PAPST BENEDIKT XVI IN JERUSALEM...

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Maximin

PAPST BENEDIKT XVI IN JERUSALEM...

#1 Beitrag von Maximin » 12.05.2009, 08:13

Stefan Ulrich und Thorsten Schmitz berichten in der heutigen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung über den Besuch des Papstes in der Gedenkstätte Jad-Vaschem in Jerusalem. Sie fassen ihren Bericht mit der Überschrift zusammen: „Papst enttäuscht viele Juden“.

Quelle: :arrow: hier

Gestern, 11. Mai 2009, 16:10 Uhr, Erstes Deutsches Fernsehen (ARD). Gespannt verfolge ich die Direktübertragung aus Jerusalem. Als der weißgewandete 82jährige alte Mann den vergleichsweise dunklen Raum betritt, fühle ich in mir Mitleid aufsteigen. Mitleid mit dem Menschen Joseph Alois Ratzinger.

Einen Augeblick lang frage ich mich: „Wie wird sich das geistliche Oberhaupt der Römisch-Katholischen Kirche jetzt verhalten? Was wird er mit welchen Worten sagen?“ Dann, als er einigen Überlebenden des Grauens vorgestellt wird, frage ich mich: „Was fühlt der Menschen, Joseph Alois Ratzinger, in diesen Augenblicken, wissend, dass ihn nun die halbe Welt beobachtet?“

Endlich tritt der Papst an das Rednerpult. Gespannt folge ich seiner Ansprache. Was er sagt, das spricht mich an, weil mir die von ihm zitierten Texte der jüdischen Bibel vertraut sind. Aber die Art, wie er spricht, das enttäuscht mich, macht mich traurig.

Sein Verhalten bei der Kranzniederlegung versetzt mich um Jahrzehnte zurück. Der damalige Bundeskanzler Willy Brandt steht in Warschau vor dem Denkmal, das an das Leiden und Sterben der Juden im Warschauer Ghetto erinnert. Und dann fiel Brandt auf die Knie. Eine zu Herz gehende Geste, die ihm in der ganzen Welt abgenommen wurde.

Papst Benedikt XVI verbeugt sich. Auf die Knie geht er nicht. Vielleicht innerlich? Wer kann wissen, was in dem Menschen, Joseph Alois Ratzinger, in diesen Augenblicken vorgeht? Ich frage mich: „Warum bleibt er aufrecht stehen? Kann er es nicht, will er es nicht oder darf er sich, gerade an dieser Stätte, nicht hinknien?"

Die Süddeutsche schreibt heute, einen Tag danach: "Nahezu steril", "emotionslos", "enttäuschend". Die Reaktionen in Israel auf den ersten Tag des Papstes im Heiligen Land sind verheerend.“

Ich bin Christ, kein Jude, aber ich bin auch enttäuscht.

Micha + + +
Zuletzt geändert von Maximin am 12.05.2009, 08:21, insgesamt 1-mal geändert.

Adler

#2 Beitrag von Adler » 12.05.2009, 08:19

Lieber Micha,

darf dazu einmal drei Fragen an dich richten?

Wie sollte der Papst denn, deiner Meinung nach, reagieren:

1 Als ein Deutscher aus einem ehemals von Nazis regiertem Land ?

2 Als Oberhaupt einer christlichen Kirche?

3 Als Mensch Josef Alois Ratzinger?

LG Adler

P.S. Ich denke, dass Brandt seinerzeit diese drei Faktoren vereinigte als er sich niederkniete. Er tat dies als Deutscher, als Oberhaupt und als Privatmann.

tergram

#3 Beitrag von tergram » 12.05.2009, 08:58

Micha,

könnte es nicht viel einfacher sein, dass nämlich der immerhin 82-jährige Mann sich nicht mehr "einfach so" hinknien kann? Oder dass er nach einem Kniefall nicht mehr in der Lage wäre, allein und würdevoll aufzustehen?

Wäre diese Geste denn wirklich wichtig? Hätte man ihm nicht "Dramatisierung" und "Nachahmung" unterstellt, wenn er gekniet hätte?

Was - um alles in der Welt - soll der offensichtlich angeschlagene und erschöpfte Papst denn tun, um es allen recht zu machen?

Immerhin begibt er sich freiwillig auf eine heikle Reise - auf der er mehr falsch als richtig machen kann: Fettnäpfchen und Stolperfallen allenthalben. Nach dem angerichteten Scherbenhaufen anlässlich der Wiederaufnahme der Holocaust-Leugner in die RKK ist Papst Benedikt auf Wiedergutmachungstour. Offenkundig ist er guten Willens. Dafür gebührt ihm Respekt. Kniefall hin oder her.

Adler

#4 Beitrag von Adler » 12.05.2009, 09:03

Vielleicht sollte er dann besser in seinem "goldenen Käfig" bleiben und nicht durch die Welt "flattern" wenn es sein Alter und sein Gesundheitszustand nicht mehr erlauben :wink:

LG Adler

tergram

#5 Beitrag von tergram » 12.05.2009, 09:10

Adler,

ist nicht genau das der Vorwurf, der vielen Päpsten vor ihm gemacht werden muss? Sie haben sich jahrhunderlang im Vatikan verschanzt und kaum ein Katholik kannte seinen obersten Kirchenherrn. Heute erwartet alle Welt einen umtriebigen Papst, der sich auf Reisen präsentiert.

Angesichts der erkennbar zunehmenden Gebrechlichkeit des Papstes stellt sich die Frage, ob jemand im hohen Lebensalter noch in der Lage ist, diese riesige Aufgabe zu bewältigen und die RKK nicht gut daran täte, eine Altersbeschränkung für die Paptwahl einzuführen.

Dass Papst Benedikt physisch nachlässt, macht mir allerdings weniger Sorgen, als eine (auch) geistig-seelische Gebrechlichkeit - angesichts der aktuellen Fehlleistungen (...vom Holocaust bis zur Kondombenutzung...) bin ich davon überzeugt, dass ein jüngerer und realitätsnaher Kirchenführer der RKK gut tun würde.

Adler

#6 Beitrag von Adler » 12.05.2009, 09:17

Liebe Tergram,

diese Veränderung bei der Auswahl der Päpste würde ich ebenfalls sehr begrüßen.

LG Adler

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tosamasi
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#7 Beitrag von tosamasi » 12.05.2009, 09:36

Es wäre wünschenswert, wenn auch mal ein etwas jüngerer, vitaler kath. Geistlicher eine Chance bekommen würde.
Aber man muss sich hochdienen, und das dauert. Die Kardinäle sind nicht die frischesten.
Nur der Einfältige fürchtet die Vielfalt
tosamasi

Hannes

#8 Beitrag von Hannes » 12.05.2009, 09:37

Adler hat geschrieben: P.S. Ich denke, dass Brandt seinerzeit diese drei Faktoren vereinigte als er sich niederkniete. Er tat dies als Deutscher, als Oberhaupt und als Privatmann.
Adler, ich denke, Brandt tat dies als Mensch ... als er wieder aufstand und weiterging war er wieder Deutscher, Häuptling und was auch immer.

Micha, vielleicht war Ratzinger einfach viel zu sehr mit sich beschäftigt ... er sieht gerade nicht so gut und fit aus. Männer in seinem Alter geniessen im Normalfall den Lebensabend.

Das einzige, was ich ihm "vorhalten" würde, ist seine Entscheidung, diesen Job und diese Verantwortung in seinem Alter zu übernehmen und diesen mörderischen physischen und psychischen Stress auf sich zu nehmen. Wobei das fast schon wieder anerkennenswert ist.

Bin gerade froh, diese Aufgabe nicht auf den Schulter zu haben.

Hannes

Hannes

#9 Beitrag von Hannes » 12.05.2009, 09:40

tergram hat geschrieben: Dass Papst Benedikt physisch nachlässt, macht mir allerdings weniger Sorgen, als eine (auch) geistig-seelische Gebrechlichkeit - angesichts der aktuellen Fehlleistungen (...vom Holocaust bis zur Kondombenutzung...) bin ich davon überzeugt, dass ein jüngerer und realitätsnaher Kirchenführer der RKK gut tun würde.
tergram, ich weiß nicht, ob das in seinem (und im römischen) Selbstverständnis Fehlleistungen waren ...
ich denke nicht!

Hannes

Engelchen

#10 Beitrag von Engelchen » 12.05.2009, 18:09

Wichtig ist doch eigentlich nur was bei dieser Reise im Endeffekt erreicht wird.
Das wird sich zeigen.

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