Werter Ale,
Ale hat geschrieben:Ärgerlich dann auch, aber vor allem über mich, der es sich zu leicht gemacht hat und eben nur nachgefolgt ist, anstatt selbst zu glauben.
Bei dem Wort "anstatt" möchte ich einmal einhaken. Verhalten sich "glauben" und "nachfolgen" tatsächlich dichotom zueinander? Überliefert ist, dass Jesus sowohl Glauben als auch Nachfolge forderte. So einfach - gar Grund zum Ärgernis - ist die Sache doch wohl nicht. Vermutlich meinen Sie mit "nachgefolgt" aber etwas anderes. An Ihrer Definition des Begriffs wäre ich interessiert; vielleicht sollten wir dazu einen anderen Thread benutzen.
Seien Sie nicht so ärgerlich. Sie haben doch auch bisher geglaubt. Jetzt glauben Sie eben anders; und in 10 Jahren mögen Sie wieder anderes für glaub-würdiger halten. So etwas entwickelt sich. Das ist doch kein Grund, mit sich im Unreinen zu sein. Gott ist doch nicht nur ein Gott der Schlauen und Einsichtigen. Rufen Sie denn dazu auf, schwerst hirngeschädigte Menschen nicht zu taufen, weil sie einfach zu dumm sind, "richtig " zu glauben? Wohl kaum.
Ale hat geschrieben:Gewissheit? Woher nehmen Sie den Glauben, dass Gottes Liebe so ist, wie Sie es zitieren?
Dessen kann ich mir ohne zu glauben nicht gewiss sein.
Ale hat geschrieben: Das kann doch nur der Schluss daraus sein, dass eben dieser Gott seinen Sohn für Sie gegeben hat. Ist das tatsächlich geschehen? Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: ich glaube das auch, aber ich versuche diesen Glauben ein wenig "abzusichern".
Ein "Absichern" wird Ihnen aber nicht gelingen, ohne jemandem zu glauben. Dafür beispielsweise, dass die Bibel Grundlage des christlichen Glaubens sein soll, streitet doch nur eine jahrtausendealte Tradition. Aber was ist schon eine Tradition? Die Tradition des alten Ägypten dauerte deutlich länger, und ging doch unter.
Deshalb meine scherzhafte Anmerkung betreffend die arbeitsteilige Gesellschaft: Unsere Gottesvorstellung ist beispielsweise auf den ersten ökumenischen Konzilien in ihren Grundzügen festgelegt worden. Diese Ergebnisse können Sie annehmen oder es bleiben lassen. Wenn Sie hartnäckig genug sind, können Sie sich auch durch die Konzilsakten durchfräsen und zu neuen Einsichten gelangen. Dazu sollten Sie altsprachlich gebildet sein. Nur: Warum sollten Sie den altsprachlichen Lehrbüchern glauben? Also müssen Sie sich selbst um die Quellenbeschaffung kümmern. Und wenn Sie sich dann so weit ausgebildet haben, dass Sie zu wissen meinen, was in den Akten steht, dann wissen Sie noch immer nicht, was gemeint war. Also schnell noch ein Semiotikstudium anfangen? Irgendwann stellen Sie fest, dass Sie tot sind. Und vielleicht durchzuckt Sie vorher noch der Gedanke, dass in der berühmten "ich war ... - du hast ..."-Aufzählung nicht vorkommt "du hast
dich ..."
Bitte, ich rede hier nicht einem blinden Allesglauben das Wort. Ich halte das Nachfragen und Sich-Vergewissern für nützlich und gut. Aber man soll sich auch nicht überspannen. Die tätige Nächstenliebe ist doch auch wertvoll, oder? Und ich rege an, wachsam zu sein bei jeder Aussage, dieses und jenes sei/sei nicht "von Jesus gewollt", "dem Evangelium gemäß", "eine göttliche Einrichtung" oder was auch immer. Gemäß meiner Erfahrung sind die Vertreter solcher Positionen häufig nicht reflektierter als die Vertreter der Gegenmeinung.
Gruß,
C.E.