Evolution! - Schöpfung oder Zufall?

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Luca
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Re: Evolution! - Schöpfung oder Zufall?

#11 Beitrag von Luca » 22.01.2013, 00:06

Hallo Ale

Gestatten Sie mir bitte ein paar Worte zu den Wahrscheinlichkeitsberechnungen im Zusammenhang mit der Evolutionstheorie (ET).

Zuerst eine Frage: Was meinen Sie, wie gross war die Wahrscheinlichkeit, dass diese Schneeflocke entstand?

Wissen Sie, wie viele kombinatorische Möglichkeiten es gibt, die verschiedenen Bausteine sprich Atome und Moleküle, die eine solche Flocke bilden, zusammenzufügen? Physiker und Mathematiker gehen davon aus, dass es dafür mehr Möglichkeiten gibt als Atome im Weltall ... Trotzdem, und sei es noch so unwahrscheinlich, existierte genau diese spezielle Flocke, ebenso wie Trilliarden andere einzigartige Flocken auch, obwohl deren Wahrscheinlichkeit zu existieren genau so minim war.

Es scheint da also ein ernsthaftes Problem mit Wahrscheinlichkeitsberechnungen zu geben ...

Diese Berechnungen gegen die ET sind - so wie bei der Schneeflocke - allesamt Betrachtungen und Berechnungen im Nachhinein, basierend auf der fälschlichen Annahme, dass ganz bestimmte Strukturen entstehen mussten. Das Bild mit der Schneeflocke macht es deutlich: Sie ist entstanden, ohne dass eine bestimmte Struktur entstehen musste! Sie ist einfach entstanden, so wie sie sich auf dem Bild präsentiert. Das macht weiter deutlich, dass Wahrscheinlichkeitsberechnungen in der ET nichts besagen, weil sie von Anfang an von einer völlig falschen Voraussetzung ausgehen.

Ein zweiter Denkfehler betrifft die sogenannte universelle Wahrscheinlichkeitsschranke, die von Kreationisten wie Lennox gerne benutzt wird, um zu zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses so gering ist, dass dieses Ereignis faktisch nie eintreten kann. Grundsätzlich ist jedoch festzuhalten, dass jedes Ereignis, das ein Wahrscheinlichkeit > 0 aufweist, eintreten kann.

Daraus folgt gleich der dritte Denkfehler. Wahrscheinlichkeitsberechnungen können keine Aussage darüber machen, wann ein bestimmtes Ereignis eintritt. Jeder Mathematiker, der sich mit kryptographischen Verfahren beschäftigt, ist sich bewusst, dass ein Code, und sei er noch so komplex, in einigen wenigen Versuchen geknackt werden kann, sei es zufälligerweise, oder weil der Code (ungeschickterweise) eine bestimmte Struktur aufweist, oder ... oder ...

Der nächste Denkfehler ist der, dass die Bedingungen, unter denen gewisse evolutionäre Ereignisse dannzumal abliefen, heute nicht mehr erfasst, sondern nur gemutmasst werden können. Weder ist, um nur ein einziges Beispiel zu nennen, die Zusammensetzung der Ursuppe bekannt noch andere determinierende Bedingungen wie Licht, Wärme, Strahlungsart und -intensität, Druck etc. (um nur ein paar zu nennen), die allesamt Einfluss auf die Entstehung der ersten Zelle hatten. Ja, auch wie die erste Zelle aufgebaut war, aus welchen Molekülen sie exakt bestand, ist nicht bekannt.

Wie also soll da mit derart riesigen Unwägbarkeiten je eine "wahrscheinliche" Wahrscheinlichkeitsberechnung zustande kommen? Ich meine, derartige Wahrscheinlichkeitsberechnungen kommen nicht über das Niveau von pseudowissenschaftlichem, kreationistischem Nonsens hinaus. Allein der Name drückt es doch schon aus: Wahr scheinen ... aber eben nicht wahr sein!

Etwas anderes: Wenn es einen Schöpfer gab, wer ist dieser Schöpfer? Und woher kam dieser Schöpfer? Wie wahrscheinlich ist seine Existenz? Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie oder Lennox oder R. Junker oder W. Gitt einen solchen Schöpfer und seine Taten beweisen können, etwa so wie von Evolutionsbiologen gefordert wird, jeden noch so kleinen Schritt der evolutionären chemischen und biologischen Entwicklung belegen zu können? Und wie wahrscheinlich ist es, dass es ausser Schöpfung oder Evolution im Sinne der ET allenfalls auch andere Erklärungen für die Entstehung unserer Welt geben könnte?

Seien Se mir armem Sünder gnädig für diese Einwände :mrgreen:

Luca

Ale

Re: Evolution! - Schöpfung oder Zufall?

#12 Beitrag von Ale » 22.01.2013, 12:49

Lieber Luca,

ich bin Ihnen nicht gnädig. Ich bin Ihnen dankbar für Ihre Einwände. Ich will versuchen, darauf zu erwidern

Vorausschicken möchte ich noch einmal, worum es mir geht. Ich hätte selbst bis vor einiger Zeit behauptet, die ET sei zutreffend. Dies nicht aus eigener Einsicht, sondern weil ich es eben so immer kritiklos gehört habe und weil es eben nicht sein kann, dass es anders war. Andere Meinungen hätte ich als antiquiert bezeichnet oder als verblendet. Inzwischen bin ich mir da gar nicht mehr so sicher, halte die Einwände der Gegner der ET für durchaus fundiert und bedenkenswert. Das sind übrigens nicht nur "Kreationisten", die hier und in anderen Foren immer wieder als vorgestrig oder fundamentalistisch apostrophiert werden, sondern auch Leute wie Lennox, der wohl eher dem Intelligent Design zuneigt und Collins, der laut wikipedia die theistische Evolution vertreten soll.

Mir geht es also keineswegs darum, hier zu postulieren, was tatsächlich wahr ist. Vielmehr möchte ich aufzeigen, dass die ET jede Menge Schwächen hat und deswegen auch die anderen Auffassungen, entgegen der Mode, auch heute noch gut vertretbar sind. Ob sie besser vertretbar sind als die ET möge jeder für sich selbst entscheiden.

Nun zu Ihren Einwänden:

1.
Was Ihr Beispiel mit der Schneeflocke anlangt, so haben Sie nätürlich recht. Sie erkennen aber auch die Schwäche dieses Bildes; bei der Schneeflocke ist es egal wie sie aussieht. Jede der unzähligen Möglichkeiten funktioniert. Bei der Evolution ist dies anders. Die wenigsten Mutationen funktionieren überhaupt und von den funktionierenden scheiden jede Menge als minderwertig aus. Ich darf nochmal auf die weit oben erwähnten 30.000 Generationen von Bakterien verweisen. Es waren nur Degenerationen zu verzeichnen. Es entstand nichts komplexeres.

Es geht dabei auch nicht darum, dass herauskommen musste, was eben herausgekommen ist. Sondern darum, dass überhaupt etwas funktionierendes herauskommt, was komplexer ist als das vorherige.

2.
Ich bin mit Ihnen einig, dass jedes Ereignis, dessen Wahrscheinlichkeit >0 ist, eintreten kann. Ich verstehe aber das Argument nicht. Selbstverständlich ist reine Evolution denkbar. Fraglich ist doch nur, wie wahrscheinlich sie innerhalb der vorgegebenen Zeiträume ist.

3.
Ich stimme ebenfalls zu, dass nicht errechnet werden kann, wann ein Ereignis eintritt. Das habe ich auch nicht behauptet. Es kann allerdings sehr wohl eine Aussage gemacht werden, innerhalb welchen Zeitraumes ein Ereignis erwartet werden kann. Daraus folgt dann auch eine Aussage, wie wahrscheinlich eine Abfolge von Zufälligkeiten in einem vorgegebenen Zeitraum ist. Nichts anderes sagen die Kritiker der reinen ET aus: es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass das alles so aus Zufall stattgefunden hat.

4.
Auch Ihren Hinweis auf die Zusammensetzung der "Ursuppe" halte ich für richtig. Aber ist das wirklich ein Argument für die ET? Ich meine nicht. Das zeigt doch viel mehr gerade die Schwächen der ET auf, die von bestimmten Voraussetzungen abhängig ist.

Letztlich: Nein, ich kann die Existenz eines Schöpfers nicht beweisen. Aber ich denke, es gibt nur die zwei Möglichkeiten Schöpfer oder Zufall. Insofern macht mich jedes Argument, das die ET unwahrscheinlich macht sicherer, dass ich mit meinem Glauben richtig liege.

Lassen Sie mich noch einmal mit einem Verweis auf einen Ausschnitt aus dem Buch von Lennox schließen: Er zitiert darin einen Nobelpreisträger, der das Beispiel bildet, dass man auf dem Mars eine Reihe von aufgeschichteten Aluminiumwürfeln findet. Die Haufen bestehen aus 2, 3, 5, 7, 11, 13, 17, 19, usw. Würfeln. Also den Primzahlen. Und das in der genau richtigen Reihenfolge. Was wäre der Schluss, zu dem die gesamte Wissenschaft kommen würde? Es gibt eine Intelligenz, die diese Haufen gemacht hat. Beim Blick auf die DNS aber spricht man von blindem Zufall! Passt das?

Grüße
A.

Lichtträger

Re: Evolution! - Schöpfung oder Zufall?

#13 Beitrag von Lichtträger » 22.01.2013, 14:04

Hallo Ale,

der Aluminiumwürfelvergleich gefällt mir sehr gut!

Ähnlich wäre es, wurde man auf einer einsamen Insel einen Felsen entdecken
mit der deutlichen Eingravierung "Charles 1801".

Wem würde JEDER den Ursprung dieser Gravierung zuschreiben?

Mit welcher Logik begründet man dann die Behauptung, die Information im Genom sei
ohne einen Programmierer entstanden?

mfG
Lichtträger

Luca
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Re: Evolution! - Schöpfung oder Zufall?

#14 Beitrag von Luca » 22.01.2013, 19:36

Hallo Ale

Mir geht es nicht darum, ob Sie an die ET glauben oder nicht, es geht mir hier und jetzt lediglich um systematische Fehler, die Ihren Tendenzen hin zur Schöpfungsidee zugrunde liegen. Das beginnt bereits dabei, dass Sie sich einen Schöpfer postulieren lassen, der selbst nicht zu begründen ist, d.h. dessen Existenz auf keine Art und Weise belegbar ist. Sie behaupten lediglich ein derartiges Wesen, ohne den geringsten Anhaltspunkt dafür zu haben ausser z.B. Behauptungen eines Herrn Behe über eine nichtreproduzierbare Komplexität (was natürlich ebenfalls nicht zu beweisen ist), die zwingend einen intelligenten Urheber haben müsse.

Das "vorgestrig" stammt nicht von mir, obwohl Kreationisten (Anhänger des ID sind ebenso Kreationisten, auch wenn sie sich aus gewissen Gründen nicht so nennen und den Schöpfer nicht offen als Gott bezeichnen) tatsächlich einem Weltbild von vorvorgestern anhangen. Und was ein Anhänger einer theistischen Evolution anderes sein soll als ebenfalls ein Kreationist (es muss ja nicht gleich ein Hardcore-Kurzzeit-Kreationist sein), ist mir persönlich nicht klar.

Wenn Sie meinen, aufzeigen zu müssen, "dass die ET jede Menge Schwächen hat", dann bewegen Sie sich in den längst ausgelatschten Spuren der Kreationisten. Das ist das, was ich diesen Herrschaften am meisten ankreide: Das einzige, was sie beherrschen (egal wie die Herren heissen, ob R. Jucker, Scherrer, Lönning, Gitt, Lennox, Behe oder wie auch immer) ist, den Finger in meist nur vermeintliche Wunden der ET zu stechen. Dass die ET ihre Schwächen hat, dazu stehen auch Evolutionsbiologen wie auch Genetiker. Aber vieles ist auch unbestreitbar durch die deskriptive Biologie oder durch Laborexperimente belegt.

Jedoch frage ich Sie: Was hat der Kreationismus gleich welcher Ausprägung vorzuweisen? Welche konkreten Beweise für eine Schöpfung gibt es?

Eine wissenschaftliche Theorie wie die ET bietet unzählige Möglichkeiten, falsifiziert zu werden. Was haben das diese Herren denn bisher zu falsifizieren vermocht? Haben sie etwa das berühmte Kaninchenfossil im Präkambrium gefunden und damit die Evolutionstheorie in ihrem Grundkonzept erschüttert? Nein, nichts konnte falsifiziert werden, alles was diese Herrschaften zustande bringen, sind wohl hinterfragenswürdige Wahrscheinlichkeitsberechnungen.

Zur Schneeflocke:
Sehen Sie, Sie haben schon wieder einen gravierenden Fehler in Ihren Aussagen, wenn Sie meinen "Die wenigsten Mutationen funktionieren überhaupt und von den funktionierenden scheiden jede Menge als minderwertig aus." Wie viele derartige Mutationen gab und gibt es denn? Wie viele würden funktionieren und warum oder warum nicht? Können Sie, kann Lennox oder sonst wer auf diese beiden Fragen konkrete Antworten mit Belegen liefern? Nein? Dann behaupten Sie etwas, über das Sie nichts wissen, nichts wissen können!

Dagegen hat die Wissenschaft – ich erinnere gerade auch wieder an das schon genannte Experiment Miller - darzulegen vermocht, dass aus einer möglichen Variante des Ursuppen-Gebräus auf abiotische Weise gewisse Leben fördernde Bauteile wie Aminosäuren entstehen können. Eine das Denken unnötig beschränkende Behauptung, dass der von Miller damals experimentell aufgezeigte Weg der einzige mögliche und richtige ist, würde kein ernstzunehmender Evolutionsbiologe oder -chemiker aufstellen. Keiner schliesst aus, dass es unter leicht geänderten Bedingungen auch andere Resultate hätte geben können, die aber letztlich auch zu Leben hätten führen können oder vielleicht sogar führten.

Wissenschaft ist ergebnisoffen, und wir stehen erst am Anfang der Forschungen. Bedenken Sie, dass wir erst seit wenigen Jahrzehnten die technischen Mittel haben, überhaupt auf diesem Niveau zu experimentieren. Und nicht zu vergessen: Je mehr wir wissen, desto mehr erkennen wir, was wir alles noch nicht wissen. Die Menschheit wird wohl nie „ausgewusst“ haben, egal wie viel Wissen die Wissenschaft noch schafft.

Damit es in diesem Zusammenhang nicht vergessen geht: Was haben die Vertreter einer Schöpfung nach tausenden von Jahren vorzuweisen ausser einem "am Anfang war das Wort" oder "Da sprach Gott"? und die angesprochene Kritik an der ET?

Evolution ist nicht zielgerichtet. Das für die jeweiligen Verhältnisse fitteste "Produkt" überlebt, wobei "fittest" nicht gleichbedeutend ist mit "beste". Sehen Sie sich nur unser Auge (z.B. im Gegensatz zu demjenigen der Tintenfische) an. Kein menschlicher Konstrukteur käme auf die Idee, das Auge so stümperhaft zu bauen. Wir Menschen hätten bessere Lösungen und würden bestimmt nicht die weiterleitenden Nervenzellen vor die lichtempfindlichen Stäbchen setzen. Aber es funktionierte, und so müssen wir heute mit diesem "Pfusch" (genau das wäre es, wenn ein Schöpfer dahinter stehen würde) leben, genau so wie damit, dass unsere Luftröhre idiotischerweise von der Speiseröhre abzweigt und so bei Jung und Alt schon mal feste Nahrung ins falsche Loch kommt - ein Umstand, weswegen immer wieder Menschen ersticken. Weichtiere z.B. haben dagegen keine derart idiotische Konstruktion. Und haben Sie gewusst, dass das menschliche Genom grösstenteils aus "Müll" besteht?

Sie sehen, weder das bestdenkbare noch das beste "Produkt" wird zwingend weiter verwendet, sondern das fitteste - oder vielleicht das einzige gerade verfügbare.

Wenn Sie schreiben "Es kann allerdings sehr wohl eine Aussage gemacht werden, innerhalb welchen Zeitraumes ein Ereignis erwartet werden kann.", dann mag das aus stochastischer Sicht formal richtig sein, geht aber definitiv an der Realität vorbei. Lesen Sie doch bitte meine gestrigen Ausführungen dazu nochmals.

Jedes Ereignis, das überhaupt eintreten kann, kann auch jederzeit als erstes oder auch letztes eintreten. Nehmen Sie als sehr simples Beispiel doch mal einen Würfel in die Hand und würfeln. Egal, welche Zahl Sie würfeln, diese eine Zahl hatte genau eine Wahrscheinlichkeit von 1/6, ausgerechnet oben auf dem Würfel zu liegen. Nehmen Sie zwei Würfel und würfeln, dann hatte diese eine gewürfelte Kombination, z.B. eine Drei und eine Sechs, eine Wahrscheinlichkeit von 1/36, so dort zu liegen. Aber Sie haben sie trotzdem und entgegen der errechenbaren Wahrscheinlichkeit als erste gewürfelt ...

Wie gesagt, Wahrscheinlichkeitsberechnungen sind sehr oft einfach nur irreführend, vor allem wenn es auf das Wann ankommt. Betrachten Sie daher Ihre Aussage "Selbstverständlich ist reine Evolution denkbar. Fraglich ist doch nur, wie wahrscheinlich sie innerhalb der vorgegebenen Zeiträume ist." nochmals unter diesem Blickwinkel. Ich frage Sie dazu auch nochmals: Wie wahrscheinlich war es, dass genau diese gezeigte Schneeflocke zustande kam? In der Zeit seit Bestehen dieser Welt wohl höchst unwahrscheinlich. Aber sie entstand - und es war eine Schneeflocke, nicht etwa ein Regentropfen oder sonst was.

Im andern Fall entstand vielleicht genau das Molekül oder die Molekülkette, woraus dann letzlich (vielleicht in ein paar Millionen Schritten weiter) Leben entstehen konnte. Können Sie, kann Lennox das ausschliessen?

Seien Sie bitte nicht verärgert, wenn ich Sie jetzt als etwas voreingenommen, ja vielleicht verblendet bezeichne. Sie nennen es als nämlich Schwäche, dass die Zusammensetzung der Ursuppe nicht bekannt ist, ja dass wir das eine oder andere nur mutmassen können. Was aber bitte ist es denn, einen Schöpfer zu postulieren, von dem Sie nichts, aber auch rein gar nichts wissen, einem Schöpfer, der ausschliesslich in der Phantasie mancher Menschen existiert? Bitte legen Sie doch da auch gleiche Massstäbe an.

Darf ich Ihnen noch ein Gegenbeispiel zu Ihren Aluminiumwürfeln geben: Sie haben einen Karton gefüllt mit Kugeln. Auf diesen Kugeln stehen die Buchstaben E, V, O, L, U, T, I, O und N, und zwar sind von jedem Buchstaben 9 Kugeln im Karton. Sie haben nun die Aufgabe, 9 dieser Kugeln so aneinander zu reihen, dass – wer hätte das geahnt - das Wort "EVOLUTION" gebildet wird.

Kreationisten à la Lennox würden nun bestimmt berechnen, wie wahrscheinlich es ist, dass Sie mit einem Griff genau die richtigen 9 Kugeln aus dem Karton zu fischen vermögen und die dann auch noch blind in der richtigen Reihenfolge aneinander reihen können. Ich gebe es zu, das dürfte sehr unwahrscheinlich sein.

Der etwas weniger auf mathematische Widerlegung bedachte Mensch jedoch holt eine erste Kugel raus. Ist es ein E, legt er es auf den Tisch, eine andere Buchstaben legt er einfach zurück in den Karton. Und so hat Mensch relativ schnell das Wort EVOLUTION auf dem Tisch liegen, egal was Lennox & Co für Wahrscheinlichkeitsberechnungen angestellt hätten.

Oder was meinen Sie, wie gross ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Menschlein genau 23 väterliche und 23 mütterliche Chromosomen bekommt? Berechnen Sie es mal .... und dann fragen Sie sich, wie oft genau das auf unserer kleinen Erdkugel tagtäglich, jahrein, jahraus geschieht.

Ich für mich klinke mich da wieder aus, es ist nicht meine Art, Bücher zu schreiben. Vielleicht habe ich auch einfach keine Zeit, mich kurz und trotzdem einigermassen verständlich (hoffe ich wenigstens) zu fassen.

Auf jeden Fall meine ich, Ihnen zwei, drei wichtige Denkanstösse gegeben zu haben. Was Sie draus machen, überlasse ich Ihnen. Vielleicht kaufen Sie sich ja auch einmal ein gutes Buch eines Evolutionsbiologen anstatt von einem apologetischen Mathematiker.

Weiter meine ich, dass Sie sich nicht darauf konzentrieren sollten, ob die Evolutionstheorie wahr ist oder nicht, sondern lediglich darauf, was warum plausibler ist und wo mehr erklärt und vor allem viele Erklärungen auch belegt werden. Erlauben Sie sich dabei, auch mal etwas kritischer zu sein. Vielleicht hilft es Ihnen ja, wenn Sie als Schöpfer mal ausnahmsweise nicht Gott einsetzen, sondern sich z.B. das Fliegende Spaghettimonster „schöpfenderweise“ vorstellen. Oder Gaia, oder Prometheus ... Sie versündigen sich dann in Gedanken nicht gegen Gott :roll:

Wissen Sie übrigens, viele z.T. sehr unterschiedliche Schöpfungsmythen es gibt? Die Bibel allein enthält ja schon zwei "Berichte" (was eine reichlich irreführende Bezeichnung ist). Vielleicht haben jedoch die Inuit recht, nämlich dass alles vom Himmel runterprasselte und die Menschenbabies schliesslich aus dem Erdinneren hervorkrabbelten? Oder vielleicht sind irgendwelche überirdischen Wesen die Verfasser des Codes, der uns im "Computerspiel" wie echte Lebewesen agieren, denken und fühlen lässt, obwohl wir eben nur virtuelle Konstrukte sind?

Wer weiss da schon Genaueres? Ich nicht. Aber ich meine,wenigstens zwischen glaubwürdig und nicht glaubwürdig unterscheiden zu können, und zwar als ganzes Paket. Und Sie?

Luca

Matthias

Re: Evolution! - Schöpfung oder Zufall?

#15 Beitrag von Matthias » 22.01.2013, 20:32

Danke Luca, für die Ausführungen, die sich mit meinen teilweise überschneiden.
Ale hat geschrieben: ich meine nicht, dass die Selektion als "treibende Kraft" der Evolution verstanden werden sollte. Sie bringt nämlich gerade keine Änderungen hervor, sondern sie "überprüft" die von der Mutation hervorgebrachten Veränderungen auf deren Tauglichkeit hin. Allein diese zufällige Mutation also schafft die Veränderungen nach Ansicht der atheistischen Evolutionisten. Deswegen bin ich schon der Meinung, dass man rechnen kann. Sicher nicht mit Punkt und Komma, aber durchaus mit Größenordnungen.
Nein. Die Selektion führt nicht nur dazu, dass untaugliche Änderungen ausgelesen werden. Sie sorgt vor allem dafür, dass sich taugliche Änderungen schneller im Genpool verbreiten als ohne Selektion. Das ist etwas Wesentliches! Um einmal den mathematischen Vergleich zu zititeren (weiß nicht mehr genau, wo ich den gelesen habe): Angenommen du hast Würfel mit 26 Seiten (also das ganze Alphabet). Man kann nun ausrechnen, wie unwahrscheinlich es ist, mit einem Wurf von 8 Würfeln zufällig meinen Namen zu erhalten. Das entspricht so etwa dem Gedanken von Evolutionskritikern ohne Selektion. Mit Selektion verändert sich die mathematische Aufgabe: Jetzt würfelst du mit einem Würfel so lange, bis du ein „M“ würfelst, danach mit dem zweiten Würfel bis du ein „A“ hast usw. Man behält also das Richtige und würfelt nur noch die unpassenden neu. Ähnlich wäre es, wenn du mit 8 gleichzeitig würfelst und die passenden Würfel festhälst und nur noch die unpassenden neu würfelst. Das setzt die Wahrscheinlichkeit, mit einer bestimmten Anzahl von Würfen „MATTHIAS“ zu würfeln, extrem herauf. Ich hoffe, du verstehst den bedeutenden Unterschied, dass es mit Selektion schneller geht, weil erfolgreiche Schritte sich verbreiten und darauf aufbauend neu zufällig verändert wird.
Und noch einmal das Problem, warum man mit Mathematik in der Biologie nicht einfach weiter kommt: Um die Geschwindigkeit der Evolution berechnen zu können, müsste man nicht nur berechnen können, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine zufällige Änderung positiv für das Überleben und den Fortpflanzungserfolg ist (wie soll man das berechnen, wenn man nicht weiß, was funktioniert und was nicht, es gibt ja kein einfaches „richtig“ oder „falsch“, sondern nur ein „in der Umgebung relativ erfolgreich“ oder „… weniger erfolgreich“), sondern man müsste auch berechnen können, wie stark der Vorteil sich auswirken würde, d.h. wie stark der Selektionsvorteil und wie schnell die Verbreitung im Genpool wäre. Ich glaube kaum, dass es hierfür einigermaßen begründete Schätzwerte geben kann. Ich vermute einfach mal, dass Evolutionskritiker irgendwelche für Laien plausilbel klingende und nicht überprüfbare Schätzwerte annehmen (wenn sie überhaupt so genau rechnen), die dann eine viel zu langsame Evolution ergeben.
Ich fasse die Probleme einer mathematischen Evolutionssimulation also kurz zusammen:
Man müsste folgendes ins Modell einbauen:
- Anzahl der Individuen
- Unterschiedlichkeit der Gene bei den Vertretern einer Art
- Toleranzgrenze, bis zu der die Unterschiedlichkeit im Genom noch nicht den Ausschluss aus der Fortpflanzungsgemeinschaft bedeutet
- Geschwindigkeit der Fortpflanzung
- Geschwindigkeit der Durchmischung im Genpool (z.B. abhängig von der geografischen Verbreitung und der Wanderungen, des Sozial- und Fortpflanzungsverhaltens)
- Mutationshäufigkeit
- Wie viel Prozent der zufälligen Mutationen sich positiv auf die biol. Fitness auswirken und
- wie stark der Unterschied ist, d.h. wie schnell er sich im Genpool verbreitet.

Meines Erwachtens ergeben sich duch die Unterschiedlichkeit der Schätzwerte so stark unterschiedliche Ergebnisse, dass man damit mathematisch begründen kann, was immer man will. Es kommen noch Effekte dazu, dass Arten sich gegenseitig das Überleben erleichertern können oder dass es so etwas wie eine epigenetische Evolution gibt usw.
Nachdem Du die Selektion ansprichst; nicht als Diskussionsbeitrag, sondern als echte Wissensfrage: wenn die Selektion immer wieder Fehlentwicklungen ausgeschieden hat und wir mal annehmen, dass es sich bei der Mehrzahl der Mutationen um Fehlentwicklungen handelt (sonst könnte man ja tatsächlich heute ständig die Evolution beobachten), hast Du jemals davon gehört, dass derartige Missbildungen archäologisch nachgewiesen wurden? Ich habe mich damit noch nicht beschäftigt, aber das würde mich echt interessieren.
Es gibt viele Probleme, die dazu führen, dass wir die Evolution nicht so detailiert mit Fossilien belegen können, wie wir uns das wünschen würden:
- Entscheidene Änderungen betreffen oft nicht die Knochen, sondern Weichteile, die sich kaum erhalten.
- Fossilien sind selten. Ausnahmen von der Regel noch seltener.
- Wenn eine Mutation auftritt, die an wesentlicher Stelle etwas verändert, bedeutet das meist den frühen Tod, oft sogar Abort. Das wirst du nicht in Fossilien finden.
- Aus verschiedenen Gründen findet man eher erfolgreiche Organismen als Fossil als nicht erfolgreiche (z.B. gefressen zu werden schützt extrem gut vor einer Fossilisation).
- Missbildungen sind schwer als solche zu erkennen, es könnte sich ja auch um eine einst erfolgreiche andere Art handeln.
Wichtiger finde ich die grundsätzliche Bedeutung der Selektion nicht als Aussondern von nicht-Angepasstem, sondern als Bleiben des gut-Angepassten und dessen weitere „Optimierung“.
Ich verstehe nicht ganz, warum du die Frage stellst
Letztlich vielleicht noch die Frage: was (oder wer) ist Selektion?
Das ist ein Grundbegriff der Evolution und den müsstest du eigenlich kennen. Wenn nicht, empfehle ich dir, dich hier schlau zu machen, denn die Selektion als entscheidene Wechselwirkung zwischen Gen und Umwelt ist das, was Evolution überhaupt erst als zielgerichtet erscheinen lässt. Sonst würden wir in einem religiösen Forum nicht darüber diskutieren. Evolution ohne Selektion ist so undenkbar wie eine Züchtung ohne Züchter. Das schwierige an dem Begriff ist, dass es sich dabei weder um einen Akteur noch um eine pysikalische Kraft oder um einen biologisch-chemischen Prozess handelt.
Es ist das, was ein Züchter macht, nur dass es keinen Züchter in Person gibt, der Züchter sind die Umweltbedingungen, die darüber entscheiden, welche Gene sich wie schnell verbreiten können. Das meinte Darwin mit „natürlicher Zuchtwahl“.

Lichtträger

Re: Evolution! - Schöpfung oder Zufall?

#16 Beitrag von Lichtträger » 14.02.2013, 12:13

Luca hat geschrieben:Weiter meine ich, dass Sie sich nicht darauf konzentrieren sollten, ob die Evolutionstheorie wahr ist oder nicht, sondern lediglich darauf, was warum plausibler ist ..
Da bin ich ganz bei Ihnen.
Beide Erklärungen lassen Fragen offen, geben Raum für Spekulationen
und verlangen dem Befürworter ein Maß an Glauben ab.
Luca hat geschrieben: ... z.B. Behauptungen eines Herrn Behe über eine nichtreproduzierbare Komplexität (was natürlich ebenfalls nicht zu beweisen ist), die zwingend einen intelligenten Urheber haben müsse.
Behe argumentiert mit nichtreduzierbarer Komplexität und bringt
das Beispiel einer Mausefalle.
Die besteht aus einigen wenigen, einfachen Bauteilen. Das Funktionieren
einer Mausefalle ist aber nur gewährleistet, wenn mehrere Bedingungen
gleichzeitig erfüllt sind. Es müssen sämtliche Bauteile da sein,
sie müssen richtig zusammengebaut sein. (mein Einschub: und an
der richtigen Stelle mit Köder platziert sein). Nur dann haben wir
eine funktionierende Mausefalle.

Dies überträgt er auf die ungleich komplexere Zelle, deren einzelne
„Bauteile“ schon hochkomplex sind, was noch vielmehr auf eine
„zusammengebaute“, funktionierende Zelle zutrifft. Im Übrigen:
selbst „einfachste“ Zellen sind, nach Behes Aussage, komplexer
als jede von Menschen gemachte Maschine des 21. Jh.

Die Frage ist nun, wie Selektion und Mutation den Schritt zwischen
dem, was vor einer „einfachen“ Zelle und derselben liegt,
bewerkstelligt haben soll.

Hier muss man sich vor Augen halten, wie groß diese „Distanz“ eigentlich ist.
Der angesehene Molekularbiologe M. Denton bezeichnet die Kluft
zwischen den höchst organisierten nichtbiologischen Systemen,
(wie z. B. Kristallen) und einer "einfachen" Zelle als die dra-
matischste Kluft in der Entstehung des Lebens.

Was ich mich frage: Kann ein Vorgang (Selektion und Mutation)
der in kleinen Schritten abläuft und –was die Mutation anbelangt
- eher zerstörend, denn aufbauend wirkt - auf einmal, ein derart
komplexes Konstrukt hervorbringen? Da müsste ja ein Quanten-
sprung stattgefunden haben.

Aber, da haben Sie ja wieder Ihren Joker, den Zufall, den man ja
nie ganz vergessen darf.
Nur...
Luca hat geschrieben:Weiter meine ich, dass Sie sich nicht darauf konzentrieren sollten, ob die Evolutionstheorie wahr ist oder nicht, sondern lediglich darauf, was warum plausibler ist ..
plausibler, wie Sie so schön schrieben, scheint mir hier Selektion
und Mutation als Erklärung eher nicht zu sein. Ich würde sogar
behaupten, dass hier (auch) ein Glaube eine Rolle spielt,
der jegliche religiöse Glaubensbereitschft auf diesem
Planeten übersteigt.

Luca hat geschrieben:Wissenschaft ist ergebnisoffen, und wir stehen erst am Anfang der Forschungen. Bedenken Sie, dass wir erst seit wenigen Jahrzehnten die technischen Mittel haben, überhaupt auf diesem Niveau zu experimentieren. Und nicht zu vergessen: Je mehr wir wissen, desto mehr erkennen wir, was wir alles noch nicht wissen. Die Menschheit wird wohl nie „ausgewusst“ haben, egal wie viel Wissen die Wissenschaft noch schafft.
Ja, richtig, aber in welche Richtung deutet denn fortschreitendes
Wissen, was diese Thematik anbelangt?
Ein gutes Beispiel:
Luca hat geschrieben: Und haben Sie gewusst, dass das menschliche Genom grösstenteils aus "Müll" besteht?
Muss man mit solchen Äußerungen nicht vorsichtig sein?
Welche Ansicht vertrat man denn lange über die Rachenmandeln?
Rudimentäres Organ. Unbrauchbares Überbleibsel aus der Evolutions-
geschichte! Heute weiß man, dass die Rachenmandeln eine wichtige
Rolle im überaus komplexen Immunabwehrsystem des Körpers spielen.
Ähnliches gilt auch für andere „rudimentäre“ Organe.

Und was die „Junk – DNA" angeht (98% der DNS seien funktionslos),
das ist ein schönes Beispiel wie Darwinistische Überlegungen
zu falschen Schlüssen führen. Scheinbar hat sie hier die Wissenschaft
überholt, denn heute weiß man, dass hier unter anderem die
Informationen für den Bau spezieller, lebenswichtiger Formen
von RNS enthalten sind.
Luca hat geschrieben: Das beginnt bereits dabei, dass Sie sich einen Schöpfer postulieren lassen, der selbst nicht zu begründen ist, d.h. dessen Existenz auf keine Art und Weise belegbar ist. Sie behaupten lediglich ein derartiges Wesen, ohne den geringsten Anhaltspunkt dafür zu haben ausser z.B. Behauptungen eines Herrn Behe über eine nichtreproduzierbare Komplexität (was natürlich ebenfalls nicht zu beweisen ist), die zwingend einen intelligenten Urheber haben müsse.

Hmm...ein Beweis ist in der Tat schwierig zu erbringen.
Aber ich denke, dass es gute Anhaltspunkte gibt.

Ein Beispiel:
Verschiedene Forschungssatelliten, die den Rand unseres Sonnen-
systems jetzt erreicht haben dürften, hatten einfache Zeugnisse
(Tafeln mit Bildern und Symbolen) menschlicher Kultur und Erfinderkunst
mit im Gepäck um „Außerirdische“ auf unsere Existenz aufmerksam zu machen.

Wenn schon solch einfache Gegenstände, nach Logik der Wissenschaft,
Rückschlüsse auf einen intelligenten Konstrukteur nahelegen müssten,
wieso wendet man diese Logik nicht, z. B. bei einer Zelle an?

mfG
Lichtträger

Matthias

Re: Evolution! - Schöpfung oder Zufall?

#17 Beitrag von Matthias » 14.02.2013, 21:36

Lichtträger hat geschrieben:Behe argumentiert mit nichtreduzierbarer Komplexität und bringt
das Beispiel einer Mausefalle.
Die besteht aus einigen wenigen, einfachen Bauteilen. Das Funktionieren
einer Mausefalle ist aber nur gewährleistet, wenn mehrere Bedingungen
gleichzeitig erfüllt sind. Es müssen sämtliche Bauteile da sein,
sie müssen richtig zusammengebaut sein. (mein Einschub: und an
der richtigen Stelle mit Köder platziert sein). Nur dann haben wir
eine funktionierende Mausefalle.
(...)
Hier muss man sich vor Augen halten, wie groß diese „Distanz“ eigentlich ist.
Der angesehene Molekularbiologe M. Denton bezeichnet die Kluft
zwischen den höchst organisierten nichtbiologischen Systemen,
(wie z. B. Kristallen) und einer "einfachen" Zelle als die dra-
matischste Kluft in der Entstehung des Lebens.
Die Idee der nichtreduzierbaren Komplexität ist ein interessantes Argument, aber es gibt meines Wissens nach keine Beispiele, bei denen es sich tatsächlich um so etwas handelt. Es werden z.B. oft das menschliche Auge genannt oder die Saugfalle des Wasserschlauches. Aber die Wissenschaft kennt sehr wohl weniger komplexe Formen, die entweder heute noch existieren oder die sich bei ausgestorbenen Arten nachweisen lassen.
Es ist wieder ein (psycho)logisches Problem: Wir sehen etwas, das es gibt, und staunen, wie toll das funktioniert. Und es lässt sich leicht feststellen, dass genau diese Funktion verloren geht, wenn man etwas weg lässt. Der Trick: Man kann diese Funktion beliebig genau an die aufgefundene Struktur „ketten“ und es ist logisch, dass dann eine nichtreduzierbare Komplexität herauskommt. In der Regel ist sie aber reduzierbar, sogar bei Dingen, die der Mensch baut.
Wenn man sich einmal auf den Vergleich mit der Mausefalle einlässt: Es gibt auch andere Fallen, mit denen man Mäuse fangen kann. Auch mit langsameren Auslösern oder nicht so kraftvollen Bügelschlägen kann man Mäuse fangen - nur nicht so perfekt. Und man kann die gute alte Mausefalle sogar noch besser machen. Die Mausefalle ist nicht „vom Himmel gefallen“ (d.h. in der heute verkauften Form schon im ersten Entwurf vorhanden gewesen), und das Leben muss auch nicht „vom Himmel gefallen“ sein. Es gibt sehr wohl Übergänge zwischen „nicht biologischen“ Systemen und gewöhnlichen Zellen. Es gibt Prionen, Viren, Zellen ohne Zellkern, Zellen ohne Mitochondrien usw.
Auch wenn wir vieles im Bereich des Lebendigen nicht verstehen (und Forscher wie Denton sammeln lauter solche Beispiele) heißt das nicht, dass sich so etwas nicht ohne „Designer“ hätte entwickeln können.
Wie ich in einem vorigen Posting schon andeutete, ist es aussichtslos, überzeugend belegen zu wollen, dass alle Beispiele von nichtreduzierbarere Komplexität doch reduzierbar sind. Das liegt in der Natur der Sache: Du kannst schneller noch ungeklärte schöne Beispiele sammeln als die Forscher dies so erforschen können, bis sie damit genug Gegenargumente in der Hand haben, um dein Beispiel zurückweisen zu können. Es ist auch ungleich einfacher, die erstaunliche Komplexität eines Lebensphänomens zu beschreiben als die Entwicklung dieses Phänomens zu beschreiben. Daher können die Evolutionsforscher diesen „Wettkampf“ mit den Evolutionskritikern zumindest in der Wahrnehmung von in den Zweifel geführten Laien nie gewinnen.

Daoga

Re: Evolution! - Schöpfung oder Zufall?

#18 Beitrag von Daoga » 21.02.2013, 10:01

Die (bereits ziemlich komplexe) Zelle keineswegs die erste denkbare Form von "Leben". Die einfachste Form ist eine selbstreproduzierende Form von primitiver RNS, die durchaus ganz spontan, aus Zufall und ganz ohne Eingriff irgendeines "Schöpfers" in einem planetengroßen Chemielabor, wie es die Ur-Erde war, entstehen kann. Siehe dazu --> www.de.wikipedia.org/wiki/RNA-Welt-Hypothese. Und im Zusammenhang mit Mutation/Selektion wird gerne das Phänomen der "ökologischen Nischen" vergessen, die man auch pauschal mit "Lebensraum" definieren könnte. Spontane und schlagartige "Massenentstehungen" völlig neuer Arten zwischen langen Zeiträumen, in denen evolutionär scheinbar kaum etwas vorangeht und kaum neue Arten zu finden sind, hängen ganz einfach mit der Verfügbarkeit von Lebensräumen zusammen, in die neue Mutationsformen "hineinwachsen" könnten. Wenn alle Lebensräume bereits besetzt sind, haben Mutanten ganz einfach keine Chance, sich zu neuen Arten zu entwickeln. Auch dafür braucht man also keinen "Schöpfer".

Luca
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Re: Evolution! - Schöpfung oder Zufall?

#19 Beitrag von Luca » 23.02.2013, 11:14

Lichtträger, Sie verführen mich zu einer ellenlangen Antwort, auch wenn ich kein Freund langer Texte bin. Aber es gibt manche Dinge, die kann man oder wenigstens ich nicht in zwei Sätzen sagen.
Lichtträger hat geschrieben:Beide Erklärungen lassen Fragen offen, geben Raum für Spekulationen und verlangen dem Befürworter ein Maß an Glauben ab.
Ich widerspreche nicht. Aber sagen Sie mir doch bitte: Welche Fragen zur Entstehung und Entwicklung des Lebens beantwortet die Schöpfungslehre konkret, was kann belegt werden mit Fakten und Funden? Was hat die Schöpfungslehre zum Wissen der Menschen beigetragen?

Ich stelle fest immer wieder fest: Religion und Schöpfungslehre verlangen deren Anhänger zu 101% Glauben an einen unbeweisbaren Schöpfer ab, der auf völlig unerklär-, unerforsch- und unbelegbare Art und Weise Dinge und Lebewesen erschaffen oder initiiert haben soll. Das und nicht mehr lässt uns die Schöpfungslehre "wissen".

Demgegenüber sind die grundlegenden Prozesse der Evolutionstheorie, wenn auch längst nicht in jedem Fall, bis ins Detail bekannt und vieltausendfach durch Fossilienfunde und teilweise sogar experimentell belegt. Wo Lücken sind, gibt es meist durchaus plausible Erklärungen.

Wäre die Evolutionstheorie und ihre Teile wirklich so falsch, wie uns Kreationisten glauben machen wollen, könnten sie widerlegt werden. Das gehört zum Wesen einer wissenschaftlichen Theorie. Aber genau das ist bis jetzt keinem Kreationisten, gleich welcher Spielart und egal mit wie viel göttlicher Hilfe auch immer, nur andeutungsweise gelungen. Dagegen ist die Evolutionsbiologie zusammen mit den sie unterstützenden Wissenschaftszweigen immer häufiger in der Lage, unwiderlegbar aufzuzeigen, dass es für die Entwicklung des Lebens und der Arten keinen Gott braucht(e). Der Platz, wo Gott von so manchem kreationistischem Gläubigen noch verortet werden kann, wird immer weniger. Gott schrumpft auf Bonsai-Grösse, wie es der Astrophysiker Harald Lesch vor Jahren auf den Punkt brachte.

Bei aller Kritik an der Evolutionstheorie geht auch völlig vergessen, dass Evolution ein historisches Geschehen über Millionen und Milliarden von Jahre und ebenso viele Generationen hinweg ist. Die Evolutionstheorie beschreibt die während dieser Zeit stattgefundenen Entwicklungen und Prozesse so gut es möglich ist - und zwar basierend auf Funden und Beobachtungen daraus ableitbaren Folgerungen und nicht etwa auf Bibelworten nach dem Muster "es werde ..."

Dass manches möglicherweise für immer im Dunkeln bleiben muss, hängt u.a. damit zusammen, dass gewisse Entwicklungen auf einmaligen Ereignissen basieren, die unter möglicherweise auch einmaligen, uns heute völlig unbekannten Umständen und Verhältnissen zustande kamen. Darüber hinaus bleiben viele aufschlussreiche Fossilien unentdeckbar unter kilometerdicken Sedimentschichten begraben.

Aber nur weil die Evolutionstheorie nebst vielen Bestätigungen und sogar manchen unwiderlegbaren Beweisen für ihre Richtigkeit auch viele Löcher aufweist, ist sie deswegen noch längst nicht falsch.

Und vor allem: Fehlende Belege für Aussagen der Evolutionstheorie machen die von Gläubigen vertretene Schöpfungslehre - egal ob Kurzeitkreationismus oder ID - um kein Jota richtiger!
Lichtträger hat geschrieben:Ja, richtig, aber in welche Richtung deutet denn fortschreitendes Wissen, was diese Thematik anbelangt?
Genau dahin, dass Wissenschaft Wissen schafft, d.h. wir Menschen immer mehr herausfinden, immer mehr erkennen, was sich wie abgespielt hat, ja zunehmend sogar in die Lage kommen, den einen oder anderen Vorgang im wissenschaftlichen Experiment nachvollziehen und die Evolutionstheorie nicht nur zu festigen zu können, sondern auch anschaulicher zu machen. Die Wissenslücken werden weniger und kleiner und Gott kann von den Gläubigen an immer weniger Orten, wo Wissenschaft hinkommen und Resultate liefern kann, verortet werden. Sorry, ich wiederhole mich.
Lichtträger hat geschrieben:Und was die „Junk – DNA" angeht (98% der DNS seien funktionslos), das ist ein schönes Beispiel wie Darwinistische Überlegungen zu falschen Schlüssen führen. Scheinbar hat sie hier die Wissenschaft überholt, denn heute weiß man, dass hier unter anderem die Informationen für den Bau spezieller, lebenswichtiger Formen von RNS enthalten sind.
Richtig, scheinbar ... aber ich meine, der Spiegel oder andere vergleichbare Medien sind nicht immer die richtige Informationsquelle. Das Ergebnis aus dem ENCODE-Projekt, das besagt, dass die nichtkodierende DNA in RNA transkriptiert werde, ist durch eine neuere Untersuchungen bereits auch widerlegt worden (van Bakel et al.). Zudem umfasst die untersuchte unkodierte DNA-Menge vermutlich weniger als 5% der geschätzten Gesamtmenge im menschlichen Genom. Untersuchungen an Mäusen belegen darüber hinaus, dass grössere Abschnitte unkodierter DNA ohne Folgen auf den Phänotyp entfernt werden konnten.

Aber ich gebe Ihnen selbstverständlich Recht. Noch stehen wir erst am Anfang der Forschung, wir Menschen wissen viel zu viel (noch) nicht.

Nur: Was trägt der Schöpfungsglaube, was tragen Kreationisten zur Wissensvermehrung hier und in anderen Bereichen bei? Rein gar nichts! Es ist einzig und allein der Wissenschaftsbereich, den Sie (so wenigstens lässt Ihre zitierte Aussage erahnen) vermutlich abschätzig darwinistisch nennen, der uns dieses Wissen zu verschaffen vermag. Auf die göttliche Offenbarung solchen Wissens warten wir dagegen schon manches Jahrtausend vergebens.
Lichtträger hat geschrieben:nicht reduzierbarer Komplexität
Verzeihen Sie, dass sich hier meine Gedanken in den vielen Windungen meines menschlichen Gehirns (bestimmt evolutionsbedingt) verirrten und so fälschlicherweise eine "nichtreproduzierbare Komplexität" entstand.
Lichtträger hat geschrieben:Wenn schon solch einfache Gegenstände, nach Logik der Wissenschaft, Rückschlüsse auf einen intelligenten Konstrukteur nahelegen müssten, wieso wendet man diese Logik nicht, z. B. bei einer Zelle an?
Ganz einfach, weil diese Logik bei Natur und ihrer Evolution weder logisch noch zwingend ist und Sie, genau wie auch Behe, sozusagen Äpfel mit Marzipanschweinchen vergleichen.

Wissen Sie, was Behe zu nicht reduzierbarer Komplexität meint? Z.B. das hier: "Ein irreduzibel komplexes System kann nicht auf direktem Weg, also durch kontinuierliche Optimierung einer ursprünglichen Funktion infolge vieler kleine aufeinander folgender Veränderungsschritte aus einem Vorläufersystem entstehen." (BEHE 1996, 39; Übersetzung Martin Neukamm.) Junker/Scherer sind noch deutlicher: "Die irreduzible Komplexität muss [...] in einer einzigen Generation entstehen, sie kann nicht kumulativ (schrittweise) aufgebaut werden, da Zwischenstadien der Selektion zum Opfer fielen [...] Denn Vorstufen irreduzibel komplexer Systeme sind wertlos und werden daher ausgelesen."

Hier liegt sowohl bei Behe wie bei Junker/Scherer (und wohl auch bei Ihnen!) ein gewaltiger Denk- und Vorgehensfehler vor. Es ist die im höchsten Masse irrige und irreführende und auf keine Art und Weise begründbare Annahme, dass in der Natur ein sogenannt irreduzibel komplexer Zustand auf direktem Weg, ja eben in einer einzigen Generation, einem einzigen Entwicklungsschritt zu entstehen habe.

Ich gehe davon aus, dass auch Sie nicht behaupten wollen, dass die Tourbillon-Armbanduhr mit Mondphasenanzeige und ewigem Kalender auf Anhieb als erste Uhr überhaupt von einem einzigen genialen Uhrmacher sozusagen aus dem Nichts gebaut wurde. Es wäre allzu leicht nachweisbar, dass z.B. allein von der Erfindung des Tourbillon bis zur ersten brauchbaren Tourbillon-Armbanduhr rund 150 Jahre verstrichen - Zeit, in der wohl eine ganze Menge nicht funktionierende Tourbillon-Uhrwerke konstruiert und wieder verworfen wurden. Dabei haben wir noch nicht mal berücksichtigt, wie lange es von der Sonnenuhr bis zur ersten brauchbaren mechanischen Uhr, ja gar bis zur automatischen Armbanduhr mit zusätzlichem Schnickschnack wie Mondphasenanzeige und ewigem Kalender dauerte. Wie viele verschiedene "intelligente Schöpfer" dabei am Werk waren, wie viele unbrauchbare Konstruktionen wieder verworfen wurden, das weiss niemand.

Wieso sollte denn ausgerechnet die Natur nur den einen direkten Weg einschlagen dürfen und dabei noch unvergleichbar höhere Komplexität als jedes menschliche Werk je aufzuweisen vermag, in nur einer einzigen Generation, einem einzigen Entwicklungsschritt erreichen können? Wer bis jetzt nicht merkte, worauf Kreationisten von der Art Behes aus sind, dem sollten spätestens jetzt einige Kronleuchter angehen!

Dass es genau andersrum verläuft als Behe, Junker/Scherer & Co wild drauflos behaupten, ist unter kontrollierten Laborbedingungen nachgewiesen worden. Das bekannte "E. coli Long-term Experimental Evolution Project” von Richard Lenski an der Michigan State University weist nebst vielem anderem genau diese von Behe & Co als unmöglich taxierte schrittweise, kumulative Entstehung bestimmter Eigenschaften über viele Generationen hinweg nach. Dies bei der Fähigkeit eines einzelnen E. coli-Stammes, ab der 33000sten Generation auch Citrat als Nahrung verwerten zu können, was diesen Bakterien zu einem etwa 6fach höheren Wachstum und damit zu einem deutlichen Überlebens- und Entwicklungsvorteil verhilft.

Diese nachgewiesene genetische Veränderung, nennen wir sie Mutation B, tritt nur bei den Bakterien auf, bei denen etwa bei der 20000sten Generation eine Mutation A stattfand. Aber erst Mutation A und Mutation B (zwischen denen eben rund 13000 Bakteriengenerationen liegen) zusammen führen zu einer erkennbaren und vorteilhaften Veränderung, Mutation A oder Mutation B für sich alleine bewirken dagegen nichts, diese Bakterien wurden vor allem auch nicht eliminiert, wie das Junker/Scherer komplett unfundiert, dafür umso lautstarker behaupten.

Evolution kann also erwiesenermassen sehr wohl schrittweise und quasi nebenbei geschehen.

Können Sie sich vorstellen, was da alles in Millionen und Milliarden Jahren ablaufen konnte, wenn Lenski schon nach ein paar wenigen Jahren derart spektakuläre Ergebnisse vorweisen kann?

Vergessen Sie bei all dem auch nicht, dass Evolution ganz im Gegenteil zur Darstellung der Kreationisten ein absolut ungeplanter Prozess ist. Die Natur hat nie vorgesehen, dass ein Mensch zu entstehen hatte, er ist das Ergebnis evolutionärer Geschehnisse so wie auch ein Tintenfisch oder ein Kaktus. Forscher sind überzeugt, nun auch das Gen isoliert zu haben, das zur (im Vergleich zu Schimpansen) höheren Intelligenz des Menschen führte. Ein einziges Gen also, vermutlich vor Millionen Jahren bei einem Vorfahren des Menschen mutiert, macht offenbar den essentiellen Unterschied aus ...

Luca
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Re: Evolution! - Schöpfung oder Zufall?

#20 Beitrag von Luca » 09.03.2013, 07:25

Die lebhafte und begeisternde Diskussion über Fragen der Evolution hier lässt vermuten, dass es den Schöpfungsgläubigen an Argumenten fehlt. Nicht wirklich ein Wunder, aber lesen Sie selbst ...

Dieser Tage bin ich auf ein Papier des Molekularbiologen Siegfried Scherer gestossen. Er ist u.a. zusammen mit R. Junker Co-Autor eines bekannten kreationistischen Lehrbuches der evangelikalen Studiengemeinschaft Wort und Wissen e.V. (bei der er früher sogar Vorsitzender war) und ehemaliges Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates des ultra-kreationistischen amerikanischen Discovery Institutes, dem ja auch Michael Behe, der Erfinder der für Kreationisten irreduziblen Komplexität angehört.

Schon der Titel dieses Papieres aus Scherers Feder ist viel-, wenn nicht allessagend: "„Intelligent Design“ ist keine naturwissenschaftliche Alternative zu biologischen Evolutionstheorien".

Ich zitiere daraus: "... kausale und historische Evolutionstheorien [...] suchen nach natürlichen Ursachen und Gesetzmäßigkeiten für die Entstehung und Entwicklung des Lebens auf einer physikalisch-chemischen Ebene. Intelligent Design (ID) sucht dagegen explizit nach einem („übernatürlichen“) Designer und ist deshalb keine naturwissenschaftliche Theorie."

Scherer in einer Fussnote zur Forderung vieler auch europäischer Kreationisten: "Ich halte es nicht für angemessen, ID oder Schöpfungslehren im Biologieunterricht zu lehren ...".

Und zu Behes nichtreduzierbarer Komplexität meint Scherer u.a.: "Meines Erachtens taucht hier zunächst ein Kategorienproblem auf. Zugespitzt heißt das doch, dass man mit einem eindeutig der Naturwissenschaft zugerechneten Argument (Finden oder, in diesem konkreten Fall, eben dem „Nicht-Finden“ einer empirisch fassbaren Ursache für die Entstehung nichtreduzierbar komplexer biologischer Strukturen) die Wirksamkeit eines Prinzips erschließen möchte, welches grundsätzlich, sozusagen per definitionem, jenseits des durch die empirische Methode zugänglichen Bereiches der Wirklichkeit liegt (intelligenter Designer). Das ist m.E. nicht möglich.

[...]

... ist die ID-Haltung, die aus Nicht-Erklärtheit im Zusammenhang mit Designer-typischen Kennzeichen auf Nicht-Erklärbarkeit schließt: Es gibt keinen natürlichen Weg zur Entstehung einer ersten Zelle, denn sie ist nichtreduzierbar komplex, weist typische Kennzeichen von Design auf und kann daher nur auf unbekannte Weise von einem Designer konstruiert worden sein. Diese Haltung birgt die Gefahr, auf Wissen zu verzichten, wenn sie dazu führt, dass die Erforschung des Problems deshalb aufgegeben wird, weil man es für unlösbar hält. Aber wenn es nun doch lösbar wäre?
Wer bei Vorliegen von „Nicht-Erklärtheit“ auf „Nicht-Erklärbarkeit“ einer biologischen Struktur schließt, formuliert m.E. einen Glaubenssatz. Außerdem besteht die Gefahr (aber das muss nicht notwendig so sein, und es ist ein theologisches Argument), dass ein Designer als Lückenbüßer dort eingesetzt wird, wo die derzeitige Wissenschaft (noch?) keine Erklärung hat."

Und weil so schön ist auch noch das aus Scherers Schlussbemerkungen: "Weil ID einen Designer als Letztursache einführt, handelt es sich dabei aber insgesamt nicht um eine naturwissenschaftliche Theorie. Aus Erklärungslücken kann auf empirischer Ebene keine weltanschauliche Schlussfolgerung abgeleitet werden."

Soweit also ein erklärter ID-Sympathisant, der zudem als Wissenschaftler einen Lehrstuhl besetzt. Ich meine, der Mann nimmt doch manchem Kreationisten den wind aus den Segeln.

Oder mit anderen Worten: Wenn jemand meint, ein wissenschaftlich noch nicht erklärtes und zur Zeit nicht erklärbares evolutionsbiologisches Problem mit Hilfe eines übernatürlichen Wesens erklären zu müssen, der übersieht völlig, dass schon diese kreationistische Glaubensvorgabe (genau darum handelt es sich ja) eine unerklärbare und unbeweisbare ad hoc-Annahme ist.

Dieser Jemand gerät damit sozusagen vom Regen nicht nur unter die Traufe, sondern unter den Wasserfall, weil er damit alles unerklärbar macht. Wenn dieses Wesen partiell in den natürlichen Weltengang eingreifen kann, dann konnte und kann es das immer und überall völlig unkontrollierbar tun (warum sonst beten denn die Menschen zu Gott??). Wer will denn ausschliessen, dass es das nicht auch dort getan hat, wo der Mensch heute meint, eine natürliche Ursache zu erkennen? Letztlich landen wir dann bei jener völlig absurden kreationistischen Behauptung, dass dieser Gott früher für eine ungleich höhere Lichtgeschwindigkeit sorgte, so dass das Universum heute der Astrophysik als weit älter als die biblischen 6000 Jahre erscheint.

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