Zeitgeschehen/Presseschau:Abtreibung / Exkommunikation

Neues aus dem katholischen Bereich
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42

#11 Beitrag von 42 » 07.03.2009, 14:46

Ich habe neulich, im Zusammenhang mit dem in Köln eingestürzten Haus, gedacht, was sind schon die möglicher Weise verloren gegangenen Kulturgüter gegen das Leben eines Menschen? So schade es ist, was wären schon alle Schätze der Welt gegen diesen Zauber eines Menschenlächelns, der unsere dumpfe Erde überhaupt erst mit Sinn erfüllt?
Da versagt doch gestern einem Sprecher, offensichtlich eng verbunden mit dem historischen Archiv, in der Pressekonferenz die Stimme, als er berichtet, dass an den Dokumenten Schaeden entstanden sind "wie von Bombensplittern nach einem Angriff".

Ich habe hingegen nicht festgestellt, dass einen der Verantwortlichen, die so professionell ueber den Fortgang der Suche nach Ueberlebenden berichten, entsprechende Emotionen bewegen, sodass ihnen Stimme versagt. Merkwuerdig. Im wahrsten Sinn des Worts.

Die Fragen, welche sich mir stellen und welche mir keine Kirche der Welt sinnvoll beantworten kann, muss und darf, ist: "Welches Leben ist wertvoller, das der Mutter oder das ihres Kindes/ihrer Kinder? Welches Leben gibt "man" mit welcher Begruendung sehenden Auges in den Tod, damit ein anderes weiter leben darf? Warum ist dies kein Mord, waehrend die Abtreibung als Mord angesehen wird? Wie kann ein Geistlicher mit der Entscheidung gegen einen Schwangerschaftsabbruch weiter leben und sich rechtfertigen, wenn die Mutter (und womoeglich auch ihre Kinder) sterben?
Papst Johannes Paul II. gibt die Lehre der Katholischen Kirche in dieser Frage in der Enzyklika Evangelium Vitae (Nr. 62) von 1995, wo auch die Todesstrafe abgelehnt wird, mit folgenden Worten wieder: „Mit der Autorität, die Christus Petrus und seinen Nachfolgern übertragen hat, erkläre ich deshalb in Gemeinschaft mit den Bischöfen – die mehrfach die Abtreibung verurteilt und, obwohl sie über die Welt verstreut sind, bei der eingangs erwähnten Konsultation dieser Lehre einhellig zugestimmt haben – dass die direkte, das heißt als Ziel oder Mittel gewollte Abtreibung immer ein schweres sittliches Vergehen darstellt, nämlich die vorsätzliche Tötung eines unschuldigen Menschen. Diese Lehre ist auf dem Naturrecht und auf dem geschriebenen Wort Gottes begründet, von der Tradition der Kirche überliefert und vom ordentlichen und allgemeinen Lehramt der Kirche gelehrt.“ Nach der aktuellen katholischen Morallehre ist also der Abbruch einer Schwangerschaft zu jedem Zeitpunkt Mord. Dies wird naturrechtlich begründet und beansprucht daher als Norm für alle Menschen zu gelten, nicht nur für Christen. Nach Canon 1398 CIC 1983[42] zieht sich genauso wie zuvor nach Canon 2350 CIC 1917 wer eine Abtreibung vornimmt die Strafe der Exkommunikation zu.[43] Damit ahndet das aktuelle Kanonische Recht einen Abbruch zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft härter als Mord, für den in der Regel keine Exkommunikation vorgesehen ist. Auch spielt es keine Rolle, ob das Leben der Mutter durch das Austragen der Schwangerschaft gefährdert gewesen wäre.

Aus Wikipedia
Aus dem Codex Iuris Canonici von 1983:

Can. 1311 — Es ist das angeborene und eigene Recht der Kirche, straffällig gewordene Gläubige durch Strafmittel zurechtzuweisen.

Can. 1312 — § 1. Strafmittel in der Kirche sind:
1° Besserungs- oder Beugestrafen, die in den cann. 1331—1333 aufgeführt werden;
2° Sühnestrafen, die in can. 1336 behandelt werden.
§ 2. Das Gesetz kann andere Sühnestrafen aufstellen, die einem Gläubigen ein geistliches oder zeitliches Gut entziehen und mit dem übernatürlichen Ziel der Kirche vereinbar sind.
§ 3. Außerdem werden Strafsicherungsmittel und Bußen angewandt: jene vor allem, um Straftaten vorzubeugen, diese eher, um eine Strafe zu ersetzen oder zu verschärfen.

Can. 1397 — Wer einen Menschen tötet oder durch Gewalt oder Täuschung entführt, festhält, verstümmelt oder schwer verletzt, soll je nach Schwere der Straftat mit den in can. 1336 genannten Rechtsentzügen und Verboten bestraft werden; die Tötung aber einer der in can. 1370 genannten Personen wird mit den dort festgesetzten Strafen belegt.

"Can. 1398* — Wer eine Abtreibung vornimmt, zieht sich mit erfolgter Ausführung die Tatstrafe der Exkommunikation zu."

Der Roman Der Kardinal ("The Cardinal" von Henry Morton Robinson, 1950) kulminiert gegen Ende darin, dass dem Kardinal im Fall seiner Schwester die gleiche Entscheidung abverlangt wird. Lesenswert, wenn auch schon aelter.

Hannes

#12 Beitrag von Hannes » 07.03.2009, 15:23

42 hat geschrieben: Wie kann ein Geistlicher mit der Entscheidung gegen einen Schwangerschaftsabbruch weiter leben und sich rechtfertigen, wenn die Mutter (und womoeglich auch ihre Kinder) sterben?
Hallo 42,

glaube mir, dieser (und jener) Geistlicher lebt gut und mit reinstem Gewissen mit dieser Entscheidung! Weil er/sie sich ja "in seiner/ihrer Kirche", konstruiert aus einem absurden und menschenverachtenden Gottesbild der Zeit vor Christus, vor dem Alltag verstecken kann.

Genau um diesen Alltag mit all seinen Widersprüchen und Brüchen geht es vielen dieser Kirchenmänner nach meinem Dafürhalten nicht (mehr). Sondern um das Durchprügeln Ihrer Ansichten, die sie Gottes Ansichten nennen - und oftmals realisieren sie nicht mehr, wie sehr sie diese ins Absurde herunterinterpretiert haben.

Aber: viele der Gläubigen fressen ihnen ja immer noch aus der Hand oder legen die Augensalbe viel zu dick auf.

:? Hannes

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