlei persönliche Reue und Wiedergutmachung (z.B. Anerkennung der VAG-Apostel, öffentliches Eingeständnis, sich geirrt und mit teuflichen Mitteln, diesen Irrtum bis heute verbreitet zu haben usw., usw.) folgen.
Guten Tag Bruder Stiegelmeyr,
um beim Thema "NAK in der DDR" zu bleiben, möchte ich passend den Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR Roland Jahn zitieren:
„Den Zeitpunkt der Versöhnung bestimmen die Opfer“ (
http://www.tagesspiegel.de/berlin/bunde ... 54116.html )
Wie mir ein hohes Bezirksamt telefonisch mitteilte, sollte mit der von Ihnen zutreffend definierten "populistisch aufgemachten VAG-/NAK-"Versöhnung" der Zeitzeugenbericht "gedeckelt" werden, was ja auch bis heute erfolgt. "Die bekannt - berüchtigt und eigentlich als überwunden geglaubte Informationsfeindlichkeit sowie rigide Verbot- und Gebotspraxis der Neuapostolischen Kirche dokumentiert sich aktuell am Verbot der Veröffentlichung des Zeitzeugen-Forschungsberichtes von Frau Dr. Leh und Herrn PD Dr. phil. von Plato vom Institut für Geschichte und Biographie der Fernuniversität in Hagen. Diese Vorgehensweise der NAK erinnert an Praktiken des untergegangenen SED-Staates DDR." (
http://www.naktalk.de/olaf-wieland-offe ... rief-2015/ )
Ich möchte Ihre Aussage zur Wiedergutmachung des Schadens mit einem Paragraphen aus dem Katechismus der Katholischen Kirche ( Paragraph 1459 ) untermauern:
"Viele Sünden fügen dem Nächsten Schaden zu. Man muss diesen, soweit möglich, wieder gutmachen ( zum Beispiel Gestohlenes zurückgeben, den Ruf dessen, den man verleumdet hat, wiederherstellen, für Beleidigungen Genugtuung leisten ). Allein schon die Gerechtigkeit verlangt dies."
glasperle hat geschrieben:Dieses Problem hatten die katholische und die evangelische Kirche mitbder nazizeit. Da wird bis heute so gut wie möglich vertuscht und beschönigt.
Dieser Erlebnisgeneration habe ich nicht angehört. Ich kann als Zeitzeuge meine Erfahrungen in der DDR mitteilen. Aber nach Aussage von Dr. Johannes Hartlapp "müsse man bis ins Jahr 1933 zurückgehen, denn ohne die Machtergreifung Hitlers seien die Teilung Deutschlands und das Jahr 1989 nicht denkbar ." (
https://www.freikirchenforschung.de/res ... e_0209.pdf )
Darum habe ich einen Offenen Brief an den Apostel Steinbrenner in Hamburg formuliert und explizit darauf verwiesen:
"Ich möchte mit meinen Hinweisen nun keine Schulddebatte auslösen oder gar den moralischen Zeigefinger gegenüber meiner Herkunftskirche NAK erheben. Sie wird trotz eschatologischer Ausrichtung früher oder später zu ihrer verdrängten Vergangenheit objektiv Stellung nehmen müssen, so wie Sie (erstmalig?) eine Holocaust Gedenkrede hielten. Ich frage mich oft bei der Beschäftigung mit diesem Thema, wie hätte ich gehandelt? Als Vorstandsmitglied im Zentralrat der Juden gab Michel Friedmann folgende Antworten in einem Interview:
„Aber geht es da nicht wieder um Schuld?
Die Älteren, die Großeltern, haben eine persönliche Verantwortung, und ob sie schuldig sind oder nicht, die Antwort liegt in ihrem persönlichen Leben. Die Kinder haben keine Schuld, nein. Die haben Verantwortung für das, was sie heute tun oder nicht tun. Das wird eines Tages ihre Schuld sein oder auch nicht.
Sie sagten, die Diskussion über die Nazizeit sei eine Chance. Worin besteht sie?
Worin besteht die Chance, Bücher zu lesen? Andere Kulturen zu beobachten? Es sind die Erfahrungen, die Menschen gemacht haben in der Vergangenheit, in der Gegenwart, anderswo, die mir die Chance geben, Zusammenhänge früher zu erkennen und unter Umständen einen anderen Weg zu gehen. Nicht mehr und nicht weniger." (
http://qv-nak.lima-city.de/Offener-Brie ... renner.pdf )
Zum Schluß noch zwei Zitate vom Geschichtslehrer Klaus Schabronat ( Klaus Schabronat, Die Neuapostolische Kirche im Dritten Reich - ein Zwischenbericht. Teil 1, in: Frankfurt im Spiegel der Geschichte der apostolischen Gemeinschaften, hrsg. von Mathias Eberle, Steinhagen 2013, 155-156. ) und dem Studienrat für Geschichte und Musik an einem Heidelberger Gymnasium Dominik Schmolz ( Dominik Schmolz, Kleine Geschichte der Neuapostolischen Kirche, Steinhagen 2013, 87.)
1.
In gewisser Hinsicht ist die neuapostolische Gemeinde ihrem Vorbild, dem militärischen Obrigkeitsstaat, nachempfunden. Sie ist straff hierarchisch und auf die oberste Autorität eines von Gott gesandten Führers ( hier Kaiser, dort Stammapostel ) hin organisiert, sie ist patriotisch durch und durch, sie bejaht und begrüßt den Krieg, sie ist demokratie- und bildungsfeindlich und hält sich etwas darauf zugute."
2.
"Kaum eine andere Religionsgemeinschaft hat den Nationalsozialismus und das mit diesem verknüpfte Regime so (1.) frühzeitig, (2.) einheitlich und (3.) umfassend begrüsst wie die Neuapostolische Kirche."