Meiner Meinung nach ist das Leben und das Universum erst mal ohne Mitgefühl.
Es gibt grundlegende Abläufe, in denen das eine mehr wird aufgrund seiner Stärke gegenüber dem anderen.
Fressen und Gefressen werden.
Ich denke aus diesem Erkennen kam auch das
"Auge um Auge, Zahn um Zahn"
"Gott ist ein mitleidloser gestrenger Richter"
Das Universum belohnt nicht, wenn ich ein guter Mensch bin.
Das ist auch Grundlage einer kapitalistischen, neoliberalistischen Weltsicht.
"Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht"
Wenn man das Opfer solcher Abläufe ist, dann empfindet man persönliches Leid.
Ein Mensch kann Leid für einen anderen erzeugen.
Das Umfeld kann Leid erzeugen.
Unfälle, Krankheiten, angeborene Veranlagungen usw. können Leid erzeugen.
So ist die Welt.
Leid gehört zum Leben.
Im Leid ist oft kein Sinn zu erkennen.
Trotzdem kann es helfen, in dem Leid Sinn zu suchen.
Und vielleicht ist es der, daß wir Gottes Wege nicht verstehen können.
Daß wir Demut vor Gott erleben und uns nicht für zu groß halten.
Daß wir versuchen aus dem Leid zu lernen.
Daß wir unser Leben als etwas vorübergehendes verstehen können.
Ich kann nicht erklären, warum Gott als Ursprung der Liebe ein Universum geschaffen hat, in dem so viel Leid herrscht.
Es gibt kein Patentrezept, um das eigene Leid zu vermeiden.
Auch wenn man sich in den Glauben flüchtet, wird man nicht von Leid verschont.
Glauben ist keine Versicherung gegen Leid.
Aber man kann (manchmal) erkennen, was das Leid lindert.
Manchmal hat man die Möglichkeit Leid zu vermindern.
Bei sich.
Bei anderen.
Ich denke, daß der Gedanke des Mitgefühls und der Liebe in manchen Religionen und Weltanschauungen (Christentum, Buddhismus) dadurch seinen Platz gefunden hat.
Meiner Meinung nach ist die Möglichkeit in uns Menschen (auch anderen Wesen?) vorhanden, nicht nur an sich zu denken sonden auch dem Gedanken Raum zu geben, daß es auch anderen gut gehen sollte. Und was man selbst dafür tun kann.
Das ist für mich ein guter, ein Göttlicher Gedanke.
Denn es ist die einzige Kraft, die mich selbst und (ein bisschen) mein Umfeld zu einem besseren Ort machen kann.
Ich denke manchmal, die Aufgabe im Glauben (im Leben?) könnte sein, das Leben und das Leid besser zu verstehen, um an sich selbst zu arbeiten um immer wieder ein kleines bisschen in diesem Geist zu wachsen.
Durch Leid kann man Verständnis für sich selbst und andere entwickeln.
Da ist das Positive, das ich dem Leid abgewinnen kann.
Trotzdem ist an sich für mich Leid nichts erstrebenswertes und manche Theologien, die das Leiden verherrlichen machen für mich gar keinen Sinn.
Ich habe große Probleme mit dem verbreiteten Christlichen Denken, daß Jesus von Gott, seinem liebenden Vater am Kreuz sündlos als Opferlamm geopfert wurde um Gott mit sich selbst (!) und der Menschheit zu versöhnen.
Was für ein Gottesbild?!?!
Das hat für mich nichts mit einem liebenden Vatergott zu tun.
Für mich ist dieses Bild das Ergebnis eines heidnischen Opferkultes.
Für mich wurde es jahrtausendelang benutzt, um Gläubige in Unterordnung (die als Demut vermittelt wurde) und Duldsamkeit zu drängen.
Für mich ist das eine Lehre, die
über Jesus erzählt wurde.
Und nicht
von ihm selbst.
Ich denke nicht, daß Jesus das Leiden verherrlicht hat sondern daß er versucht hat Leid zu lindern.
Meiner Meinung nach war Jesus so sehr von der Lehre der Liebe überzeugt, daß er dafür sogar den Tod in Kauf genommen hat.
Denn er wusste, daß er mit seiner Lehre im Widerspruch zum religiösen Establishment steht.
Nach meinem Verständnis hat Jesus das Leiden auf sich genommen weil er vielleicht sonst eine Flucht als Verrat an der Lehre der Liebe empfunden hätte, die er gelehrt hat.
Er hat sogar sein Leben gegeben, um in der Lehre der Liebe zu bleiben.
Und das ist das was dieses Geschehen für mich wertvoll macht:
Sogar Jesus hat am Kreuz das Gefühl gehabt, daß Gott ihn verlassen hat!
Für mich macht das sein Leiden nachvollziehbar.
Er war nicht erhaben über das Leid.
Er hat gelitten wie wir alle.
Heute abend kam eine Wiederholung von "scobel - die Kraft des Guten" in der meiner Meinung nach auch ein paar gute Gedanken enthalten waren.
Anschaubar in der ZDF Mediathek;
https://www.zdf.de/wissen/scobel/scobel ... n-100.html
Mit dem "effektiven altruismus" aus dieser Sendung habe ich aber Probleme, weil er das Mitgefühl unter Umständen komplett von der Empathie trennt.
Für mich gehört beides zusammen, denn Mitgefühl ohne Empathie ist für mich kalt, emotionslos.
Und dadurch verliert man das Verständnis für das Leid...
Sehr interessant fand ich die Aussage, daß Empathie, also das Empfinden, was andere empfinden im Gehirn etwas völlig anderes ist als Mitgefühl.
Ich habe das so verstanden, daß Empathie quasi ein Sinn ist, mit dem wir erkennen, was in anderen vorgeht.
Aber allein dieses Empfinden macht uns nicht besser.
Es kann sogar bis hin zum Burn Out führen, wenn man sich zu sehr für die Gefühle öffnet, die aus dem Umfeld kommen (Beispiel Krankenschwester).
Aber Mitgefühl ist eine positive Kraft, die hilft mit dem Leiden umzugehen.
Und für Mitgefühl ist auch Abgrenzung notwendig.
Deshalb ist für mich der Satz:
"Liebe Gott über alles und Deinen Nächsten wie dich selbst"
so wertvoll.
Weil er beides berücksichtigt: sich selbst und den nächsten.
Und deshalb ist es so schwer, wenn man in einer Situation helfen muss oder möchte und keine Möglichkeit hat, auch sich selbst zu schützen.
Ich denke, daß der Gedanke der Liebe eine göttliche Kraft gegen das Leid ist.
Ich glaube, daß Gott der Ursprung der Liebe ist.
Und daß wir an uns arbeiten können, damit dieser Gedanke in uns wachsen kann.
Für mich ist das mehr als Altruismus.
Für mich ist das der heilige Geist, der Geist Gottes, dem wir Raum geben können.
Zu lernen, die Welt mit den Augen der Liebe zu sehen.
Die Kraft zu finden, sich immer mehr in der Liebe zu verhalten.
Ich bin davon noch sehr weit entfernt.
Oft ist es eigenes Leid, eigene Verletzungen, aber auch Unverständnis, Eigennutz, usw. was verhindert, daß ich mich "gut" verhalten kann.
Deshalb weiss ich, daß ich Gnade und Vergebung brauche.
Und ich glaube, daß Gott den liebt, der versucht dem Gedanken der Liebe in sich Raum zu geben.
Egal welchen Glauben er hat.
Auch wenn er gar keinen Glauben hat.