Täglich neue Vorwürfe

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Cerebron

#21 Beitrag von Cerebron » 09.03.2010, 22:18

Werter Dieter,

was ist mit Herdentrieb? Wenn alle darüber reden, hat der Einzelne eher Veranlassung, auch darüber zu sprechen.

Gruß,
C.E.

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evah pirazzi
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#22 Beitrag von evah pirazzi » 09.03.2010, 22:48

Adler hat geschrieben:Eine tote Seele, ist eine tote Seele, oder gibt es einen Unterschied? Auf welche Art und Weise sie zu Tode kam, ist doch eher akzessorisch.
Adler, ich denke, du meinst nicht die seelenlosen menschenähnlichen Vorformen, nicht wahr?

Wie du weißt, ist eine Seele unsterblich, das konnten wir doch gerade im Wort des Monats nachlesen:
" Meine Antwort: Die Heilige Schrift sieht den Menschen grundsätzlich als ein mit einer unsterblichen Seele ausgestattetes Wesen an. ... Die menschenähnlichen Vorformen, die es zuvor gegeben haben mag, waren also nicht mit einer unsterblichen Seele ausgestattet."

- oder gibt es da etwa noch neuere Erkenntnisse?

Einigen wir uns auf halbtot, darüber gibt es in der Bibel ein Gleichnis, das vom "Barmherzigen Samariter" (mein Lieblingsgleichnis). Da war es doch auch so, dass an dem halbtot Geschlagenen ein Priester und ein Levit vorüber gingen und die Augen vor dem hilfsbedürftigen Zustand des Geschundenen verschlossen. Im Gleichnis gab es einen Samariter, der helfen konnte und wollte.

In der jüngeren Vergangenheit gab es zweifelsohne zu wenige "Samariter" - in der RKK - deswegen wurden diesen "halbtot Geschlagenen" nicht die Wunden verbunden.
Ich kann mir auch vorstellen, dass viele Opfer diese negativen Erlebnisse verdrängt haben. Der Mensch, der mit Seele ausgestattete, neigt dazu Negatives einfach auszublenden. Und jetzt nach so vielen Jahren, wo das Thema an die Öffentlichkeit kommt, sehen sich viele plötzlich mit der unangenehmen Vergangenheit konfrontiert und finden im Schutz der anderen, ebenso Betroffenen, vielleicht den Mut, das Thema endlich anzugehen?

Diese Probleme gab es wahrscheinlich bei den menschenähnlichen Vorformen - die mit ohne Seele - nicht, oder hat man dieses Missbrauchsverhalten im Tierreich jemals beobachten können?

:?:

Nachtrag:
Ach, ich sehe gerade, der "Herdentrieb"- Gedanke wurde auch gerade von Herrn Zährenborn geäußert. :wink:
[i][size=75]"... Ich bin einerseits sehr froh, dass ich diesen Gedanken aussprechen kann, auf der anderen Seite fällt es mir auch nicht schwer..."
(Bap Klingler - Neujahrsgd 2009)[/size][/i]

Knodel

#23 Beitrag von Knodel » 10.03.2010, 00:26

Cerebron hat geschrieben:Werter Dieter,

zu Ihren Fragen ein paar Gedanken:

Zunächst einmal müssen die Opfer überhaupt einsehen, dass Ihnen ein Unrecht angetan wurde, das bestraft werden muss. Diese Einsicht kann man auch 20 Jahre nach Volljährigkeit nicht voraussetzen. Denn von der Bestrafung des Täters hat das Opfer nichts - außer Scherereien und der hochnotpeinlichen Frage, warum man so lange geschwiegen habe.

Außerdem müssen die Opfer einsehen, dass sie schuldlos an dem ihnen angetanen Unrecht waren. Formal gab es ja wohl immer einen Anlass dafür, dass die Lehrer/Priester die Kinder geschlagen haben. Und mancher, der/die sexuell bedrängt oder schlimmeres wurde, wird sich lange fragen, ob er/sie nicht auch dafür eine Ursache selbst gesetzt hat. Diese Denke muss man erst mal aus dem Kopf bekommen.

Diejenigen, denen besonders schwere Gewalt angetan wurde, werden häufig auch versuchen, zu verdrängen, und sich allenfalls dem engsten Umfeld offenbaren. Die persönlichkeitsverkrüppelnden Folgen solcher Gewalt entziehen sich manchmal dem rationalen Nachvollzug, und sie halten deutlich über 50 Jahre an.

Wer will denn in solchen Fällen in einem Strafverfahren gegen den allseits anerkannten Lehrer, den netten Priester X, den Doktor Y aussagen, wenn Aussage gegen Aussage steht? Dann kann ein Richter nur auf Grundlage seiner freien Beweiswürdigung entscheiden, ob er einen der beiden für glaubwürdiger hält, und im Zweifel den Angeklagten freisprechen, wie es sich gehört.

Deshalb erscheint es mir nachvollziehbar, dass sich viele Betroffene erst aus der Deckung wagen, wenn genügend Öffentlichkeit hergestellt ist. Und vielleicht sprechen manche auch deshalb erst jetzt darüber, weil alle Verjährungsfristen längst abgelaufen sind.

Gruß
C.E.

Deinen Ausführungen kann ich mich nur anschließen.
Derjenige der es vor 50 Jahren gewagt hat ein solches Verbrechen zur Anzeige zu bringen gehört ein Purple Heart.
Damit die geneigten Leser aber ein besseres Verständnis der Sachlage erhalten, kommt man nicht umhin ein paar konkrete Fallbeispiele zu bringen, selbst wenn es manchem Leser die Nachtruhe kostet.

Fangen wir einmal mit ein paar typischen Beispielen an. Zunächst einmal ein Beispiel aus meinem eigenen ersten Erleben mit einer solchen Straftat vor Gericht vor 30 Jahren.
Damals war ich eine blutjunge Gerichtsschreiberin beim LG. Angeklagt war ein etwa 40 Jahre alter Mann wegen sexuellem Mißbrauch seiner Stieftochter. Den sich genüßlich in seinem Stuhl fläzenden Richter neben mir. Den ebenfalls damals blutjungen Staatsanwalt der verzweifelt für das Opfer, in diesem Fall eine ungefähr 18 Jahre junge Frau, gekämpft hat.
Dieses zitternde Bündel Mensch das da vor dem "Hohen Gericht" stand hatte ich ebenfalls im Blickfeld. Der Angeklagte war überaus ruhig und lächelte stetig vor sich hin.
Jeder in diesem Gerichtssaal wusste um die Schuld des Täters, sie war aufgrund der Voruntersuchungen einfach zu offensichtlich.
Jener Richter hat die junge Frau regelrecht auseinandergenommen. Es mündete sogar in den offenen Ausspruch. "Wie können sie sich überhaupt wagen mit einem solchen Anliegen hier vor Gericht zu erscheinen."
Selten habe ich Wort für Wort mitstenografiert, in diesem Fall habe ich all meine Sinne zusammengenommen und Wort für Wort mitgetextet.
Der Angeklagte wurde vollständig freigesprochen, der junge Staatsanwalt hat einen Anschiß vom Chef bekommen und ich musste meine korrekte Reinschrift des Protokolls völlig verändern.
Jeder weitere Kommentar erübrigt sich.

Im Laufe meiner Berufstätigkeit sind mir so manche Skurrilitäten zum Thema untergekommen. Ein paar Weitere gefällig, oder wird es zu viel?

Eines Tages hatte ich einen Termin in einem großen Polizeipräsidium. Dort traf ich unter anderem einen ergrauten Kriminalkommissar vom Weißen Ring, der sich ehrenamtlich um Opfer kümmert.
Da wir ein wenig warten mussten hatte er Gelegenheit mir seine Geschichte zu erzählen.
Seine eigene Ehefrau war jahrzehntelang von ihrem eigenen Vater schwerster sexueller Gewalt ausgesetzt gewesen. Erst nach dem Tod des Vaters hat sie es fertiggebracht ihrem Mann davon zu erzählen.
Auf die Frage, warum sie erst jetzt mit ihm darüber spräche antwortete sie: "Weil ich wusste, du hast eine Dienstwaffe und ich hatte Angst du würdest sie benutzen."
Seine Frau hat er überredet zu einem Psychologen zu gehen. Geraten ist sie in diesem Fall an einen Mohammedaner, der ihr klipp und klar gesagt hat so etwas wäre in seinem Heimatland völlig normal und sie solle sich nicht so anstellen. Der Mann ist hier aufgewachsen und hat in Deutschland studiert.
Einzelfall?

Noch mehr?

Eines Morgens kam ich an meinen Arbeitsplatz in einer kleinen Klinik. Es war noch sehr früh am Morgen und das Erste was ich sah,war ein junger Mann, der sich erhängt hatte.
Neben all den Formalitäten musste ich den zuständigen Soz.Päd. noch trösten, der ihm zugeraten hatte seinen Fall der Justiz anzuzeigen.
Der junge Mann hat das Procedere nicht verkraftet und sich lieber umgebracht.

Einmal bin ich mit unserer Psychologin nachts durch einen stockdunklen Wald geirrt um einen Jugendlichen wieder zu finden. Es war eisiger Winter und es hatte sehr viel Schnee. Immer wieder riefen wir ihn und wir Frauen waren alleine.
Wir gönnten uns eine kleine Verschnaufpause in einer kleinen Hütte.
Sie meinte zu mir: "So viel Angst wie heute, habe ich noch nie gehabt."
Wir haben ihn 2 Stunden später auf einem Aussichtsturm gefunden.
Schlaftabletten und Schnaps in rauen Mengen waren seine Begleiter.
Auch er war ein Opfer sexueller Gewalt.

Eines Abend erzählte mir ein Jugendlicher nach einer Theateraufführung "Jesus Christ Superstar" detailgetreu wie ihn sein Vater versucht hat in der Badewanne zu ertränken.
Wie Gott so etwas zulassen könne.......
Unserer Psychologin habe ich am Morgen darüber berichtet und sie gebeten sich doch heute einmal intensiv um ihn zu kümmern.
30 Minuten später hat sie sich wegen Magen-Darm von der Ärztin krankschreiben lassen.

Ein rein katholisches Problem? Sicher nicht.

Auch in der NAK und der ev. Kirche sowie in vielen Vereinen existieren diese Probleme.
Wir haben in unserer Gemeinde einen alten Herrn, der seit dem Tode seiner Frau vor einigen Jahren immer mich als Begleitperson bei Seelsorgebesuchen seiner Priester wünscht. Er war als Kind von einem katholischen Priester sexuell missbraucht worden. "Der einzige Mensch, dem ich je von diesem Vorfall erzählt habe, war meine Mama. Sie hat mich verstanden."
In eine katholische Kirche ist er nie wieder gegangen, nicht einmal zur Beerdigung seiner eigenen Schwester. Er ist inzwischen 84 Jahre alt.

An unserer hiesigen Schule nahm mich einmal die Schulleiterin zur Seite.
Wir haben hier ein Problem mit einer Schülerin...... Alle im Lehrerkollegium sind der Ansicht ein bestimmtes Mädchen sei ein Opfer sexueller Gewalt.
Ob ich in meiner Eigenschaft als Vorstand des Fördervereines und weil ich die Mutter persönlich kenne, einmal ein paar Worte mit ihr reden könne um ihr das klarzumachen. :shock:
Das Gespräch, sehr sanft und einfühlsam geführt, war schnell beendet und mündete in dem Satz: "Das habe ich in meiner Kindheit erlebt und bin nicht gestorben, das kann die Kleine jetzt auch. Davon will ich überhaupt nichts hören."

Ein mir bekanntes Paradebeispiel aus der NAK kann ich gerne texten.

Gute Nacht.


Knodel

Re: Täglich neue Vorwürfe

#25 Beitrag von Knodel » 24.06.2010, 21:37

Es nimmt weltweit kein Ende... :(
Südamerika ist auch sehr hart betroffen, was mir so zugetragen wurde.

Hier das neueste Beispiel aus Europa.

http://www.focus.de/panorama/vermischte ... 23214.html

Knodel

Re: Täglich neue Vorwürfe

#26 Beitrag von Knodel » 06.10.2010, 07:11

Nur damit auch jeder einmal darüber informiert ist welche Schadensersatzleistungen hier teilweise gefordert werden.

http://steiermark.orf.at/stories/474225/

Gesperrt

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